| Titel: | Ueber die Patentfarben „Grands Teints“ von Croissant und Bretonnière. | 
| Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 561 | 
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                        Ueber die Patentfarben „Grands Teints“ von Croissant und Bretonnière.
                        Croissant und Bretonnière's Patentfarben.
                        
                     
                        
                           Im vorigen Sommer hat E. Freise in
                              Göttingen eine Fabrik dieser Patentfarben (vergl. 1874 211 404) eröffnet, welche jedoch wegen Belästigung der Anwohner sehr bald
                              verlegt werden mußte. Ref. hat sich von dort gleich nach Eröffnung der Fabrik die
                              Farben Nr. 1, 11 und 15 verschafft. Nr. 1 bildet poröse, leichte, mattschwarze
                              Massen, 11 und 15 fettglänzende, unregelmäßig blasige Stückchen. Alle drei Farben
                              entwickeln einen starken Mercaptangeruch, der beim Erwärmen unerträglich wird; an
                              der Luft erhitzt, entzünden sie sich und verbrennen unter Entwickelung von
                              Schwefeldioxyd. In Wasser sind sie sehr leicht mit tief brauner bis schwarzer Farbe
                              löslich, in Schwefelkohlenstoff und Aether nicht, in Alkohol sehr schwer löslich;
                              concentrirte wässerige Lösungen werden durch Alkohol fast völlig ausgefällt. Säuren
                              geben in den wässerigen Lösungen Niederschläge; es entwickelt sich
                              Schwefelwasserstoff, zugleich tritt aber auch ein eigenthümlicher Mercaptangeruch
                              auf. Erwärmte Salpetersäure oder Chlor zerstört die Farbe (vergl. 1875 215 363).
                           Die Darstellung dieser Farben, im Wesentlichen Alkaliverbindungen
                              noch unbekannter Mercaptosäuren (Chemisches Centralblatt, 1874 S. 794), bei welcher
                              viel stinkende Gase entwickelt werden, gelingt leicht nach den bekannten
                              Vorschriften; doch erfordert sie, nach Angabe der Erfinder, Uebung und ständige
                              Aufsicht eines wissenschaftlich gebildeten Chemikers. Mit einem Kessel, einer Anzahl
                              Blechbüchsen, einem Trockenofen und einem Schmelzofen, der etwa 3000 Mark kostet,
                              kann man angeblich in einer Stunde 8 bis 10 Kilogrm. Farbe herstellen. Eine
                              Fabrikanlage für 30.000 M. soll jährlich 5000 Kilogrm. Farbe liefern können.
                              (Gewerbeblatt aus Württemberg, 1874 S. 295.) – Bemerkenswerth ist die
                              Beobachtung von Prof. Kopp, daß trockenes essigsaures
                              Natrium mit Schwefel bis nahe zur Rothglut erhitzt, eine kohlige Masse liefert, aus
                              der sich ein ganz analoger Farbstoff ausziehen läßt. (Berichte der deutschen
                              chemischen Gesellschaft, 1874 S. 1746; 1875 S. 174.
                           Um 20 Kilogrm. Leinen oder 13 Kilogrm. Baumwolle zu färben, werden
                              in einer von der Göttinger Fabrik verbreiteten Schrift folgende Lösungen
                              empfohlen.
                           In 90 Liter Wasser löst man für
                           Grau: 268 oder 670 oder auch 1200 Grm. von Patentfarbe
                              Nr. 1.
                           Gelblich: 400 oder 1200 Grm. von Patentfarbe Nr. 7.
                           Braun und Schwarz: 400 oder 1200 Grm. von Patentfarbe Nr.
                              15; 1200 Grm. von Nr. 18; 700 Grm. von Nr. 1 gemischt mit 1000 Grm. von Nr. 11.
                           Zum Fixiren löst man 105 Grm. dichromsaures Kalium in 80 Liter
                              Wasser; zum Sodabad nimmt man 1 Kilogrm. Soda in 80 Liter (vergl. 1875 215 365).
                           Daß diese Schwefelverbindungen, unter denen die Grundfarben Roth,
                              Gelb und Blau fehlen, die Anilinfarbstoffe verdrängen werden, wie einige
                              Enthusiasten angeben (vergl. Musterzeitung, 1874 S. 366. Deutsche Industriezeitung,
                              1875 S. 48), darf wohl bezweifelt werden.
                           F.