| Titel: | Neues Verfahren der Fabrikation von Stuck; von Ed. Landrin. | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 75 | 
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                        Neues Verfahren der Fabrikation von Stuck; von
                           Ed.
                              Landrin.
                        Aus den Comptes rendus, 1874 t. LXXIX p.
                              231.
                        Landrin, über ein neues Verfahren der Fabrikation von
                           Stuck.
                        
                     
                        
                           Man fabricirt in Frankreich und in England unter dem Namen englischer Cement, französischer Cement, alaunirter Gyps oder Stuck eine Gyps-Varietät, welche ganz besondere
                              Eigenschaften besitzt. Diese Masse zieht nur langsam Wasser an (dieser Act dauert
                              bis 12 Stunden, mitunter noch länger); sie wird dann äußerst hart, läßt sich,
                              vermengt mit Farbstoffen (Kienruß, Ocker, Kupferoxyd, Chromgelb etc.) Poliren und
                              wird dadurch den schönsten Marmorarten zum Verwechseln ähnlich. Die meisten
                              chemischen Schriften geben an, zur Darstellung dieser Cemente solle man den
                              Gypsstein erst brennen und dann einige Minuten lang in eine 10- bis
                              12procentige Alaunlösung tauchen. – Bei den zur Ermittelung der zu dieser
                              Fabrikation erforderlichen Bedingungen angestellten Versuchen bin ich auf
                              wesentliche Verbesserungen gestoßen, welche den Gegenstand der nachfolgenden
                              Mittheilungen bilden. Die chemische Analyse mehrerer Handelsproben ergab:
                           
                              
                                 
                                 FranzösischerCement
                                 Englischer Cement
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Nr. I
                                 Nr. II
                                 Stuck
                                 
                              
                                 Schwefelsaurer Kalk
                                 96,75
                                 98,19
                                 98,02
                                 98,05
                                 
                              
                                 Kohlensaurer Kalk
                                   1,05
                                   0,41
                                   0,37
                                   0,36
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                   0,72
                                 –
                                   0,42
                                   0,51
                                 
                              
                                 Wasser
                                   1,48
                                   1,40
                                   1,19
                                   1,08
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00  
                                 100,00  
                                 100,00  
                                 100,00  
                                 
                              
                           
                           Wie man sieht, enthält keines dieser Fabrikate Alaunerde und Kali, und nur wenig
                              hygroskopisches Wasser. Es handelte sich demnach um die Feststellung zweier
                              wichtigen Punkte:
                           1) Ist die vollständige Entwässerung des Gypses nothwendig, um das Maximum von Härte
                              und von Langsamkeit in der Wasseraufnahme zu erreichen?
                           2) Hat die Behandlung mit Alaunlösung zum Zweck, den kohlensauren Kalk, welcher sich
                              stets in wechselnden Mengen im Gypssteine findet, in schwefelsauren Kalk zu
                              verwandeln?
                           Vollständige Entwässerung des Gypses. Mehrere Chemiker,
                              namentlich Payen, haben sich mit den Bedingungen des
                              richtigen Brennens des Gypses beschäftigt. Bis jetzt hat man angenommen, daß die zur
                              Entwässerung erforderliche Temperatur 150° C. nicht überschreiten darf. Aber
                              die dieser Temperatur ausgesetzten Gypse enthalten, entgegen dem, was man bei den
                              alaunirten Gypsen findet, 7 bis 8 Procent Wasser (vergleiche dies Journal, 1874 212 209). Ueberrascht von dieser Differenz, setzte ich
                              rohen Gyps einer Hitze von etwa 400° aus; er wurde dadurch binnen 40 Minuten
                              entwässert und stellte nun eine sehr harte Masse dar, welche begierig Wasser anzog.
                              Obige Angabe des Maximums der Temperatur (150°) ist also nicht richtig, weil
                              zu niedrig. Immerhin, und dies hat bei Payen den Irrthum
                              veranlaßt, ist, wenn die Temperatur, bei welcher man operirt, keinen wesentlichen
                              Einfluß auf die Wasseraufnahme des Gypses hat, das doch nicht der gleiche Fall mit
                              der Dauer des Versuches.
                           Derselbe Gyps, welcher mir in 40 Minuten so gute Resultate geliefert hatte, gibt nach
                              3stündigem Brennen bei derselben Temperatur von 400° ein Product, welches
                              noch sehr hart wird, aber fast augenblicklich Wasser aufnimmt. Endlich sind
                              diejenigen Gypse, welche man 24 bis 36 Stunden lang erhitzt hat, noch fähig Wasser
                              aufzunehmen, werden aber nicht mehr hart und nehmen vom Fingernagel Eindrücke an. Es
                              ist also eine Frage der Zeitdauer, welcher man in der Praxis Rechnung tragen
                              muß.
                           Nicht zufrieden mit der bisher eingehaltenen Temperatur, erhöhte ich dieselbe noch
                              mehr. Bei dunkler Rothglut gelang es mir noch, Wasser aufnahmsfähige Producte zu
                              bekommen; aber bei Kirschrothglut, wo der Gyps schwach zusammensintert, verliert er
                              die Fähigkeit, sich mit Wasser zu verbinden, gänzlich. Ich erhielt mithin einen
                              vollständig wasserfreien, aber beinahe augenblicklich Wasser anziehenden Gyps. Die
                              Langsamkeit der Wasseraufnahme rührte wahrscheinlich von der Einwirkung des Alaunes
                              auf den Gyps her.
                           
                           Alaunirung des Gypses. Wenn man den einmal gebrannten
                              Gyps in 12procentigem Alaunwasser abgelöscht hat, so erhält man, wie schon gesagt,
                              ein Product, welches langsam Wasser anzieht und erhärtet.
                           Entsteht durch die Einwirkung des Alaunes Gyps, so muß dasselbe auch der Fall sein,
                              wenn man statt des Alaunes schwefelsaure Thonerde, schwefelsaures Kali oder irgend
                              eine andere schwefelsaure Verbindung anwendet. Meine ersten darüber angestellten
                              Versuche waren nicht glücklich, denn die Anwesenheit eines Ueberschusses von
                              löslichem Sulfat verhinderte die Wasseraufnahme des Gypses vollständig; als ich aber
                              nicht mehr anwendete als nöthig war, um den kohlensauren Kalk zu sättigen, erhielt
                              ich sehr befriedigende Resultate, denn der Gyps zog nun langsam an und wurde sehr
                              hart. Ermuthigt durch diesen ersten Erfolg, kam mir der Gedanke, die Schwefelsäure
                              allein könne vielleicht dieselbe Rolle spielen. Zu dem Zwecke brachte ich gebrannten
                              Gyps einige Minuten in ein Gemisch von Wasser und Schwefelsäure, ließ ihn abtropfen
                              und unterwarf ihn alsdann einer 2- bis 3stündigen dunklen Rothglut. Jedesmal
                              wenn die Schwefelsäure zur Sättigung des kohlensauren Kalkes ausreichte oder im
                              geringen Ueberschusse vorhanden war, fiel der Versuch sehr befriedigend aus. Die so
                              vorbereiteten Gypse zogen sehr langsam, in 10 bis 12 Stunden, an, und wurden sehr
                              hart; kurz sie besaßen alle Eigenschaften der schönsten Stucke.
                           Nun suchte ich die beiden Operationen durch ein einziges Brennen zu ersetzen, indem
                              ich den rohen Gyps in 8 bis 10 Proc. Schwefelsäure enthaltendem Wasser 1/4 Stunde
                              lang eintauchte und dann calcinirte. Dies gelang vollständig; nicht nur sielen die
                              Stucke sehr gut aus, sondern sie zeigten auch, statt der sonstigen graulichen, eine
                              ganz weiße Farbe – letzteres als Folge der zerstörenden Einwirkung des
                              kleinen Ueberschusses an Schwefelsäure auf die stets in geringer Menge im Gypse
                              vorhandene organische Substanz.
                           
                              W.