| Titel: | Ueber das Wesen des Chlorkalkes und dessen freiwillige Zersetzung; von Carl Opl, Chemiker in der Hruschauer Sodafabrik. | 
| Autor: | Carl Opl | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 232 | 
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                        Ueber das Wesen des Chlorkalkes und dessen
                           freiwillige Zersetzung; von Carl
                              Opl, Chemiker in der Hruschauer Sodafabrik.
                        Opl, über das Wessen des Chlorkalkes und dessen freiwillige
                           Zersetzung.
                        
                     
                        
                           I. Zur Constitution des
                                 Chlorkalkes.
                           Ueber die Zusammensetzung des Chlorkalkes sind in letzterer Zeit in diesem Journale
                              mehrere Abhandlungen erschienen, worin der bleichenden Verbindung des Chlorkalkes
                              die empirische Formel CaOCl₂ (CaOCl) gegeben
                              wird. Von der früheren Auffassung, daß der Chlorkalk eine Verbindung der Formel CaO
                              . Cl₂O + CaCl₂ (CaO, ClO + CaCl) sei, ist
                              man für das trockene Pulver allgemein zurück gekommen, und nur noch für die
                              wässerige Lösung findet diese Formel in Richter und Juncker ihre Vertheidiger. (S. 1874 211 38.) Diese nehmen an, daß beim Lösen in Wasser eine Spaltung der
                              Verbindung eintritt, da unterchlorige Säure entwickelt wird, wenn man eine
                              verdünnte, filtrirte Chlorkalklösung mit nur so viel Säure (Schwefelsäure, Phosphorsäure) versetzt,
                              daß noch nicht alles Hypochlorit zersetzt wird. Die Entwickelung von Cl₂O ist
                              in diesem Falle offenbar das Product der Einwirkung des durch die zugesetzte Säure
                              entwickelten Chlores auf den noch unangegriffenen Chlorkalk nach der Reaction, die
                              schon J. Kolb (1868 187 55)
                              nachgewiesen hat, nämlich: CaOCl₂ + Cl₂ = CaCl₂ +
                              Cl₂O.
                           Die Annahme von J. Kolb, daß zur Constitution des
                              Bleichkalkes außer der Verbindung CaOCl₂ noch H₂CaO₂ und Wasser
                              gehören, haben bezüglich des gebundenen Kalkhydrates Göpner (1873 209 204) sowie Richter und Juncker zu
                              widerlegen gesucht.
                           Göpner erklärt das Vorkommen des Kalthydrates in jedem
                              Bleichkalke durch die von Chlorcalcium bewirkten Umhüllung der einzelnen
                              Kalkhydrat-Partikelchen, so daß dieselben für das Chlorgas unzugänglich
                              werden, und Richter und Juncker schreiben das Vorhandensein von unangegriffenem Kalkhydrat der
                              Wasser entziehenden Kraft der gebildeten Verbindung CaOCl₂ zu, welche alles
                              freies Wasser absorbirt, und ohne freies Wasser das Chlorgas nicht auf Kalkhydrat
                              einwirkt. Die weitere Annahme J. Kolb's, daß zur
                              Constitution des Chlorkalkes ein Molecül Wasser gehört, hat Göpner damit widerlegt, daß er Chlorkalk mit weniger als 1/4 Molecül
                              Wasser darstellte; ebenso zeigt (in Göpner's Abhandlung)
                              Wilms' Analyse eines Chlorkalkes mit 10 Proc. Wasser,
                              daß die Verbindung CaOCl₂ weniger als ein Molecül Wasser enthält. Auch die
                              Versuche von Tschigianjang; welcher beim Darüberleiten
                              von trockenem Chlorgas über trockenes Kalkhydrat Chlorkalk herstellte, wobei 1 bis 2
                              Proc. Wasser frei wurden, bezeugen dasselbe.
                           Ein Chlorkalk von der Zusammensetzung:
                           
                              
                                                   
                                    Cl
                                 =
                                   38,77 Proc.
                                 
                              
                                 Gebundenes CaO
                                 =
                                   30,58    „
                                 
                              
                                          Freies
                                    CaO
                                 =
                                   14,58    „
                                 
                              
                                                 HO
                                    etc.
                                 =
                                   16,07    „
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100,00 Proc.
                                 
                              
                           wurde 3 Tage unter einer gut schließenden Glasglocke über
                              concentrirte Schwefelsäure bei gewöhnlicher Zimmertemperatur aufbewahrt. Er verlor
                              am 1. Tage 4,8, am 2. Tage 4,0 und am 3. Tage 1,2 – im Ganzen also 10,0 Proc.
                              des Gewichtes und hatte folgende Zusammensetzung angenommen:
                           
                              
                                                   
                                    Cl
                                 =
                                   38,70 Proc.
                                 
                              
                                 Gebundenes CaO
                                 =
                                   30,52    „
                                 
                              
                                          Freies
                                    CaO
                                 =
                                   21,33    „
                                 
                              
                                                 HO
                                    etc.
                                 =
                                     9,45    „
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100,00 Proc.
                                 
                              
                           
                           Der Verlust bestand demnach aus 3,94 Proc. Chlor und 6,06 Proc. Wasser; der Chlorkalk
                              hielt weniger Wasser zurück, als der Formel CaOCl₂ . H₂O entsprechen
                              würde. Hierbei war jedoch schon eine Zersetzung eingetreten; während der Gehalt an
                              Wasser abnahm, stieg der Gehalt an freiem CaO nahezu um dieselbe Größe. Versuche,
                              dem Chlorkalk alles Wasser zu entziehen, scheitern, da schon früher Zersetzung
                              eintritt. Mischt man trockenes neutrales Chlorcalcium mit trockenem Chlorkalk, so
                              tritt alsbald Chlorentwickelung auf, wie folgende Versuche zeigten.
                           1) 10 Grm. Chlorkalk von 106° mit 5 Grm. trockenem Chlorcalcium gemischt;
                              desgleichen
                           2) 10 Grm. Chlorkalk mit 10 Grm. Chlorcalcium und
                           3) 10 Grm. Chlorkalk ohne jede Beimischung
                           wurden an einem dunklen, trockenen Orte zwei Tage lang stehen
                              gelassen. Probe 1 hatte nach dieser Zeit noch 84°, Probe 2 nur 43,1°,
                              während Probe 3 unverändert 106° zeigte. Eine concentrirte
                              Chlorcalciumlösung, die bei gewöhnlicher Temperatur nicht krystallisirt, entwickelt
                              mit Chlorkalk kein Chlorgas; bei einer stärkeren, die beim Erkalten krystallisirte,
                              war schon der Geruch nach freiem Chlor bemerkbar.
                           Diese Versuche beweisen, daß es nicht gelingt, dem Chlorkalk alles Wasser ohne
                              Zersetzung desselben zu entziehen. Die oben mitgetheilte Thatsache, daß mit
                              abnehmendem Wassergehalte eines Chlorkalkes dessen Calciumoxydgehalt wächst, erhellt
                              noch mehr aus folgenden Versuchen.
                           In ein ca. 158 Mm. hohes, 79 Mm. weites Glas wurde 105 Mm. hoch eine Schichte
                              Kalkhydrat von der Zusammensetzung
                           
                              
                                           CaO
                                 = 73,67 Proc.
                                 
                              
                                 Wasser etc.
                                 = 26,33    „
                                 
                              
                           wie solches bei der Chlorfabrikation verwendet wird, gegeben
                              und darauf durch Wasser gewaschenes Chlorgas geleitet. Das Absorptionsgefäß wurde
                              mit Wasser von etwa 18° gekühlt. In dem Maße, als Chlorgas einströmte, sah
                              man das Vordringen der Chlorkalkschichte; in den ersten 12 Stunden wurde eine
                              Schichte von 42,8 Mm., in den zweiten 12 Stunden 40,6 Mm. bei gleichbleibendem
                              Chlorstrome gebildet, so daß kein bedeutender Unterschied in der Durchdringlichkeit
                              einer stärkeren oder schwächeren Kalkschichte bemerkbar wurde. Von diesem Chlorkalk
                              wurden nun folgende Proben analysirt.
                           
                              
                                 1.
                                 Probe, oberste Schichte
                                 13
                                 Mm. von oben.
                                 
                              
                                 2.
                                     „    folgende      „
                                 von
                                   13–26 Mm.
                                 
                              
                                 3.
                                     „          „
                                 „
                                   26–53    „
                                 
                              
                                 4.
                                     „          „
                                 „
                                   53–79    „
                                 
                              
                                 5.
                                     „          „
                                 „
                                   83–105  „
                                 
                              
                           
                           Von der zweiten Schichte wurden außerdem noch zwei Proben genommen – die eine
                              vom Rande des Glases, die andere aus der Mitte. Die Analyse erstreckte sich auf die
                              Bestimmung des wirksamen Chlores und des freien Kalkhydrates; unter der Angabe
                              H₂O sind auch alle Verunreinigungen des Kalkhydrates als SiO₂,
                              CO₂, Fe₂O₃ etc. mit inbegriffen. Zum besseren Vergleiche sind
                              die Resultate in folgender Tabelle zusammengestellt.
                           
                              
                                 Chlorkalk-Schichten.
                                 WirksamesCl
                                 GebundenesCaO
                                 FreiesCaO
                                 H₂O
                                 Berechnet auf 100
                                    Th.CaOCl₂
                                 H₂O auf das angewendeteKalkhydrat
                                    berechnet
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 CaO
                                 H₂O
                                 Summebeider
                                 
                                 
                              
                                 I
                                 39,23
                                 30,94
                                   8,27
                                 21,56
                                 11,8
                                 30,7
                                 42,5
                                 40,7
                                 
                              
                                 Rand II
                                 42,26
                                 33,33
                                   6,07
                                 18,34
                                   8,1
                                 24,3
                                 32,4
                                 34,4
                                 
                              
                                 Mitte II
                                 42,04
                                 33,16
                                 11,33
                                 13,47
                                 15,1
                                 17,9
                                 33,0
                                 22,4
                                 
                              
                                 III
                                 42,60
                                 33,60
                                   8,78
                                 15,02
                                 11,5
                                 19,7
                                 31,2
                                 26,2
                                 
                              
                                 IV
                                 40,13
                                 31,65
                                 13,92
                                 14,30
                                 19,2
                                 19,9
                                 39,1
                                 23,0
                                 
                              
                                 V
                                   1,83
                                   1,44
                                 71,90
                                 24,83
                                 –
                                 –
                                 –
                                 25,1
                                 
                              
                           Bei Vergleichung dieser Analysen ergibt sich zuerst die wechselnde Zusammensetzung
                              des erzeugten Chlorkalkes in verschiedenen Schichten; der Wassergehalt ist in den
                              oberen und Rand-Schichten bedeutend größer als in den unteren und inneren
                              Schichten. Da das Kalkhydrat von gleichem Wassergehalt angewendet wurde, so hat also
                              eine Wanderung stattgefunden. Durch die bei der Chloraufnahme entwickelte Wärme
                              verdampfte das Wasser aus den inneren Schichten und wurde von den oberen und
                              Rand-Schichten, als kältere Schichten, wieder condensirt. Mit dem zunehmenden
                              Wassergehalte sehen wir nun das stetige Abnehmen des freien Kalkhydrates, so daß wir
                              bei einem Wassergehalte von 34,4 Proc., auf das angewendete Kalkhydrat berechnet,
                              nur noch 6,07 Proc. freien Kalk, d. i. 1/5 des angewendeten vorfinden.
                           Die erste Schichte zeigt eine Abweichung wegen des mitgerissenen Wassers und die
                              letzte als ungesättigter Chlorkalk desgleichen.
                           Will man Chlorkalk mit wenig freiem Kalkhydrat erzeugen, so muß man viel Wasser
                              zuführen; entzieht man dem Chlorkalk das Wasser, so wächst dessen Gehalt an Kalk.
                              Beide Bestandtheile zugleich kann man dem Chlorkalk nicht entziehen, und J. Kolb's Annahme, daß zur Constitution des Bleichpulvers
                              außer der Verbindung CaOCl₂ noch Kalkhydrat und Wasser zu rechnen ist, wird
                              hierdurch theilweise bestätigt. Es scheint, daß die Verbindung CaOCl₂ für
                              sich nicht bestehen kann und daß zu ihrer Haltbarkeit eine gewisse Menge Wasser
                              nöthig ist – jedoch nicht in atomistischen Verhältnissen – und daß
                              umsomehr Wasser erforderlich, je weniger freies Kalkhydrat vorhanden ist. Die Summe von
                              Kalk und Wasser, welche zum Bestande der Verbindung CaOCl₂ gehört, wächst mit
                              der Temperatur; bei höherer Temperatur erzeugter Chlorkalk muß daher schwächer sein.
                              Ein gleicher Versuch, wie früher angegeben, mit dem Unterschiede ausgeführt, daß bei
                              der Chlorabsorption das Gefäß mit Kalkhydrat in Wasser von 44° stand,
                              bestätigt diese Annahme, wie folgende Analysen zeigen.
                           
                              
                                 Chlorkalk-Schichten.
                                 Cl
                                 GebundenesCaO
                                 FreiesCaO
                                 H₂O
                                 Berechn. auf 100 Th.
                                    CaOCl₂
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 CaO
                                 H₂O
                                 Summe
                                 
                              
                                 I
                                 37,66
                                 29,70
                                   5,50
                                 27,14
                                   8,2
                                 40,3
                                 48,5
                                 
                              
                                 II
                                 38,29
                                 30,20
                                 11,33
                                 20,18
                                 16,5
                                 29,5
                                 46,0
                                 
                              
                                 Rand III
                                 38,64
                                 30,50
                                 11,33
                                 19,53
                                 16,4
                                 28,2
                                 44,6
                                 
                              
                                 Mitte III
                                 38,77
                                 30,58
                                 15,33
                                 15,32
                                 22,1
                                 22,1
                                 44,2
                                 
                              
                                 IV
                                 38,64
                                 30,50
                                 14,51
                                 16,30
                                 21,0
                                 23,6
                                 44,6
                                 
                              
                           Auch bei diesen Analysen sehen wir mit zunehmendem Wassergehalt den freien Kalkgehalt
                              schwinden, und die Summe beider ist größer als bei dem früheren Versuche.
                           Es mögen diese Beobachtungen hier angeführt sein, ohne jedoch schon damit ein Gesetz
                              aufstellen zu wollen, wozu noch weitere eingehendere Analysen erforderlich wären;
                              sie sollen hier nur dazu dienen, die freiwillige Zersetzung des Chlorkalkes
                              erklärlich zu machen.
                           
                        
                           II. Die freiwillige Zersetzung des
                                 Chlorkalkes.
                           Es ist eine bekannte Erscheinung, daß der Chlorkalk des Handels seinen Gehalt an
                              wirksamen Chlor in kürzerer oder längerer Zeit ändert, sich freiwillig zersetzt.
                              Diese Zersetzung ist möglicher Weise eine Folge der Reaction seiner Bestandtheile,
                              oder da man denselben der Einwirkung der Luft, Kohlensäure, Temperatur und des
                              Wasserdampfes sowie des Lichtes nicht ganz entziehen kann, wirken auch diese
                              vielleicht. Sauerstoff und Stickstoff der Luft haben keinerlei Einwirkung, wohl aber
                              deren Bestandtheile: Kohlensäure und Wasserdampf.
                           Trockener Chlorkalk ist ein äußerst hygroskopischer Körper, der mit Begierde die
                              Feuchtigkeit der Luft aufnimmt, wobei er sich erwärmt. Mit Wasser zusammengerieben,
                              tritt gleichfalls eine bedeutende Erwärmung ein, welche um so größer ist, je weniger
                              Wasser der Chlorkalk schon gebunden hat. Die Verbindung CaOCl₂ scheint mit
                              Wasser mehrere Hydrate – ähnlich dem Chlorcalcium – zu bilden, über
                              deren Natur möglicher Weise die dabei auftretende Wärmemenge Aufschluß geben könnte.
                              Trockene Kohlensäure wirkt nach Göpner auf trockenen
                              Chlorkalk nur sehr wenig
                              ein, auf feuchten Chlorkalk dagegen sehr energisch. Unter Wärmeentwickelung bildet
                              sich dabei Chlorgas nach der Formel: CaOCl₂ + CO₂ = CaCO₃ +
                              Cl₂. Eine Chlorkalklösung bildet, mit Kohlensäure behandelt, durch secundäre
                              Zersetzung auch unterchlorige Säure.
                           Die Einwirkung der Wärme auf Chlorkalk möge aus folgenden Versuchen entnommen
                              werden.
                           1. Ein 107 gräd. Chlorkalk über concentrirte Schwefelsäure bei
                              einer Temperatur von 37,5° 6 Tage ausgesetzt, verlor 14,2 Proc., davon 10,8
                              Proc. Wasser und 3,4 Proc. Chlor; zugleich wurden geringe Mengen von chlorsaurem
                              Kalk (Ca [ClO₃]₂ oder CaO, ClO₅)
                              gebildet.
                           2. Ein 36,7 Proc. bleichendes Chlor enthaltender Chlorkalk in
                              einer Porzellanschale auf dem Wasserbad langsam auf 100° erhitzt, entwickelte
                              blos Chlorgas; der Rückstand enthielt:
                           
                              
                                 Chlor als
                                 CaOCl₂
                                 = 24,10
                                 
                              
                                     „    
                                    „
                                 CaCl₂
                                 =   0,47
                                 
                              
                                     „    
                                    „
                                 CaCl₂O₆
                                 =   0,46
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Chlor als
                                 Verlust
                                 = 11,67 Proc.
                                 
                              
                           3. Derselbe Chlorkalk im Sandbad auf 200° erhitzt,
                              entwickelte Chlor und Sauerstoff, und es bildeten sich Spuren von chlorsaurem Kalk.
                              Der Rückstand enthielt:
                           
                              
                                   Chlor als
                                 CaOCl₂
                                 =    –   Proc.
                                 
                              
                                       „    
                                    „
                                 CaCl₂
                                 = 29,1     „
                                 
                              
                                       „    
                                    „
                                 CaCl₂O₆
                                 = Spur.
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Verlust an
                                 Sauerstoff
                                 =   6,4 Proc.
                                 
                              
                                 
                                        Chlor
                                 =   7,6 Proc.
                                 
                              
                           4. In einer Platinschale schnell erhitzt, entwickelte ein 38,53
                              proc. Chlorkalk ebenfalls Chlor und Sauerstoff. Im Rückstand wurde gefunden:
                           
                              
                                 Chlor als
                                     CaOCl₂
                                 =    –    Proc.
                                 
                              
                                     „    
                                    „
                                     CaCl₂
                                 = 37,32    „
                                 
                              
                                     „    
                                    „
                                     CaCl₂O₆
                                 =    –        „
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Verlust
                                    an Chlor
                                 =   1,21 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 Sauerstoff
                                 =   8,12 Proc.
                                 
                              
                           5. Chlorkalk von 107° in mit Feuchtigkeit gesättigter Luft
                              6 Tage auf 30° R. (37,5° C.) erwärmt, entwickelte blos Sauerstoff ohne
                              eine Spur von Chlorgas. Es wurde gefunden:
                           
                              
                                 Chlor als
                                   CaOCl₂
                                 = 29,5 Proc.
                                 
                              
                                     „    
                                    „
                                   CaCl₂
                                 =  
                                    4,5    „
                                 
                              
                                     „    
                                    „
                                   CaCl₂O₆
                                 = starke Reaction.
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Verlust an
                                 Sauerstoff
                                 =   1,0 Proc.
                                 
                              
                           6. Eine Chlorkalklösung erwärmt, entwickelt blos Sauerstoff und
                              nebenbei bildet sich auch nach Formel 6CaOCl₂ = CaCl₂O₆ +
                              5CaCl₂ etwas chlorsaurer Kalk.
                           Ein 36,7proc. Chlorkalk, in verdünnter Lösung 6 Stunden gekocht,
                              hatte folgende Veränderung erfahren:
                           
                           
                              
                                 Chlor als
                                   CaOCl₂
                                 = 15,6 Proc.
                                 
                                 
                              
                                     „    
                                    „
                                   CaCl₂
                                 = 20,8    „
                                 
                                 
                              
                                     „    
                                    „
                                   CaCl₂O₂
                                 =  
                                    0,3    „
                                 demnach
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 Verlust an
                                 Sauerstoff
                                 =   4,6 Proc.
                                 
                                 
                              
                           Eine unfiltrirte Chlorkalklösung wird beim Kochen rosenroth durch
                              Bildung von Eisensäure aus dem Eisenoxyd des angewendeten Kalkhydrates und zersetzt
                              sich etwas schneller als eine filtrirte Lösung. (Vergl. 1827 26 234.)
                           Eine unfiltrirte Lösung hatte vor dem Kochen 100,00, die filtrirte
                              101,5°.
                           Nach gleichem Kochen hatte die unfiltrirte nur 76°, die
                              filtrirte noch 82°.
                           Die Zersetzung des Chlorkalkes durch die Wärme erfolgt demnach bei Abschluß jeder
                              Feuchtigkeit nach der Formel CaOCl₂ = CaO + Cl₂, bei Gegenwart von
                              Wasser nach CaOCl₂ = CaCl₂ + O; außerdem bildet sich chlorsaurer
                              Kalk.
                           Die Einwirkung des Lichtes auf Chlorkalk geht aus folgenden Versuchen hervor.
                           1. Ein 107gräd. Chlorkalk wurde über concentrirte Schwefelsäure 6
                              Tage den directen Sonnenstrahlen ausgesetzt; er enthielt jetzt:
                           
                              
                                 Chlor
                                    als  CaOCl₂
                                 = 27,4 Proc.
                                 
                              
                                     „    
                                    „  CaCl₂O₆
                                 = schwache Spur.
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                    Verlust an Chlor
                                 =   6,55 Proc.
                                 
                              
                                                 Wasser
                                 =   7,35 Proc.
                                 
                              
                           Die Wärme der Sonnenstrahlen und die trockene Luft würden für sich
                              die gleiche Veränderung hervorgebracht haben, so daß der Einwirkung des Lichtes
                              nichts besonderes zugeschrieben werden kann.
                           2. Trockener Chlorkalk wurde in feuchter Luft 6 Tage den
                              Sonnenstrahlen ausgesetzt; derselbe roch nach der Belichtung stark nach Ozon, nahm
                              22 Proc. Wasser auf und enthielt:
                           
                              
                                 Chlor als CaOCl₂
                                 = 30,7 Proc.
                                 
                              
                                     „    
                                    „  CaCl₂
                                 =  
                                    2,0    „
                                 
                              
                                     „    
                                    „  CaCl₂O₆
                                 = starke Spur
                                 
                              
                                     „    
                                    „  CaCl₂O₄
                                 =   0,02 Proc.
                                 
                              
                           3. Eine concentrirte Lösung desselben Chlorkalkes, in gleicher
                              Dauer dem Sonnenlicht ausgesetzt, hatte folgende Veränderung erfahren:
                           
                              
                                 Chlor als    
                                    CaOCl₂
                                 = 24,37 Proc.
                                 
                              
                                     „    
                                    „     CaCl₂
                                 =  
                                    8,24    „
                                 
                              
                                     „    
                                    „     CaCl₂O₆
                                 =  
                                    0,46    „
                                 
                              
                                     „    
                                    „     CaCl₂O₄
                                 =  
                                    0,13    „
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Verlust an Sauerstoff
                                 =   1,8 Proc.
                                 
                              
                           Die Ozonentwicklung war viel stärker als bei Versuch 2; man
                              bemerkte zahlreiche Bläschen aufsteigen.
                           Wird Chlorkalk in dünner Schichte der atmosphärischen Feuchtigkeit
                              und Kohlensäure und dem zerstreuten Lichte exponirt, so entwickelt sich Chlor und
                              Sauerstoff ohne Cl₂O₃ zu bilden, wobei sich der Chlorkalk rosenroth
                              färbt; am Fortschreiten dieser Färbung läßt sich genau die Zersetzung verfolgen,
                              welche übrigens ungemein rasch vor sich geht.
                           
                           Zwei Proben 104gräd. Chlorkalk wurden auf Glasschalen
                              ausgebreitet, wovon die eine an einem Fenster, die andere an einem dunklen Orte
                              stand.
                           
                              
                                 Gewichtszunahme
                                 
                              
                                 der belichteten Probe:
                                 der nicht belichteten
                                    Probe:
                                 
                              
                                   1. Tag
                                 36,4 Proc.
                                     20,0
                                    Proc.
                                 
                              
                                   2.  
                                    „
                                 52,7    „
                                 45,3   „
                                 
                              
                                   3.  
                                    „
                                 63,2    „
                                 54,8   „
                                 
                              
                           Die nicht belichtete Probe hatte, auf ursprüngliches Gewicht
                              berechnet, noch 102°, die belichtete
                           
                              
                                 Chlor als CaOCl₂
                                 =   5,69 Proc.
                                 
                              
                                     „    „  
                                    CaCl₂
                                 = 11,91    „
                                 
                              
                                     „    „  
                                    CaCl₂O₆
                                 =  
                                    0,60    „
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                   Verlust an Chlor
                                 = 14,8 Proc.
                                 
                              
                                           
                                    Sauerstoff
                                 =   2,7 Proc.
                                 
                              
                           Die Zersetzung des Chlorkalkes durch das Licht ist ähnlich der
                              durch Wärme, nur tritt bei directer Sonnenbelichtung die Bildung von chloriger Säure
                              auf.
                           Bei der Analysirung derart zersetzter Chlorkalke, wo Chlorsäure, chlorige Säure,
                              Chlor der Verbindung CaOCl₂ und des Chlorcalciums zu bestimmen waren, wurde
                              folgender Gang befolgt.
                           Zu einer normalen Arsenige-Säure-Lösung nach Gay-Lussac bringt man von der Chlorkalklösung eine bestimmte Menge,
                              wobei nur das Chlor der Verbindung CaOCl₂ auf die arsenige Säure wirkt. Nun
                              läßt man eine bekannte Indigolösung zufließen, bis sie die chlorige Säure nicht mehr
                              entfärbt; alsdann wird mit einer guten Chlorkalklösung von bekanntem Gehalt der Nest
                              der unzersetzten arsenigen Säure zurücktitrirt. Das gesammte Chlor und das der
                              Chlorsäure wird in einer zweiten Probe bestimmt, indem durch Kochen mit Ammoniak
                              alle Sauerstoffverbindungen des Chlores mit Ausnahme von Chlorsäure zerstört werden,
                              so daß man beim Titriren mit Silberlösung alles Chlor erhält – mit Ausnahme
                              desjenigen der Chlorsäure – und beim Eindampfen und Glühen des Rückstandes
                              das Gesammt-Chlor des Chlorkalkes. Für die Praxis gibt diese Methode
                              genügende Resultate.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)