| Titel: | Die Fortschritte in der künstlichen Erzeugung von Kälte und Eis; von Dr. Heinrich Meidinger, Professor in Carlsruhe. | 
| Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 140 | 
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                        Die Fortschritte in der künstlichen Erzeugung von
                           Kälte und Eis; von Dr. Heinrich
                              Meidinger, Professor in Carlsruhe.
                        (Fortsetzung von S. 58 dieses Bandes.)
                        Meidinger, über die Fortschritte in der künstlichen Erzeugung von
                           Kälte und Eis.
                        
                     
                        
                           Die Ammoniakmaschine. Das Ammoniak ist bei gewöhnlicher
                              Temperatur ein Gas; unter Druck kann es zu einer Flüssigkeit verdichtet werden.
                              Temperatur und Druck der Dämpfe des flüssigen Ammoniaks stehen nach Regnault im folgenden Verhältniß:
                           
                              
                                 Temperatur:
                                 + 40
                                 + 20
                                   0
                                 – 20
                                 – 30
                                 – 40°
                                 
                              
                                 Druck:
                                 15,5
                                 8,5
                                 4,4
                                 1,84
                                 1,16
                                    0,7at.
                                 
                              
                           Das Ammoniakgas löst sich sehr leicht im Wasser; bei 0° sättigt sich das
                              letztere mit seinem 1050fachen Volum oder 0,875 Gewichtstheilen; bei 20° mit
                              654 Volum oder 0,52 Gewichtstheilen, etwas mehr als die Hälfte seines Gewichtes. In
                              diesem Zustand bildet es den käuflichen Salmiakgeist. Die Absorption erfolgt unter
                              beträchtlicher Wärmeentwickelung; daraus läßt sich die latente Wärme des
                              Ammoniakgases zu 500 berechnen, also nahe derjenigen des Wasserdampfes. Durch
                              Erhitzen kann das von Wasser absorbirte Gas vollständig ausgetrieben werden. Ebenso
                              durch Druckverminderung, in welchem Falle sich die Flüssigkeit abkühlen muß. Wird
                              die Erhitzung des wässerigen Ammoniaks in einem geschlossenen Kessel vorgenommen, so
                              kann das Austreiben des Gases selbst unter starkem Druck vor sich gehen. Wird das
                              entwickelte Gas in einen Kühlbehälter geleitet, so muß es bei einer gewissen
                              Temperatur seinen Sättigungspunkt überschreiten und sich zu flüssigem Ammoniak
                              condensiren. Das flüssige (wasserfreie) Ammoniak, mit einem Behälter in Verbindung
                              gebracht, in welchem Wasser enthalten ist, wird mit Lebhaftigkeit in denselben
                              einströmen und vom Wasser aufgenommen werden; in einem gleichen Verhältniß, wie die
                              Lösung sich dabei erhitzt, muß sich die verdampfende Flüssigkeit abkühlen, die
                              Temperatur derselben kann bis auf –50° sinken. Auf diesen Grundsätzen
                              beruht der sinnreiche Apparat, welchen Ferd. Carré
                              gebaut hat, und zwar in zwei Formen: für intermittirende und für continuirliche
                              Eiserzeugung, die erstere für Productionen im Kleinen von 1 und 2k, die letztere für technische Fabrikation
                              im Großen in sechs Dimensionen von 25 bis 200k stündlicher Production. (Fabrikanten der Apparate sind Mignon und Rouart in Paris.)
                              Der intermittirende Apparat besteht einfach aus zwei durch ein Rohr fest verbundenen
                              luftleeren Gefäßen, in einem Gewicht, daß man das Ganze noch heben und umstellen
                              kann. Das eine Gefäß enthält Salmiakgeist von 0,87 bis 0,88 spec. Gew., das andere
                              ist leer. Bei Beginn
                              der Operation wird das die Flüssigkeit enthaltende Gefäß auf ein Kohlenfeuer, das
                              leere in einen Bottich mit kaltem Wasser gestellt. Durch die Hitze entwickelt sich
                              das Gas und condensirt sich in dem kühl gehaltenen Gefäß zu Flüssigkeit. Ist alles
                              Ammoniak übergegangen, so wird der Apparat aufgehoben, das zuvor erhitzte Gefäß wird
                              in das Kühlwasser gestellt, das mit dem verflüssigten Gas erfüllte Gefäß in
                              Berührung mit dem zu kühlenden Körper gebracht (in eine Einstülpung des Gefäßes wird
                              ein mit Wasser gefüllter Blechcylinder, die Eisbüchse, gestellt). Das flüssige
                              Ammoniak verdunstet unter starker Temperaturerniedrigung und wird im anderen Gefäß
                              von dem daselbst zurückgebliebenen Wasser wieder absorbirt.
                           Der continuirlich wirkende Apparat ist complicirter gebaut. Vor Allem findet sich ein
                              eingemauerter, cylindrischer, vertical gestellter Kessel vor, in welchem die
                              Erhitzung und Verdampfung des Salmiakgeistes behufs Herstellung des flüssigen
                              Ammoniaks ununterbrochen vor sich geht. Derselbe besteht aus zwei Abtheilungen, die
                              untere enthält sehr verdünnte, ihres Ammoniaks größtentheils beraubte Lösung, die
                              obere Abtheilung enthält eine Anzahl Becken, auf deren oberstes der frische
                              Salmiakgeist zufließt; die überströmende Flüssigkeit gelangt auf das nächste Becken
                              u.s.w. Nur die untere Abtheilung ist dem Feuer ausgesetzt. Die sich entwickelnden
                              sehr wässerigen Dämpfe bringen beim Aufsteigen immer mehr das Ammoniak in den Becken
                              zur Verdunstung, welches zuletzt nahezu, jedoch nicht vollkommen wasserfrei
                              entweicht. Das Gas gelangt jetzt in einen Kühlapparat, in welchem dasselbe zu
                              Flüssigkeit condensirt wird. (Der Druck, unter welchem sich das Gas verdichtet,
                              hängt von der Temperatur im Condensator ab und schwankt zwischen 4,4 und 8at,5, wenn die Temperatur des Kühlwassers
                              zwischen 0 und 20° variirt; die Destillationstemperatur beträgt circa
                              130°.) Von hier gelangt unter dem Kesseldruck das flüssige Ammoniak in
                              gleichförmiger Strömung in den Verdunstungsbehälter (Eisbildner); die Stärke des
                              Zuflusses wird durch einen Regulator normirt. Die Einrichtung des Eisbildners bietet
                              nichts Bemerkenswerthes, Chlorcalciumlösung nimmt die Kälte auf und überträgt sie
                              auf das zu gefrierende Wasser; wenn irgend eine Flüssigkeit, z.B. Bierwürze, einfach
                              gekühlt werden soll, so ist der vermittelnde Körper nicht nöthig. Das im Kühler
                              verdunstende Ammoniak muß durch Wasser absorbirt werden. Als Absorptionsmittel
                              verwendet man die nicht ganz erschöpfte Flüssigkeit der unteren Kesselhälfte, welche
                              unausgesetzt in einem dünnen Strom austritt und gekühlt in das Absorptionsgefäß
                              gelangt. Das letztere muß nun selbst wieder in einem Kühler liegen, damit die bei
                              der Absorption entstehende hohe Temperatur die weitere Aufnahme von Gas nicht hindere. Es bildet sich
                              hier also wieder der ursprüngliche Salmiakgeist. Mittels einer Pumpe wird derselbe
                              in den Kessel zurückgeschafft, unterwegs seine Wärme gegen die Wärme der aus dem
                              unteren Kesseltheil abziehenden Flüssigkeit austauschend. Da das im Kessel
                              verdampfende Ammoniak nicht ganz wasserfrei ist, so gelangt auch etwas Wasser mit in
                              den Eisbildner; hier häuft sich dasselbe nun allmälig an und hindert die
                              Lebhaftigkeit der Verdunstung; man muß deshalb von Zeit zu Zeit den Inhalt des
                              Kühlers ablassen und denselben direct in den Kessel pumpen.
                           Die erste Kunde der hier beschriebenen Apparate brachte eine Mittheilung von Carré (1861 160 23)
                              selbst an die Pariser Akademie im December 1860. Das englische Patent Carré's ist datirt vom 15. October 1860. Nicht
                              lange darauf, im Januar 1861 (1861 160 120), machten die
                              HH. Tellier, Budin und Hausmann
                              sen. Prioritätsrechte auf die Erfindung geltend, die sie
                              schon im Juni 1860 patentirt erhalten hätten. Für kleine Apparate empfehlen
                              dieselben zugleich schwefelige Säure statt Ammoniaks, da dieselbe, wenn auch weniger
                              in Wasser löslich, doch eines um die Hälfte geringeren Druckes bedürfe, wie das
                              Ammoniak. Die Gerichte scheinen jedoch die Prioritätsfrage nicht zu Gunsten dieser
                              Herren entschieden zu haben, da sich ihr Name an die weitere Entwickelung der
                              Maschine nicht mehr anknüpft. Es wird nur noch einmal im J. 1862 erwähnt (1862 165 450), daß Tellier einen
                              Bericht vorlegte, in welchem er Aethylamin und Methylamin statt des Ammoniaks in der
                              großen Maschine anzuwenden empfahl. Der Dampf des letzteren werde vom Wasser in
                              doppelt so großer Menge als Ammoniak aufgenommen und besitze sehr geringe Spannung,
                              so daß der innere Druck in dem Apparat eine Atmosphäre kaum übersteige. Man hat
                              jedoch bis jetzt nicht davon gehört, daß Maschinen für die Benützung dieser Stoffe
                              in Gebrauch gekommen seien. Da Tellier neuerdings, wie
                              oben bereits erwähnt, eine Luftpumpenmaschine für Methyläther gebaut hat, so dürften
                              sich wohl der Verwendung dieser Amine besondere Schwierigkeiten entgegengestellt
                              haben.
                           Eine ausführliche Beschreibung der Carré'schen continuirlichen Maschine mit
                              Abbildungen ist von Pouillet veröffentlicht worden (1863
                              168 171). Eine Beschreibung des kleinen
                              intermittirenden Apparates mit Abbildung findet sich bei uns zuerst in dem
                              Württembergischen Gewerbeblatt 1861 Nr. 40 (vergl. 1862 163 182). Im J. 1868 bearbeitete der Verfasser für die Badische
                              Gewerbezeitung einen größeren Artikel über Eismaschinen auf Grund eigener
                              Experimente mit den bis dahin bekannten kleinen Apparaten; daselbst findet sich auch
                              ausführlich der kleine
                              Carré'sche Apparat beschrieben und durch Zeichnungen erläutert; die größere
                              der beiden Formen zu 2k ergab mit 3/4k Holzkohlen (Zeit des Anheizens 1 Stunde
                              20 Minuten und des Gefrierens 2 Stunden) das Quantum von 2 2/3k Eis. So sinnreich und wirksam dieser
                              Apparat auch ist, so konnte er doch nicht als Haushaltungsapparat empfohlen werden,
                              seine Bedienung erfordert zu viel technisches Geschick. Im Jahrgang 1869 der
                              Badischen Gewerbezeitung folgte dann eine Abhandlung über die Maschinen für
                              technischen Betrieb; daselbst ist auch der große Carré'sche Apparat
                              beschrieben und durch eine schematische Zeichnung erläutert. Es konnte daselbst
                              mitgetheilt werden, daß inzwischen zwei deutsche Firmen, O. Kropff und Comp. in Nordhausen (seit 1867) und
                              Vaaß und Littmann in Halle
                              a. d. S. (seit 1868), sich mit der Fabrikation von Ammoniak-Eismaschinen nach
                              dem Carré'schen Princip befaßt haben. Erstere Firma ist inzwischen in die der
                              „Actiengesellschaft für Fabrikation von Eismaschinen“
                              übergegangen. Nach den neuesten Preiscouranten fertigen beide Geschäfte größere
                              Apparate in fünf Dimensionen an, von 25 bis 500k Eis die Stunde, zu dem Preis von 4800 bis 30000 M.; die Nordhauser
                              Fabrik außerdem noch einen kleinen Apparat für 7k,5 Eis die Stunde zu 2250 M. Nach ihren Angaben werden mit 1k Kohle je nach der Größe der Maschine 6
                              bis 16k Eis hergestellt. Der Verfasser
                              führte in seiner Abhandlung eine Rechnung aus, welche diese Angaben als richtig
                              erscheinen läßt. (Bei dem oben beschriebenen Versuch mit dem Handapparate lieferte
                              1k Kohle 3 1/2k Eis.) Vaaß und
                              Littmann geben Berechnungen der Anschaffungskosten
                              der verschiedenen Maschinen und der Kosten für das erzeugte Eis; hiernach schwankt
                              der Preis desselben je nach Größe der Maschine von 1/2 bis 10 Ctr. stündlicher
                              Productionskraft zwischen 1,15 M. und 30 Pf. pro Centner
                              (Verzinsung, Amortisation und Verluste einbegriffen) bei neunmonatlicher Arbeit. Die
                              Nordhauser Actiengesellschaft macht eine Berechnung
                              für eine Maschine für 250k, wonach bei
                              300tägiger Tag- und Nachtarbeit der Centner Eis 36 Pf. kostet. – Bis
                              Ende des Jahres 1873 hatte letztere Fabrik 60 Maschinen angefertigt, davon 29 für
                              Deutschland. Vaaß und Littmann
                              hatten 42 Maschinen vollendet, davon 20 für Deutschland (einschließlich zweier für
                              Wien).
                           In London 1862 und in Paris 1867 waren die Carré'schen Maschinen von Mignon und Rouart in Paris
                              ausgestellt worden; auf der Wiener Weltausstellung waren die beiden deutschen Firmen
                              mit ihren Apparaten erschienen (vergl. 1874 214 123).
                           Die Carré'sche Maschine stellt ohne Zweifel einen sehr vollkommenen, handlichen und wirksamen
                              Apparat dar, um Eis überall und in jedem Umfang zu gewinnen. Dieselbe kann in
                              manchen Fällen sogar die Concurrenz mit der Natur aufnehmen, besonders in großen
                              Städten, wo die Nachfrage sehr stark ist und der Luxus eine bedeutendere Rolle
                              spielt. Das Kunsteis ist in häufigen Fällen appetitlicher wie das Natureis, das nur
                              zu oft Schmutz enthält und einen sumpfigen Geschmack selbst bei scheinbar völliger
                              Reinheit besitzt, sich deshalb für unmittelbaren Genuß weniger eignet. – Von
                              uns bekannt gewordenen Eisfabriken für den Verkauf nennen wir die von A. Pokorny in Wien. Demselben wurde 1869 von Kropff eine Maschine von 5 Ctr. stündlicher
                              Productionskraft geliefert. Nach dem Verfasser freundlichst gemachten Mittheilungen
                              ist der Besitzer durchaus zufrieden mit den Leistungen der Maschine. Dieselbe
                              liefert 10k Eis für 1k Kohle. Die Kosten des Eises belaufen sich
                              auf 35 kr. ö. W. pro Centner, während der Preis des
                              verkauften Eises zwischen 70 kr. und 3 fl. 20 kr. schwankt. Auf 50 Ctr. Eis findet
                              ein Ammoniakverlust von 2k statt. Die
                              Maschine hat sich seit vier Jahren ganz gut gehalten, nur die Dichtungen ließen zu
                              wünschen übrig. – Auch in verschiedenen deutschen Brauereien sind
                              Eismaschinen bereits aufgestellt worden; die deutschen Fabrikanten beziehen sich in
                              ihren Prospecten auf dieselben; Mignon und Rouart sollen 1869 eine Maschine zu 20000 fl. an die
                              Actienbrauerei Zweibrücken geliefert haben (1869 193
                              432).
                           Die Carré'sche Maschine ist von Anfang an ein sehr sorgfältig gearbeiteter
                              Organismus gewesen, für welchen principielle Vervollkommnungen kaum noch ausgedacht
                              werden konnten; über die Schwierigkeit des Constructionsmaterials kam man bald
                              hinaus, indem man alle Theile aus verzinktem Schmiedeisen herstellte, mit völligem
                              Ausschluß des Kupfers und seiner Legirungen, die äußerst rasch vom Ammoniak zerstört
                              werden. Eine Verbesserung der Maschine ließ sich gleichwohl 1870 Reece in England patentiren, welche zum Zweck hat, das
                              Mitverdampfen des Wassers im Kessel zu verhindern. Reece
                              gibt an, daß die in den Eisbildner gelangende Flüssigkeit aus 25 Proc. Wasser und 75
                              Proc. Ammoniak bestehe; bei seiner Anordnung, die im Wesentlichen der in den
                              Brennereien üblichen Dephlegmation und Rectification entspricht, will er das
                              Ammoniak praktisch wasserfrei verdichten (1870 195 40).
                              Auch will Reece die Spannkraft des verdunstenden
                              Ammoniaks zum Betrieb einer Maschine anwenden, welche die Pumpen etc. treibt.
                           Im September 1867 ließ Toselli von Paris (durch Clark) ein englisches Patent auf eine
                              Ammoniak-Eismaschine nehmen, welche nach dem Princip des tragbaren
                              Carré'schen Apparates eingerichtet war. Sie bestand aus zwei durch ein Rohr
                              achsial verbundenen (Mindern, die durch eine Kurbel dauernd gedreht wurden; der in
                              dem einen Cylinder befindliche Salmiakgeist gab durch Erhitzen sein Ammoniak in den
                              anderen Cylinder, das zurückbleibende Wasser nahm später den Dampf wieder auf; der
                              Apparat blieb dauernd hermetisch verschlossen. Es war eine Anordnung sowohl für eine
                              kleine tragbare Form zum häuslichen Gebrauch wie für technischen Betrieb angegeben.
                              Man hat jedoch über die Leistung einer ausgeführten Maschine nichts weiter
                              gehört.
                           Ammoniakmaschine mit Luftpumpe. Im J. 1869 haben Mort und Nicolle von Sydney
                              eine Ammoniakmaschine patentirt erhalten (1870 197 311),
                              welche durchaus verschieden von der Carré'schen eingerichtet ist und sich als
                              eine Combination von dieser mit der Aethermaschine ansehen läßt. Die Aethermaschine
                              ist, abgesehen von dem erforderlichen Motor, principiell am einfachsten in ihren
                              Organen. Die Function der Luftpumpe, die zugleich saugt und verdichtet, haben bei
                              Carré zwei complicirte Apparate: das
                              Absorptionsgefäß einerseits, der Kessel andererseits zu verrichten. Die Anordnung im
                              Uebrigen ist die gleiche. Als theoretischer Aufwand ist allein die Arbeit für das
                              Verdichten zu rechnen; diese steht aber calorisch, d.h. durch unmittelbaren
                              Kesseldruck viel billiger als mechanisch, d.h. nachdem die Dampfkraft auf einen
                              Kolben übertragen wurde. Hierauf beruhen in letzter Instanz die principiellen
                              Unterschiede der beiden Maschinen und ihre so außerordentlich verschiedene
                              ökonomische Wirkung. Mort und Nicolle arbeiten nämlich in ihrer Maschine mit einer Luftpumpe,
                              unterstützten dieselbe in ihrer Wirkung jedoch zugleich durch die Absorption. Als
                              Kälte erzeugendes Mittel wird nicht verflüssigtes Ammoniak angewendet, sondern
                              wässeriges Ammoniak, ein concentrirter Salmiakgeist. Das Ammoniak bleibt in dem
                              Wasser nur bei dem Druck gelöst, unter welchem dasselbe gesättigt wurde, es
                              entweicht in dem Verhältnisse, als der Druck vermindert wird; dabei muß sich nun die
                              Flüssigkeit abkühlen, genau in demselben Grade wie bei der Verdunstung des flüssigen
                              reinen Ammoniaks. Diese Druckverminderung bewirken Mort
                              und Nicolle durch die Luftpumpe. Das entzogene Ammoniak
                              wird beim Rückgang des Kolbens verdichtet und mit einer entsprechenden Menge der dem
                              Verdunstungsbehälter gleichfalls entzogenen verdünnten Flüssigkeit zusammen durch
                              einen Kühler gedrückt, wobei wiederum Absorption stattfindet. Es wird bei dieser
                              Anordnung weniger Arbeitskraft erfordert als bei der rein mechanischen Verdichtung.
                              Im letzteren Falle preßt der Kolben das Gas erst unter zunehmender Spannung und
                              Erhitzung zusammen, dann drückt er dasselbe unter gleichbleibendem Druck in den Condensator hinein. Bei der
                              Anordnung von Mort und Nicolle
                              hingegen wird das Gas im Verhältniß wie es sich verdichtet, zugleich von der
                              Flüssigkeit wieder aufgenommen, man hat also blos zu berücksichtigen einen auf den
                              Kolben vom Anfang bis Ende des Spiels wachsenden Druck; selbstverständlich ist die
                              letztere Arbeit um vieles kleiner als die erstere. Es ist zu erwarten, daß diese
                              Ammoniakmaschine eine größere Nutzleistung geben wird als die Aethermaschine, die
                              der Carré'schen Maschine kann sie jedoch nicht erreichen. Nähere Angaben als
                              die kurze Beschreibung liegen bis jetzt nicht vor. Die Maschine arbeitet bei
                              niederem Druck wie die Aethermaschine und muß wie diese vor dem Eindringen der Luft
                              sorgsamst geschützt werden; eine Explosionsgefahr ist von der Maschine selbst
                              entfernt und auf den Kessel des Motors übertragen.
                           Ende des J. 1870 haben sich übrigens Mort und Nicolle eine neue Ammoniakmaschine patentiren lassen, von
                              der uns bis jetzt nur die englische Patentbeschreibung vorliegt. Dieselbe wird als
                              Niederdruck-Eismaschine bezeichnet und kommt im Princip ziemlich auf die
                              Carré'sche Maschine hinaus; die Luftpumpe ist weggelassen. Sie unterscheidet
                              sich von letzterer Maschine darin, daß nicht flüssiges wasserfreies Ammoniak erzeugt
                              wird und verdunstet, sondern eine stark concentrirte wässerige Lösung, welche
                              natürlich eines viel geringeren Kesseldruckes (stärkster Druck des verdampfenden
                              Ammoniaks etwa 2 Atmosphären, bei Wasserdampfheizung von 107°) bedarf, aber
                              auch bei der Verdunstung eine weniger starke Temperaturerniedrigung bewirkt. Die
                              Anordnung ist derart getroffen, daß die in den Eisbildner oben einströmende
                              Ammoniakflüssigkeit, über horizontal liegende Einstülpungen langsam niederfließend,
                              allmälig ihr Ammoniak verliert und, unten nur noch mäßig concentrirt anlangend,
                              mittels einer Pumpe ausgezogen wird und in einem besonderen Gefäß das aus dem Kessel
                              durch die Hitze vertriebene Ammoniak absorbirt, worauf die so wieder stark
                              concentrirte Lösung in den Eisbildner zurückgepumpt wird. Die aus dem Kessel unten
                              abziehende fast rein wässerige Flüssigkeit dient wie bei Carré zur Absorption des im Eisbildner verdunstenden Ammoniaks und
                              wird durch eine zweite Pumpe in den Kessel zurückgeschafft. Als eigenthümlich ist
                              noch hervorzuheben, daß das im Kessel verdampfte Ammoniak, zuerst in einen Cylinder
                              mit Kolben tretend, die Triebkraft zur Bewegung der Pumpen liefern soll, worauf
                              nunmehr die Absorption stattfindet.
                           Luftpumpen-Schwefelsäuremaschine von Edm. Carré in Moislains. Wir haben noch einer
                              eigenthümlichen, von dem Bruder des früher genannten F. Carré erfundenen, gleichfalls in die Kategorie der
                              Absorptionsapparate gehörenden Eismaschine Erwähnung zu thun, die bis jetzt nur
                              gewissermaßen als Modell für den Hand- oder Hausgebrauch ausgeführt worden
                              ist und zuerst auf der Pariser Ausstellung 1867 bekannt wurde; in Wien producirte
                              sich dieselbe gleichfalls. Im Princip beruht dieselbe auf der Abkühlung und dem
                              Gefrieren des Wassers durch eigene Verdunstung im luftleeren Raum, dem bekannten
                              Leslie'schen Versuch. Edm. Carré hat seinen
                              Apparat in der folgenden Weise angeordnet (1867 185 77.
                              1872 205 417). Ein cylindrisches, aus Blei mit einem
                              Zusatz von 5 Proc. Antimon bestehendes Gefäß ist zur Hälfte mit concentrirter
                              Schwefelsäure gefüllt, die durch einen Rührer von außen in Bewegung gehalten werden
                              kann. Mit dem oberen leeren Raum des Gefäßes ist einerseits eine Luftpumpe
                              verbunden, andererseits eine aufsteigende Röhre, welche einen Hahn enthält und ein
                              wenig umgebogen ist, so daß sich in das Ende eine mit Wasser gefüllte Flasche
                              stecken läßt; als Dichtung dient ein Gummiring. Alle Verschlüsse sind sorgfältig
                              hergestellt, um der äußeren Luft jeden Zutritt zu versperren. Kommt die Luftpumpe in
                              Thätigkeit, so zieht sie die gesammte Luft aus dem verbundenen Apparat; das Wasser
                              verdunstet und wird von der Schwefelsäure absorbirt. Nach einiger Zeit bildet sich
                              eine Eiskruste, die immer mehr anwächst, bis zuletzt der Inhalt der zur Hälfte
                              gefüllten Flasche ganz gefroren ist. In 45 Minuten vermochte der Verfasser 340g Eis zu bilden, wobei 60g Wasser verdunsteten. Die Zeit für eine
                              Operation nimmt zu, wenn die Schwefelsäure heiß und verdünnter wird. Mittels 1
                              1/2l concentrirter Schwefelsäure kann
                              man 12 Flaschen Eis zu 340g herstellen, die
                              Zeit bei der letzten Flasche dauert zwei Stunden und werden 75g Wasser absorbirt. Die Schwefelsäure hat
                              dann im Ganzen 1/3 ihres Gewichtes Wasser aufgenommen und besitzt 1,6
                              Vol.-Gew. Die Kosten für eine Flasche Eis betragen etwa 10 Pf., wenn man von
                              weiterer Verwendung der Schwefelsäure absieht. Der Apparat hat in dieser Form
                              ausschließlich den Zweck, die sogen. Carafe
                                 frappée herzustellen, d.h. das Trinkwasser durch Eis zu kühlen. Für
                              den Hausgebrauch hält der Verfasser die Maschine nicht empfehlenswerth, da die
                              geringste Menge eintretender Luft dieselbe außer Thätigkeit setzt und ein genügender
                              Verschluß sich nur schwierig auffinden läßt; auch ist die concentrirte Schwefelsäure
                              im Hause mißlich zu verwenden.Badische Gewerbezeitung, 1868 S. 153; vergl. auch Comptes rendus, t. LXIV p. 897. Neuerdings werden solche Maschinen von Eigel und
                              Lesemeister in Cöln angefertigt. Die Nutzleistung
                              einer Maschine der beschriebenen Art darf, unter der Voraussetzung, daß die verwendete Schwefelsäure
                              durch Concentrirung immer wieder von Neuem verwendbar gemacht wird, als eine sehr
                              hohe aufgefaßt werden. Mit 60g verdunsteten
                              Wassers konnten 340g Eis hergestellt
                              werden. Bei der Restituirung der Schwefelsäure würde das Verdampfen von 1k Wasser an Wärmeeinheiten erfordern: 534
                              (latente Dampfwärme bei 100°) + 320 (freie Wärme beim Siedpunkt der
                              Schwefelsäure), zusammen 854 für Wasser, und 3 (Kilogramm Schwefelsäure) mal 1/3
                              (spec. Wärme der Schwefelsäure) mal 320, im Product 320 für Schwefelsäure, somit in
                              Summa: 1174c. An Brennstoff ist dafür
                              erforderlich, unter der Annahme daß bei der Verbrennung der Kohle blos die Hälfte
                              des calorimetrischen Effectes von 7000c
                              nutz bar gemacht wird: 1174/3500 = 1/3k. Es
                              berechnet sich hieraus, daß für 1k Kohle
                              17k Eis hergestellt werden können.
                              Würde bei continuirlichem Gang der Apparate die ablaufende concentrirte Säure ihre
                              Wärme mit der frisch zuzuführenden verdünnten vollständig austauschen, so könnte der
                              Effect noch um ein Drittel gesteigert werden. Diese Leistung übertrifft die der
                              Ammoniakmaschine ganz erheblich. Die Fabrikation des Eises auf diesem Wege würde
                              somit gewiß Vortheile besitzen, wenn man dem Apparat eine andere Disposition geben
                              könnte, denn in seiner gegenwärtigen Form ist er für Stückeis ungeeignet. Vielleicht
                              ließe sich statt reinen Wassers eine Salzlösung zur Verdunstung bringen, diese würde
                              sich weit unter Null abkühlen und man könnte dann in diese wie bei den anderen
                              Maschinen Gefäße mit Wasser einsenken und das letztere dann indirect zum Gefrieren
                              bringen. Die Luftpumpe brauchte überhaupt nur einmal in Thätigkeit gesetzt zu
                              werden, um den ganzen inneren Raum von Luft zu entleeren; ein Oeffnen wäre nicht
                              nöthig, da die Schwefelsäure durch Pumpen zu- und abgeführt werden kann.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)