| Titel: | Die Eigenschaften der verschiedenen Wirkmaterialien und ihr Einfluss auf das Wirken; von Gustav Willkomm, Director der Fachschule für Wirkerei in Limbach bei Chemnitz. | 
| Fundstelle: | Band 212, Jahrgang 1874, Nr. XVI., S. 104 | 
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                        XVI.
                        Die Eigenschaften der verschiedenen
                           Wirkmaterialien und ihr Einfluss auf das Wirken; von Gustav Willkomm, Director der Fachschule für Wirkerei in Limbach bei
                           Chemnitz.
                        (Schluß von S. 32 des vorhergehenden
                           Heftes.)
                        Willkomm, über die Eigenschaften der verschiedenen Wirkmaterialien
                           und ihr Einfluss auf das Wirken.
                        
                     
                        
                           Damit man nun doch die Garne, welche die genannten störenden Eigenschaften in hohem
                              Grade besitzen, zu Wirkerei-Arbeiten verwenden könne, hat man folgende Wege
                              einzuschlagen:
                           1) Man sucht durch Vorbereitungsarbeiten die Garne wenigstens vorübergehend zu
                              glätten, weich und biegsam zu machen und ihre Elasticitätswirkung zu schwächen
                              oder
                           2) man bringt an den Maschinen, welche nach dem gewöhnlichen Verfahren der
                              Maschenbildung arbeiten, also eine ganze Reihe Schleifen kuliren und über sie eine
                              ganze Maschenreihe abschlagen, solche Vorrichtungen an, welche die Schleifen bis zum
                              Pressen der Nadelhaken und Auftragen der Waare halten, so daß der elastische Faden
                              nicht ausspringen kann oder
                           3) man verläßt das ursprüngliche Wirkverfahren in der Kulirarbeit und stellt die
                              Maschen einer Reihe neben einander her, so wie dies in der Handstrickerei
                              geschieht.
                           1) Das sogenannte „Vorrichten“
                              der Garne besteht entweder im Anfeuchten derselben mit
                              Wasser oder Seifenwasser, oder im Einölen und Einfetten und bisweilen auch im
                              Durchklopfen der Garnsträhne; es wird für die Kulirarbeit vor dem Wirken und für die
                              Kettenarbeit während desselben an der Maschine selbst vorgenommen. Für die
                              Kulirarbeit werden zu dem Zwecke die Garnzahlen einzeln oder in mehreren Stücken im
                              Seifenwasser eingelegt, dann aufgehängt und durch einen am herabhängenden Ende
                              eingesteckten Stab zusammengedreht und gewunden, so daß möglichst viel des
                              aufgesaugten Wassers sich herauspreßt und das Garn nur sehr feucht bleibt. In diesem
                              Zustande wird es gespult oder verarbeitet oder, wenn letzteres nicht sogleich
                              geschieht, in feuchten Räumen (im Keller) aufbewahrt. Für größeren Betrieb und bei
                              Anwendung von
                              Spulmaschinen hat man auch wohl an diesen letzteren Vorrichtungen angebracht zum
                              Anfeuchten der Garnfäden, während sie gespult werden. Jeder Faden wird auf seinem
                              Wege von der Weise oder vom Kötzer bis zur Spule, durch einen Fadenführer in eine
                              Blechrinne eingetaucht, welche Seifenwasser oder Wasser mit Oel, bisweilen durch
                              Dampf gewärmt, enthält; er gelangt also feucht zur Spule. Dabei darf nicht unerwähnt
                              bleiben, daß auch die Waare sehr oft eine gleichmäßigere und glattere Oberfläche
                              erhält, wenn das Garn, z.B. hartes Kammgarn, geseift verarbeitet wird. In der
                              Kettenarbeit pflegt man rauhes und steifes Material durch Einfetten glatt und
                              geschmeidig zu machen. Man legt zwischen die Kettenfäden kurz vor den Lochnadeln,
                              also über die Spannrolle, eine Holzschiene, welche mit Tuch überzogen und mit Talg
                              oder Oel bestrichen ist; alle Kettenfäden werden durch die Fettschicht
                              hindurchgeführt, also selbst fettig, und lassen sich dann leichter auf den Nadeln
                              hin und her schieben. Man nennt den aufgelegten Stab: Streich- oder
                              Schmierlatte.
                           Leider hat das Anfeuchten der Garne oft schon Veranlassung zu Betrügereien zwischen
                              Fabrikanten und Arbeitern gegeben; denn da die Garne nach dem Gewichte ausgegeben
                              und die Waaren in den meisten Fällen wieder nach dem Gewichte abgeliefert werden, so
                              kann von der einen oder anderen Partei leicht eine fehlende Menge des Materiales
                              oder der Waare durch den Feuchtigkeitsgehalt ersetzt werden, und über eine zulässige
                              Höhe desselben sind noch keine Angaben aufgestellt worden. Der genannte Uebelsand
                              ist übrigens nur für den Betrieb der Wirkerei als Hausindustrie von Einfluß und
                              schwindet natürlich ganz bei dem Fabrikbetriebe.
                           2) Besondere Stuhl-Einrichtungen zur Verarbeitung
                              rauhen Garnes hat man nicht getroffen und kann sie wohl auch schwerlich treffen.
                              Dagegen hat man wohl die Möglichkeit erlangt steifes und elastisches Material zu
                              verarbeiten, ohne dasselbe vorzurichten und geschmeidig oder weich zu machen. Solche
                              Einrichtungen sind nicht am Kettenstuhle getroffen worden, weil die durch
                              Steifigkeit und Elasticität des Garnes verursachten Uebelstände in der Kettenarbeit
                              weniger schädlich auftreten als die durch Rauhheit entstehenden, welche man ein für
                              allemal durch Nässen oder Fetten des Garnes beseitigen muß. Die gedachten
                              Einrichtungen sind vielmehr an Kulirstühlen angebracht und bestehen da zunächst für
                              flache Stühle in dem Anbringen einer geraden – Lame genannten – Schiene, welche die Stuhlnadelreihe vor den
                              Platinen unterstützt, während der steife Faden kulirt wird, so daß sie ein
                              Durchbiegen der Nadeln hindert und die Schleifen und Maschen gleichmäßig lang entstehen können. Ferner
                              hat man zur Verarbeitung elastischen Materiales an flachen und runden Kulirstühlen
                              die Führung der Platinen so angeordnet, daß letztere die kulirten oder vertheilten
                              Schleifen nicht nur unter die Nadelhaken vorschieben sondern dort auch so lange
                              halten, bis letztere zugepreßt sind und die alte Reihe aufgetragen werden kann. Dies
                              ergibt denselben Vorgang, wie ihn die Maschenbildung am Kettenstuhle zeigt. Man hat
                              ihn bei den meisten Constructionen neuerer Maschinen im Auge gehabt; denn das
                              Vorrichten der Garne führt doch in großen geschlossenen Etablissements zu mehr
                              Unzuträglichkeiten als in kleinen Werkstätten; man kann nicht wohl große Mengen in
                              Vorrath spulen, weil sonst die Fäden auf den Spulen trocknen und aneinander
                              kleben.
                           Untersucht man nach dieser Richtung hin die verschiedenen zur Kulirarbeit verwendeten
                              Maschinen, welche noch nach dem ursprünglichen Wirkverfahren arbeiten, also nicht
                              einzeln bewegliche Nadeln sondern eine festliegende oder eine bewegliche Nadelbarre
                              enthalten, so findet man folgende Resultate:
                           a) Die Hand-Kulirstühle – gleichgiltig ob Rößchen- oder
                              Walzenstühle – haben im Allgemeinen noch nicht die Einrichtung, daß man an
                              denselben pressen könnte, während die Platinen die Schleifen noch halten. Nur erst
                              in neuerer Zeit hat man, meines Wissens, dieselbe an den Deckmaschinen- oder
                              Ananasstühlen angebracht derart, daß das Gestell an den Preßarmen je ein sogenanntes
                              Partagir-Eisen trägt, an welches die Hängarme anstoßen, wenn sie die kulirten
                              und vertheilten Schleifen vorwärts unter die Nadelhaken bringen. Dieses Vorbringen
                              erfolgt nun dabei keineswegs bis vorne in die Nadelköpfe sondern nur soweit, daß die
                              Platinennasen die Schleifen unter die Haken bringen und ihre Kehlen die alten
                              Maschen noch hinter den Hakenspitzen halten und folglich vor den Platinen noch
                              genügende Längen der Nadelhaken hervorreichen, auf welche nun die Presse aufdrücken
                              kann. Man pflegt hierfür ähnlich wie beim Kettenstuhle zu sagen, daß solche Stühle
                              „Partagir-Vorrichtung“ (Partagirzeug) enthalten, und
                              es kann dieser Ausdruck wohl zugelassen werden, wenn man unter
                              „Partagiren“ nicht das „Vertheilen“ im
                              ursprünglichen Sinne sondern die richtige Anordnung der bereits vertheilten
                              Schleifen in den Nadelhaken verstehen will. Warum diese Partagir-Vorrichtung,
                              welche an allen neueren flachen mechanischen Stühlen – theils mit großer
                              Vollkommenheit, theils mit möglichster Annäherung an eine solche – Verwendung
                              gefunden hat und welche man am Hand-Kettenstuhle immer haben mußte, doch am
                              Hand-Kulirstuhle nicht benutzt worden ist, kann man sich nur damit erklären, daß das Seifen
                              und Klopfen des Garnes in der mit Handstühlen und als Hausindustrie betriebenen
                              Wirkerei leicht ausführbar ist ferner daß in feinen Stühlen die Nasen der Platinen
                              ein verhältnißmäßig langes Stück des Nadelhakens versperren und die Preßschiene nur
                              ganz vorn auf die Haken drücken könnte, wodurch jedoch das Pressen erheblich
                              erschwert sein würde. In starken Stühlen werden aber mit den Nadeln selbst auch
                              deren Haken länger, während die Breite der Platinennase um verhältnißmäßig weniger
                              zunimmt; da ist die Einrichtung leicht möglich und ist schließlich auch an den
                              Ananasstühlen mit gutem Erfolge versucht worden. Als wesentlich ist hierbei zugleich
                              auch darauf Bedacht genommen, daß die Preßschiene während ihrer Wirksamkeit nicht an
                              die Platinen antreffen kann, wie es sonst leicht geschehen würde, da alle Bewegungen
                              vom Arbeiter mit der Hand eingeleitet werden. Würde aber, wie an feinen Stühlen und
                              bei Handarbeit wohl zu fürchten ist, die Presse an die Platinenkanten antreffen, so
                              schlägt sie dieselben rauh, und dann werden von ihnen die Fadenschleifen verzogen.
                              In neueren mechanischen Stühlen konnte man auch für feine Nummern die erwähnte
                              Partagir-Vorrichtung viel leichter versuchen, da alle Bewegungen bestimmt
                              vorgeschrieben und abgegrenzt sind – also nicht dem Zufalle der Handarbeit
                              überlassen bleiben. Die Hand-Kulirstühle sind also mit der oben angegebenen
                              Ausnahme durchgängig nicht geeignet sehr elastische Garne zu verarbeiten und es ist
                              ja auch allgemein üblich die Garne vor dem Wirken zu seifen d.h. mit Seifenwasser zu
                              befeuchten. Ein kleiner Unterschied ist dabei wohl noch zu berücksichtigen, welcher
                              zwischen den Rößchen- und den Walzenstühlen besteht, und dessen Einwirkung
                              auf die Verarbeitung verschiedenen Materiales wohl zu erklären ist. Die
                              Rößchenstühle enthalten nicht nur eiserne Schwingen sondern überhaupt ein eisernes
                              Oberwerk, und es sind offenbar bei dessen Bewegungen zur Maschenbildung größere und
                              schwerere Massen in Bewegung als in den hölzernen oder Walzenstühlen, deren
                              gesammtes Oberwerk fast ganz aus Holz besteht. Da nun in den eisernen Stühlen der
                              Arbeiter ohnehin die Trägheit größerer Massen zu überwinden hat, so wird ihm mit
                              denselben auch die Verarbeitung von stärkerem oder steiferem oder auch elastischerem
                              Garne leichter möglich als bei der Arbeit im hölzernen Stuhle. Man pflegt zu sagen:
                              „Der Rößchenstuhl verträgt ein stärkeres Garn als der
                                 Walzenstuhl.“ Ist es aber dabei auch elastischer, so werden durch die
                              Einwirkung größerer Massen die Fäden mit größerer Kraft als Schleifen zwischen die
                              Nadeln eingedrückt – sie werden mehr gebrochen, wie man es nennt, –
                              und die Schleifen verlieren etwas von ihrem Bestreben auszuspringen; sie bleiben
                              sicherer in der erhaltenen Lage, wenn sie durch starken Stoß oder Druck in dieselbe
                              gebracht wurden, als wenn dies durch sanftes Biegen geschah. Deshalb kann man auf
                              Rößchenstühlen wohl noch Garne roh verarbeiten, welche unter sonst gleichen
                              Verhältnissen für Walzenstühle erst vorgerichtet werden müssen. Die Waare selbst
                              wird, von rohem Garne gearbeitet, mehr Elasticität besitzen, als wenn dasselbe
                              vielfach gewaschen und geklopft worden ist.
                           b) Englische Rundstühle sind,
                              wenn sie Spitzennadeln, welche nicht einzeln sich bewegen, enthalten, nicht zur
                              Verarbeitung elastischer Garne geeignet, da sie zwischen den Kulir- und
                              Preßrädern die Schleifen auf eine Strecke frei hängen lassen. Man verwendet schon
                              zwei Kulirrädchen dicht hinter einander, um die Garnschleifen gleichmäßig lang und
                              kräftig zwischen die Nadeln eingedrückt zu erhalten. Andere Kulirvorrichtungen als
                              die allgemein verwendeten Flügelrädchen oder Mailleusen, z.B. radial zwischen den
                              Nadeln liegende, einzeln bewegliche Kulirplatinen, sind zwar versuchsweise benutzt
                              worden, haben aber der sonstigen Bestimmung der Rundstühle schnell zu arbeiten,
                              nicht entsprochen.
                           c) Die französischen
                                 Rundstühle arbeiten mit sehr verschiedenen Kulirapparaten, von denen auch
                              zwei vollkommen der oben genannten Bedingung entsprechen und die Schleifen bis zum
                              Pressen halten. Die erste Einrichtung dieser Art wurde an Berthelot's Rundstuhl getroffen. Dessen Platinenkranz liegt rund um den
                              Nadelkranz herum; jede Nadellücke enthält eine Kulirplatine, welche vor und zurück,
                              sowie auf- und abwärts bewegt wird und ihre Schleife außen in den
                              Nadel-Haken so lange hält, bis gepreßt ist und abgeschlagen wird. Dieser
                              Stuhl ist eben nur auf den Wunsch hin, spröde oder elastische Garne zu verarbeiten,
                              construirt worden und, weil er diesem Wunsche vollkommen entsprach, so hat er
                              vielfach Verbreitung gefunden trotz der sonstigen Unbequemlichkeiten, die seine
                              Zusammenstellung bietet. Seit einigen Jahren ist indeß eine andere Einrichtung
                              bekannt, welche denselben Vortheil gewährt wie Berthelot's Stuhl und welche diesen durch ihre größere Einfachheit
                              verdrängt hat. Es ist dies die sogenannte „große Mailleuse“
                              (mailleuse oblique weil ihre Achse geneigt gegen die
                              Horizontale steht), welche an jedem französischen Rundstuhle sich anbringen läßt.
                              Diese Mailleuse ist offenbar aus der „kleinen Mailleuse“
                              herausconstruirt worden in der Absicht, elastisches Material ohne Weiteres
                              verarbeiten zu können; sie hat deshalb großen Durchmesser, enthält vorn keine
                              eigentliche Mühleisenscheibe und läßt über den Stuhlnadeln und über ihren kulirenden
                              und die Schleifen vorziehenden Platinen so viel Platz frei, daß man ein kleines
                              Preßrad und daneben die Auftrag- und Abschlag-Vorrichtung anbringen
                              kann, so daß noch innerhalb des Mailleusenraumes gepreßt und aufgetragen wird,
                              während die Platinen die Schleifen halten.
                           d) Die flachen mechanischen
                                 Stühle, welche in neuerer Zeit gebaut worden sind, zeigen fast alle, daß
                              bei ihrer Construction auf das Wirken elastischer Garne Bedacht genommen worden ist.
                              Vollständig ermöglichte letzteres auch der flache Berthelot'sche Stuhl, dessen Construction, soweit sie die Maschenbildung
                              betrifft, genau gleich jener des Rundstuhles gleichen Namens ist. Der Stuhl konnte
                              allerdings damit, als flacher Kulirstuhl, nicht Verbreitung finden, da seine
                              Arbeitsgeschwindigkeit hinter der anderer flacher Wirkmaschinen erheblich
                              zurückblieb. Seine Platinen wurden zwischen den festliegenden Nadeln einzeln vor und
                              zurück, sowie auf und ab bewegt, und es entstanden die Maschen einer Reihe einzeln
                              neben einander – ein Verfahren, welches an Rundstühlen mit continuirlicher
                              Kreisbewegung die Production wohl erhöht, an flachen Stühlen mit periodisch
                              wechselnder geradliniger Bewegung aber dieselbe herabzieht. Weiter gewähren
                              vollkommene Sicherheit im Verarbeiten stark elastischer Garne auch die flachen
                              mechanischen Stühle, welche eine bewegliche Nadelbarre und Kammpresse oder hinter
                              den Platinen liegende glatte Presse enthalten, wie die Constructionen von Paget, Mossig und die neueren Rechts- und
                              Rechtsstühle, in denen die Nadeln sich zurückziehen und von den zwischen den
                              Platinen stehenden Preßzähnen gepreßt werden, während die Platinen noch die
                              Schleifen halten. Endlich aber wird der genannte Zweck auch in feinen Nummern noch
                              mit großer Annäherung erreicht in den flachen Kulirstühlen, welche festliegende oder
                              bewegliche Nadelbarre und gewöhnliche glatte Preßschiene als Druck- oder
                              Streichpresse enthalten, und in denen man, wie oben an Handstühlen angedeutet wurde,
                              mit sogenannter „Partagirung“ arbeitet; die Platinen, welche
                              die Schleifen nach vorn geschoben haben, halten dieselben entweder noch beim
                              Pressen, oder beginnen höchstens ihren Rückgang dann, wenn die Preßschiene nahe
                              daran ist zu wirken. Dabei ist es gleichgiltig, ob die Nadeln horizontal liegend
                              oder vertical stehend angeordnet sind; es gehören hierher die Constructionen von Eisenstuck, Woller, Cotton, Brauer und Ludwig, Müller, Reichenbach und wahrscheinlich auch die
                              älteren Stühle von Luke-Barton und Hine, Mundella und Comp. An
                              diesen und namentlich den neueren mechanischen Stühlen hat man hin und wieder eine
                              Lame angebracht, um ein Durchbiegen der Nadeln beim Kuliren steifen Garnes zu
                              vermeiden, oder man hat als anderes wirksames Mittel dagegen Flachnadeln benutzt,
                              welche bei gleichem Querschnitte größere relative Festigkeit als runde Nadeln
                              besitzen.
                           
                           3) Neben dem ursprünglich für die Wirkerei erfundenen Verfahren der Maschen-
                              und Reihenbildung sind nun aber im Laufe der Zeit noch andere
                                 Methoden der Kulirwirkerei aufgetaucht, welche alle mehr dem Handstricken
                              als dem Wirken gleichen, da sie alle nicht eine Reihe Schleifen vorräthig herstellen
                              und dann über sie die alten Maschen, entweder einzeln oder in ganzen Reihen,
                              herabschieben sondern nach Art des Strickens oder Häkelns den Faden einzeln durch je
                              eine alte Masche hindurchziehen. Aus dieser Art der Maschenbildung geht ohne
                              Weiteres hervor, daß für sie die obengenannten Eigenschaften der Garne: Rauhheit,
                              Steifigkeit und Elasticität nicht hindernd sein können, wenn sie auch eine Erhöhung
                              der zur Arbeit nöthigen mechanischen Kraft erfordern. Man verwendet zu dieser Art
                              der Maschenbildung bisweilen die gewöhnlichen Haken- oder Spitzennadeln,
                              welche einzeln in ihrer Längsrichtung beweglich sind, sonst aber horizontal,
                              vertical oder zwischen beiden äußersten Stellungen geneigt angeordnet sein können.
                              Hierbei wird in der Regel nicht kulirt, sondern die Nadeln bewegen sich einzeln
                              vorwärts, holen den Faden und ziehen ihn, während sie gepreßt werden, durch die
                              alten Maschen hindurch. Wenn aber dennoch kulirt wird, so halten auch die Platinen
                              die Schleifen noch während des Pressens. Die hierher gehörigen Constructionen von
                              Wirkmaschinen sind nicht zu großer Verbreitung gelangt; es sind unter anderen die
                              flachen Stühle von D. Böhm in Deutschneudorf (in Sachsen
                              1855 patentirt); Th. Twells in Nottingham (1855), Kilbourn in Norfolk – Nordamerika – (1859
                              und 1861) und die englischen Rundstühle von Eisenstuck in
                              Chemnitz (1857 patentirt; derselbe hat Kulirplatinen, arbeitet zweireihig flach oder
                              rund regulär, wie die später erfundene Lamb'sche
                              Strickmaschine, welche mit diesem ersten Eisenstuck'schen
                              Stuhle große Aehnlichkeit zeigt), von Hine, Mundella und
                              Comp. in Nottingham (1860) von J. G. Wilson in New-York (1861) und von Woller, Stollberg (1862 patentirt; er hat Kulirplatinen,
                              welche die Schleifen beim Pressen halten). Nicht hierher
                              zu rechnen ist der französische Rundränderstuhl, welcher die Stuhlnadeln immer
                              festliegend und die Maschinennadeln einzeln beweglich enthält; er eignet sich nicht
                              zur Verarbeitung elastischen Garnes. Dieselbe Art der Maschenbildung erzielt man nun
                              in weit ausgebreiteter Weise mit den sogenannten Zungen- oder Klappennadeln
                              (selfacting needels) welche schneller als die
                              Spitzennadeln und ohne Anwendung einer Presse die neuen Schleifen durch die alten
                              Maschen hindurchziehen. Dieselben sind an flachen Stühlen allerdings sehr selten
                              verwendet worden (R. Hodges in Manchester, 1856), kommen
                              aber vielfach an Rundstühlen vor (C. Gift's englisches
                              Patent 1859 und Tailbouis' Rundränderstuhl, sächsisches Patent 1861), zu
                              denen auch die sehr verbreitete Lamb'sche Strickmaschine
                              zu rechnen ist. Endlich ist noch einer Art Maschenbildung, als günstig für
                              Verarbeitung steifer und elastischer Garne, zu gedenken, welche an den
                              Strickmaschinen von Mac Nary (1860) und Christoffers (etwa 1870 patentirt) versucht worden, aber
                              wegen allzugeringer Production nicht zur Verbreitung gelangt ist. Der Vorgang
                              hierbei hat einige Aehnlichkeit mit der Maschenbildung der Kettenwaare; denn es wird
                              der Faden in den Haken einer Nadel gelegt und die alte Masche der letzteren wird
                              über die Nadel hinweggehoben und in den neuen Faden eingehängt – oder es
                              geschieht dies auf einigen Nadeln neben einander mit ebenso vielen Fäden
                              gleichzeitig, worauf die Nadelreihe um eine Nadel fortrückt und das Spiel auf's Neue
                              beginnt.