| Titel: | Die Gesteinsbohr-Maschinen der Wiener Ausstellung 1873; von R. Ziebarth. | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 203 | 
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                        Die Gesteinsbohr-Maschinen der Wiener
                           Ausstellung 1873; von R.
                              Ziebarth.Mit gefälliger Genehmigung des Hrn. Verfassers aus der Zeitschrift des Vereines deutscher
                                       Ingenieure, 1874 S. 715 u. ff.D. Red.
                           
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              VI, VII und VIII.
                        Ziebarth, über Gesteinsbohrmaschinen auf der Wiener
                           Weltausstellung.
                        
                     
                        
                           Das den letzten Jahrzehnten in der Entwicklung der Industrie maßgebende Princip, die
                              schwere Handarbeit nach Möglichkeit durch die Arbeit von Elementarkräften zu
                              ersetzen, und der damit in den meisten Fällen verbundene Gewinn an Zeit haben auch
                              in neuerer Zeit den Maschinen zum Bohren der Sprenglöcher in Gestein eine größere
                              Aufmerksamkeit der Techniker zugewendet. Namentlich die Erkenntniß, daß die
                              großartigen Unternehmungen, welche mittels Hindurchführung der Schienengleise durch
                              Gebirgsketten, die für Eisenbahnen unübersteiglich sind, die Verbindung bisher für
                              den Eisenbahnverkehr geschiedener Länder herstellen wollen, ohne die Zuhilfenahme
                              von leistungsfähigen Maschinen eine sehr lange Zeit beanspruchen und dadurch ihre
                              Rentabilität in Frage stellen würden, hat dem Bergbau die Gesteinsbohrmaschinen
                              entlehnt und diese, für ihre besonderen Zwecke umgewandelt und verbessert, auch dem
                              Bergmann wieder zur Verfügung gestellt.
                           Besonders wurde dabei das Ziel im Auge behalten, die Maschine zwar möglichst schnell
                              arbeitend und leistungsfähig, daneben aber auch möglichst einfach und derartig
                              herzustellen, daß ihre bewegenden Theile den Einwirkungen des bei ihrer Wirksamkeit
                              unvermeidlichen Staubes und Schmutzes so viel als möglich entzogen wurden. Die
                              Bewegungen, welche eine Bohrmaschine auszuführen hat, sind dreierlei: das stoßende
                              Vorschieben des Bohrmeißels sowie dessen Zurücknahme, das Umsetzen des Bohrers und
                              endlich dessen Vorschub. Mit Ausnahme der letzteren werden von sämmtlichen Apparaten
                              diese Bewegungen selbstthätig ausgeführt. Als Motor für die Gewinnung der
                              erstgenannten Bewegung dient allgemein die treibende Kraft der comprimirten Luft,
                              welche, mit 1 1/2 bis 2 1/2 Atmosphären Ueberdruck auf den Kolben der Maschine
                              wirkt. Ihre abwechselnde Zuführung vor und hinter den Kolben geschieht auf die
                              mannigfachste Weise mittels Schieber-, Kolben- und Hahnsteuerung,
                              welche ihrerseits wieder auf mehrfach verschiedene Weise umgesteuert werden, in der
                              Regel aber so, daß der Wechsel der Steuerung momentan erfolgt. Das Umsetzen des
                              Bohrers wird entweder durch Sperrräder oder durch Führung eines an dem Bohrer u.s.w.
                              festen Theiles in einer
                              schraubenförmigen Nuth bewirkt. Zum Vorschub dient in allen Fällen eine
                              Leitspindel.
                           Bei den auf der Ausstellung vertretenen, zum Theil schon länger bekannten, zum Theil
                              neu vorgebrachten Maschinen waren die eben angeführten Bewegungsarten sämmtlich in
                              verschiedener Combination zur Ausführung gebracht. Es betheiligten sich dabei
                              England mit einer Maschine, dem sogen. Power Jumper von Braydon, Davidson und Warrington, welche
                              allerdings nicht in dem Kataloge aufgenommen war, während die darin enthaltene
                              Bohrmaschine von MacKean (beschrieben 1872 206 172) in der Ausstellung fehlte; Belgien mit der
                              Maschine von Dubois und François; Italien mit der von Azolino dell'
                                 Acqua; Deutschland mit den Apparaten von Osterkamp,
                                 Sachs, Rosenkranz und von Sotzmann; endlich
                              Oesterreich mit der Maschine von Burleigh. Ueber die
                              Maschinen von Rosenkranz und von Sotzmann war überhaupt nichts zu erfahren; von einem großen Theile sind
                              mir mit dankenswerther Freundlichkeit Zeichnungen und Beschreibungen zur Verfügung
                              gestellt worden, während die ebenfalls zugefügten Notizen über den Power Jumper und
                              die italienische Maschine ausblieben; doch konnte ich für diese meine Skizzen nach
                              den Veröffentlichungen von A. Habets (Revue universelle, 1874 S. 89) vervollständigen. Es kann
                              in dem Nachfolgenden nur eine Beschreibung der Maschinen und ihrer Wirksamkeit
                              gebracht werden; von einer Mittheilung der mir mehrfach gegebenen Resultate muß ich
                              wegen Mangel an Raum absehen und mir deren Veröffentlichung auf eine spätere Zeit
                              versparen.
                           Betrachten wir die einzelnen Maschinen in der Reihenfolge, wie die einzelnen Theile
                              ihres Mechanismus mehr in das Innere verlegt und so den äußeren Einwirkungen
                              entzogen sind.
                           Die Maschine von Osterkamp, welche von A. Klinkenberg in Burtscheid vorgeführt wurde, ist in Fig. 1 bis 7 auf Taf. VI
                              [c/1] in Ansicht und verschiedenen Schnitten
                              dargestellt. Von den beiden Cylindern, mit denen dieselbe ausgerüstet ist, dient der
                              größere a als Treibcylinder, indem an seine Kolbenstange
                              c die Bohrstange mittels eines Keiles befestigt ist,
                              der kleinere b als Steuercylinder. In ihm bewegt sich
                              der Steuerkolben d; seine Kolbenstange e, welche in einer Verlängerung des Cylinders luftdicht
                              eingeschlossen ist, dient als Schieber und enthält die beiden Oeffnungen f und g von denen die
                              erstere mit der gepreßten Luft in Verbindung steht, die zweite sich nach der
                              Atmosphäre öffnet.
                           Bei der in Fig.
                                 1 gezeichneten Stellung des Treibkolbens wird durch den Canal f und die Oeffnung h im
                              Cylinder Luft hinter den Kolben geführt, so daß dieser vorwärts getrieben wird. Zwar steht auch mittels des
                              Cylindermantels die Vorderseite mit der gepreßten Luft in steter Verbindung, doch
                              ist deren Widerstand wegen der kleinen Kolbenfläche, auf welche sie einwirken kann,
                              nur gering. Bei der angegebenen Kolbenstellung ist auch die Oeffnung k des Cylinders offen, so daß die gepreßte Luft in den
                              Steuercylinder treten kann; sie hält dann den Steuerkolben in der gezeichneten
                              Stellung fest. Wird jedoch bei dem Vorwärtsgange des Arbeitskolbens die Oeffnung k geschlossen, dagegen die weiter hinten liegende i geöffnet, so drückt die hinter den Steuerkolben durch
                              i einströmende Luft denselben vorwärts, wobei die
                              Luft vor dem Kolben durch l entweicht. Dadurch tritt
                              aber die Oeffnung h unter den Canal g und setzt den Raum hinter den Kolben c mit der äußeren Luft in Verbindung. In Folge dessen
                              erhält die gepreßte Luft vor dem Kolben einen Ueberdruck, welcher den Kolben
                              rückwärts treibt. Die Oeffnung k wird wieder frei, der
                              Steuerkolben geht ebenfalls zurück und bringt die Oeffnung h vor den Einströmungscanal f. An dem hinteren
                              Ende der Kolbenstange e sind aber zwei Sperrklinken
                              angebracht, welche die auf dem Bolzen p sitzenden beiden
                              Sperrräder q und r um ein
                              entsprechendes Stück drehen. Das eine derselben ist mit dem conischen Rade o zusammengegossen und dreht mittels desselben das
                              conische Rad n, das auf einem Bolzen m festsitzt, welcher durch den hinteren Cylinderdeckel
                              hindurchreicht und im Cylinder selbst vierkantig gebildet ist. Andererseits hat der
                              Arbeitskolben, wie Fig. 5 zeigt, eine vierkantige Bohrung, in welche der Bolzen m eintreten kann. Die Drehung des Rades n und des Bolzens m wird
                              dadurch dem Kolben und somit auch dem Bohrer mitgetheilt. Ein an dem Cylinder a angebrachter Sperrkegel verhindert eine verkehrte
                              Drehung der Räder.
                           Der Vorschub erfolgt von Hand, indem die Maschine mittels des in der Zeichnung
                              angegebenen Fußes auf ein Gestell festgekeilt wird, welches die zum Verschieben
                              dienende Leitspindel mit einer Handkurbel enthält.
                           Bei den Arbeiten am Mont-Cenis-Tunnel war, wie bekannt, hauptsächlich
                              die Bohrmaschine von Sommeiller mit gutem Nutzen
                              verwendet worden. Indessen hatten sich bei diesem Instrument noch einige Mängel
                              gezeigt, namentlich in der complicirten Anordnung des Vorschubes, welche durch die
                              auf gleichen Constructionsprincipien beruhende und ihr in manchen Einzelheiten
                              ähnliche Maschine von Dubois und Françis als beseitigt angesehen werden können. Ausgestellt war
                              dieselbe in vier Exemplaren von der Gesellschaft John
                                 Cockerill in Seraing und wurde auch mehrfach in Betrieb gesetzt. Fig. 8 bis 11 Taf. VI
                              [c/3] stellen die Maschine dar.
                           
                           Der Kopf a zur Aufnahme der Bohrstange sitzt am vorderen
                              Ende der ziemlich langen Kolbenstange b, deren Kolben
                              c sich in dem Cylinder d
                              bewegt. Zur Steuerung dient ebenfalls ein gewöhnlicher Muschelschieber, welcher
                              indessen seine Bewegung durch zwei Steuerkolben erhält; es ist an beiden Seiten des
                              Schieberkastens je ein Cylinder e und f angegossen, in welchen sich die auf der Schieberstange
                              hinten und vorn angebrachten Kolben g und h verschieben können. Von diesen hat h einen größeren Durchmesser als g so daß der Druck der durch den Hahn i (Fig. 9) über
                              den Schieber eintretenden comprimirten Luft die Kolben mit dem Schieber vorwärts
                              treibt und dadurch den Luftcanal hinter dem Arbeitskolben c öffnet, in Folge dessen dieser mit dem Bohrer nach vorwärts getrieben
                              wird.
                           Nun ist aber der Kolben h mit einer Durchbohrung k versehen, deren Oeffnung durch ein kleines, in der
                              Zeichnung nicht angegebenes Ventil regulirt werden kann. Durch dieselbe tritt
                              langsam die Luft in den Cylinder f und stellt dadurch
                              das Gleichgewicht gegen beide Flächen des Kolbens h her.
                              Dies bewirkt, daß der Druck der arbeitenden Luft auf den Kolben g überwiegt und den Schieber zurückführt, so daß jetzt
                              Luft vor den Kolben c treten kann. Hierdurch wird
                              derselbe zurückgeführt, und es stößt der auf der Kolbenstange angebrachte Bund l gegen die Klinke m, welche
                              mittels eines zweiten Hebelsarmes das bisher durch eine Feder geschlossen gewesene
                              Ventil n öffnet und der Luft in dem Cylinder f einen schnellen Ausweg gestattet. Dadurch tritt der
                              erstere Zustand in der Steuerung wieder ein, indem durch den Ueberdruck der Luft auf
                              den Kolben h der Schieber schnell wieder nach vorn
                              geschoben wird.
                           Auch zur Umsetzung des Bohrmeißels wird die arbeitende Luft benützt, denn diese tritt
                              bei dem Vor- oder Rückwärtsgange des Kolbens bezieh. durch die Oeffnung q und r in den Luftcanälen
                              des Cylinders d unter einen der beiden einfach wirkenden
                              Kolben o und p, welche
                              mittels zweier Daumen die Stange s in abwechselnde
                              Drehung nach rechts oder links versetzen. Diese trägt am Vordertheile der Maschine,
                              wo sie, außen über dem Schieberkasten in einem besonderen Bock gelagert ist, einen
                              Arm mit Sperrkegel, welcher in die Zähne des Rades t
                              eingreift. Da letzteres in eine lange Nuth der Kolbenstange gekeilt ist, so muß
                              diese an der Drehung des Sperrrades theilnehmen und sich bei jedem Rückgange des
                              Bohrers um ein entsprechendes Stück drehen.
                           Der Vorschub ist bei dieser Maschine nicht selbstthätig, sondern geschieht durch den
                              Maschinenwärter mittels des Handrades, welches mit Hilfe conischer Uebersetzung die
                              Leitspindel u in Umdrehung versetzt, welche in dem
                              Ansatz v ihre Mutter findet. Nach einem Berichte sind
                              die Abmessungen der Maschine derartig gewählt, daß bei falschem Vorschub ein Aufschlagen des Kolbens auf
                              den vorderen oder hinteren Cylinderdeckel nicht stattfinden kann. Ist bei
                              fortschreitendem Eindringen des Bohrers in das Gestein der Vorschub versäumt, so
                              sperrt schließlich der Kolben bei seinem Vorwärtsgange den Ausströmungscanal ab und
                              findet in der zwischen ihm und dem vorderen Cylinderdeckel eingeschlossenen Luft
                              einen kräftigen Buffer. Steht andererseits die Maschine dem Bohrloch zu nahe, so daß
                              der Bund l nicht die Klinke m frei machen kann, also das Ventil n nicht
                              wieder zum Schluß kommt, so steht die Maschine einfach still und zeigt so dem Wärter
                              die fehlerhafte Stellung an.
                           Der Dubois und François'sche Apparat hat bisher bei den Bohrarbeiten am St. Gotthard
                              vielfache Verwendung gefunden.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               

