| Titel: | Ein System der vergleichenden mechanischen Technologie; von Professor W. F. Exner in Wien. | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 273 | 
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                        Ein System der vergleichenden mechanischen
                           Technologie; von Professor W. F.
                              Exner in Wien.
                        Mit Abbildung auf Taf.
                              Vbis.
                           
                        (Fortsetzung von S. 183 des vorhergehenden Heftes.)
                        Exner, über ein System der vergleichenden mechanischen
                           Technologie.
                        
                     
                        
                           II. Die Gewerbs-Eigenschaften des Rohstoffes.
                           Die Farbe und der Glanz, die BearbeitungsfähigkeitDie Farbe der Bronze befähigt sie zum Kunstguß und zum Materiale für
                                    Kunstwerke. Der Glanz und die Transparenz des Wachses, die Fähigkeit sich
                                    färben zu lassen etc., ja sogar der Geruch desselben erwirbt ihm Freunde.
                                    Das reine Blei läßt sich nicht mit der Feile bearbeiten. Die Späne legen
                                    sich im Hieb der Feile fest; das Schriftgießermetall dagegen
                                    (Blei-Antimon) läßt sich feilen, hobeln, schaben (in langen gerollten
                                    Spänen) mäßig biegen; es ist feinkörnig und gleichmäßig. Die hohe Festigkeit
                                    und Elasticität der Metalle gibt ihnen den Hauptplatz in den Gewerben,
                                    welche auf der Gießerei beruhen. (ob ein Stoff mit der Feile, dem Meißel, dem Messer, dem Hobel, der Punze
                              etc. sich bearbeiten läßt), die Widerstandsfähigkeit der Stoffe gegen
                              Atmosphärilien, Säuren, Alkalien###Die durch den Einfluß der Atmosphärilien auf der Bronze erzeugte Patina
                                    – ein grün-grauer Ueberzug von kohlensaurem Kupferoxydul
                                    – gibt gerade diesem Rohstoffe für Monumente einen hohen Werth.Die Löslichkeit in Säuren und die Gesundheitsschädlichkeit der gelösten
                                    Stoffe schließt die Bronze von den Koch
                                    geschirren nahezu vollkommen aus.Die Brennbarkeit bestimmt die Wahl von Stearinsäure, Palmitinsäure, Wachs,
                                    Paraffin und Unschlitt zum Gießen der Kerzen.Die Durchsichtigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Sauerstoff, Säuren, Basen
                                    etc. bestimmt das Glas zum Gießen von Spiegelplatten, Trinkgefäßen
                                    u.a.m. u.s.w. sind Eigenschaften, welche die Wahl des Rohstoffes für ein gewisses
                              Object des Gebrauches bestimmen.
                           Diese Eigenschaften, welche den Werth der Gußwaare in sehr hohem Grade bedingen und,
                              da der Rohstoff ja chemisch nicht verändert wird, durch das Gießereiverfahren
                              zumeist unbehelligt aus dem Rohstoff in das Product unverändert übergehen, haben auf
                              die dem Verfahren dienenden Hilfsmittel selten Einfluß. Diese Beziehungen bilden
                              einen Anhang zur Betrachtung der Hilfsmittel; sie geben einen Anhaltspunkt zur
                              Classification der
                              Producte und sind für die gewerbliche Praxis ausschlaggebend – für die
                              wissenschaftliche Technologie nebensächlich. Im Arbeitsbegriff sind sie das letzte
                              Moment, im Gewerbsbegriff ein erstes. Zu diesen Gewerbs-Eigenschaften gehört
                              bekanntlich auch der Preis.Das Gußeisen läuft der Bronze in hundert Fällen den Rang ab, nur in Folge
                                    seiner Billigkeit, und umgekehrt das Silber, ein schlechtes Gußmaterial,
                                    wird wieder statt viel besserer Gießrohstoffe des höheren Werthes wegen
                                    gewählt, wenn man einen werthvollen Gegenstand, Schmuck, erzeugen will
                                    u.s.w.
                              
                           
                              Uebersicht und Charakterisirung der
                                    Gießstoffe.
                              Es folgt hier eine Uebersicht der Arbeits-Eigenschaften der wichtigsten
                                 Gießstoffe, soweit sie bekannt sind. Die Tabelle (S. 275), welche gar keine
                                 Columnen für c', T + t und W enthält, weil
                                 hierfür fast keine Daten bekannt sind, hat mehr die Aufgabe, die
                                 Lückenhaftigkeit des wissenschaftlichen Materiales zu zeigen, als direct zu
                                 nützen.
                              Die Gewerbs-Eigenschaften der Rohstoffe sowohl als die
                                 Arbeits-Eigenschaften treten für viele Zwecke nicht in jenen
                                 Combinationen auf, die man wünschen würde. Man sucht dies durch die chemische
                                 Verbindung oder Mengung der Stoffe zu erlangen. Die Metalle sind zu solchen
                                 Vereinigungen (Legirungen), welche neue Eigenschaftsgruppirungen zeigen, sehr
                                 geneigt, und wegen der Veränderungen der Arbeits-Eigenschaften müssen sie
                                 hier noch eher besprochen werden, bevor das „Verfahren“ und
                                 die „Hilfsmittel“ zur Erörterung kommen.
                              Es gibt keine bestimmten allgemein giltigen Regeln, nach denen die Eigenschaften
                                 einer Legirung oder eines Amalgams aus den Eigenschaften der Stoffe, welche sie
                                 bilden, hergeleitet werden können. Während z.B. die Legirungen von Blei und
                                 Antimon in ihren Eigenschaften zwischen jenen des Bleies und jenen des Antimons
                                 liegen – und zwar sich um so mehr dem Blei nähern, je mehr von letzterem
                                 in der Legirung vorhanden ist und umgekehrt, wobei nur zu bemerken ist, daß das
                                 Antimon mehr ausgibt (bei 4 Th. Blei und 1 Th. Antimon liegt die Legirung in der
                                 Mitte zwischen den beiden Elementen) – so zeigen die Legirungen von
                                 Kupfer und Zinn und von Kupfer und Zink völlig neue Eigenschaften.12 bis 15 Theile Blei und 1 Th. Antimon; ein weiches, dem Blei sehr
                                       ähnliches Material, biegsam zu Platten ausgewalzt, als
                                       Schiffsbeschläge.6 Th. Blei und 1 Th. Antimon ist schon viel härter, gibt
                                       Schriftgießermetall für große Lettern.3 Th. Blei und 1 Th. Antimon zu den kleinsten Lettern; hart, spröde und
                                       unbiegsam.9 Th. Kupfer und 1 Th. Zinn; Geschützbronze, die sich weder zu Platten
                                       walzen noch zu Draht ziehen läßt.Bei einem weiteren Zusatze von dem weichen Zinn wird die Legirung härter
                                       und
                                       spröder. Bei einem Gehalt von 1/6 Zinn erreicht man das Maximum der im
                                       Gebrauch für den Maschinenbau noch zulässigen Härte.2 Th. Kupfer und 1 Th. Zinn. Die Legirung läßt sich kaum mehr mit den
                                       besten Stahlwerkzeugen bearbeiten, ist spröde wie Glas. (Spiegel der
                                       Teleskope).2 Th. Kupfer und 1 Th. Zink. Zink, welches viel weniger streckbar und
                                       dehnbar als das Zinn ist, gibt als Stellvertreter des Zinnes in der
                                       Legirung ein weiches, dehn- und streckbares, leicht zu feilendes
                                       Metall (Messing).
                                 
                              
                              Trotz dieser Regellosigkeit, lassen sich einige ziemlich allgemein giltige
                                 Mittheilungen machen.
                              Der Schmelzpunkt der Legirung ist in der Regel niedriger als das verhältnißmäßige
                                 Mittel der Schmelzpunkte der Metalle, welche die Legirung bilden. Das Legiren
                                 ist also ein die Schmelzbarkeit, soweit sie durch den Schmelzpunkt
                                 charakterisirt wird, steigerndes Verfahren.
                              Die specifischen Gewichte der Legirungen lassen sich nicht nach Verhältniß der
                                 Grundstoffe berechnen, und auch das Volumen ist nicht gleich der Summe der
                                 Volumen der Bestandtheile, entweder größer oder kleiner.Beispiele für Schmelzpunkte. Blei 334°.
                                       Zink 235°.Legirung von5 Th. Zink und1 Th. Blei 194°      
                                             „      
                                             „3  
                                             „      „    „1   „    
                                             „   186°      
                                             „      
                                             „1  
                                             „      „    „1   „    
                                             „   241°noch immer weniger als das Mittel der
                                       Schmelzpunkte der beiden legirten Metalle.Das Rose'sche Metall: 8 Th. Wismuth
                                       (270°), 8 Th. Blei (334°) und 3 Th. Zinn (235°)
                                       schmilzt bei 95°.Die Legirung von 2 Th. Wismuth, 1 Th. Blei und 1 Th. Zinn hat den
                                       Schmelzpunkt bei 93,75°.Das Newton'sche Metall: 8 Th. Wismuth, 5 Th.
                                       Blei und 3 Th. Zinn schmilzt bei 94,5°.Von sämmtlichen Legirungen aus diesen drei Metallen, welche zum Messen
                                       des Dampfdruckes dienen, erreicht der Schmelzpunkt der am schwersten
                                       schmelzbaren Legirung aus 8 Th. Wismuth, 30 Th. Blei und 24 Th. Zinn
                                       (entspr. 8 Atmosphären) erst 172°, welcher also noch immer
                                       geringer ist als der Schmelzpunkt von Zinn.Nach den Arbeiten von B. Wood, Lipowitz und
                                       Carl Ritter v. Hauer (Wochenschrift des nö.
                                       Gewerbe-Vereines, 1865 S. 367) hat das Cadmium die Eigenschaft,
                                       den Schmelzpunkt der eben besprochenen Legirungen noch weiter
                                       herabzusetzen.Legirungen, deren specifisches Gewicht
                                       geringer wird als jenes der legirten Metalle, sind: Kupfer und Blei
                                       – Zinn und Blei – Zinn und Antimon; dagegen wird dasselbe
                                       größer bei: Kupfer und Zinn – Kupfer und Zink – Blei und
                                       Antimon.
                                 
                              Manche von den beachtenswerthen Gewerbs-Eigenschaften des Elementes geht
                                 in die Legirung über, aber auch manche der Arbeits-Eigenschaften.
                                 (Antimon im Schriftletternmetall.)
                              Mischungen von Rohstoffen – der Gewerbs-Eigenschaften wegen
                                 – kommen auch bei nichtmetallischen Stoffen vor, z.B. Wachs und Talg,
                                 Stearin- und Palmitinsäure bei der Kerzengießerei.
                              
                           
                        
                           III. Das Verfahren.
                           1) Der Rohstoff wird in einem Apparate oder auch ohne einen solchen durch Wärmezufuhr
                              zum Schmelzen gebracht. (Schmelzapparat.)
                           
                           Arbeits-Eigenschaften.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 215, S. 275
                              
                                 
                                 A bedeutet eine Vergrößerung des Volumens, also
                                    eine Verminderung der Dichte, wenn der geschmolzene Stoff erstarrt, also
                                    einen Vorzug, B das Gegentheil.
                                 
                              Rohstoff; Specifische Wärme des
                                 starren Körpers c; Schmelzpunkt T° C.; Wärmeeinheiten bis zu T.;
                                 Schmelzwärme W.; Gesammtwärme w.; Specifisches Gewicht;
                                 Ausdehnungs-Coeffic. des starren Körpers von 0–100°
                                 Erwärmung; Verhalten beim Erstarren; Gesammt-Schwindmaß; Zähigkeit des
                                 geschmolzenen Rohstoffes; Verhalten der Materie bei rascher Wärmeentziehung beim
                                 Erstarren; Anmerkung; Gußstahl; Gußeisen graues; Gußeisen weißes; Kupfer;
                                 Silber; Gold; Zink; Zinn; Wismuth; Blei; Schwefel; Glas (bleifrei);
                                 Stearinsäure; Wasser; dünnflüssig; wird hart; dickflüssig; veränd. sich;
                                 flüssig; verändert sich; Das Natronglas (obwohl weniger weiß) ist dünnflüssiger,
                                 kühlt schneller und gleichmäßiger aus als Potaschenglas. Diesem setzte man Kalk
                                 zu, um es dünnflüssig zu machen
                              
                           
                           2) Der geschmolzene Rohstoff wird durch geeignete Mittel an jene Stelle gebracht, wo
                              er zu erstarren hat.
                           3) Bevor dies eintritt, wird der geschmolzene Rohstoff durch Erfüllen eines hohlen
                              Gefäßes (Form) oder durch Vertheilung über eine bestimmte Fläche in jene Lage
                              gebracht, in welcher er, erstarrend, die beabsichtigte Gestalt einnimmt.
                           4) Wird in einer Form gegossen, so ist die letzte Operation das Trennen der Form von
                              dem Gußstück. Wird eine Form nicht angewendet (Schrotgießen, Emailliren, Löthen), so
                              entfällt diese Operation.
                           
                        
                           IV. Passive Hilfsmittel.
                           1) Schmelzapparate. Die Schmelzapparate sind
                              Vorrichtungen, in denen durch Verbrennung Wärme erzeugt oder ein viele freie Wärme
                              enthaltender Stoff (Oel, Wasser, Dampf) eingebracht, dem starren Rohstoffe zugeführt
                              und dieser in die tropfbar flüssige Aggregatform umgewandelt, endlich
                              zweckentsprechend angesammelt werden kann. Nach der Menge des Rohstoffes, der auf
                              einmal geschmolzen werden soll, richtet sich die Größe, nach der Art des Rohstoffes
                              die Bauart des Schmelzapparates.
                           Man unterscheidet drei wesentlich von einander abweichende Einrichtungen des
                              Schmelzapparates. Entweder sind Schmelzraum und Feuerstelle vereinigt, daher der
                              Brennstoff und der zu schmelzende Rohstoff mit einander abwechselnd in demselben
                              Raume geschichtet, also in gegenseitiger unmittelbarer Berührung –
                              Schacht- oder Cupolofen – oder es communicirt die Feuerstelle mit dem
                              Schmelzraum, wenn auch jeder selbständig, so doch in der Art, daß die Flamme und die
                              Heißluft den im Schmelzraum ausgebreiteten Rohstoff direct bestreichen können
                              – Flammofen – oder endlich der Rohstoff befindet sich in einem
                              tiegel- oder kesselförmigen Raume, dessen Wand der Wärmequelle ausgesetzt ist
                              – Tiegel- und Kesselofen.
                           Die Einrichtung der Cupol-, Flamm-, Tiegel- und Kesselöfen wird
                              in der beschreibenden Technologie abgehandelt. Mit Rücksicht auf die vorangegangenen
                              Erörterungen erscheint jedoch die präciseste Beschreibung der Einrichtung als
                              mangelhaft, wenn nicht das Verhältniß der wirklich verbrauchten Wärmemenge zu dem
                              für die Schmelzung und weitere Erhitzung erforderlichen Bedarf an Wärmemenge (W) bei jeder Construction angegeben ist. (Effect.)
                           Zur richtigen Beurtheilung des Effectes eines Schmelzapparates ist ferner
                              unerläßlich: die Kenntniß von dem Verhältniß des eingebrachten starren Rohstoffes zu dem
                              gewonnenen geschmolzenen Rohstoffe oder der daraus hervorgehende Verlust (Abbrand); die Kenntniß des Kraftaufwandes für die Gebläse
                              bei den Cupolöfen; die Kenntniß von der Betriebsdauer, dem Kapitalaufwand, den
                              Reparaturkosten und der Amortisationsquote, d.h. kurz die Kosten des Schmelzens
                              einer Gewichtseinheit des Rohstoffes; endlich die Kenntniß von der Qualität oder
                              specifischen Eignung des aus dem Schmelzapparate gewonnenen Gießstoffes.
                           Statt der Angabe der Dimensionen in ihren Grenzwerthen, empfiehlt es sich, der
                              Präcision der zu vermittelnden Vorstellungen wegen, vielleicht mehr den Vorgang
                              einzuhalten, daß man die Dimensionen von wirklich ausgeführten, gut functionirenden
                              Apparaten nach einer Hauptdimension geordnet graphisch in eine Tabelle einträgt.
                              Diese Uebersicht sollte allerdings durch die oben angeführten Daten über den Effect
                              jeder Construction ergänzt werden.
                           Auf Tafel Vbis sind 16 ausgewählte Exemplare von Cupolöfen so
                              zusammengestellt, daß die Schachthöhen als Abscissen, die Schachtweiten, Formhöhen
                              und Mauerdicken als Ordinaten eingetragen sind.
                           Nach diesen einleitenden Bemerkungen, die allerdings nur die Richtung angeben, wie
                              die Materialien der speciellen Technologie zusammenzuordnen, eventuell zu ergänzen
                              wären, kann zum Vergleiche der Schmelzapparate untereinander übergegangen werden.
                              Die Grundzüge desselben werden allenfalls folgendermaßen lauten.
                           Die unmittelbare Berührung des glühenden Heizmateriales mit dem zuerst glühenden,
                              dann schmelzenden Rohstoffe läßt eine Aufnahme des ersteren durch den letzteren als
                              kaum vermeidlich erkennen. Der Brennstoff kann daher nur Holzkohle oder Coaks
                              – der Rohstoff nur Eisen sein. Um eine Verbrennung der Kohle oder Coaks
                              herbeizuführen, muß – da ein Zug, eine Luftcirculation, wie eine solche bei
                              gewöhnlichen Feuerstellen mit Rost und Esse besteht, hier mangelt – kalte
                              oder warme Gebläseluft durch die Formöffnungen in den Feuer-Schmelzraum
                              hineingetrieben werden. Es ist daher nicht vermeidlich, daß ein Luftstrom mit dem
                              schmelzenden Rohstoff zusammentrifft, – wieder ein Grund für die beschränkte
                              Verwendbarkeit des Schmelzapparates.
                           Die Größe des Cupolofens variirt bekanntlich von 12.000 Kilogrm. Eisen bis 2000
                              Kilogrm. herab, und selbst letztere bezeichnet noch nicht die unterste Grenze. Bei
                              noch kleineren Oefen wird auch das geschmolzene Eisen nicht wie sonst im untersten
                              Theile des Schachtes sondern in einem unter demselben liegenden gesonderten Kessel
                              gesammelt (Calebasse). Diese vornehmlich in Belgien gebräuchliche Einrichtung bildet
                              eine Näherung zu dem Kesselofen.Die zur Calebasserie dienenden Oefen werden wohl auch selbst Kessel-
                                    oder Pfannenöfen genannt. Besser wäre es, sie Kessel-Schachtöfen zu
                                    nennen.
                              
                           Beim Flammofen ist die Aufnahme des Brennstoffes durch den Rohstoff ausgeschlossen.
                              Nur die Flamme, Rauch und Heißluft bestreichen den schmelzenden Rohstoff. Graues
                              Roheisen wird, wenn es nicht bedeckt ist, theilweise entkohlt. Der Flammofen ist für
                              alle Rohstoffe der Gießerei tauglich, welche nicht durch die directe Bestreichung
                              seitens der Flamme Schaden leiden. Das Maximum der Rohstoffmenge bei einer
                              Schmelzung ist allerdings um etwa ein Drittheil kleiner als beim Schachtofen, dafür
                              ist das Minimum des Rohstoffverlustes etwa dreimal so groß als beim Cupolofen, und
                              auch das Maximum des Abbrandes ist beim Flammofen höher als beim Schachtofen. Die
                              geschmolzene Masse, welche beim Flammofen nicht durch den Brennstoff sich seinen Weg
                              bahnen muß, sondern ruhig dem Sammelraume (Tiegel) zuläuft, ist weniger blasig,
                              „schaumig“ als jene beim Cupolofen. Wo ein sehr cohärenter
                              Guß erfordert wird (Glocken, Statuen), gibt der Flammofen von vornherein mehr
                              Aussicht auf volles Gelingen. Nur jene Schmelzapparate, bei denen Feuerraum und
                              Schmelzraum völlig von einander geschieden, die Tiegel- und Kesselöfen,
                              bieten vollkommene Gewähr gegen jede Verunreinigung und unbeabsichtigte Veränderung
                              des Rohstoffes.
                           Der Tiegelofen gibt Gelegenheit zu den vollkommensten Heizungsvorrichtungen und
                              höchsten Hitzegraden, sowie zu mäßigen und in engen Grenzen regulirten Temperaturen
                              (Generatoröfen, Wasserbad, Dampfbad); er gibt den weitesten Spielraum in der Wahl
                              des Brennstoffes und Schmelzstoffes. – Der Tiegelofen ist für die Mehrzahl
                              der Gießerei-Rohstoffe der einzig mögliche Schmelzapparat; er löst die
                              schwierigsten und subtilsten Aufgaben, – nur die Maximalgrenze der
                              Rohstoffmenge ist verhältnißmäßig niedrig.
                           Der interessanteste Bestandtheil des Tiegelofens ist der Tiegel selbst. Die
                              Erwägungen, welche der Wahl des Ofens für die Gießerei mit einem bestimmten Rohstoff
                              und für eine gewisse Art von Erzeugnissen vorangehen müssen, dieselben Erwägungen
                              müssen die Wahl der Art und Größe der Tiegel bestimmen. Während es überflüssig
                              erscheint, hier die Beschreibung der bekannten Einrichtungen von Tiegelöfen aus der
                              mechanischen und chemischen Technologie wiederzugeben, – der Tiegelöfen für
                              Gußstahl, Roheisen, Medaillen- und Kleinkunst, Bronze, Messing, Zink, Gold,
                              Silber, Neusilber, der Siemens'schen und anderen
                              Glas-Schmelzöfen, der Perrot'sche Gas-Oefen, der Sefström'schen Probiröfen etc. – um so mehr als
                              kritische Daten, welche einen Vergleich ermöglichen, fast gänzlich fehlen, so ist
                              dagegen eine Zusammenstellung der Tiegel und ihrer Bestimmung hier am Platze. Es
                              gibt vier Hauptarten von Schmelztiegeln: 1) die hessischen, 2) die passauer, 3) die
                              aus Thon, Chamotte und Coaks angefertigten und 4) die gußeisernen Tiegel. Die
                              Bereitungsweise ist bekannt.
                           Die unter 2 und 3 aufgezählten halten die größten Hitzgrade aus, sie dienen zum
                              Schmelzen von Gußstahl. Zu Gußeisen verwendet man 1 und 2; für Messing 1, 2 und 3;
                              für Kupfer 2 und 3; für Bronze 2; für Gold, Silber, überhaupt Münzzaine 2 und 4.
                              Vergleichende verläßliche Proben fehlen indessen auch hier.Die in den Journalen enthaltenen Angaben widersprechen sich häufig.
                                    (Fortsetzung folgt.)
                              
                           Ist der Schmelzraum ein dünnwandiges metallenes Gefäß, dessen Weite von der Höhe
                              nicht überwogen wird, so nennt man dieses Hilfsmittel Kessel; der Schmelzapparat ist
                              dann ein Kesselofen, wenn er seine eigene Feuerung besitzt. Auch da sind viele
                              Abstufungen und vollständige Reihen in Beziehung auf Vollkommenheit der Einrichtung
                              und Größe zu erkennen, je nach den Anforderungen und dem Standpunkte des
                              Gewerbebetriebes, der Empfindlichkeit und dem Preise des Rohstoffes. (Kesselofen für
                              die Schriftgießerei und Asphaltschmelze, Stearin-, Kerzenfabrikation und
                              Bleischrotgießerei etc.)
                           Das in Rede stehende passive Hilfsmittel kann nicht verlassen werden, ohne daß hier
                              noch eine Bemerkung angefügt würde. Es kommt vor, daß die Rohstoffe vor dem
                              Schmelzen schon in die Lage gebracht werden, welche sie während des Schmelzens
                              beibehalten und in der sie auch nach dem Erstarren zu verbleiben haben. Dies ist der
                              Fall beim Email, bei der Glasur, beim Löthen. In allen diesen Fällen werden die
                              Objecte, auf denen der Schmelz- und der Erstarrungsproceß – also das
                              Gießen – sich vollzieht, entweder in einen
                              Muffelofen oder über eine Feuerstelle gebracht. Es kann dabei also von einem eigenen
                              Schmelzapparat in dem bisherigen Sinne nicht die Rede sein.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
