| Titel: | Die Fabrikation des Cementes und dessen Anwendung für Soolenleitungen in Ischl; von Oberbergverwalter August Aigner. | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 420 | 
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                        Die Fabrikation des Cementes und dessen Anwendung
                           für Soolenleitungen in Ischl; von Oberbergverwalter August Aigner.
                        Aus dem Berg- und Hüttenmännischen Jahrbuch,
                              1874 S. 134.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              X [c.d/3].
                        Aigner, über die Fabrikation des Cementes und Herstellung von
                           Cementröhren.
                        
                     
                        
                           Unter den Objecten, welche die verschiedenen Zweige der Bautechnik dem Beschauer des
                              Weltausstellungsraumes in Wien darboten, spielten die Cemente eine hervorragende
                              Rolle, deren mannigfaltige Verwendung in allen Gebieten des Bauwesens im
                              fortwährenden Steigen ist und deren Wichtigkeit sich wohl auch danach bemessen läßt,
                              daß auf 49 Aussteller 4 Fortschritts-, 18 Verdienstmedaillen und 22
                              Anerkennungsdiplome entfielen; es erregte die Betrachtung der in dieser Branche der
                              Technik erreichten hohen Vollendung ein um so größeres Interesse, als die
                              ausgedehnte Literatur, welche sich seit nahe einem halben Jahrhunderte über den
                              Gegenstand entwickelt hat, hier gewissermaßen ihren sichtbaren Ausdruck fand.
                           Bis zum J. 1756 bediente man sich, wie bekannt, des Trasses und der Puzzolanerde,
                              deren Silicate schon durch vulkanische Processe aufgeschlossen sind, welche also die
                              Kieselsäure in löslicher Form enthalten und zur Herstellung des hydraulischen
                              Mörtels erst einer Zugabe von Luftkalk bedürfen. Smeaton
                              war der Erste, welcher mit der Trennung des Thonrückstandes beim Auflösen eines
                              Mergels von Glamorganshire in Salpetersäure die erste Bahn für die wissenschaftliche
                              Forschung eröffnete; Parker brannte zuerst die Thonnieren
                              von Sheppy (natürlicher hydraulischer Kalk) und nahm 1796 auf Romancement ein
                              Patent; 1824 wurde Joseph Aspdin der Erfinder des
                              künstlichen oder Portlandcementes, indem er gebrannten Kalk mit gleichen Theilen
                              Thon mittels Maschinen mengte und abermals brannte; 1836 begründete Pasley (1831 41 154) die
                              eigentliche Portlandcement-Fabrikation, indem er zwei Theile des
                              Medoway-Thones (0,75CaO + 14,8Fe₂O₃ +
                              11,6Al₂O₃
                              + 68,65SiO₃ + 1,9KO +
                              2,1NaO) mit Kreide mengte und brannte; 1838 erschien
                              sein erstes wissenschaftliches Werk.
                           Aber schon im J. 1828 wurde Prof. Fuchs in München der
                              eigentliche Schöpfer der ersten Theorie, welche bis zum heutigen Tage die Grundlage
                              für jede weitere Forschung bietet: „Durch das Brennen wird der kohlensaure
                                 Kalk ätzend und wirkt als solcher derart auf den Thon ein, daß die Kieselsäure
                                 durch den Aetzkalk die Freiheit erlangt und sich in späterer Berührung mit
                                 Wasser mit dem Kalke zu einer bestimmten chemischen Verbindung (Hydrosilicat)
                                 vereinigt, wobei die Anwesenheit von Alkalien durch ihre Substitution in der
                                 Glühhitze diese Bildung begünstigt.“
                              
                           Die weiteren, in verschiedenen Zeitschriften und selbständigen Werken
                              veröffentlichten Studien und Controversen, an welchen sich die Namen: Vicat 1841, Kuhlmann 1848, v.
                              Pettenkofer 1849, Schafhäutel 1851, Grathe 1854, Winkler 1855 bis 1865, Feichtinger 1859 bis 1865, v. Kripp 1865, Frémy 1865, Held 1865,
                              Michaelis 1869 knüpfen, haben über die chemischen
                              Vorgänge bei den Cementen die wissenschaftliche Grundlage klargestellt, welche kurz
                              in dem Satze gipfelt, daß die Cemente die Eigenschaft des Erhärtens in Wesenheit den
                              in Folge Einwirkung des Feuers gebildeten Kalksilicaten und Kalkaluminaten
                              verdanken.
                           Die Fabrikation des Cementes spaltete sich daher schon frühzeitig in zwei Arten,
                              nämlich in die vorzüglich in Deutschland und England betriebene Fabrikation von
                              künstlichem Portlandcement und die Anfertigung von natürlichem hydraulischem Kalk,
                              welche in späterer Zeit in den nördlichen Abhängen der Alpen von Bayern und Tirol
                              ein dem Portlandcement nahezu gleichwerthiges Product erzielte und, wie es scheint,
                              durch ein glückliches Zusammentreffen günstiger Umstände, nämlich beste Qualität und
                              billige Gewinnung des Rohmaterials, directes Brennen und entsprechende
                              Communicationsmittel, der künstlichen Erzeugung des Portlandcementes ein immer
                              größeres Terrain abgewinnt.
                           In dem bayerisch-tirolischen Hochgebirge in der Umgebung
                              von Kufstein erfolgt die Fabrikation des Cementes aus den natürlichen, der unteren
                              Tertiärformation angehörenden, großen Mergellagern, von denen einige Schichten eine
                              dem Portlandcement (nach Michaelis: 60CaO + 1,17MgO + 7,5Al₂O₃ +
                              3,34Fe₂O₃
                              + 0,74NaO + 29,31SiO₃) nahezu gleichwerthige Zusammensetzung zeigen.
                           Dieses Material für hydraulischen Kalk wird am Tage gewonnen und
                              mittels Bahnen und Absturzvorrichtungen zu den Oefen gebracht; diese, den
                              Eisenhohöfen ähnlich, sind für continuirlichen Betrieb mit Steinkohlenklein
                              eingerichtet, haben in der Regel eine Höhe von 28 bis 30 Fuß (8,9 bis 9,5 M.), eine
                              Gichtweite von 9 Fuß (2,8 M.), stehen meistens zu mehreren (3 bis 6) in einer Reihe
                              mit gemeinschaftlicher Futtermauerung basteiartig nebeneinander und werden auf ihrer
                              Gicht von einem Heizer bedient, welcher den auf der Bahn zugeführten Mergel und das
                              Kohlenklein abwechselnd aufschüttet. Der Ofen ist am Boden auf 7 Fuß (2,2 M.)
                              angezogen und besitzt vorn ein Gewölbe, durch welches ein zweiter Arbeiter das
                              gebrannte Product auszieht. Dies erfolgt mittels sechs 2 bis 3 Zoll (5 bis 8
                              Centim.) dicker Eisenroststäbe, welche einfach gerüttelt werden. Die Erzeugung per
                              Tag beträgt bei jedem Ofen circa 400 Zollcentner. Die Räumung wird nach jeder halben
                              Stunde vorgenommen; die Feuerzone befindet sich ungefähr in der Mitte der Ofenhöhe.
                              Die Menge des Brennstoffes (Kohlenkleins) ist gleich 1 zu 4 Th. Mergel.
                           
                           Die Oefen sind mit behauenen Stücken von buntem Sandstein
                              gefüttert und werden gegen die nahe stehende Futtermauer etwas hohl gestellt. Das
                              gebrannte Product wird direct per Bahn in die Mühlen geschafft; diese zeigen
                              verschiedene Einrichtungen; meist haben sie drei Stockwerke. In dem Souterrain
                              befindet sich eine Turbine, deren verticale Achse mittels Getriebe die Bewegung auf
                              die Mühlsteine und von da in den zweiten und dritten Stock überträgt. Im ersten
                              Stock befinden sich zwei Mahlgänge, welche das aus dem dritten Stock herabfallende
                              Mahlgut verarbeiten; dieses fällt von den Mühlsteinen direct in die untergestellten
                              Fässer und wird in letzteren durch eine hebelartige Prellvorrichtung möglichst
                              compact zusammengeschüttelt. Die Mühlsteine stammen aus Belgien und werden jede
                              Woche, für die Portlandcement-Erzeugung jeden zweiten Tag, behauen. Im
                              zweiten Stock befindet sich ein Quetschwerk, bestehend aus zwei langen cannelirten
                              Stahlwalzen, welche das aus dem dritten Stock in eine Gosse gestürzte, von den Oefen
                              kommende Rohmaterial aufnehmen. Das gequetschte Material wird behufs besserer
                              gleichförmiger Zertheilung im dritten Stock mittels Elevatoren aufgezogen und fällt
                              erst durch eine Vertheilungslutte in den ersten Stock auf die Mahlgänge. Durch
                              Quetschung wird die Größe einer Bohne erzielt. Bisweilen geschieht die Verarbeitung
                              einfacher. Von einer Turbine wird eine horizontale Achse in Bewegung gesetzt, um
                              welche drei Paare Koller (stehende Walzen zu 40 Ctr.) rotiren. Die Mehle fallen aus
                              den gußeisernen durchbrochenen Kollerschalen in eine gemeinschaftliche Gosse, werden
                              mittels Elevatoren gehoben und gelangen auf Sortirsiebe, wobei das Grobe wieder in
                              die Schalen zurückfällt, oder auf Mahlgängen vermahlen wird.
                           Bei jeder Fabrik von hydraulischem Kalk befindet sich eine
                              Werkstätte zur Herstellung der Fässer; dieselbe enthält eine Boden- und eine
                              Circularsäge für Dauben, eine Hobelmaschine zum Säumen der Dauben und eine
                              Circularsäge zum Beschneiden der Dauben und Erzeugung des Frosches; die Bodenbreter
                              werden zuerst aus drei Stücken zusammengefügt und dann durch die Bodensäge rund
                              geschnitten; sämmtliche Bestandtheile kommen hierauf in die Binderei und werden
                              mittels Haselgurten (200 Stück zu 2 fl. ö. W.) gebunden. Der Umstand, daß die
                              Abnehmer des hydraulischen Kalkes denselben nur in Fässern wünschen, macht die
                              Emballage theuer (13 kr. per Zollcentner). Die Gestehungskosten sind für die
                              Erzeugung des hydraulischen Kalkes per Ctr. bei Dampfmaschinenbetrieb 45 kr., bei
                              Wasserkraft 40 kr.; dabei entfallen auf:
                           
                              
                                 Emballage
                                 13 kr.
                                 
                              
                                 Mahlen
                                   4  „
                                 
                              
                                 Rohmaterial-Beischaffung
                                   1  „
                                 
                              
                                 Regie, Zinsen des Anlagecapitals,
                                    Fuhrlöhne
                                 18  „
                                 
                              
                                 Brennstoff
                                   4  „
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 zusammen:
                                 40 kr.
                                 
                              
                           Schon Feichtinger wies darauf hin, daß
                              noch an mehreren Orten der Alpen Mergel gefunden werden dürften, welche sich ebenso
                              wie der Perlmooser Cement zur Portlandcement-Fabrikation eignen. Obwohl dies
                              bis jetzt nicht der Fall war, so ist doch das Vorkommen von Mergeln minderer
                              Qualität in den Alpen und insbesondere in den Hangendschichten der Salzreviere nicht
                              unbedeutend, und obgleich die Anwendung der Cemente im Salinenfache –
                              beispielsweise zur Herstellung der Soolenreservoirs (vergl. 1867 185 244), zur Verhinderung des Blähens der Ulmen u.s.w.
                              von Grubenstrecken, zum Schutze gegen Rost bei
                                 Eisenröhren (vergl. 1874 
                              214 494) – nicht neu ist, so glaube ich doch ein
                              Genre der Cementfabrikation beleuchten zu müssen, welches, wie die Fabrikate der
                              Wiener Weltausstellung beweisen, eine immer größere Verbreitung findet.
                           Wenn ich hierbei in erster Linie auf die Erzeugnisse aus dem
                              Perlmooser Cemente und aus die Röhrengarnituren von Dickeroff und Widmann mit 24 bis 6 Zoll (63 bis
                              16 Cm.) Durchmesser [erstere mit 4 Zoll (10 Cm.) Fleischstärke] hinweise, so wäre
                              die Erreichung dieser Fabrikate mit den Mergeln der Salzreviere allerdings
                              unmöglich, denn dieselben sind in der Regel von minderer Güte, erhärten langsam,
                              liefern jedoch bei sorgfältiger Behandlung im Brennen, schneller Verarbeitung und
                              bei größerer Röhrenstärke ein Fabrikat, welches für das praktische Bedürfniß der
                              Salinen vollkommen ausreicht.
                           Das Material für den hydraulischen Kalk am Ischler Salzberg gehört
                              zur Neocombildung, nimmt das Hangende des Salzlagers ein und enthält nach Patera:
                           
                              
                                 In Salzsäure unlöslichen Rückstand (Al₂O₃,
                                    SiO₃)
                                 37,00
                                 
                              
                                 kohlensaures Eisenoxydul
                                 10,51
                                 
                              
                                 kohlensaure Kalkerde
                                 48,80
                                 
                              
                                 kohlensaure Talkerde
                                 2,42
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 zusammen:
                                 98,73.
                                 
                              
                           Das Brennen dieses Mergels geschieht in gewöhnlichen Kalköfen,
                              intermittirend mittels Holzfeuerung, und es kostet die Herstellung eines Wiener
                              Centners (56 Kilogrm.) des fertigen Productes 47 kr. ö. W.
                           Es soll nun die Herstellung der Cementröhren, wie sie am
                              Salzberge bei Ischl ausgeführt wird, geschildert werden. Als Material für diese
                              Herstellung dient ein Gemenge von gleichen Volumtheilen gewaschenem und
                              hydraulischem Sand, welches in einem Rührapparat unter Zusatz der erforderlichen
                              Menge Wasser gemischt und in die Röhrenform eingegossen wird.
                           Zum Waschen des Sandes dient der in Fig. 31 und 32
                              dargestellte Apparat. Er besteht aus einem Wassertrog a,
                              in welchen der untere Theil der mit einer eisernen Achse b versehenen achteckigen Trommel c eintaucht.
                              An sieben Seiten dieser Trommel sind innen eiserne Gitter aus Drahtstäben
                              eingesetzt, durch welche sich der feine Sand und die unreinen erdigen Theile
                              durchsieben. Eine dieser Seiten bildet eine Thüre, durch welche der zu waschende
                              Sand eingefüllt wird. An der achten Seite, welche nach dem Waschen jedesmal unten
                              stehen gelassen wird, befindet sich kein Gitter, da auf dieser Fläche der gewaschene
                              Sand durch ein an der Stirnwand der Trommel befindliches Thürchen t mittels einer Blechkrücke ausgezogen wird, während man
                              den im Troge angehäuften Sand durch eine hart am Boden befindliche verschließbare
                              Seitenöffnung entfernt. Um den gewaschenen Sand ausziehen zu können, wird die
                              Trommel sammt Achse gehoben, indem man die beiden in verticaler Führung f gehenden Lager g mittels
                              der Hebel h aufwärts bewegt, sodann unter die Trommel eine flache
                              Rinne untergeschoben, über welche der gewaschene Sand in ein bereit stehendes Gefäß
                              oder auf den Fußboden herausgezogen wird. Im Troge muß ein beständiger Zu-
                              und Abfluß des Wassers stattfinden.
                           Den Rührapparat für die Röhrenmasse zeigen Fig. 33 und 34. Auf dem
                              hölzernen Boden A ist die gleichfalls hölzerne
                              cylindrische Wand B befestigt, welche innen, sowie der
                              Boden mit Blech gefüttert Wird. An der einen Seite der Wand befindet sich die Lutte
                              D, die für gewöhnlich durch den Schieber E abgeschlossen ist. Der eigentliche Rührapparat besteht
                              aus dem Armkreuz F, an welchem 14 windschiefe Schaufeln
                              g befestigt sind; an die Achse H, welche für Handbetrieb oben eine Kurbel trägt,
                              schließt sich unten eine eiserne Büchse, welche über den fixen Drehzapfen t gesteckt wird.
                           Die Röhrenform zeigen Fig. 41 bis 48, und zwar
                              Fig. 46
                              und 47 in der
                              Zusammenstellung. Auf Schwellen, in welche die Zangenhölzer z eingezapft sind, wird das Bodenbret p (Fig. 44 und
                              45)
                              gelegt; dann schiebt man die zwei an der Innenseite kantigen hölzernen Seitentheile
                              t (Fig. 43) ein. Diese
                              besitzen Ruthen f, in welche die Stoßbreter(Fig. 41 und
                              42) so
                              eingeschoben werden, daß deren Vorsprünge k gegen die
                              Mitte der Röhrenform gekehrt sind; ferner sind an den Seitentheilen und dem Boden
                              Leisten l, l' (Fig. 43 und 45) befestigt,
                              so daß an den Enden der fertigen Röhre, wie Fig. 39 zeigt, Falze u entstehen. Nebstdem müssen die Röhrenenden der
                              Verbindung wegen auf circa 6 Zoll (15 Cm.) Länge cylindrisch sein, was dadurch
                              erzielt wird, daß man an den einspringenden Kanten der Seitenwände ebenso lange
                              Holzleisten, welche innen abgerundet sind, festnagelt. Die Stoßbreter werden an der
                              dem Rohr zugekehrten Seite flach kegelförmig ausgedreht, um dem Stirnende des Rohres
                              die entsprechende, in Fig. 39 angedeutete, für
                              die Verbindung zweier Röhren nothwendige Gestalt zu geben. Durch die Oeffnungen der
                              Stoßbreter wird nun der genau abgedrehte, am besten aus Gußeisen hohl gefertigte
                              Kolben (Kern) J (Fig. 48)
                              eingeschoben.
                           Soll der Guß stattfinden, so werden alle Theile der Form an der Innenfläche
                              gereinigt, mit trockenem Graphitpulver und Leinwandballen blank gerieben; die hierzu
                              erforderliche Zeit beträgt 20 Minuten. Hierauf wird der Kolben eingesetzt, das im
                              Rührapparat gemischte Material einlaufen gelassen und mit einem hölzernen Stößel
                              festgestampft. Die Menge des Materiales beträgt für ein vierzölliges (10 Cm.) Rohr 1
                              Kubikfuß (0,3 Kubikmeter) = 58 Pfund (32,5 Kilogrm.) hydraulischen Kalk und 1
                              Kubikfuß = 100 Pfund (56 Kilogrm.) gewaschenen Sand. Nach beendetem Guß zieht man
                              die ganze Form mittels der Schraubenzwinge s (Fig. 46) und
                              Keile so an, daß die Masse überall gleich gut anliegt.
                           Während des Festwerdens, welches bei langsam erhärtenden Mergeln 24 bis 48 Stunden
                              dauert, muß der Kern J in den ersten 12 Stunden nach je
                              einer halben Stunde eine kleine Drehung erhalten. Nach 12 Stunden kann man denselben
                              ausziehen, was das Austrocknen befördert, und nach 48 Stunden können die
                              Seitentheile blosgelegt werden, worauf dann die Röhre sammt den Bodenbretern in den
                              Trockenraum gestellt wird und darin 14 bis 30, selbst 60 Tage verbleibt.
                           Die Verbindung der Röhren erfolgt durch Vergießen der
                              Fugen mit Cement. Man bedient sich dazu eines Ledergurtes, welcher um die
                              zusammenstoßenden Rohrenden herumgelegt wird, welche aus diesem Grunde auf eine
                              Länge ab (Fig. 39) rund statt kantig geformt sein müssen; die Breite des
                              Gurtes richtet sich nach der Größe der Röhren. Fig. 37 zeigt die
                              Außenseite, Fig.
                                 38 die Innenseite des aufgerollten Gurtes a,
                              Fig. 35
                              den um die Rohrenden gelegten Gurt, Fig. 40 dessen
                              Querschnitt in vergrößertem Maßstab. An seiner inneren Seite sind Lederwulste b mit trapezförmigem Querschnitt aufgenäht, an der
                              äußeren Fläche die eisernen Spangen p (Fig. 37) aufgenietet,
                              welche bewirken, daß der Gurt seiner Breite nach flach auseinander gehalten wird;
                              m sind vier Schraubenmuttern, in welche die
                              Schrauben s (Fig. 35) eingedreht
                              werden, um einen festen Anschluß der Lederwulste b an
                              die Rohrwände zu bewirken, was durch die cylindrische äußere Form der Rohrenden
                              erleichtert wird. Der Lederriemen ist an den Enden bei o
                              (Fig. 37
                              und 38) rund
                              ausgeschnitten, so daß, wenn derselbe um die Rohrenden gelegt ist, eine Oeffnung
                              bleibt, durch welche das Vergußmaterial eingeschüttet wird. Zur größeren Sicherheit
                              kann man am Rande der Wulste b Leinwandstücke annähen
                              und mittels Schnüre um die Röhre anziehen. Damit der Verguß an den Röhren haften
                              kann, müssen ihre Stoßflächen, wie früher bemerkt, conisch nach außen divergiren
                              (vergl. Fig.
                                 36 und 39); es wird hierauf bei g eine kleine
                              Hanfbandage eingedreht, damit der Cement nicht in das Innere der Röhre dringen kann,
                              und hierauf der Riemen nach Fig. 35 angelegt. Die
                              größte Distanz der conischen Endflächen soll für fünfzöllige (132 Mm.) Rohre einen
                              Zoll (26 Mm.) betragen, wofür 8 Pfd. (4,5 Kilogrm.) Vergußmaterial ausreichen wird.
                              Man braucht wegen langsamer Erhärtung eine größere Anzahl dieser Bandagen, um nicht
                              bei Herstellung einer Verbindung erst auf das Festwerden einer anderen warten zu
                              müssen.
                           
                           Es ist selbstverständlich, daß die Erzeugung nur dann wohlfeil
                              sein kann, wenn dieselbe fabrikmäßig geschieht, wenn also Sandwasch- und
                              Rührapparat durch einen Motor (z.B. ein kleines Wasserrad) in Bewegung gesetzt
                              werden.
                           Der Sandwaschapparat wird mittels eines Riemens durch eine auf der
                              Wasserradwelle befindliche Riementrommel und eine auf der Achse des Sandwäschers
                              befestigte Riemenscheibe bewegt; beim Ausziehen des gewaschenen Sandes wird die
                              Sandtrommel sammt Achse und Riemenscheibe gehoben, während sich die leere
                              Riemenscheibe auf einem fixen Achsnagel fortbewegt. Ebenso ist die senkrechte Achse
                              des Rührapparates wegen des Aushebens in zwei über einander stehenden Lagern nach
                              aufwärts verschiebbar und außerdem der Länge nach mit einer Nuth versehen, auf
                              welcher zwei kleine Zahnräder nach auf- und abwärts mittels einer separaten
                              Stellachse verschiebbar sind und dabei wechselweise in ein horizontales und durch
                              einen Riemen mit der Wasserradwelle in Verbindung stehendes Zahnrad eingreifen,
                              wodurch eine Vor- und Rückwärtsbewegung des Mörtelrührapparates erzielt wird.
                              Bei einem mittleren Stande der Stellachse bleibt der Rührapparat in Ruhe, so daß die
                              senkrechte Achse mittels eines Wirbelringes gehoben, hierauf die Röhrenform auf
                              einer Bahn unter den Rührapparat gestellt und aus demselben gefüllt werden kann. Mit
                              diesem Motor ist gleichzeitig eine Hebevorrichtung in Verbindung, welche die
                              angetrockneten Röhren in den höher liegenden Trockenraum zu schaffen hat.
                           Unter Anwendung dieser Vorrichtungen stellen sich die Kosten eines
                              3 1/2 Fuß langen vierzölligen Rohres, wie folgt. Für Cement (ein Kubikfuß) 29 kr.,
                              für gewaschenen Sand (ein Kubikfuß) 9 kr., für Graphitpulver 2 kr., für Arbeit 25
                              kr., für Vergußmaterial 6 kr., zusammen 71 kr., also per Fuß 20 kr. Dem gegenüber
                              stellt sich der Fuß einer vierzölligen gußeisernen Röhre auf 2 fl. 25 kr., der Fuß
                              eines aus anderen Fabriken bezogenen Cementrohres auf 83 kr., der Fuß einer
                              hölzernen Röhre auf 11 kr.; demgemäß können hinsichtlich des Preises mit den
                              Cementröhren nur die hölzernen concurriren, wobei jedoch bemerkt werden muß, daß die
                              Verwendung der letzteren bei den steigenden Holzpreisen immer theurer wird, daß es
                              überhaupt eine nationalökonomische Anforderung ist, dem immer werthvoller werdenden
                              Bau- und Nutzholze ein dauerhafteres Materiale zu substituiren.
                           Was die Dauerhaftigkeit der Cementröhren betrifft, so ist sie selbstverständlich in
                              jenen Orten, wo keine Verschiebung stattfindet, also auf einem festen Boden, eine
                              fast unbegrenzte; der Cement steht in dieser Beziehung allen anderen oben genannten
                              Materialien voran. Uebrigens besitzen wir, wie schon Prof. Fuchs zuerst gezeigt hat, in dem Wasserglase
                              ein äußerst werthvolles Mittel, die Güte des hydraulischen Kalkes zu erhöhen. Das
                              Wasserglas wird mittels des in Fig. 49 abgebildeten
                              Wischers zweimal auf die inneren Röhrenwände gestrichen, wodurch sich der Preis
                              einer Röhre um nicht mehr als 1/2 kr. erhöht.
                           Die Fabrikation von Cementröhren ist keinesfalls neu, und es wurden beispielsweise in
                              Dingler's polytechnischem Journal (1854 132 202. 134 136) einfache
                              Verfahren dazu angegeben, doch basiren sie insgesammt auf der Anwendung schnell
                              erhärtender Cemente, welche, wie bereits erwähnt, in der Nähe der Salzlager noch
                              nicht gefunden wurden.
                           
                           Daß zum Legen der Röhren ein fester Untergrund benöthigt wird und jede Erschütterung
                              zu vermeiden ist, braucht kaum erwähnt zu werden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
