| Titel: | Das Räuchern von Fleischwaaren und das Aufbewahren geräucherter Nahrungsmittel; von Prof. Dr. J. Kessler. | 
| Fundstelle: | Band 212, Jahrgang 1874, Nr. XXXVII., S. 247 | 
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                        XXXVII.
                        Das Räuchern von Fleischwaaren und das
                           Aufbewahren geräucherter Nahrungsmittel; von Prof. Dr. J.
                              Kessler.
                        Keßler, über das Räuchern von Fleischwaaren und das Aufbewahren
                           geräucherter Nahrungsmittel.
                        
                     
                        
                           Das Räuchern. – Die Ausführung des Räucherns ist
                              in der Praxis höchst einfach; die genügend gesalzenen Dinge werden in den Rauchfang
                              oder mehr oder weniger in der Höhe im Kamin aufgehängt und bleiben dort hängen, bis
                              sie genügend trocken und genügend geräuchert sind. Für Wohlgeschmack und für die
                              Haltbarkeit der Fleischwaaren ist es indeß gut, sich über einige Punkte Klarheit zu
                              verschaffen, um so mehr, als man doch sehr häufig geräucherte Fleischwaaren
                              antrifft, die viel besser seyn könnten und von welchen viel weniger außen als
                              unbrauchbar abgeschnitten zu werden brauchte, wenn sie sorgfältiger geräuchert
                              worden wären. Das Wesentlichste für die Haltbarkeit des Fleisches ist nicht etwa die
                              große Menge Rauch, die hierzu verwendet wird, sondern das gleichmäßige und richtige
                              Austrocknen des Fleisches. Die Richtigkeit dieser Annahme geht schon daraus hervor,
                              daß man im Süden von Nordamerika und in Südamerika Fleisch ohne Rauch nur dadurch
                              aufbewahrt, daß man es in dünne Riemen schneidet und es austrocknet. Auch bei uns
                              wird an manchen Orten das gesalzene Fleisch nicht geräuchert, sondern an einen
                              zugigen Ort gehängt und von Zeit zu Zeit mit Holzessig angestrichen. Der Holzessig
                              hat hier dieselbe Wirkung wie der Rauch, d.h. er schützt das Fleisch in erster Linie
                              so lange vor schädlichen Insecten und schädlichen Pilzen (Schimmel) und vor Fäulniß,
                              bis dasselbe soweit ausgetrocknet ist, daß es nicht mehr verdirbt.
                           
                           Schädliche Wirkung auf das Räuchern hat
                           1) zu hoher Wärmegrad des Rauches,
                           2) Wasserdämpfe und Wasser, das sich auf den Fleischwaaren ablagert.
                           Durch sehr warmen trockenen Rauch trocknet die Oberfläche des Fleisches zu rasch aus,
                              es entsteht eine Kruste und in dieser entstehen Risse; durch die Wärme kann ferner
                              ein Theil des Fettes schmelzen. Diese beiden Umstände sind für Haltbarkeit, Aussehen
                              und Wohlgeschmack des Fleisches nur nachtheilig. Wasserdämpfe und das Wasser, das
                              sich an den Fleischwaaren ablagert, sind ohne Zweifel noch öfter schädlich als der
                              hohe Wärmegrad. Hängt Fleisch in dem Rauchfange einer Küche oder gar einer
                              Waschküche, so gelangt viel Wasserdampf an dasselbe, der offenbar ein gleichmäßiges
                              Austrocknen des Fleisches hindert. Während der Nacht oder zu anderer Zeit, zu
                              welcher man nicht heizt, wird das Fleisch stark abgekühlt. Wird wieder Feuer
                              gemacht, so entsteht schon durch das Verbrennen von Holz, weit mehr noch durch das
                              Kochen von Wasser oder wässerigen Flüssigkeiten eine große Menge Wasserdampf, der
                              sich an den kalten Fleischwaaren verdichtet, wie der Wasserdampf des Zimmers sich im
                              Winter an den kalten Fenstern ablagert (Schwitzen der Fenster); die Fleischwaaren
                              werden schmierig und es vergeht geraume Zeit, bis sie wieder soweit ausgetrocknet
                              sind, als sie vorher waren. Sind die Fleischwaaren durch den Rauch gebräunt und
                              werden sie durch dieses Ablagern von Wasser an ihrer Oberfläche wieder naß, so löst
                              sich ein Theil der Rauchstoffe auf und dringt weiter in das Innere des Fleisches.
                              Hierdurch kommt es oft, daß geräuchertes Fleisch mehrere Linien weit von außen nach
                              innen braun gefärbt ist und einen schlechten Geschmack hat; während bei richtigem
                              Räuchern nur eine sehr dünne Schichte des Fleisches oder Speckes braun sein und
                              stärker nach Rauch schmecken soll.
                           Die Rauchstoffe können auch dann in zu großer Menge weit in das Fleisch eindringen
                              und dieses braun färben, wenn der Rauch zu warm war; hierdurch schmilzt von dem
                              Fett, das Rauchstoffe auflöst und mit diesen in das Innere des Fleisches oder
                              besonders des Speckes dringt. Man sieht oft Speck, der bis auf mehrere Centimeter
                              nach innen braun ist, nur weil er während des Räucherns oder des Aufbewahrens zu
                              warm oder zeitweise feucht wurde (schwitzte).
                           Welches ist nun das beste Verfahren Fleischwaaren zu
                              räuchern? Eine gute Rauchkammer hat sowohl für das Räuchern von Fleisch als für das
                              Aufbewahren geräucherter Fleischwaaren so großen Werth, daß sie in keiner
                              Haushaltung, wo man Fleisch räuchert, fehlen sollte. Ich will deshalb eine
                              Vorrichtung beschreiben, wie sie sich in einer kleinen Haushaltung, wo man zuweilen ein
                              Schwein schlachtet, sehr gut bewährt hat. An ein Kamin wurde im dritten Stock des
                              Hauses ein Raum von 70 Centimet. Tiefe, 50 Centimet. Breite und 2 Met. Höhe angebaut
                              und mit einer eisernen Thüre versehen. Dieser Raum ist mit dem Kamin durch zwei
                              Oeffnungen in Verbindung, wovon die eine in den unteren, die andere in den oberen
                              Theil des Raumes mündet; am unteren Theil der oberen Oeffnung ist ein Blechschieber
                              angebracht, welcher in das Kamin hineingeschoben werden kann. Wird dieser Schieber
                              hineingeschoben, so geht der Rauch durch die untere Oeffnung in die Rauchkammer und
                              verläßt diese wieder durch die obere Oeffnung. Selbstverständlich kann man diesen
                              Schieber auch in anderer Weise, oft bequemer außerhalb der Rauchkammer anbringen, er
                              muß nur unter der oberen und über der unteren Oeffnung liegen, so daß, wenn er
                              geschlossen wird, der Zug des Kamines durch die Rauchkammer geht. In Beziehung auf
                              die Größe dieser Oeffnungen ist zu bemerken, daß dieselben so breit als die Weite
                              des Kamines und etwas höher als breit zu machen sind. Werden sie zu klein gemacht,
                              so wird durch das Einschieben des Schiebers der Zug zu sehr vermindert, was in
                              geringem Maß übrigens durch solche Rauchkammern immer geschieht.
                           Zum Aufhängen des Fleisches hat man auf beiden Seiten je genau gegenüber und der Höhe
                              nach alle 50 Centimet. auseinander eine Reihe von Backsteinen einige Centimeter nach
                              innen vorspringen lassen; die Fleischwaaren werden an Eisenstäbe gehängt, die auf
                              diese vorspringenden Steine von einer Seite der Kammer zur anderen gelegt werden. Da
                              in dem gedachten Hause früher nur Steinkohlen gebrannt wurden, so hat man ein sehr
                              kleines Oefchen neben die Rauchkammer gestellt und dasselbe mittelst eines Rohres
                              mit dieser verbunden. War Fleisch zum Räuchern in der Rauchkammer, so wurde Morgens
                              in diesem Oefchen mit einigen Händen voll Säg- oder anderen Spänen Rauch
                              erzeugt, der in die Rauchkammer ging. Des Tags wurde bei der Steinkohlenfeuerung,
                              weil je beim Auflegen von Kohlen zu viel Rauch kam, der Zug des Kamines nicht durch
                              die Rauchkammer geleitet. Abends schob man den Schieber ein, so daß der Zug des
                              Kamines die ganze Nacht durch die Rauchkammer ging. Seitdem die Steinkohlenfeuerung
                              durch Kohksfeuerung ersetzt ist, läßt man Tag und Nacht den Zug des Kamines durch
                              die Rauchkammer gehen und leitet nur von Zeit zu Zeit etwas Holzrauch aus dem
                              daneben stehenden Oefchen in die Rauchkammer. Das Räuchern und das Trocknen der
                              Fleischwaaren ging in diesem Rauchkämmerchen immer ganz vorzüglich von statten. Es
                              versteht sich ganz von selbst, daß man je nach Bedürfniß die Rauchkammer größer machen kann; obige Größe
                              genügt für die Fleischwaaren von einem Schwein sehr gut.
                           Wenn das Fleisch aus dem Salz kommt, wird es zuweilen, bevor man es in Ranch hängt,
                              in Sägspänen oder in Kleie umgewendet oder damit bestreut, damit hiervon überall am
                              Fleische hängen bleibt. Dieses Verfahren ist ohne Zweifel sehr zweckmäßig; es
                              entsteht jetzt eine weniger starke Rauchkruste am Fleisch selbst, und wenn
                              Wasserdämpfe sich verdichten (das Fleisch schwitzt), so bleibt diese Feuchtigkeit
                              vorzugsweise in der Kleie oder dem Sägmehl; die oben erwähnten braunen Rauchstoffe
                              werden also nicht oder weniger mit solchem Wasser in das Fleisch eindringen. Vor
                              Verwendung des Fleisches können Sägmehl oder Kleie sehr leicht entfernt werden.
                           Das Aufbewahren der geräucherten Fleischwaaren. –
                              Die Klagen habe ich schon oft gehört, der Keller sei zu feucht, der Speicher zu
                              warm, im Kamin trocknen die Fleischwaaren zu stark aus und sonstige Räume habe man
                              im Hause nicht, wo die Fleischwaaren füglich aufbewahrt werden können, ohne daß sie
                              schimmeln.
                           Was ist nun gefährlicher, Wärme oder Feuchtigkeit und dumpfe Luft? – Daß bei
                              höherem Wärmegrad Gährung, Verwesung und Fäulniß rascher vor sich gehen, als bei
                              niederem Wärmegrad, ist allbekannt und wird wohl von Niemanden bezweifelt werden;
                              doch bin ich überzeugt, daß die Wärme an und für sich bei geräucherten Fleischwaaren
                              nicht so gefährlich ist, wenn nur Feuchtigkeit abgehalten und genügende Bewegung der
                              Luft vorhanden ist. Ich habe mich gewundert, daß man auf griechischen Schiffen bei
                              29° R. im Schatten am Tage und nicht unter 22° R. in der Nacht Würste
                              von rohem Fleisch (sogen. Göttinger Würste) und Schinken so gut erhalten konnte,
                              nicht etwa auf Eis, sondern nur an einem zugigen Orte aufgehängt. In Griechenland
                              sah ich einen sogen. Fliegenschrank zur Aufbewahrung des Fleisches im Schatten der
                              Bäume an einem luftigen Platze angebracht. Im Keller (Felsenkeller) war ein
                              Wärmegrad von 17° R. und doch hat man es vorgezogen, auch nicht geräucherte
                              Fleischwaaren bei obigem Wärmegrade im Freien aufzubewahren, weil hier starke
                              Bewegung der Luft vorhanden war, während im Keller auch bei dem erheblich niederen
                              Wärmegrad Feuchtigkeit und dumpfe Luft ohne Zweifel noch viel schädlicher gewesen
                              wären, als jener höhere Wärmegrad. Ist ein Keller nicht sehr trocken, so schimmeln
                              die geräucherten Fleischwaaren sehr leicht, man mag sie aufbewahren wie man will,
                              auch wenn sie in Asche, in Kohlen oder Sägmehl gesteckt werden, wie dieß schon
                              empfohlen wurde. Der geeignetste Ort, geräucherte Fleischwaaren aufzubewahren,
                              dürfte in weitaus den meisten Fällen eine gute Rauchkammer sein; in dieser bleibt das Fleisch
                              trocken, ohne daß es so stark austrocknet, als wenn man dasselbe in dem Kamine
                              hängen läßt. Je nach den Heizungen, welche an dem Kamine liegen, und je nachdem die
                              Rauchkammer in geringerer oder größerer Entfernung von den Heizungen sich befindet,
                              wird man beim Aufbewahren des Fleisches den Schieber mehr oder weniger stark
                              herausziehen, also den Zug des Kamines schwächer oder stärker durch die Rauchkammer
                              leiten.
                           Außer den feuchten und dumpfen Orten sind besonders jene Räume für die Aufbewahrung
                              von geräucherten Fleischwaaren ungeeignet, wo große Temperaturschwankungen
                              vorkommen. Wird z.B. der Raum, in welchem Nahrungsmittel aufbewahrt werden, im
                              Winter sehr kalt und er wird dann zuweilen etwa durch Oeffnen eines geheizten Raumes
                              erwärmt, so beschlagen sich die Nahrungsmittel mit Wasser, was sehr leicht zum
                              Verderben derselben beitragen kann. Ein bleibend warmer Raum ist deshalb für die
                              Aufbewahrung der geräucherten Fleischwaaren geeigneter als ein solcher, wo große und
                              häufige Schwankungen des Wärmegrades vorkommen. (Wochenblatt des
                                    landwirthschaftlichen Vereins in Baden.)