| Titel: | Verwerthung der Schwefelkiesrückstände auf Eisen; von P. M. Hofmann. | 
| Autor: | P. M. Hofmann | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 240 | 
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                        Verwerthung der Schwefelkiesrückstände auf Eisen;
                           von P. M. Hofmann.
                        Hofmann, über Verwerthung der Schwefelkiesrückstände auf
                           Eisen.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich liefern die Schwefelkiesgruben bei Meggen den meisten
                              Schwefelsäurefabriken Deutschlands ihr Rohmaterial. Es werden in Meggen täglich
                              annähernd 100 Waggon Schwefelkies, entsprechend 70 Waggon Eisenstein à 40 Proc. Eisen gefördert. Rechnet man den
                              Centner Eisenstein nur zu 0,5 Mark, so entspricht dies doch einem jährlichen Werth
                              von über 1 Million Mark. Abgesehen nun von diesem Gewinne würde die Verwerthung der
                              Kiesrückstände schon deshalb von großem Nutzen sein, weil die Abbrände auf den
                              Fabriken sich oft in solchen Massen anhäufen, daß nur schwierig der nöthige Raum zu
                              ihrer Lagerung beschafft werden kann. Außerdem erheischen die Rückstände große
                              Vorsichtsmaßregeln; sie müssen in tiefe Löcher verscharrt und mit Erde wieder
                              bedeckt werden, sonst löst sich durch Regen der fortwährend sich bildende
                              Eisenvitriol auf und kann für die nächste Umgebung und die benachbarten Flüsse von
                              dem schädlichsten Einflusse sein.
                           Für die Verarbeitung der Rückstande auf Eisen sind schon manche Versuche angestellt,
                              aber bisher mit wenig Erfolg. Der stets in ziemlicher Menge zurück bleibende
                              Schwefel machte das Eisen fast zu allen Zwecken unbrauchbar. Es ging nun zuerst das
                              Bestreben der Chemiker dahin, den Schwefel durch lang anhaltendes Glühen bei starkem
                              Luftzutritt aus den Rückständen vollständig zu entfernen.
                           Ich habe nun meinerseits die Versuche unter den günstigsten Bedingungen wiederholt,
                              aber stets gefunden, daß der Schwefel sich besonders schwer aus den Rückständen der
                              Meggener Kiese entfernen ließ, und zwar viel schwieriger als aus allen mir sonst
                              vorgekommenen Abbränden. Ich vermuthete daher eine ganz verschiedene Zusammensetzung
                              und unterwarf die Rückstände einer chemischen Analyse, welche außer Schwefel, Eisen,
                              Selen, Arsen, Blei, Quecksilber, Thallium ganz beträchtliche Quantitäten von Zink in
                              Form von Zinkblende anzeigte; verschiedene Proben enthielten über 6 Proc. Zink.Auf das Vorkommen von Zinkblende im Meggener Kiese und den Gehalt an
                                    schwefelsaurem Zink in den Abbränden desselben ist schon im J. 1859 von Dr. K. List in dem
                                    Programm der Hagener Gewerbschule aufmerksam gemacht worden. Derselbe theilt
                                    unter anderem mit, daß ein mit den Kiesabbränden aufgeschütteter Weg von 600
                                    Schritt Länge bei trockenem Wetter an beiden Seiten durch eine lockere
                                    Salzkruste wie mit Schnee bedeckt gewesen sei, welche aus Gyps und
                                    Zinkvitriol bestand, und daß das Wasser eines naheliegenden Brunnens im
                                    Liter 0,23 Grm. Zinkvitriol enthielt.D. R. v. D. p. J. Die Gegenwart dieses Metalles erklärt nun das schwierige Austreiben der
                              letzten Reste von Schwefel.
                           Das Schwefeleisen entläßt bei höherer Temperatur und bei Luftzutritt leicht
                              sämmtlichen Schwefel in Form von schwefliger Säure; dagegen verwandelt sich die
                              Blende zuerst in schwefelsaures Zinkoxyd, welches sich nur in sehr hoher Temperatur
                              zersetzt. Es ist gerade diese schwierige Zersetzung des schwefelsauren Zinkoxydes
                              die Ursache, daß fast sämmtliche Zinkhütten, welche Blende auf Zink verarbeiten, den
                              Schwefel nicht in Form
                              von Schwefelsäure gewinnen. Ganz abgesehen von dem großen Verluste, welcher dadurch
                              in nationalökonomischer Beziehung entsteht, sind die Emanationen der Zinkhütten in
                              hohem Grade für die Nachbarschaft belästigend, und haben sich daher seit vielen
                              Jahren die Chemiker damit beschäftigt, diese schwefligsauren Gase in Bleikammern zu
                              condensiren.
                           R. Hasenclever in Stolberg bei Aachen hat zur Röstung der
                              Blende ganz eigentümliche Oefen construirt (beschrieben 1872 206 274); die darin erzeugte hohe Temperatur ist der Abrüstung sehr
                              günstig. In Letmathe sind augenblicklich vier derartige Oefen im Bau begriffen, und
                              wird die nächste Zukunft es lehren, unter welchen Umständen sich die Zinkblende auf
                              Schwefelsäure verarbeiten läßt. Man kann mit Leichtigkeit erkennen, welche Vortheile
                              diese Verarbeitung bietet: Keine weitere Verpestung der Luft und Verwerthung des
                              seither gänzlich verlorenen Schwefels.
                           Nachdem also constatirt worden war, daß das Zink den Schwefel als schwefelsaures
                              Zinkoxyd zurückhält, lag der Gedanke nahe, den schädlichen Körper durch Auslaugen
                              mit Wasser zu entfernen. Diese Operation konnte mit der größten Leichtigkeit und
                              ohne große Kosten ausgeführt werden; allein man erhielt im Großen eine Lösung von
                              schwefelsaurem Zink, mehr oder weniger verunreinigt durch schwefelsaures Eisen.
                           Die Laugen wurden abgedampft und der zuerst herauskrystallisirende Eisenvitriol,
                              allerdings mit viel Zinkvitriol verunreinigt, in Hunderten von Centnern in den
                              Handel gebracht. Bald aber kamen Klagen; die Consumenten, welche Eisenvitriol
                              wünschten, klagten über den Gehalt an Zinkvitriol, und die, welche Zinkvitriol
                              gebrauchten, wollten keine Verunreinigung mit Eisenvitriol. Beide Körper von
                              einander zu trennen, war praktisch unmöglich. Da zeigten denn Versuche im
                              Laboratorium, daß sämmtliche Schwierigkeiten mit Leichtigkeit umgangen werden können
                              und zwar dadurch, daß man den Laugen für jedes darin enthaltene Aequivalent
                              Schwefelsäure ein Aequivalent Kochsalz zusetzte. Sind die Laugen concentrirt und
                              werden dieselben auf 30° erwärmt, so scheidet sich beim Erkalten eine
                              prachtvolle Krystallmasse von Glaubersalz und zwar in solcher Quantität aus, daß
                              durch diese Ausbeute sämmtliche Unkosten gedeckt werden. Die Lösung enthält
                              Chlorzink mit einem mehr oder weniger großen Gehalt an Kochsalz, außerdem
                              Eisen- und Zinkvitriol und schwefelsaures Natron. Ich concentrirte diese
                              Laugen durch Abdampfen und hatte die große Befriedigung zu sehen, daß bei etwa
                              50° B. sämmtliche Salze sich ausschieden und nur reines Chlorzink in Lösung blieb. Dieses
                              Chlorzink wird nun bei uns fabrikmäßig gewonnen und für etwa 15 Mark pro 100
                              Kilogrm. in den Handel gebracht. Durch das Auslaugen der Abbrände und die nachherige
                              Behandlung der Laugen mit Kochsalz werden also zwei Producte erhalten, welche mit
                              Leichtigkeit abgesetzt werden können.
                           Als nun die Abbrände nach einigen Tagen aus den Auslaugegefäßen entfernt wurden,
                              waren sie zum großen Theile in Staub zerfallen; es befanden sich aber auch darunter
                              Stücke, die noch große Quantitäten Schwefel enthielten und fast so hart wie vor dem
                              Abrösten waren. Ich trennte Stücke von Staub durch einfaches Durchwerfen durch ein
                              Sieb und constatirte, daß der Staub fast schwefelfrei war. Der Meggener Kies zeigt
                              also die für seine Verwerthung auf Eisen so sehr wichtige Erscheinung, daß alle wohl
                              ausgebrannten Stücke sich aufblähen und zerfallen, alle noch Schwefel enthaltende
                              Stücke festbleiben, so daß eine Scheidung leicht auszuführen ist.
                           Die Verwerthung der Schwefelkiesrückstände auf Eisen wird also auf folgende Weise
                              ausgeführt. Die Abbrände werden methodisch der Auslaugung mit Wasser von etwa
                              40° unterworfen, zu den Laugen für jedes Aequivalent der darin enthaltenen
                              Schwefelsäure ein Aequivalent Kochsalz zugesetzt, das sich bildende Glaubersalz
                              durch Erkalten entfernt, die Mutterlauge zur Fabrikation von Chlorzink auf
                              54° B. eingedampft, die Abbrände aus den Auslaugekästen entfernt, zum
                              Trocknen einige Tage an der Luft liegen gelassen und durch Sieben das
                              schwefelhaltige Material von dem schwefelfreien getrennt.
                           Das beschriebene Verfahren beschränkt sich nicht mehr auf Laboratoriumsversuche,
                              sondern es sind in Wocklum mehrere Tausend Centner von Abbränden nach demselben
                              behandelt und das erhaltene Glaubersalz und Chlorzink in Quantitäten von mehreren
                              hundert Centnern zu gutem Preise verkauft worden. Wenn mit den Abbränden selbst noch
                              keine Versuche im Hohofen gemacht worden sind, so hat dies hauptsächlich seinen
                              Grund in dem theueren Transport des Materials, da Wocklum von der nächsten
                              Eisenbahnstation mehrere Meilen entfernt liegt. In wenigen Monaten wird übrigens die
                              neue Fabrik des Grafen v. Landsberg in unmittelbarer Nähe
                              der Station Grevenbrück dem Betriebe übergeben, und werde ich dann den für diesen
                              Gegenstand sich Interessirenden gern das nöthige Rohmaterial zur Verfügung stellen,
                              damit sie selbst in ihren Hohöfen aus den Abbränden Roheisen produciren und sich von
                              der Güte desselben überzeugen können. (Nach der Zeitschrift des Vereines deutscher
                              Ingenieure, 1874 S. 521.)
                           
                           An diese Abhandlung knüpft H. Hochberger in Reichenau bei Eger
                              nachstehende (der deutschen Industriezeitung, 1875 S. 7 entnommene) Mittheilung.
                           Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß aus den noch schwefelhaltigen Rückständen
                              durch längeres Lagern in aufgestürzten Halden an der freien Luft das
                              Auskrystallisiren des schwefelsauren Eisenoxyduls erfolgt, welches durch öfteres
                              Begießen mit Wasser ungemein befördert wird und damit eine Zersetzung der noch
                              festen Stücke ebenfalls in feines Pulver bewirkt. In dieser Eigenschaft sind solche
                              Rückstände, wenn sie geschlemmt und geglüht werden, wobei eine weitere Oxydation
                              erfolgt, zum Poliren jeder Art Spiegelgläser bestens
                              anwendbar. Dieses Product erhält durch das Glühen zuweilen eine schöne rothe Farbe,
                              die aber je nach Temperatur verschieden nüancirt ist. Es ist sogar die noch
                              vorhandene geringe Menge Schwefelverbindung, welche weder durch das Glühen noch
                              durch das Schlemmen entfernt wird, dem Product geradezu noch erforderlich, was die
                              Herstellung ungemein erleichtert. Das Schlemmen geschieht am einfachsten in großen
                              hölzernen Kästen unter Anwendung eines kleinen selbstthätigen Schlemmapparates,
                              welcher mit der größten Sicherheit ein gleichmäßiges Product und Massen liefert. Das
                              Glühen geschieht in kleinen gewöhnlichen Flammöfen.
                           Ein solches Product wird namentlich in Bayern auf den Polirwerken unter dem Namen
                              Potté verwendet; es wurde zuerst auf dem k. bayer. Alaun- und
                              Vitriolwerk zu Bodenmais im bayerischen Walde, später aber, durch mich eingerichtet,
                              von der Firma Joh. Hochberger in Kahr bei Eger in Böhmen
                              (d. Z. im Besitz der Anglo-Austria-Bank in Wien) erzeugt und findet,
                              wenn das Product mit einiger Sorgfalt hergestellt ist, ziemlich ansehnliche
                              Verwendung.
                           Wird aber der durch die Gewinnung von Chlorzink ausgelaugte und vollständig von
                              Schwefelverbindungen freie feine Rückstand analog dem Proceß für Potté
                              behandelt, so ergibt dies die sogen. Eisenmennige, welche
                              leicht in verschiedenen Nüancen, besonders durch Beimengung von Kochsalz,
                              hergestellt werden kann.