| Titel: | Bradley's Tangetenbussole; von Dr. G. Seelhorst. | 
| Autor: | G. Seelhorst | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 121 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Bradley's
                           Tangetenbussole; von Dr. G.
                              Seelhorst.
                        Mit einer Abbildung.
                        Seelhorst, über Bradley's Tangetenbussole.
                        
                     
                        
                           Durch den Mechaniker S. Schuckert in Nürnberg wurde ich
                              veranlaßt, Messungen der Widerstände vorzunehmen, welche der galvanische Strom in
                              den gewöhnlichen galvanoplastischen Bädern findet. Zu diesem Zweck benützten wir
                              eine Tangentenbussole, welche Hr. Schuckert in Amerika
                              kennen gelernt und hier angefertigt hatte. Da die Construction derselben originell
                              ist und bei uns noch wenig bekannt sein dürfte, so gebe ich nachfolgend eine
                              Beschreibung. Vorerst sei erwähnt, daß die Reihe der oben erwähnten Untersuchungen
                              noch nicht abgeschlossen ist, daß ich aber schon jetzt die von uns gebrauchte
                              Tangentenbussole als ein
                              recht handliches, sehr brauchbares, zuverlässiges Instrument bezeichnen und
                              namentlich für die Zwecke der Praxis empfehlen kann. Alle sonstigen Constructionen
                              solcher Meßinstrumente mögen dieser vielleicht an wissenschaftlicher Genauigkeit
                              überlegen sein, an Brauchbarkeit und Bequemlichkeit aber gewiß nicht. Diese
                              Tangentenbussole wurde 1866 von Dr. L. Bradley in Jersey City, N. J. erfunden und findet sich
                              zum ersten Mal von F. L. Pope im „Telegrapher“, December 1872 und März 1874
                              S. 67 erwähnt – und zwar in Vergleichung mit den Instrumenten von Weber, Gaugain und Farmer.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 215, S. 122
                              
                           Eine holzerne Platte von 20 Centim. Durchmesser, welche durch Stellschrauben e horizontal gestellt werden kann, trägt oberseits eine
                              in ganze Grade getheilte Kreisscale von 15 Centim. Durchmesser, so daß die Zehntel
                              gut abgeschätzt werden können. In der Mitte derselben schwebt auf einer Stahlspitze
                              die kreisrunde scheibenförmige Magnetnadel a (wenn man sie noch so nennen darf) von 2 Centim.
                              Durchmesser, welche nur etwa 0,5 Grm. wiegt. In der Richtung ihrer magnetischen
                              Achse trägt sie zwei bis zur Theilung reichende Zeiger b,
                                 b von ganz dünnem Aluminiumblech. Die Arretirung c ist die gewöhnliche. Direct unter der Nadel, nur durch die messingene
                              Kreistheilungsplatte von ihr getrennt, liegen die Windungen des stromführenden
                              Drahtes auf ein Parallelopiped von Holz gewickelt. Das vorliegende Instrument hat 4
                              Lagen eines 0,5 Millim. dicken Drahtes, über denselben eine aus 4 Touren bestehende
                              Lage eines dicken Kupferblechstreifens. Draht und Blech sind übersponnen und so mit
                              Klemmschrauben versehen, daß man entweder nur den Blechstreifen, oder die vier
                              Drahtlagen einschalten kann. Die ganze stromführende Spirale ist breiter als die Magnetscheibe, und
                              wirken so alle Theile gleichförmig auf den Magnet ein. Bei starken Strömen verwendet
                              man nur den Blechstreifen (Klemmschrauben d und d''), bei schwächeren die Drahtwindungen (Klemmschrauben
                              d und d'). Die Vortheile
                              dieser Construction sind folgende.
                           Das Instrument ist solid, leicht transportabel und geräth nicht leicht in Unordnung.
                              Die Magnetscheibe kommt sehr schnell zur Ruhe, was außer der Dämpfung durch die
                              Messingplatte dem Luftwiderstand zuzuschreiben sein dürfte und die Messung
                              wesentlich beschleunigt. Die Empfindlichkeit des Instrumentes ist derart, daß die
                              Einschaltung eines Widerstandes von 1/10 Ohm = 0,10493
                              Siemens-Einheiten eine Ablenkung der Nadel von
                              mehreren Graden hervorbringt. Die Handhabung ist leicht und einfach, so daß auch
                              gewöhnliche Arbeiter sich rasch damit zurecht finden. In Amerika wird die Bussole
                              hauptsächlich für telegraphische Zwecke, besonders Widerstandsmessungen in
                              Leitungsdrähten, benützt.
                           Es sei schließlich ein Verfahren zur Messung des inneren Widerstandes der Batterien
                              erwähnt, welches aus der oben genannten Quelle stammt. Man schaltet die Bussole und
                              irgend einen Rheostat so in den Schließungsbogen der zu messenden Batterie ein, daß
                              der äußere Widerstand möglichst klein ist. Man benützt also den Kupferstreifen und
                              kurze dicke Leitungsdrähte. Man notirt die Ablenkung der Nadel, sucht in einer der
                              bekannten Tabellen die Tangente dieses Winkels, dividirt dieselbe durch 2, sucht zu
                              diesem Quotienten, als Tangente genommen, den zugehörigen Winkel und schaltet
                              mittels des Rheostates soviel Widerstand ein, daß die Nadel um den so gefundenen
                              Winkel abgelenkt wird. Der Widerstand, welcher dies bewirkt, ist dann gleich dem
                              Widerstand in der Batterie. Ein großes Meidinger'sches
                              Element gab auf diese Weise einen Widerstand von 5,5 Ohm's. Der benützte Stöpselrheostat ist nach diesen – British Association – Einheiten construirt.
                           Nürnberg, November 1874.