| Titel: | Ueber Gasbehälter für chemische Laboratorien; von Rob. Muencke. | 
| Autor: | Robert Muencke | 
| Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 41 | 
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                        Ueber Gasbehälter für chemische Laboratorien; von
                           Rob. Muencke.
                        Mit Abbildungen.
                        Muencke, über Gasbehälter für chemische Laboratorien.
                        
                     
                        
                           Benützt man den Druck der Wasserleitungen in den chemischen Laboratorien bereits mit
                              großem Erfolge bei verschiedenen Operationen, so bietet er auch zum Füllen der
                              Gasbehälter eine willkommene Erleichterung, da man mittels Wasserdruck dieselben
                              sehr bequem in kurzer Zeit füllen und das Gas mit größerer Geschwindigkeit
                              ausströmen lassen kann, als dies bei Anwendung der bisher üblichen Gasbehälter der
                              Fall ist.
                           Schraubt man in die seitliche Oeffnung des Aufsatzgefäßes unserer gewöhnlichen sogen.
                              Metallgasometer an Stelle des Aufsatztrichters ein gewöhnliches Rohr, welches
                              zweckmäßig rechtwinkelig gebogen ist, um den Kautschukschlauch eine geeignete Lage
                              zu gestatten, und verbindet man dasselbe mit der Wasserleitung, nachdem vorher die
                              beiden Hähne der Messingsäulen am Gasbehälter geöffnet worden, so strömt das Wasser
                              mit mehr oder weniger Druck in den Behälter, während die Luft durch die mittlere
                              Oeffnung im Aufsatzreservoir entweicht.
                           Nachdem der Behälter vollständig mit Wasser gefüllt, werden die Hähne geschlossen,
                              der untere Tubus geöffnet und, nach Entfernung der Ausströmungsspitze, der seitliche
                              Hahn mit dem Gasentwickelungsgefäß verbunden. Ist das Wasser vollständig durch den
                              unteren Tubus verdrängt, der Behälter allseitig verschlossen und die anfängliche
                              Verbindung des oberen Rohres mit der Wasserleitung wiederhergestellt worden, so läßt
                              man entweder das Gas durch die seitlich angeschraubte Spitze oder durch den
                              mittleren Hahn ausströmen, je nach dem zu erreichenden Zweck, und regelt die
                              Ausströmungsgeschwindigkeit mit dem Hahn der Wasserzuleitung.
                           Ein so veränderter Gasometer besitzt aber noch manche Nachtheile. Das Herausfließen
                              des verdrängten Wassers aus dem unteren Tubus ist unbequem und störend, da man
                              gezwungen ist, den Gasometer in ein größeres Wasserreservoir zu setzen oder
                              denselben so aufzustellen, daß das abfließende Wasser direct in den Wasserabfluß
                              geleitet wird. Die seitlich stehende Ausströmungsspitze gestattet nicht, den
                              Behälter vollständig zu entleeren, und ihre Unbeweglichkeit verhindert, die Richtung
                              der Spitze zu ändern, falls nicht dem ganzen Apparat eine andere Stellung gegeben
                              wird.
                           Fig. I zeigt einen Gasbehälter, dessen Construction
                              alle diese Mängel beseitigt und welcher sich in der Praxis in jeder Beziehung
                              bewährt hat.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 218, S. 41
                              Das Aufsatzreservoir ist getragen von vier messingenen Säulen, von denen zwei mit
                                 Hähnen versehen sind. Die seitliche Säule trägt das bis fast auf den Boden
                                 reichende Wasserzu- und Ableitungsrohr. Um größere Quantitäten Wasser in
                                 kürzerer Zeit eintreten zu lassen, besitzen die Röhren- und
                                 Hahndurchbohrungen einen Durchmesser von 12mm im Lichten. Auf die das Wasserzu- und Ableitungsrohr
                                 tragende Säule ist ein rechtwinkelig gebogenes Rohr (das Wasserrohr)
                                 angeschraubt, auf die mittlere Säule aber ein längeres gerades Messingrohr (das
                                 Gasrohr), dessen oberes Ende einen aufgeschliffenen Conus trägt, in dessen Kugel
                                 eine Ausströmungsspitze resp. ein kurzes Messingrohr mit Schlauchansatz
                                 rechtwinkelig geschraubt werden kann. Einen unteren Tubus besitzt dieser
                                 Gasbehälter nicht.
                              
                           Oeffnet man beide Hähne, schraubt das Schlauchstück in den nach allen Seiten
                              drehbaren Conus und verbindet das Wasserrohr mit der Wasserleitung, so entweicht die
                              Luft durch das Gasrohr und der Behälter füllt sich in kürzester Zeit. Ist die
                              Füllung beendet und die Verbindung mit der Wasserleitung aufgehoben, so befestigt
                              man an das Wasserrohr einen herabhängenden Kautschukschlauch, der schließlich in das
                              Abflußreservoir der Wasserleitung münden kann, und verbindet das Schlauchstück des
                              Gasrohres mit dem
                              Gasentwickelungsapparat. Ein nur geringer Druck des Gases reicht hin, um durch den
                              herabhängenden, hier die Stelle eines Hebers vertretenden Schlauch, das Wasser in
                              dem Maße zu entfernen, als Gas in den Behälter eintritt. Der mit Gas gefüllte und
                              wieder mit der Wasserleitung in Verbindung gesetzte Behälter ist nun zu weiteren
                              Operationen hergerichtet. Der Conus des Gasrohres trägt entweder die
                              Gasausströmungsspitze oder das Schlauchstück, je nachdem beabsichtigt wird, Gas
                              durch die Spitze ausströmen zu lassen oder weiter zu leiten. Glocken und Cylinder
                              füllt man in dem für diesen Zweck vorhandenen Aufsatzreservoir nach Entfernung des
                              aufgeschraubten Gasrohres.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 218, S. 42
                              Da jedoch in fast allen chemischen Laboratorien sich besondere Wasserreservoirs
                                 in den Experimentirtischen befinden, in welchen Cylinder und Glocken bequemer
                                 und sichtbarer, auch von der Größe dieser Gefäße unabhängiger gefüllt werden
                                 können, so erschien es zweckmäßiger, das Aufsatzreservoir ganz fortzulassen und
                                 den Gasbehälter so zu construiren, wie es Fig. II
                                 zeigt. Die aufgelöthete Messingkapsel trägt rechts, in Stopfbüchse sich
                                 bewegend, das Wasserrohr mit nach oben rechtwinkelig gebogenem Schlauchstück,
                                 links das Gasrohr. Die Stopfbüchse ermöglicht die Entfernung des Wasserrohrs, um
                                 eintretenden Falls den Behälter reinigen zu können, und gestattet bei dichtem
                                 Verschluß eine allseitige Bewegung. Ich lasse diese Gasbehälter sowohl von Zink
                                 als von Kupfer anfertigen und gebe denselben bei 600mm Höhe einen Durchmesser von 300mm, so daß ein solcher Behälter gegen
                                 35500cc zu fassen vermag.
                              
                           Größere sogen. Glasgasometer darzustellen, ist für Glasfabrikanten eine schwierige
                              und kostbare Aufgabe, da es mit vielen Widerwärtigkeiten verknüpft ist, an
                              umfangreichen Glasgefäßen den unteren Tubus möglichst nahe am Boden luftdicht
                              anzubringen. Und wie sehr geeignet dieser Tubus war, das Zerbrechen des Apparates
                              möglichst zu beschleunigen, zeigte sich nicht nur schon beim Ankitten der unteren
                              Verschraubung, sondern die vielen zerbrochenen Gasometer in unseren Glaslagern und
                              chemischen Laboratorien bestätigen hinlänglich diesen Uebelstand.
                           
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 218, S. 43
                              Durch die beschriebene Construction der Gasbehälter ist man in den Stand gesetzt,
                                 ohne Schwierigkeit größere, möglichst gleich dickwandige Gasbehälter
                                 darzustellen, welche dem stärksten Druck hinreichenden Widerstand
                                 entgegensetzen. Sie bieten die große Annehmlichkeit, bei gefälligen Aeußerem,
                                 den Vorgang genau beobachten und das Wasserstandsrohr entbehren zu können. Einen
                                 solchen Gasbehälter stellt Fig. III dar. Er
                                 besitzt die gleiche Construction wie der vorgehend beschriebene von Zink oder
                                 Kupfer und kann erforderlichen Falls auch mit gläsernem Aufsatzreservoir
                                 versehen werden, wie solches die größeren Glasgasometer in den chemischen
                                 Laboratorien tragen.
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 218, S. 43
                              Fig. IV zeigt einen Gasbehälter mit zwei bis auf
                                 den Boden des Glasgefäßes reichenden Röhren, die beide durch Stopfbüchsen
                                 verdichtet sind. Zwischen denselben befindet sich das Gasausströmungsrohr von
                                 derselben Beschaffenheit wie bei den vorstehend beschriebenen Gasbehältern. Er
                                 gestattet sowohl das Wasser durch beide Röhren gleichzeitig ein- oder
                                 ausströmen zu lassen, um in noch kürzerer Zeit gefüllt oder entleert zu wenden,
                                 als auch Gas durch eine der beiden Röhren in den Behälter einzuführen, wie es
                                 Fig. IV veranschaulicht.
                              Außer den genannten großen Vortheilen, welche diese Gasbehälter als solche
                                 gewähren, kann man dieselben auch als Aspiratoren und, des immerhin schon
                                 beträchtlichen Inhaltes wegen, auch zeitweise als Gebläselufterzeuger in
                                 Anwendung ziehen.
                              
                           
                           Das Institut für mechanische Arbeiten von Warmbrunn,
                                 Quilitz und Comp., Berlin (Rosenthalerstraße 40)
                              fertigt diese Gasbehälter in den angegebenen Dimensionen.
                           Berlin August 1875.