| Titel: | Beschreibung einer trockenen Gasuhr; von F. Frese in Hannover. | 
| Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 44 | 
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                        Beschreibung einer trockenen Gasuhr; von
                           F. Frese in
                           Hannover.
                        Aus den Mittheilungen des Gewerbevereins für Hannover,
                              1875 S. 70.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              I [b.d/1].
                        Frese, Beschreibung einer trockenen Gasuhr.
                        
                     
                        
                           Ist auch die trockene Gasuhr eine nicht neue Erfindung (im J. 1820 wurde Johann Malam das erste PatentPatentspecification Nr. 4458. Vergl. Dingler's polytechn. Journal, 1820 2 213.D. Red. auf eine solche ertheilt) und ist gewiß den meisten Lesern, theils aus
                              eigener Anschauung, theils aus den bestehenden Beschreibungen das Grundprincip
                              derselben (System von Kammern mit veränderlichem Volum, die sich abwechselnd mit Gas
                              füllen und wieder entleeren) bekannt, so gibt es doch meines Wissens noch keine
                              Zeichnung, welche ein genaues Studium der inneren Einrichtung einer trockenen Gasuhr
                              ermöglicht, und eine solche zu liefern, ist der Zweck folgender Darstellung.
                           Zunächst möge bemerkt werden, daß bei der trockenen Gasuhr in ihrer jetzigen Gestalt,
                              wie sie die Zeichnungen in Fig. 21 bis 27 darstellen
                              für die Bewegungserzeugung vollständig das Princip der doppeltwirkenden
                              Zwillingsdampfmaschine zu Grunde liegt. Der alleinige Zweck einer Gasuhr, um dessen
                              willen hier überhaupt eine Bewegung erzeugt wird, ist nun, die Menge des
                              hindurchströmenden Gases zu messen; der Zweck der Dampfmaschine ist dagegen die
                              Bewegungserzeugung selbst; aber denken wir uns bei dieser (der Dampfmaschine)
                              – wo, wie ja hinlänglich bekannt, die Umdrehungszahl der Kurbelwelle bei
                              constanter Füllung proportional dem verbrauchten Dampfe ist – mit letzterer
                              in irgend einer Weise ein Zählwerk verbunden, so würden wir auch hier zu jeder Zeit
                              die Menge des durch die Maschine hindurchgegangenen Dampfes ablesen können, in ganz
                              derselben Weise, wie wir bei der trockenen Gasuhr an dem von der Kurbelwelle
                              bewegten Zählwerk die Menge des in irgend einer Zeit hindurchgegangenen Gases
                              bestimmen. Daß dennoch die Ausführung bei beiden, Dampfmaschine und Gasuhr, eine
                              wesentlich verschiedene sein muß, ist wohl einleuchtend. Vor allen Dingen kommt es
                              bei letzterer wegen
                              des sehr geringen Ueberdruckes des Gases gegen die atmosphärische Luft darauf an,
                              alle unnöthigen Reibungsverluste zu vermeiden; statt des dicht schließenden Kolbens
                              der Dampfmaschine hat man deshalb bei der trockenen Gasuhr in den, den
                              Dampfcylindern entsprechenden, Kammern mit festen Wänden noch andere Kammern
                              angeordnet, deren Seitenwände blasebalgartig von präparirtem Leder oder gasdichtem
                              Gummizeug gebildet sind, deren Volum sich also verändern kann. Das in eine solche
                              Innenkammer einströmende Gas wird eine Volumvergrößerung hervorbringen, während
                              dadurch natürlich der cubische Inhalt der äußeren, dem Dampfcylinder entsprechenden
                              Kammer, aus welcher in diesem Augenblick das darin befindliche Gas muß entweichen
                              können, verringert wird und umgekehrt. – Ist in dieser Weise auch der
                              Widerstand der Kolbenreibung auf den geringen Widerstand, welchen die
                              blasebalgförmigen Seitenwände ihrer Ausdehnung und Zusammenziehung entgegensetzen,
                              sowie auf die Reibung in den nothwendigen Parallelführungen reducirt, so lassen sich
                              doch bei der trockenen Gasuhr die Stopfbüchsenreibungen nicht ebenfalls umgehen;
                              jedoch hat man hier die vier Stopfbüchsen der Dampfmaschine (für Cylinder und
                              Schieberkasten) auf drei reducirt, dadurch, daß man für beide Schieber einen
                              gemeinsamen Schieberkasten anwendete und die Kurbelwelle in diesen hinein führt, um
                              die Bewegung auf die Schieber übertragen zu können. Ebenso lassen sich die
                              Schieberreibungen nicht vermeiden, und dürften diese, sowie vor allem die durch sie
                              hervorgerufenen Unzuträglichkeiten (Undichtwerden der Schieber) als wesentliche
                              Nachtheile der trockenen Gasuhr zu betrachten sein.
                           Die trockene Gasuhr stellt sich von außen gesehen im Wesentlichen als
                              rechteckig-prismatisches Gehäuse dar, an welchem nur zwei Rohre (in der
                              Abbildung mit a und b
                              bezeichnet) hervortreten, von denen das eine als Gasein-, das andere als
                              Gasausströmungscanal dient. Außerdem befindet sich an der Vorderwand des Gehäuses
                              eine kleine Klappe (in Fig. 22 im Durchschnitt
                              sichtbar und mit c bezeichnet), bei deren Hebung die
                              vier Zifferblätter des Zählwerkes (Fig. 21) zum Vorschein
                              kommen. Nach Abnehmen dieser Klappe und Entfernung der festgelötheten
                              Verschlußplatte der vorderen Außenkammer erhält man die Vorderansicht Fig. 21. Fig. 24 gibt
                              den Grundriß der Gasuhr bei abgenommener oberer Verschlußplatte und einestheils der
                              oberen Verschlußplatte des Schieberkastens an. Fig. 22 ist
                              Verticalschnitt in der Richtung εζ des
                              Grundrisses und Fig. 23 der obere Theil eines Verticalschnittes in der Richtung αδ (Fig. 24), in welchem, um
                              den Verlauf der Canäle deutlicher zu zeigen, gleichzeitig der Schnitt durch den
                              einen Schieber mit hindurch geführt wurde (in der Richtung βγ).
                           
                           Die ganze Uhr besteht, wie Fig. 22 erkennen läßt,
                              aus zwei Theilen, dem Ober- und Unterraum, welche durch die Platte d von einander geschieden sind. Der untere oder messende
                              Raum wird durch die verticale Mittelwand e in die beiden
                              gleichen Außenkammern A und B getheilt. In diesen liegen die beiden Innenkammern C und D, gebildet von
                              Blechplatten f und f₁, an diesen festgelötheten Blechstreifen g und g₁, ähnlichen, an der Mittelwand
                              befestigten Streifen h und h, und mit den betreffenden Blechstreifen gasdicht verbundenen Bälgen i und i₁.
                           Je nachdem nun das Gas in eine Innen- oder Außenkammer strömt, also von innen
                              oder außen gegen die Blechplatten f und f₁ drückt, werden diese nach der einen oder
                              anderen Richtung hin bewegt (wobei sich die Bälge ausdehnen oder zusammenziehen),
                              was benützt wird, um zwei Verticalwellen l und l₁ oscillatorische Drehbewegung zu ertheilen und
                              so die Fortpflanzung der Bewegung auf die Kurbelwelle zu vermitteln. Um die Bewegung
                              der Blechplatten den genannten Wellen l und l₁ mitzutheilen, sind erstere mit je zwei Armen
                              m bezieh. m₁
                              versehen, welche die an den Wellen befestigten Hebel n
                              und n₁ im Kreisbogen hin und her führen. (Diese
                              Kreisbogen sind im Verhältniß zu den Hebellängen ziemlich klein und unterscheiden
                              sich daher nicht viel von den betreffenden Geraden, weshalb auch die Verbindung der
                              Arme m und m₁ mit den
                              Blechplatten eine steife sein kann, wenn die Zapfenlöcher etwas länglich gehalten
                              sind.) Die Bewegung der Blechplatten muß zur Sicherung eines ungestörten Ganges der
                              Uhr möglichst parallel geschehen; jede Verdrehung um eine horizontale Achse hindern
                              nun schon die eben besprochenen Führungen, da die Hebel n und n₁ sehr breit gehalten sind und
                              ihre Zapfen daher verhältnißmäßig weit von einander abstehen; um jedoch auch eine
                              eventuelle Verdrehung um eine Verticalachse zu vermeiden, mußten noch besondere
                              Parallelführungen angebracht werden. Diese bestehen aus den um o bezieh. o₁
                              drehbaren Bügeln p und p₁, deren umgebogene Enden in den Schlitzen der seitlich an den
                              Blechplatten angebrachten Arme q bezieh. q₁ laufen.
                           Die Wellen l und l₁
                              treten durch die horizontalehorizantale Abschlußplatte d hindurch in den Oberraum,
                              wobei zur Abdichtung der betreffenden Räume von einander für jede Welle eine
                              Stopfbüchse nöthig ist. Wie bereits erwähnt, führen die beiden Wellen
                              oscillatorische Drehbewegungen aus, welche sich also auch den mit ihnen verbundenen,
                              im Oberraum befindlichen, gleich langen Hebeln r und r₁ (s. vorzüglich Fig. 24) mittheilen
                              müssen. Diese wirken durch Schubstangen s und s₁ (ebenfalls von gleicher Länge) auf die
                              gemeinsame Kurbel t und setzen diese und damit die
                              Kurbelwelle u in Umdrehung. Hervorzuheben ist hierbei,
                              daß, wie auch aus Fig. 24
                              ersichtlich, die Richtungen der beiden Hebel r und r₁ einen Winkel von 90° mit einander
                              einschließen, wodurch dasselbe Resultat erzielt wird, wie bei der
                              Zwillingsdampfmaschine durch Versetzen der beiden Kurbeln um 90°. Wenn
                              nämlich der eine Hebel sich gerade in seiner äußersten Lage befindet, bei welcher
                              die Lenkstange mit der Kurbel in dieselbe Richtung fällt, letztere also im todten
                              Punkte steht, so ist der andere Hebel in seiner mittleren Stellung angelangt (die
                              deshalb am günstigsten ist, weil jetzt die von dem Hebel bewegte Lenkstange nahezu
                              einen rechten Winkel mit der Kurbel einschließt), und wird daher, für den Augenblick
                              die Arbeit des Weiterdrehens der Kurbel allein übernehmend, die erste Lenkstange
                              über den todten Punkt hinweghelfen. Die Gasvertheilung muß dem entsprechend
                              natürlich so stattfinden, daß, falls z.B. die Innenkammer C geschlossen ist (der Hebel r also in der
                              äußersten Stellung nach links steht), die Innenkammer D
                              sich durch den Druck des Gases in der Außenkammer B erst
                              halb geschlossen hat; hat letztere (nämlich D) sich ganz
                              geschlossen, so muß der in der Innenkammer C wirkende
                              Druck diese halb geöffnet haben u.s.w.
                           Auf der Kurbelwelle u befindet sich nun eine Schraube
                              ohne Ende v, welche mittels des auf der Welle w befestigten Schraubenrades x die Bewegung auf das Zählwerk F überträgt.
                              Zu jeder Kurbeldrehung gehört ein Hin- und Hergang der Hebel r und r₁, d.h. eine
                              Füllung und Entleerung jeder einzelnen Kammer. Die Uebersetzung auf das Zählwerk muß
                              also derart bemessen sein, daß nach jeder Kurbeldrehung die Zeiger um so viel
                              fortrücken, als dem cubischen Inhalt der sämmtlichen vier Kammern, d. i. des
                              messenden Raumes entspricht.
                           Um zu bewirken, daß sich die Kurbel nur immer in einer Richtung drehen kann, was sehr
                              wesentlich ist, weil bei einer eventuellen, der gewöhnlichen entgegengesetzten
                              Drehung derselben das Zählwerk auch rückwärts gehen würde, ist an einem besonderen,
                              festen Arm y ein kleiner Messinghaken z aufgehängt (s. Fig. 22 und 23). Bei der
                              Kurbeldrehung im richtigen Sinne (entsprechend dem in Fig. 24 angedeuten
                              Pfeile) wird derselbe von der Kurbel so weit hinweggedrückt (gedreht), daß diese
                              frei passiren kann; bei einer entgegengesetzten Drehung schlägt dagegen, sobald die
                              Kurbel den oberen Theil des Häkchens herunterdrückt, der untere Theil desselben
                              gegen einen durch den Arm y selbst gebildeten Anschlag,
                              wodurch jede weitere Kurbeldrehung verhindert, also die Uhr zum Stillstande gebracht
                              wird.
                           In dem Oberraum befindet sich auch die vollständig geschlossene Schieberkammer E. Die Kurbelwelle ist, wie bereits erwähnt, in diese
                              hineingeführt, wobei eine Stopfbüchse nothwendig ist, um den gasdichten Abschluß der beiden Räume von
                              einander wieder herzustellen. In Fig. 24 ist ein Theil der
                              oberen Verschlußplatte der Schieberkammer abgenommen, und wird auf solche Weise ein
                              Einblick in die innere Einrichtung des Schieberkastens ermöglicht. Es sind
                              selbstverständlich zwei Schieber vorhanden (entsprechend den beiden Schiebern einer
                              Zwillingsdampfmaschine), von denen der eine die Gasvertheilung in die Kammern A und C, der zweite in B und D besorgt. Der eine
                              Schieber ist in Fig. 24 weggelassen, um die Canalöffnungen sichtbar werden zu lassen. Wie
                              man erkennt, sind die Schieber um einen Winkel von 90° gegen einander
                              versetzt, wodurch es möglich wird, beide durch eine Kurbel η (Fig. 23) zu bewegen. Diese schließt einen solchen Winkel mit der
                              Hauptkurbel ein, daß kein lineares Voreilen stattfindet (entsprechend einem um
                              90° gegen die Kurbel versetzten Excenter bei der Dampfmaschine); daß also in
                              dem Augenblicke, in welchem ein Hebel, z.B. r, im todten
                              Punkte sich befindet, also eine Kammer, z.B. die äußere A, vollständig geöffnet und die entsprechende Innenkammer C vollständig geschlossen ist, der Schieber gerade in
                              seiner mittleren Stellung steht, d.h. die A
                              entsprechende Canalöffnung eben abgeschlossen hat und im Begriff ist, die der
                              Innenkammer C, welche letztere sich jetzt ausdehnen muß,
                              zu öffnen. Auf dem Rücken der Schieber sind kleine Zapfen angebracht, durch welche
                              dieselben mittels der Lenkstangen δ und δ₁; mit der Kurbel η in Verbindung stehen. Die Geradführung der Schieber wird in der
                              Weise durch angelöthete Stangen bewirkt, wie es die verschiedenen Figuren deutlich
                              zeigen.
                           Die Gasvertheilung ist genau dem Principe der Dampfvertheilung bei der gewöhnlichen
                              Dampfmaschine nachgebildet; jedem Schieber entsprechen drei Canalöffnungen (bei dem
                              im Durchschnitt gezeichneten Schieber ι, κ,
                                 λ, bezeichnet), von denen die erste ι mit der betreffenden Innenkammer C
                              durch den Canal μ und die dritte λ direct mit der betreffenden Außenkammer A in Verbindung steht, während die mittlere Oeffnung κ durch den Canal ν mit dem Ausströmungsrohr b
                              communicirt.
                           Die Schieber sind sogen. kurze Muschelschieber; die Figuren 25 bis 27 geben einen
                              derselben im Durchschnitt an (in verschiedenen Stellungen), wobei bemerkt werden
                              mag, daß Fig.
                                 25 die den Figuren 22, 23 und 24
                              entsprechende Stellung zeigt.
                           Das Gas gelängt durch das Einströmungsrohr a in den Canal
                              π, aus welchem es durch die in der horizontalenhorizonialen Abschlußplatte befindliche Oeffnung ρ
                              (s. Fig. 24)
                              in die Schieberkammer kommt. Von hier aus wird es durch die beiden Schieber
                              gleichmäßig auf die vier Kammern vertheilt, um dann schließlich die Uhr wieder durch die
                              sich im Ausströmungsrohr b vereinigenden Abzugscanäle
                              ν und ν₁ zu verlassen.
                           Verfolgen wir zum Schluß diese Vertheilung des Gases für zwei zusammengehörende
                              Kammern, z.B. A und C, noch
                              etwas eingehender. Der Schieber stehe in seiner äußersten Stellung nach links (Fig. 26); das
                              Gas strömt durch die vollständig geöffneten Canäle in die Außenkammer A, sowie aus der Innenkammer B durch den muschelförmigen Hohlraum des Schiebers hindurch in den
                              Abzugscanal ν; die Außenkammer ist zur Hälfte
                              geöffnet, die Innenkammer zur Hälfte geschlossen. Der Schieber bewegt sich nach
                              rechts, kommt nach der in Fig. 25 gezeichneten, in
                              die mittlere Stellung, wo er gerade die beiden äußeren Canalöffnungen abschließt, so
                              daß sowohl die Einströmung in A als auch die Ausströmung
                              aus C aufgehört hat und die Kammer A vollständig geöffnet, C
                              vollständig geschlossen ist; die Kurbel steht im todten Punkte. Der Schieber bewegt
                              sich weiter nach rechts, öffnet den Einströmungscanal für die Innenkammer C und bringt die Canalöffnung der Außenkammer A mit der mittleren, der Ausströmungsöffnung in
                              Communication. Ist der Schieber in seiner äußersten Stellung nach rechts angekommen
                              (Fig.
                                 27), so ist der volle Einströmungsquerschnitt für C und der volle Einströmungsquerschnitt für A
                              erreicht; die Innenkammer C ist halb geöffnet, die
                              Außenkammer A also halb geschlossen. Der Schieber macht
                              jetzt die rückgängige Bewegung, kommt wieder in die mittlere Stellung, hat damit
                              beide Canalöffnungen abgeschlossen, und so hat der Eintritt für C und der Austritt für A
                              aufgehört. Die Innenkammer ist vollständig geöffnet, die Außenkammer also
                              vollständig geschlossen, die Kurbel steht im anderen todten Punkte. Beim weiteren
                              Rückgang des Schiebers beginnt die Einströmung in A und
                              die Ausströmung aus C, und schließlich gelangt der
                              Schieber wieder in die äußerste Stellung nach links, worauf sich derselbe Vorgang
                              wiederholt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
