| Titel: | Ueber die Einwirkung von Schwefelsäure und Salzsäure auf Blei-Antimonlegirungen; von Hans von der Planitz. | 
| Autor: | Hans von der Planitz | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 442 | 
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                        Ueber die Einwirkung von Schwefelsäure und
                           Salzsäure auf Blei-Antimonlegirungen; von Hans von der Planitz.
                        Mit Abbildungen.
                        Planitz, über die Einwirkung von Schwefelsäure und Salzsäure auf
                           Blei-Antimonlegirungen.
                        
                     
                        
                           Zur Herstellung mancher Apparate, welche der Einwirkung stärkerer Säuren widerstehen
                              sollen, ist das Blei wegen seiner Weichheit nicht zu gebrauchen, wie z.B. zur
                              Herstellung von Centrifugalpumpen, zum Heben von Säuren in Bleichereien u. dergl. Es
                              liegt also nahe, dasselbe durch Legiren mit einem anderen Metall, und zwar mit
                              Antimon, härter zu machen, wobei dann festzustellen ist, unter welchen
                              Mischungsverhältnissen solche Legirungen der chemischen Einwirkung der Säuren am
                              besten zu widerstehen vermögen.
                           Diese Verhältnisse suchte ich im Laboratorium des Hrn. Prof. Dr. Marx zu studiren. Zu meinen Versuchen
                              verwendete ich sehr reines und weiches Blei, welches ich mit so viel Antimon
                              zusammenschmolz, daß die Legirungen 1/2, 1, 2, 5, 10 und 20 Proc. Antimon
                              enthielten.
                           Die Legirungen bis zu 5 Proc. Antimon sind noch sehr weich, so daß sich noch
                              Eindrücke mit dem Fingernagel hervorbringen lassen. Die Legirungen bis 1 Proc. haben
                              noch nahezu das Aussehen des reinen Bleies, so daß sich der Gehalt an Antimon
                              äußerlich schwer erkennen läßt, wohl aber wird das specifische Gewicht des Bleies
                              durch den Antimongehalt ziemlich rasch kleiner. Die Bestimmungen des specifischen
                              Gewichtes ergaben nämlich folgende Resultate:
                           
                              
                                 Reines Blei
                                 
                                 11,29  spec. Gew.
                                 
                              
                                 Legirt mit
                                   0,5 Proc. Antimon
                                 11,230  „        „
                                 
                              
                                 
                                   1      
                                    „          „
                                 11,160  „        „
                                 
                              
                                 
                                   2      
                                    „          „
                                 11,083  „        „
                                 
                              
                                 
                                   5      
                                    „          „
                                 10,379  „        „
                                 
                              
                                 
                                 10      
                                    „          „
                                   9,962  „        „
                                 
                              
                                 
                                 20      
                                    „          „
                                   9,406  „        „
                                 
                              
                           Bei größerem Antimongehalte nehmen die Legirungen eine weiße Farbe an, und zeigen
                              einen körnigen, krystallinischen Bruch; bis zu 5 Proc. waren sie leicht walzbar, bei
                              10 Proc. Antimon aber ließen sie sich kaum mehr durch Walzen ausdehnen, ohne zu
                              brechen; mit über 10 Proc. zersprangen sie unter dem Hammer.
                           Um nun die Säuren auf die Legirungen einwirken zu lassen, wurde den Versuchsstücken
                              möglichst dieselbe Form gegeben, und zwar die rechtwinkliger Platten von 6 Cm.
                              Länge, 2,5 Cm. Breite und 1/4 Cm. Dicke, damit die Säuren auf gleich große
                              Oberflächen der Legirungen einwirken konnten.
                           
                           Bei der einen Versuchsreihe waren die Platten ganz in der Säure untergetaucht
                              – jedoch so, daß sie nur an den Ecken auflagen, bei der anderen warm sie nur
                              zum Theil eingetaucht, so daß sie theilweise mit der Luft in Berührung kamen. Die
                              Platten wurden gewogen und ihr Gewichtsverlust in der Säure nach Entfernung der etwa
                              gebildeten lose adhärirenden Krystalle von Metallsalzen bestimmt.
                           Einwirkung der Schwefelsäure. Es zeigte sich, daß bei
                              gewöhnlicher Temperatur in einer 50° B. starken chemisch reinen Schwefelsäure
                              reines Blei, sowie sämmtliche Legirungen mit Ausnahme der mit 10 Proc. Antimon an
                              Gewicht verloren. Der Gewichtsverlust dieser Legirung mit 10 Proc. Antimon war
                              selbst nach vierwöchentlicher Einwirkung der Säure bei gewöhnlicher Temperatur
                              gleich Null, sowohl bei den Versuchen mit wie ohne directer Berührung der Platten
                              mit Luft. Das bei den Versuchen sich entwickelnde Gas war schweflige Säure.
                              Schwefelwasserstoff konnte nicht nachgewiesen werden.
                           Aus den Versuchen ging hervor, daß Bleiantimonlegirungen recht wohl zu Apparaten zu
                              verwenden sind, in welchen verdünnte Schwefelsäure von gewöhnlicher Temperatur
                              behandelt werden soll. Die Legirung mit 10 Proc. Antimon wird sich zu vielen
                              Apparaten ganz besonders eignen, weil sie hart, doch nicht spröde und dabei sehr
                              widerstandsfähig gegen die Schwefelsäure ist. Bei größerem Gehalt an Antimon sind
                              die Legirungen zu brüchig und schwer zu bearbeiten, ohne gegen die Schwefelsäure
                              widerstandsfähiger zu sein, wie die 10proc. Legirung.
                           Eigenthümlicherweise waren die Resultate bei der Einwirkung der Schwefelsäure in der
                              Wärme völlig verschieden. Es wurden die Platten zwei Wochen lang in der 50°
                              B. starken Säure einer Temperatur von 100° ausgesetzt. Nach Verfluß dieser
                              Zeit war der Gewichtsverlust der Platten mit 10 Proc. Antimon der größte (94 und 98
                              Milligrm.); der Gewichtsverlust war kleiner in dem Verhältniß, in welchem der Gehalt
                              an Antimon abnahm, während andererseits auch die Platten mit höherem Antimongehalt
                              bei meinen Versuchen einen geringeren Gewichtsverlust zeigten, als die 10proc.
                              Legirung.
                           Es war mir freilich bis jetzt nicht möglich, diese Verhältnisse erschöpfend zu
                              studiren, namentlich auch nicht die Differenzen zu erklären zwischen den
                              Beobachtungen von mir und denen von Calvert, Johnson
                              (1863 167 358) sowie von Hasenclever (1872 205 125), nach welchen reines
                              Blei in der Wärme von Schwefelsäure stärker angegriffen werden soll als
                              antimonhaltiges. Vielleicht erklären sich die Differenzen in den Beobachtungen
                              dadurch, daß die Legirungen der Genannten immer nur sehr geringe Mengen von Antimon
                              enthielten, während die antimonärmste Legirung, welche ich anwendete, noch 0,5 Proc. Antimon
                              enthielt, und daß gegen heiße, mäßig concentrirte Schwefelsäure ein niedriger Gehalt
                              an Antimon die Widerstandsfähigkeit des Bleies erhöht, während ein höherer sie
                              wieder vermindert. Noch sei bemerkt, daß reines Blei
                              gegen verschieden concentrirte Schwefelsäure bis 66° B. in der Wärme weitaus am widerstandfähigsten sich verhält, in der
                              Kälte jedoch wieder eine 10proc. Antimon-Bleilegirung am wenigsten
                              angegriffen wurde.
                           Einwirkung der Salzsäure. Aeußerst merkwürdige und
                              interessante Erscheinungen ergeben sich bei Einwirkung von reiner Salzsäure bei
                              gewöhnlicher Temperatur auf genannte Legirungen. Zu diesen Versuchen wählte ich
                              verschließbare Glascylinder, in welche die Platten einzeln schief gestellt wurden,
                              so daß sie das Glas nur in vier Punkten berührten; es war dadurch die größtmögliche
                              Berührungsfläche mit der Säure erzielt. Sofort nach dem Einbringen der Platten in
                              Salzsäure trat Gasentwickelung ein; sehr langsam war dieselbe bei reinem, stärker
                              aber bei antimonhaltigem Blei, und zwar um so lebhafter, je höher der Gehalt von
                              Antimon war. Der sich entwickelnde Wasserstoff enthielt bei antimonhaltigem Blei
                              Antimonwasserstoff. Die Gasentwickelung ist bei den antimonreichsten Legirungen in
                              den ersten 2 bis 3 Tagen besonders lebhaft, während welcher Zeit eine äußerst dünne
                              Schichte von der Oberfläche sich ablöst und zu Boden sinkt. Nach Verlauf einer Woche
                              hört die Gasentwickelung fast ganz auf; nach weiteren 8 Tagen tritt sodann eine
                              merkwürdige Veränderung ein, und zwar zuerst und am deutlichsten bei den
                              antimonreicheren Legirungen.
                           
                              
                              Holzschnitt I, Bd. 215, S. 444
                              
                           An der rechtwinkeligen Platte zeigt sich nämlich an jeder Kante ein Einschnitt (Holzschnitt I), welcher immer deutlicher hervortritt
                              und sich nach Innen unter einem spitzen Winkel so lange vertieft, bis sich die
                              Einschnitte treffen und dadurch sich vier Prismen lostrennen, von denen die zwei
                              gegenüberliegenden gleich sind. Dabei wird der Rest der Platte bedeutend dicker; bei
                              einzelnen Versuchsstücken beträgt diese Zunahme das 4- bis 5 fache der
                              ursprüglichen Dicke. Zugleich hat die Legirung ihr Aussehen geändert, indem sie auf
                              der ganzen Oberfläche glänzende Schuppen von Chlorblei zeigt.
                           
                           
                              
                              Holzschnitt II, Bd. 215, S. 445
                              Durch die Lostrennung besagter Prismen bildet sich nun durch den einspringenden
                                 Winkel eine Vertiefung, die sich um die vier Seitenwände der rechtwinkeligen
                                 Platte fortsetzt, so daß man also einen Körper von der Form Holzschnitt II erhält.
                              
                           
                              
                              Holzschnitt III, Bd. 215, S. 445
                              Beim längern Verweilen der antimonhaltigen Platte in der
                                 Salzsäure theilt sich derselbe endlich nach der Spaltfläche in zwei Platten
                                 (Holzschn. III), welche durch die Kanten
                                 geht, die durch die Abspaltung der Prismen in der Mitte der ursprünglichen
                                 Platte entstanden sind. Es sind also durch die Einwirkung der Salzsäure auf die
                                 rechtwinkeligen Platten folgende Veränderungen vor sich gegangen: Lostrennung
                                 von vier Prismen, von denen je zwei unter sich gleich sind; Abspaltung des
                                 Restes der Platte in zwei gleiche abgestumpfte Pyramiden (Fig. III) und eine 4- bis 5 fache
                                 Volumenzunahme in der Dicke der Platten.
                              
                           Bei der antimonreichsten Legirung tritt diese Erscheinung 8 Tage nach der Abspaltung
                              der Prismen ein. Die Platten sind mürbe, ja zerreiblich geworden, und zeigen
                              Chlorbleikrystalle durch die ganze Masse hindurch. Dieselbe Veränderung zeigt sich
                              bei den antimonärmeren Legirungen, z.B. bei denen mit 5 und 2 Proc. Antimon, nur
                              bedeutend langsamer; bei denen mit 1 und 0,5 Proc. beginnen sich nach
                              dreimonatlicher Einwirkung der Salzsäure nur die Prismen deutlicher zu bilden, eine
                              Lostrennung derselben ist aber noch nicht erfolgt. Bei dem reinen Blei ist von einer
                              solchen Erscheinung noch nichts zu bemerken, obwohl sich die Oberfläche mit
                              Chlorblei überzogen hat; auch eine Volumenzunahme ist noch nicht eingetreten. Wird
                              übrigens Luftzutritt zum Blei gestattet, die Bildung von Chlorblei also erleichtert,
                              so zeigt sich auch am reinen Blei nach Monaten deutlich der Beginn einer
                              Spaltung.
                           Ganz dieselben Resultate erhält man bei Luftzutritt, nur mit dem geringen
                              Unterschied, daß der betreffende Theil der Legirung, welcher unter dem Niveau der
                              Säuren liegt, bedeutend besser ausgebildet ist, so daß also eine Verschiebung der
                              Flächen dadurch hervorgerufen wird.
                           Das Antimon begünstigt also wohl das Eintreten jener Erscheinung, weil es durch seine
                              Verwandtschaft zum Wasserstoff der Salzsäure die Bildung von Chlorblei befördert,
                              und durch sein theilweises Entweichen als Antimonwasserstoff die Masse poröser
                              macht.
                           Eine Erklärung der Regelmäßigkeit in der Spaltung muß ich competenterer Seite
                              aufzustellen überlassen; vielleicht wirft es ein Licht auf die Erscheinung der
                              Spaltbarkeit mancher Minerale. Aus dem beobachteten Verhalten geht jedenfalls
                              hervor, daß durch das Antimon das Blei an Widerstandsfähigkeit gegen Salzsäure nicht
                              gewinnt, sondern bedeutend einbüßt, und daß also für Behandlung derselben keine
                              Gefäße aus Antimon-Bleilegirung verwendet werden dürfen.
                           Weitere Untersuchungen in dieser Richtung, welche zum Theile noch nicht vollendet
                              sind, behalte ich mir vor, später zu veröffentlichen.