| Titel: | Notiz über Schwefelsäure-Fabrikation; von C. Büchner. | 
| Autor: | C. Büchner | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 555 | 
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                        Notiz über Schwefelsäure-Fabrikation; von
                           C. Büchner.
                        Büchner, Notiz über Schwefelsäure-Fabrikation.
                        
                     
                        
                           In seiner Mittheilung über Salpetersäureverluste bei der Fabrikation englischer
                              Schwefelsäure (1874 214 136) behauptet Hasenbach, daß die Tabelle von Gerstenhöfer für die Werthbestimmung der Nitrose auf Grund der Titrirung
                              mittels saurem chromsauren Kali nicht richtig sei. Da wir uns hier in der Fabrik des
                              Hrn. E. Seybel in Liesing bei Wien bereits längere Zeit
                              mit derselben Untersuchung beschäftigen, so habe ich nach Angabe von Hasenbach die Nitrose auch nach der Methode Sievert-Harcourt untersucht und ihr Verhalten dem
                              Ammoniak gegenüber bestimmt. Folgende Analysen, deren ich noch eine größere Anzahl
                              hinzufügen könnte, zeigen, daß die Tabelle von Gerstenhöfer höchstens ungenau genannt werden kann, weil die Spuren von
                              Salpetersäure, welche oft in der Nitrose enthalten sind, bei der Titrirung mittels
                              doppelt chromsaurem Kali nicht berücksichtigt werden.
                           1. Versuch. 10 K. C. Nitrose wurden langsam in eine
                              Auflösung von übermangansaurem Kali (von Stickstoff- und
                              Sauerstoff-Verbindungen absolut frei) gegossen und dann erst alkalisch
                              gemacht. – Durch directe Einwirkung der Nitrose auf Kalilauge gelang es mir
                              nicht ohne Verlust zu arbeiten. – Diese Lösung wurde mit Zink und
                              Eisenfeilspänen während 5 Stunden gekocht und das übergehende Ammoniak in
                              Normalsäure aufgefangen. Es wurden 8,3 K. C. Normalschwefelsäure gesättigt,
                              entsprechend 0,1162 Grm. Stickstoff oder 4,15 Proc. Natronsalpeter.
                           2. Versuch. 16,8237 Grm. Nitrose wurden wie oben
                              behandelt, das Ammoniak in Salzsäure aufgefangen und als Platinsalmiak gewogen
                              erhalten 1,7878 Grm., entsprech. 4,04 Proc. NaNO₃ (NaO,NO₃).
                           3. Versuch. 20 K. C. der von Gerstenhöfer angegebenen Lösung von doppeltchromsaurem Kali wurden mittels
                              Nitrose titrirt verbraucht 9 K. C., hiernach berechnet 4,18 Proc. Salpeter, oder wie
                              die Tabelle angibt, 4,40 Proc. (95 proc. Salpeter).
                           4. Versuch. 8,085 Grm. Nitrose wurden mit reinem
                              schwefelsaurem Ammoniak erhitzt und der Stickstoff gemessen; erhalten 96 K. C.
                              Stickstoff (bei 12° und 746 Millim. Barometerstand) also 0,113343 Grm.
                              Stickstoff, entsprechend 0,3369 Grm. Natronsalpeter.
                           Folgende Analysen bestätigen ebenfalls, daß Gerstenhöfer's
                              Tabelle als vollständig richtig zu betrachten ist.
                           
                           
                              
                                 Nitrose
                                 Gerstenhöfer's
                                    Tabelle.
                                 Bestimmungen.
                                 
                              
                                 
                                 95 Proc.
                                 100 Proc.
                                 Ammoniak.
                                 Stickstoff.
                                 
                              
                                    I.
                                 6,06
                                 5,75
                                 5,74
                                 5,69
                                 
                              
                                   II.
                                 5,28
                                 5,01
                                 4,96
                                 4,96
                                 
                              
                                  III.
                                 4,40
                                 4,15
                                 4,15
                                 4,16
                                 
                              
                                 IV.
                                 3,44
                                 3,26
                                 3,18
                                 3,30
                                 
                              
                           Die Methode nach Sievert-Harcourt liefert sehr
                              schöne Resultate, ist jedoch wegen der vielen Zeit, welche eine Bestimmung in
                              Anspruch nimmt, für technische Zwecke nicht geeignet. Wir haben also an der Gerstenhöfer'schen Methode eine nicht nur vollständig
                              richtige, sondern auch rasch ausführbare Methode.
                           Bezüglich der von Hasenbach angegebenen Verluste an
                              Stickstoff-Sauerstoff-Verbindungen bemerke ich folgendes. Wenn die
                              Bodensäuren der Hauptkammern so salpetrig sind, daß man dies sogar quantitativ
                              bestimmen kann, so werden die meisten Schwefelsäurefabrikanten darin nur den zweiten
                              von Hasenbach angegebenen Grund, nämlich fehlerhafte
                              Leitung des Betriebes erblicken. Bei einer guten Einrichtung ist es nicht
                              nothwendig, daß die Bodensäuren der Hauptkammern salpetrig sind, und ist es uns bei
                              richtigem Gang der Kammern nicht möglich, Sauerstoffverbindungen des Stickstoffes
                              auch nur quantitativ darin nachzuweisen. Ich habe keine Kammersäure nach der Angabe
                              von Hasenbach untersucht, da es mir genügte, einen
                              vergleichenden Versuch zwischen unseren Säuren und einer Heufelder Säure zu machen.
                              Ich bin zur Ueberzeugung gekommen, daß bei der hiesigen, mehr als doppelt so großen
                              Production an concentrirter Schwefelsäure kein Procent des verbrauchten Salpeters
                              auf diese Weise verloren geht.
                           Der Salpeterverbrauch von etwa 0,55 Kilogrm. pro Centner concentrirter Schwefelsäure,
                              wie ihn Hasenbach bei seinen Kammern erreicht, ist
                              günstig zu nennen, obgleich bei einigen mir bekannten besseren Resultaten die
                              Bodensäuren doch nie salpetrig waren. Letzteres ist besonders hervorzuheben, weil
                              die Kammern, Bleipfannen und Platinapparate durch solche Säuren unnöthig angegriffen
                              werden, wenn nicht zur Verhinderung der Zerstörung schwefelsaures Ammoniak zugesetzt
                              wird.
                           Meiner Ansicht nach sind die Hauptverluste an Salpeter, eine gute Einrichtung
                              vorausgesetzt, zu suchen in: 1) ungleichmäßiger Arbeit; 2) in plötzlicher
                              Veränderung der Zusammensetzung der Eintrittsgase, durch Stürme und dergl.
                              hervorgebracht; und 3) wie Vorster in seiner schönen
                              Arbeit (vergl. 1874 213 411. 506) nachgewiesen hat, in
                              der Einwirkung heiser schwefliger Säure auf
                              Stickstoff-Sauerstoff-Verbindungen.
                           Die Zusammensetzung der Gase ist abhängig von der Art des Rohmateriales. Bei der
                              Verarbeitung von Schwefel kann man aus dem Gehalt der Eintrittsgase an SO₂ leicht den Gehalt
                              der Austrittsgase an Sauerstoff berechnen. Röstet man aber Schwefelkiese ab, so
                              werden, wenn die Eintrittsgase 9,29 Vol. SO₂ enthalten, die Austrittsgase
                              noch 5 Proc. Sauerstoff zeigen – vorausgesetzt, daß reines
                              Zweifach-Schwefeleisen angewendet wurde. Natürlich werden diese Zahlen durch
                              die Qualität des Kieses verändert, und erlaubt z.B. der bei uns benützte Kies
                              höchstens 7 bis 7,5 Proc. SO₂, wobei die Austrittsgase noch 5 bis 6 Proc.
                              Sauerstoff zeigen. Arbeiten wir hier mit einem höheren Gehalt der Eintrittsgase an
                              SO₂ als 7 bis 7,5 Proc., so haben wir durch zu weit gehende Reduction auch
                              ohne Gloverthurm bedeutende Verluste an Salpeter.
                           Bei Verarbeitung von Laming'scher Masse ist eine
                              theoretische Berechnung für die Zusammensetzung der Gase unmöglich, und ist man
                              darauf angewiesen, um eine rationelle Kammerführung zu erzielen, sein Hauptaugenmerk
                              auf die Austrittsgase resp. deren Gehalt an Sauerstoff zu richten.
                           Durch die vorzügliche Methode von Reich zur Prüfung der
                              Eintrittsgase und den Winkler'schen Apparat zur
                              Sauerstoffbestimmung sind wir im Stande, uns schnell von der richtigen
                              Zusammensetzung der Gase zu überzeugen, so daß Verluste an Salpeter durch unrichtige
                              Zusammensetzung der Gase nur dann vorkommen können, wenn die öftere Untersuchung der
                              Gase außer Acht gelassen wird. Die Verluste durch Nichtabsorption im Gay-Lussac'schen Apparat sind bei richtigem Gang
                              so gering, daß dieselben vollständig unberücksichtigt bleiben können.
                           Ich lasse hier zum Schluß einige Gasanalysen, welche mit dem Apparate von Winkler ausgeführt sind, folgen, um zu zeigen, wie genau
                              die gefundenen Resultate mit den berechneten übereinstimmen.
                           Eintrittsgase von Stückkies, Sorte A (22. April 1874).
                           
                              
                                 Zusammensetzung bei 0°
                                    und 760 Mm. Barometer.
                                 
                              
                                       6,07 Vol.
                                    SO₂
                                 7,18 Vol.  Sauerstoff
                                 und 86,74 Vol. Stickstoff;
                                 
                              
                                 die 6,07    
                                    „    „    nehmen
                                 3,03    „          „
                                 auf.
                                 
                              
                                     Es treten aus:
                                 4,16    „          „
                                 und
                                    86,74    „            „
                                 
                              
                                 oder
                                 4,5      „ Proc.
                                    „
                                   „  
                                    95,50    „ Proc.  
                                    „
                                 
                              
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                                    „    
                                    „    „
                                   „  
                                    95,30    „    „      „
                                 
                              
                           Eintrittsgase von Stückkies, Sorte B (11. Mai 1874).
                           
                              
                                 Zusammensetzung bei 0° und 760 Mm.
                                    Barometer.
                                 
                              
                                       8,42 Vol.
                                    SO₂
                                 8,59 Vol.  Sauerstoff
                                 und 82,99 Vol. Stickstoff;
                                 
                              
                                 die 8,42    
                                    „    „    nehmen
                                 4,21    „          „
                                 auf.
                                 
                              
                                     Es treten aus:
                                 4,38    „          „
                                 und 82,99  
                                    „            „
                                 
                              
                                 oder
                                 5,0      „ Proc.
                                    „
                                   „  
                                    95,0     „ Proc.  
                                    „
                                 
                              
                                     Gefunden:
                                 5,2      „    „    „
                                   „  
                                    94,8    
                                    „    „      „
                                 
                              
                           
                           Eintrittsgase von Laming'scher Masse
                              (16. Juni 1874).
                           
                              
                                 Zusammensetzung bei 0° und 760 Mm.
                                    Barometer.
                                 
                              
                                      9,94 Vol. SO₂
                                 6,76 Vol.   Sauerstoff
                                 und 83,3 Vol. Stickstoff.
                                 
                              
                                 die 9,94    
                                    „    „    
                                    nehmen
                                 4,97    „          „
                                 auf.
                                 
                              
                                     Es treten aus:
                                 1,79    „          „
                                 und 83,3  
                                    „          
                                    „
                                 
                              
                                 oder
                                 2,1      „ Proc.
                                    „
                                   „   97,9   „
                                    Proc.  „
                                 
                              
                                     Gefunden:
                                 2,0      „    „    „
                                   „   98,0  
                                    „    „    
                                    „
                                 
                              
                           Aus diesen Analysen folgt, daß die Zusammensetzung der Gase für jede Kiessorte eine
                              andere ist. Auch die Gesammtgasmenge, welche zur Bildung von 100 Kil. Schwefelsäure
                              bei gleichem Gehalt der Austrittsgase an Sauerstoff nothwendig, ist für jede Sorte
                              verschieden.
                           Bezüglich des nothwendigen Volumens N₂O₃, welche bei richtigem Gang der
                              Kammern und normalem Gehalt der Eintrittsgase an SO₂ in den Austrittsgasen
                              enthalten sein muß, behalte ich mir weitere Mittheilungen vor.
                           Liesing, December 1874.