| Titel: | Ueber die Plasticität und Schwindung der Thone; zusammengefasst von Dr. Carl Bischof. | 
| Autor: | Carl Bischof [GND] | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 137 | 
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                        Ueber die Plasticität und Schwindung der Thone;
                           zusammengefasst von Dr. Carl
                              Bischof.
                        Bischof, über die Plasticität und Schwindung der Thone.
                        
                     
                        
                           Mit der Plasticität der Thone, dieser bisher völlig räthselhaften Erscheinung, stehen
                              eine ganze Reihe von Erscheinungen bald in engerer Verbindung, wie das Schwinden,
                              Bindevermögen, Fettigkeit oder Magerkeit, bald in weiterer Beziehung, so die
                              Wassersaugekraft, auch Capillarität und Porosität und Annahme, Abgabe und Widerstand
                              des Wassers – alles wichtige Momente, einerseits für die Homogenisirung wie
                              überhaupt Bearbeitung eines Thones und andererseits für das Trocknen, Verziehen,
                              Reißen etc. von Fabrikaten daraus.
                           Die Plasticität oder die Bildsamkeit, d.h. die Fähigkeit des Thones mit Wasser einen
                              formbaren Teig zu geben, gehört zu den wissenschaftlich und praktisch gleich
                              wichtigen wie höchst werthvollen Eigenschaften der Thone, welche etwa mit Ausnahme
                              der wasserhaltigen kieselsauren Magnesia oder des Meerschaumes kein Silicat in dem Grade theilt.
                              Das Thonerdehydrat wie das Kieselsäurehydrat vermögen jene Aggregatform anzunehmen,
                              die wir gallertartig nennen und womit diese Verbindungen die Fähigkeit erlangen,
                              eine sehr große Menge Wasser aufzunehmen, außerordentlich aufzuquellen und damit
                              sandige oder erdige Pulver in reichlichster Menge einzuhüllen oder zu binden.
                              Entfernt man dieses Wasser durch Trocknen, so schrumpft die früher kleisterartige
                              Masse zusammen. Es tritt das Schwinden ein. Sowohl beim Trocknen des Thones an der
                              Luft, als auch beim Brennen rücken die Thontheilchen einander näher und werden auch
                              die begleitenden Gemengtheile zugleich zusammengezogen. Es erfolgt damit eine
                              Vermehrung der Dichtigkeit und eine Verminderung des Umfanges.
                           So verschieden die Plasticität der Thone ist, welche jedenfalls mit der Verwitterung
                              und vielleicht der Bildung von Thonerdehydrat zunimmt, so verschieden ist auch deren
                              Aufnahmefähigkeit für Wasser. Nach Türrschmiedt sind die
                              mageren Thone zur Wasseraufnahme sehr bereitwillig und lassen leicht die gewünschte
                              durchgängige Plasticität erreichen, die fetten verhalten sich dagegen sehr spröde.
                              Plastisch gewordener Thon wird durch Bearbeiten weicher, fetter Thon steifer. Sehr
                              viele fette Thone zeigen eine Erscheinung, welche in der Praxis mit Wassersteife
                              bezeichnet wird. Sind sie nämlich mit einem bestimmten Wasserquantum erweicht, so
                              haben sie keine Neigung, weiter hinzugefügtes Wasser leicht aufzunehmen. In so
                              wassersteifem Zustande wird der Thon gewöhnlich in den Thonlagern angetroffen
                              – ein Zustand, welcher die Aufnahme von Wasser nicht begünstigt. Kurzes Wesen
                              (Magerkeit) eines Thones rührt mehr von Schluff (unverwitterten Mineraltheilen) als
                              von Sand her; ein sandreicher Thon kann doch fett sein, dagegen ist es ein
                              schluffreicher nie. Sand und Schluff zusammen modificiren wirklich die Fettigkeit
                              und Magerkeit und lassen den Thon bald länger, bald kürzer erscheinen.
                           Nach dieser Vorausschickung der Erscheinungsweisen und der Wirkungen, welche die
                              Plasticität zu Wege bringt, sind wir durch die verdienstvollen Forschungen von Aron
                              Dr. Julius Aron:
                                    Plasticität, Schwindung und andere Fundamental-Eigenschaften des
                                    Thones bedingt die Form der Thontheilchen. Notizblatt des deutschen
                                    Ziegel-Vereins, Jahrg. IX S. 167. in der glücklichen Lage, über das Wesen und das Gesetz der Schwindung
                              bestimmte Resultate folgen zu lassen.
                           Unstreitig weist auch Aron die Plasticität und die damit
                              in engem Zusammenhang zu bringende Schwindungsfähigkeit den wasserhaltigen
                              
                              Thonsilicaten im Thone zu, welche er durch Schlämmen in
                              dem Apparat von Schöne sich so rein als möglich zu
                              verschaffen sucht. Mit Brogniart gleichfalls zwischen dem
                              Schwinden beim Trocknen, welches wesentlich physikalischer Natur, und dem Schwinden
                              im Ofenfeuer unterscheidend, beschränkte er vorerst seine Versuche auf die
                              Beobachtung beim Trocknen, indem die sogenannte Thonsubstanz gewogen wurde, nachdem
                              sie soweit angetrocknet auf eine gewogene Glasplatte gelegt, und mittels zweier
                              parallelen Schnitte eine bestimmte Länge thunlichst scharf abgemessen worden.
                              Hierauf fand das Austrocknen bei einer allmälig bis 130° gesteigerten
                              Temperatur statt, bis das Gewicht constant blieb; während von Zeit zu Zeit Gewicht
                              und die entsprechende Entfernung der abgemessenen Marken, resp. das Schwinden
                              bestimmt wurde. So ergab sich das stetige Resultat, daß nicht etwa die Schwindung
                              immer geringer wird bis zur völligen Trockenheit, sondern daß das Schwinden schon
                              früher aufhört.Seger sagte diese unerwartete Erscheinung bereits
                                    voraus. A. a. O. S. 175.
                              
                           
                              „Bis zu einem bestimmten Punkte entspricht die Schwindung genau dem
                                 Wasserverluste; dann aber macht sie plötzlich halt und zwar in dem Momente, wo
                                 die einzelnen Thontheilchen bei dem Vorrücken auf einander sich endlich
                                 gegenseitig berühren.“
                              
                           Aron bezeichnet diesen Punkt als die Schwindungsgrenze und unterscheidet zwischen dem bis
                              dahin entweichenden Wasser als Schwindungswasser und dem
                              später entweichendem als Porenwasser und nennt die Summe
                              beider das Gesammtwasser.
                           Dabei ermittelte Aron zugleich durch Berechnung, daß die
                              kubischen Schwindungen an einem Teig von Thonsubstanz gleich sind den Volumen des
                              verdunsteten Wassers, wie ferner die für die Technik so sehr gewichtigen Gesetze.
                              Die Schwindung erfolgt nach allen Dimensionen in gleichen Verhältnissen, und das
                              Porenverhältniß am trockenen Thone ist constant, d.h. unabhängig von der
                              ursprünglich im Teige enthaltenen Menge Wassers.
                           Für die Praxis ergibt sich aus den Versuchstabellen Aron's: Je fetter ein Thon, oder je mehr Wasser er aufzunehmen vermag, und je
                              mehr er dadurch an Volumen zunimmt, um so mehr schwindet er beim Trocknen, aber das
                              Porenwasser nimmt damit nicht zu, d.h. es bilden sich – was von Bedeutung
                              – bei den fetteren Thonen keine größeren oder mehr Poren.
                           Aus dem nahe gleich gefundenen Porenverhältniß bei mehreren chemisch wesentlich
                              verschiedenen Thonen kommt Aron zu dem Schluß, daß dem Thone in seinen
                              kleinsten Theilen eine regelmäßige und zwar eine kugelförmige Gestalt eigen sei und bekräftigt diese Ansicht schließlich
                              durch mikroskopische Beobachtungen und Berechnungen.
                           Aron gelangt so zu folgender mechanischen Vorstellung des
                              Vorganges bei der Plasticität und Schwindung.
                           In einem plastischen Thonteig haben wir eine Menge in gleichem Abstande befindlicher,
                              in Wasser suspendirter Kügelchen, die sich also das Gleichgewicht halten. Dieser
                              Abstand ist so gering, daß die Anziehungskraft der Kügelchen bereits erheblich ist,
                              daß sich ferner ein System von Capillarröhren bildet, welches der Fortbewegung des
                              Wassers durch Druck einen solchen Widerstand entgegensetzt, daß weder die
                              Anziehungskraft der Kügelchen auf einander, noch der Niedertrieb derselben in
                              verticaler Richtung das Wasser durch die Röhren zu drängen vermag.
                           Die Plasticität beginnt erst mit einer bestimmten Entfernung der Thonkügelchen sich
                              zu zeigen und hört auf bei einem bestimmten Abstande derselben.
                           Bei den fetteren Thonen dürfte, wenn man nicht eine reichhaltigere Menge annimmt,
                              wogegen das constante Porenverhältniß spricht, eine mehr ausdehnbare Entfernung der
                              Thonkügelchen und damit größere Wasseraufnahme zur Erklärung dienen.
                           Beim Schwinden saugen die feinen Canäle in dem Maße, als das Wasser an der Oberfläche
                              verdunstet, das Wasser aus dem Inneren herauf, die Kügelchen nähern sich in der
                              ganzen Masse, ihrer Anziehungskraft folgend, um eben so viel, als Wasser zwischen je
                              zwei Kügelchen entwichen ist, und dieser Proceß wird sich so lange fortsetzen, bis
                              Kugel auf Kugel stößt und nur noch in den Kugelzwischenräumen Platz für Wasser (das
                              Porenwasser) vorhanden ist.
                           Bei der Magerung des Thones umhüllen diese feinen
                              Kügelchen die unregelmäßig geformten Körper.
                           Hinsichtlich einer Beeinflussung des Schwindens mittels Zusätze fand Aron
                              Dr. J. Aron: Beitrag
                                    zur Aufklärung der Wirksamkeit der Magerungsmittel. A. a. O. S. 339. beim Versetzen geschlämmter Thonsubstanz mit einem abgeschlämmten sehr
                              feinen, stark glimmerhaltigen Staubsande: „Bis zu einem bestimmten Punkte
                                 nimmt bei progressiver Magerung eines Thones die Schwindung zu, wenn man von
                                 demselben Wassergehalt des Teiges in Raumtheilen ausgeht, und zu gleicher Zeit
                                 nimmt die Porosität ab. – Dieser Punkt heiße der Punkt der größten
                                 Dichtigkeit der Masse. – Von dem Punkte der größten Dichtigkeit an wird
                                 durch weitere Magerung die Schwindung bei gleichem Wassergehalt in
                                 Raumtheilen wieder kleiner, die Porosität wieder größer.“
                              
                           In derselben Weise bestimmte auch Aron
                              Dr. J. Aron: Ueber
                                    die Wirkung des Quarzsandes und des Kalkes auf die Thone beim Brennproceß.
                                    A. a. O. Jahrg. X S. 131. die Schwindung, welche verschiedene gemagerte Massen im Ofenfeuer bei
                              verschiedenen Temperaturen erfahren. Er fand, daß eine mit Quarzsand gemagerte Masse
                              bereits bei Dunkelrothglut größer ist, als im getrockneten Zustande, und daß von
                              einem gewissen Punkte der Magerung eine solche Masse um so größer wird, je stärker
                              sie gebrannt wird.
                           In gleicher Weise mit kohlensaurem Kalk als Magerungsmittel angestellte Versuche
                              ergaben das Resultat, daß der kohlensaure Kalk, in einer bestimmten Menge in feiner
                              Korngröße einem Thone beigefügt, die Schwindung im Ofenfeuer bis auf ein sehr
                              geringes Maß herabsetzt, so daß damit zugleich dem Scherben eine gewisse
                              Unveränderlichkeit an Ausdehnung und Porosität innerhalb ziemlich weit auseinander
                              gehenden Temperaturen gesichert wird.
                           Wiesbaden, im Januar 1875.