| Titel: | Ueber die Prüfung des Kaffees; von Prof. G. C. Wittstein. | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 85 | 
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                        Ueber die Prüfung des Kaffees; von Prof.
                           G. C.
                              Wittstein.
                        Wittstein, über die Prüfung des Kaffees.
                        
                     
                        
                           Bevor die Kaffeebohne als Getränk vor uns steht, ist sie nicht selten verschiedenen
                              Verfälschungen ausgesetzt, deren eine selbst so weit geht, daß von der echten Bohne nichts
                              weiter als der Name übrig bleibt. Nach H. Ludwig kommen
                              nämlich im Handel auch Kaffeebohnen vor, welche aus Mehlteig und zwar ziemlich täuschend nachgebildet sind; sie besitzen
                              jedoch scharfe Ränder (nicht abgerundete wie die echten) und lassen sich leicht zu
                              einem gelblichgrauen Pulver zerreiben. Beim Kochen mit Wasser geben sie eine
                              kleisterartige, durch Jod tief blau werdende Masse. Der Nachweis dieses Betruges
                              unterliegt demnach keiner Schwierigkeit, und ein Uebersehen desselben wäre nur dann
                              möglich, wenn solches Kunstproduct in verhältnißmäßig geringer Menge den echten
                              Bohnen beigemengt ist.
                           Den geringeren Sorten Kaffeebohnen sucht man nicht selten durch künstliche Färbung
                              das Ansehen der besseren Sorten zu ertheilen und verfährt dabei auf verschiedene
                              Weise (vergl. 1874 213 172). Wie ich aus sicherer Quelle
                              weiß, besteht eine dieser Methoden darin, daß man zu den Bohnen in einem Fasse eine
                              Anzahl Bleikugeln gibt und hierauf das Faß eine Zeit lang hin und her rollt, wodurch
                              sich von dem Metalle so viel abreibt und an die Bohnen hängt, als zur Färbung
                              erforderlich ist. Das bloße Auge wird eine derartige Fälschung nicht leicht
                              erkennen, eine scharfe Loupe eher darauf aufmerksam machen; um aber ganz sicher zu
                              gehen, lege man die verdächtigen Bohnen in verdünnte Salpetersäure (1,10 spec.
                              Gew.), gieße nach einstündiger Einwirkung ab, verdünne dieselbe noch mit der
                              dreifachen Menge Wasser und prüfe mit Schwefelwasserstoff in bekannter Weise.
                           Ein anderes Mittel zur Färbung der Kaffeebohnen ist ein grünes Pulver, welches nach
                              der Untersuchung von Löhr in 100 Theilen aus
                           15 Th. Berlinerblau, 35 Th. chromsaurem Bleioxyd,
                           35 Th. eines Gemenges von Thon und Gyps und 15 Th. Wasser besteht. Man greift also
                              hier zu einem ähnlichen Mittel, dessen sich die Chinesen schon seit langer Zeit zur
                              Färbung des grünen Thees bedienen, nur mit dem Unterschiede, daß das Gelb in der zu
                              letzterem Zwecke dienenden Mischung nicht chromsaures Bleioxyd sondern Curcuma,
                              diese Mischung daher ziemlich harmloser Natur ist. An dem Thee lassen sich die
                              einzelnen Gemengtheile der farbigen Composition (Berlinerblau – nach R. Warington mitunter durch Indigo vertreten –
                              Curcuma und Gyps) mit der schwächsten Vergrößerung eines Mikroskops, ja selbst mit
                              einer scharfen Loupe sehr deutlich erkennen, wie ich mich oft überzeugt habe.
                           Es fällt daher auch nicht schwer, schon allein durch das bewaffnete Auge zu
                              entscheiden, ob an den Kaffeebohnen ein ähnliches Gemisch haftet. Zur genaueren
                              Prüfung auf dessen Natur übergießt man eine größere Menge solcher Bohnen mit warmem
                              destillirtem Wasser, nimmt dieselben nach ein paar Stunden wieder heraus, und läßt
                              das Wasser sich klären. Bei Gegenwart von Gyps wird dieses Wasser durch
                              Bariumchlorid und oxalsaures Ammoniak stark getrübt. In dem Absatze gibt sich das
                              Berlinerblau dadurch zu erkennen, daß seine Farbe auf Zusatz von verdünnter
                              Kalilauge sofort in Braun übergeht. Erfolgt dieser Farbenwechsel nicht, so hat man
                              kein Berlinerblau sondern Indigo vor sich, und dann wird die Farbe durch
                              Salpetersäure zerstört. Bei der Behandlung mit Kalilauge wird auch das chromsaure
                              Bleioxyd mehr oder weniger angegriffen, indem es sich zum Theil oder ganz löst
                              (während Curcuma nur eine braune Farbe annimmt). Eine weitere Probe, angestellt
                              durch Betupfen des Absatzes mit Schwefelammonium, läßt, wenn Schwärzung erfolgt,
                              über die Gegenwart des Chromgelbes keinen Zweifel.
                           Durch das Brennen (Rösten) werden die Kaffeebohnen in einen Zustand übergeführt,
                              welcher jeden Fälschungsversuch fast unmöglich macht, so lange sie noch ganz,
                              dagegen die Betrügerei sehr erleichtert, sobald sie zerkleinert (gemahlen) sind. Wer
                              kennt nicht die zahlreichen Kaffee-Surrogate, welche im Laufe der Zeit
                              aufgetaucht sind und noch fortwährend, bald unter diesem, bald unter jenem richtigen
                              oder falschen Namen empfohlen werden, aber stets in ein und derselben äußeren
                              Beschaffenheit – nämlich als mehr oder weniger tief braune grobe Pulver von
                              eigenthümlich brenzlichem Geruche und brenzlich aromatischem bitterem Geschmacke.
                              Die allgemeinste Bezeichnung für dieselben ist bekanntlich Cichorienkaffee, weil die Wurzel von Cichorium
                                 Intybus vorzugsweise dazu verwendet wird; doch substituirt man ihr, wegen
                              Mangel an Material, häufig die Runkelrübe, gelbe Rübe und andere rübenartigen
                              Wurzeln, und im südlichen Europa die Feigenfrucht, deren Röstproduct dann aber als
                              Feigenkaffee (vergl. 1874 212 439) besonders bezeichnet zu werden pflegt.Der für ein derartiges Fabrikat auch wohl gebräuchliche Name Mandelkaffee könnte glauben machen, er sei aus
                                    Mandeln erhalten; dieser Annahme widerspricht aber der Preis, denn derselbe
                                    steht weit unter dem der Mandeln.Von anderen Surrogaten, wie Korn-, Malz-, Eichelkaffee sehe ich
                                    hier ab, weil sie weniger den gemahlenen Kaffeebohnen zugesetzt, als
                                    vielmehr unter ihrem richtigen Namen und auch wohl unter Hervorhebung ihrer
                                    besonderen diätetischen Eigenschaften in den Handel gebracht werden. Den
                                    Cerealien-Kaffee erkennt man daran daß sein Aufguß durch Jod blau,
                                    und den Eichelkaffee, daß sein Aufguß sowohl durch Jod als auch durch
                                    Eisensalze blau wird; der erstere enthält nämlich stets noch ein wenig
                                    unverändertes Stärkemehl, und der zweite außer diesem noch Gerbsäure.
                              
                           Da alle diese Surrogate derselben Behandlung wie die Kaffeebohnen, nämlich der
                              Röstung bis zum tiefen Braunwerden, unterworfen sind, so kann es nicht überraschen,
                              wenn sie in mancher Beziehung jenen ähnlich sind. Von einem wirklichen Ersatze der Kaffeebohnen durch
                              dieselben kann aber um so weniger die Rede sein, da ihnen sämmtlich deren
                              Hauptbestandtheil, das Kaffeein, fehlt. Unter sich dagegen stimmen sie mehr überein,
                              und es möchte schwer halten, dem fertigen (gemahlenen) Präparate anzusehen, welches
                              Rohmaterial zu seiner Herstellung gedient hat. Durch das Rösten sind die meisten
                              Bestandtheile entweder ganz zerstört oder doch so verändert, daß ihre
                              Wiedererkennung ein vergebliches Bemühen wäre. Dafür sind an deren Stelle eine
                              Anzahl neuer Bestandtheile getreten, die noch wenig bekannt sind, unter denen
                              besonders ein brenzliches Oel und ein Bitterstoff sich bemerklich machen. Besaß also
                              das Rohmaterial noch keinen bitteren Geschmack (Rüben, Feigen)Dahin gehört auch das Getreidemehl, aus welchem beim Backen ein Bitterstoff
                                    hervorgeht, welchen man in der Ober- und Unterrinde des Brodes
                                    antrifft., so zeigt sein Röstproduct denselben in sehr entschiedener Weise, und zu der
                              ursprünglichen Bitterkeit der Kaffeebohne und der Cichorienwurzel tritt der neu entstandene Bitterstoff (das Reichenbach'sche Assamar) hinzu.
                           Es dürfte daher einleuchten, daß der bittere Geschmack allein kein sicheres Kriterium
                              weder zur Unterscheidung der Surrogate unter einander, noch von den Kaffeebohnen
                              darbietet. Da aber ein Unterschied zwischen Surrogat und Bohne unzweifelhaft
                              besteht, so müssen wir ihn in dem verschiedenen Verhalten der brenzlichen Oele
                              suchen. Von dieser Verschiedenheit können wir uns allerdings vorläufig nur durch den
                              Geruch und Geschmack Rechenschaft geben, denn die Natur dieser Oele ist zur Zeit
                              noch unbekannt. Beide Sinneseindrücke, namentlich der Geruch, genügen auch, wenn es
                              sich darum handelt, zu entscheiden, ob man gemahlene Kaffeebohnen oder gemahlenes
                              Surrogat hat, lassen aber im Stich bei einem Gemenge beider, es müßte denn das
                              letztere unverhältnißmäßig vorherrschen. Nehmen wir nun an, daß dies wie gewöhnlich
                              nicht der Fall ist, daß also am Geruch und Geschmack eine solche Fälschung nicht
                              erkannt werden kann, so hat man sich nach anderen Unterscheidungsmerkmalen
                              umzusehen.
                           Ein einfaches Verfahren besteht darin (vergl. 1867 185
                              408), den verdächtigen Kaffee auf Wasser zu schütten; ist er rein, so bleibt er
                              stundenlang auf demselben schwimmend, während die Cichorie sofort untersinkt. Ganz
                              ausnahmlos ist dasselbe jedoch nicht, denn Denault theilt
                              einen Fall mit, wo ein von ihm selbst gerösteter und gemahlener Kaffee in weniger
                              als 1/4 Stunde fast vollständig in Wasser untersank, während Proben anderer
                              käuflicher Sorten von unverfälschtem Kaffee 10 Stunden lang sich auf dem Wasser
                              schwimmend hielten. Und Chevallier bemerkt dazu, daß ihm auch schon solcher
                              Kaffee vorgekommen sei, jedoch nur als Seltenheit. Mir hat sich diese Probe stets
                              bewährt.
                           J. Horsley empfahl vor längerer Zeit folgendes Verfahren
                              zur Erkennung der Cichorie im Kaffee. Wenn man einen aus gebrannter Cichorie
                              bereiteten und durch viel Wasser verdünnten Aufguß mit einer Auflösung von
                              zweifach-chromsaurem Kali versetzt, so bemerkt man keine sichtbare
                              Veränderung. Unterwirft man dagegen derselben Prüfung den gebrannten Kaffee, so
                              färbt sich dessen Aufguß sofort dunkel und wird braun wie Porterbier. Beide
                              Substanzen können also durch dieses Verhalten leicht von einander unterschieden
                              werden. Schwieriger wird die Sache, wenn es sich darum handelt, in Gemengen von
                              beiden die eine zu erkennen. Man bereitet alsdann aus einem abgewogenen Quantum des
                              muthmaßlichen Gemenges einen Aufguß, behandelt denselben kochend mit
                              zweifach-chromsaurem Kali, setzt einige Decigramm Kupfervitriol hinzu und
                              kocht abermals, worauf ein mehr oder weniger dunkelbrauner flockiger Niederschlag
                              entsteht. Die Tiefe der Farbe dieses Niederschlages hängt von der Quantität des in
                              dem Gemenge enthaltenen Kaffees ab, und man kann diese Quantität durch vergleichende
                              Prüfung eines Aufgusses von reinem Kaffee annähernd bestimmen. Diese Reaction rührt
                              nicht von der farbigen Materie des gebrannten Kaffees her, sondern von der
                              Gerbsäure, denn ein Auszug des nicht gebrannten Kaffees verhält sich ebenso.
                           Ich ließ dieses Verfahren durch Hrn. Rottmanner prüfen; es
                              lieferte uns aber keine befriedigenden Resultate. Verdünnter Cichorienaufguß und
                              Kaffeeaufguß zeigten mit zweifach-chromsaurem Kali allerdings dieselben
                              Erscheinungen, wie sie Horsley angibt, d.h. der erstere
                              erlitt keine Veränderung und der letztere wurde braun. Auch entstand, als zu dem
                              gemischten und mit chromsaurem Kali behandelten Aufgusse von Cichorie und Kaffee
                              Kupfervitriol kam, ein brauner flockiger Niederschlag; allein derselbe Niederschlag
                              entstand auch mit reinem Kaffeeaufguß, so daß sich dadurch wohl Kaffee in Cichorie,
                              aber nicht umgekehrt Cichorie im Kaffee erkennen läßt.
                           Dieser ungünstige Erfolg veranlaßte zu weiteren Versuchen über die Nachweisung der
                              Cichorie im Kaffee. Dazu dienten die Decocte beider mit der achtfachen Menge Wasser,
                              welche nach dem Filtriren auf 12 Theile verdünnt wurden.
                           Setzt man in einer Proberöhre zu 30 Tropfen des Kaffeedecoctes 2 Tropfen concentrirte
                              Salzsäure, kocht einige Secunden, fügt dann 15 Tropfen einer Auflösung von 1 Th.
                              Kaliumeisencyanid in 8 Th. Wasser hinzu und kocht noch einmal so lange wie vorher,
                              so wird die Flüssigkeit erst grün, dann schwarzgrün. Kommen nun noch 6 Tropfen Aetzkalilauge hinzu, so
                              wird nach abermaligem 1 bis 2 Minuten langem Kochen die Flüssigkeit braun und bald
                              darauf, indem sich ein geringer schmutziggelber Niederschlag absetzt, klar blaßgelb.
                              Unterwirft man das Cichoriendecoct derselben Behandlung, so bleibt die Flüssigkeit
                              zuletzt braun und trübe, und erst nach längerem Stehen setzt sich ein Niederschlag
                              ab, während die überstehende Flüssigkeit ihre braune Farbe beibehält. Macht man die
                              Probe mit einer Mischung von 24 Tropfen Kaffee und 6 Tropfen Cichoriendecoct, so
                              erhält man ebenfalls zuletzt eine braune trübe Flüssigkeit. Hierdurch läßt sich also
                              erkennen, ob der Kaffee rein oder mit Cichorien versetzt ist (vergl. auch 1874 211 78).
                           Ueber die Quantität des im Kaffeeaufgusse Gelösten hat man
                              wohl allgemein eine übertriebene Meinung; ein guter, keineswegs schwacher Aufguß
                              hinterließ 1 Proc., und ein recht starker Aufguß kaum 2 Proc. Trockensubstanz.
                              Letzterer bildet einen tiefbraunen glänzenden Firniß, der ziemlich luftbeständig
                              ist, wenigstens noch am zweiten Tage sich ganz trocken anfühlt. Enthält das zum
                              Aufgusse verwendete Material eines der gewöhnlichen Surrogate, so fühlt sich der zur
                              Trockne gebrachte Verdunstungsrückstand schon nach 1 bis 2 Stunden klebrig an, und
                              nach 24 Stunden ist er entschieden feucht geworden. Dieses einfache Mittel würde
                              daher ebenfalls über den Verdacht der Fälschung entscheiden lassen.
                           Auch das Fälschungsmittel des Kaffees, die Cichorie, ist der Fälschung ausgesetzt,
                              und zwar mit Torf. Ich besitze darüber keine eigenen Erfahrungen; um so mehr dagegen
                              Prof. Th. Swartz in Gent, wonach diese Betrügerei in
                              Flandern am schwunghaftesten betrieben zu werden scheint. (Vergl. hierüber: Chemisches
                                    Centralblatt, 1871 S. 825; Zeitschrift für analytische
                                    Chemie, 1872 S. 232.)