| Titel: | Mittheilungen aus dem chemisch-technologischen Laboratorium der technischen Hochschule in Graz; von Prof. Dr. H. Schwarz. | 
| Autor: | H. Schwarz | 
| Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 211 | 
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                        Mittheilungen aus dem
                           chemisch-technologischen Laboratorium der technischen Hochschule in Graz; von
                           Prof. Dr. H.
                              Schwarz.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              V [d/1].
                        (Fortsetzung von S. 62 dieses Bandes.)
                        Schwarz, Mittheilungen aus dem chemisch-technologischen
                           Laboratorium der technischen Hochschule in Graz.
                        
                     
                        
                           5. Bessemern.
                           Nach Mittheilungen des Leiters der hiesigen Stahlhütte der Grazer
                              Waggonbau-Gesellschaft, Hrn. Director Bleichsteiner, tritt beim Bessemern manchmal die Erscheinung ein, daß
                              gegen Ende der Operation die aus dem Converter ausströmende Flamme plötzlich alle
                              Erscheinungen, das Erlöschen des Glanzes, selbst das Verschwinden der bekannten
                              Spectrallinien darbietet, die sonst das Ende der Operation anzeigen, ohne daß doch
                              die Frischoperation wirklich ihren Abschluß gefunden hat. Es ist dieser, von den
                              Arbeitern mit dem Provincialausdrucke „falscher Simmerl“
                              bezeichnete Vorgang um so unangenehmer, als er die Alternative darbietet, entweder
                              durch zu zeitige Zugabe des Spiegeleisens einen zu harten, kohlenstoffreichen Stahl
                              zu erzeugen, oder falls wirklich das Ende der Operation erreicht, durch längeres
                              Blasen die ganze Charge zu gefährden. Man muß daher umkippen und durch Ziehen von
                              Schlacke, welche dann noch hell gefärbt ist, und durch Prüfen eines Metallkügelchens
                              auf dem Ambos ermitteln, ob das Eisen schon hinreichend gefrischt ist oder nicht.
                              Director Bleichsteiner theilte mir mit, daß diese
                              Erscheinung am häufigsten einzutreten scheine, wenn die Charge sehr heiß gehe. Ich
                              glaube unter diesen Umständen die Erklärung darin suchen zu können, daß
                              wahrscheinlich die Temperatur der Dissociation der Kohlensäure erreicht ist, so daß
                              der Luftsauerstoff das Eisen passirt, ohne sich mit dem Kohlenstoff zu verbinden.
                              Wenn man annimmt, daß das Frischen durch das beigemischte Eisensilicat erfolgt,
                              bleibt die Erklärung dieselbe. Wir wissen vom Puddeln, daß auch hier eine allzu hohe
                              Temperatur die oxydirende Wirkung der Schlacke vermindert. Kippt man unter diesen
                              Umständen die Birne um, so kühlt sich die Charge hinreichend ab, um bei erneutem Blasen die
                              Oxydation des Kohlenstoffes wieder beginnen zu lassen. Auch ohne dieses Pausiren muß
                              das Durchströmen von nicht verbrennend wirkender Luft soviel Wärme binden, daß die
                              niedrigere Oxydationstemperatur wieder erreicht wird. Ich möchte Praktiker des
                              Bessemerprocesses hierdurch zu einem Urtheil über diese Erklärung veranlassen.
                           
                        
                           6. Gold im Schwefelkies.
                           Ich hatte bei der Analyse eines steyrischen Schwefelkieses meine Aufmerksamkeit auf
                              Spuren von Gold zu richten. Da die gewöhnliche Methode, den Schwefelkies zu rösten,
                              mit Borax und Blei einzutränken, bei der nothwendigen Anwendung größerer
                              Schwefelkiesmengen sehr umständlich und zeitraubend erschien, so wählte ich
                              folgenden, meines Wissens noch nicht betretenen Weg. Wenn man das
                              Doppelt-Schwefeleisen für sich mit verdünnter Schwefelsäure behandelt, so
                              wird es dadurch so gut wie gar nicht angegriffen, während
                              Einfach-Schwefeleisen dadurch sehr leicht zersetzt wird. Schwefelgold,
                              Schwefelsilber u. dgl. bleiben natürlich ungelöst. Ich schmolz daher 100g des fraglichen Schwefelkieses mit 46g,6 feinen reinen Eisenfeilspänen unter
                              einer Decke von Kochsalz zusammen, pulverisirte das entstandene
                              Einfach-Schwefeleisen gröblich und übergoß es in einer
                              Gasentwickelungsflasche mit mäßig verdünnter Schwefelsäure. Es trat eine reichliche
                              Entwickelung von Schwefelwasserstoff ein, der zur Bereitung von Schwefelammonium
                              verwendet wurde. Die Lösung wurde von dem geringen schwärzlichen Rückstande
                              abfiltrirt, dieser ausgewaschen, getrocknet und auf einem Thonscherben geröstet.
                              Schließlich wurde Boraxglas zugefügt, etwa 2g reines Kornblei darüber gestreut und nun in der Muffel so lange
                              geschmolzen, bis sich ein einziges Bleikorn, in einer eisenreichen Schlacke
                              schwimmend, gebildet hatte. Dieses wurde in einen Gießbuckel gegossen, abgeschlackt
                              und auf der Kapelle abgetrieben. Es blieb ein minimales Korn zurück, in welchem die
                              Gegenwart von Gold durch Auflösen in Königswasser, Abdampfen des Säureüberschusses,
                              Aufnehmen mit wenig Wasser und Zusatz einer Zinnsalzlösung durch die Bildung von
                              Cassius-Purpur, auch durch die Reduction mittels Eisenvitriol nachgewiesen
                              werden konnte.
                           Eine analoge Methode dürfte auch bei Gegenwart von Kupfer oder Silber in Schwefelkies
                              zur Concentration dieser geringen Beimengungen zu empfehlen sein.
                           
                        
                           7. Verarbeitung von
                                 Galmeischlämmen.
                           Bei der Aufbereitung von Galmei in Oberschlesien und an anderen Orten erhält man
                              reichliche Mengen eines schlammigen, Thon, Eisenoxyd und größere oder geringere
                              Mengen Zinkoxyd enthaltenden Schlammes von 6 bis 10 Proc. Zinkgehalt, welcher trotz
                              der kolossalen Mengen, die sich davon angehäuft haben, doch zu arm erscheint, um
                              direct auf Zink verarbeitet zu werden. Schon vor längerer Zeit schlug ich vor,
                              denselben durch Behandlung mit einer kochenden concentrirten Salmiaklösung zu
                              entzinken. Es löst sich unter diesen Umständen das Zink in der Form von ClNH₃Zn,
                              Chlorzinkammonium, welches in weißen prismatischen Krystallen beim Erkalten
                              herauskrystallisirt. ZnO + ClNH₄ = ClNH₃Zn + HO. Durch gelindes
                              Rösten muß übrigens die mit dem ZnO verbundene
                              Kohlensäure vorher ausgetrieben werden. Die Krystalle zerlegen sich mit reinem
                              Wasser in ClNH₄ + ZnO,
                                 HO, das als weißer Rückstand zurückbleibt. Die immer noch Zink haltige,
                              minder concentrirte Salmiaklösung läßt sich nach dem Eindampfen von neuem zur
                              Zinkextraction anwenden.
                           Ein besserer Weg ist folgender. Durch Zusatz von Kalk bildet sich ClCa, geht NH₃ fort
                              und ZnO schlägt sich nieder. Durch gleichzeitiges
                              Einleiten von Ammoniak und von (Verbrennungs-) Kohlensäure in die
                              Chlorcalciumlösung läßt sich unter Absatz von kohlensaurem Kalk das Chlorammonium
                              regeneriren. Auch die Krystalle von ClNH₃Zn lassen sich durch Glühen mit Kalk zersetzen, das ZnO durch Auswaschen des Rückstandes, das Ammoniak durch
                              Condensation in Chlorcalciumlösung mit Kohlensäure wieder in Salmiak überführen.
                           Da sich indessen in der thonigen, auch nach dem Rösten schlecht durchdringlichen
                              Masse leicht Salmiak verzettelt, ging ich von dieser Methode ab und wendete mich der
                              Extraction mittels der so wohlfeilen Salzsäure zu. Gegen diese hatte man früher den
                              Einwand erhoben, daß der beigemengte kohlensaure Kalk die Lösung des Zinkoxydes so
                              lange verhindern werde, bis er vollkommen gelöst sei, wozu natürlich eine
                              unverhältnißmäßige Menge Salzsäure nutzlos verbraucht werden müßte. Wenn man
                              indessen den Galmeischlamm bei so niedriger Temperatur röstet, daß wohl das
                              kohlensaure Zinkoxyd, nicht aber der kohlensaure Kalk zersetzt wird, stellt sich der
                              Vorgang etwas anders heraus. Eine neutrale Chlorzinklösung wird durch kohlensauren
                              Kalk nicht gefällt, sondern nur durch Aetzkalk. Wenn man daher den schwach
                              gerösteten Galmei mit genau soviel stark verdünnter Salzsäure vermischt, daß eben
                              das Zinkoxyd dadurch gesättigt wird, so löst sich vorwiegend Zinkoxyd auf. Freilich
                              ist ein schwaches Aufbrausen nicht zu vermeiden, was von der Lösung des kohlensauren
                              Kalkes herrührt; in der That wird der Galmeirückstand nicht vollkommen an Zink
                              erschöpft, das Filtrat aber enthält neben Chlorzink auch Chlorcalcium.
                           
                           Als ein Galmeischlamm mit 9,5 Proc. ZnO schwach geröstet
                              und dann mit soviel 2 1/2 proc. Salzsäure, als dem ZnO
                              äquivalent, übergossen wurde, lösten sich 5,6 Proc. Zinkoxyd auf; der Rest der
                              Salzsäure war durch Kalk gesättigt. Als der Rückstand nochmals so behandelt wurde,
                              gelang es den Zinkgehalt auf 1,5 Proc. herabzubringen. Immerhin scheinen Zinkoxyd
                              und kohlensaurer Kalk nahezu gleiche Affinität zur Salzsäure zu besitzen, so daß man
                              bei einem Ueberschusse von kohlensaurem Kalk (und kohlensaurer Magnesia) 2 Aeq.
                              Salzsäure opfern muß, um 1 Aeq. Zinkoxyd auszuziehen. Man braucht dann in
                              Gewichtstheilen auf 40 Zinkoxyd oder 32 Zink 73 Th. wasserfreie Salzsäure, oder bei
                              roher Salzsäure von etwa 30 Proc. Gehalt 243 Theile, auf 100k Zink also 777k,6 roher Salzsäure. Wenn die rohe
                              Salzsäure loco Fabrik pro 100k 2,5 M.
                              kostet, so würden 100k Zink an
                              Salzsäurekosten 19,44 M. in Anspruch nehmen, was bei einem Zinkpreise von 48 M.
                              immer noch die Möglichkeit einer Rentabilität übrig ließe. Freilich bleiben noch die
                              Kosten der Fällung durch Kalkmilch, der Trocknung und Reduction zu Zink, obwohl
                              letztere bei der feinen Vertheilung des gefällten Zinkoxydes wohl sehr leicht und
                              mit geringem Brennstoffaufwande erfolgen würde.
                           
                        
                           8. Mattätzen und Blankbrennen des
                                 Messings.
                           Um dem Messing nach der Verarbeitung durch Stampfen und Drücken eine schön goldgelbe,
                              glänzende Oberfläche zu ertheilen, verfährt man gewöhnlich in der Art, daß man die
                              ausgeglühte Waare zuerst vom sogen. Glühspan durch Eintauchen in verdünnte
                              Schwefelsäure oder eine nahezu mit Zink und Kupferoxyd gesättigte, gebrauchte Beize,
                              oft unter Zusatz von etwas Salpetersäure, befreit. Daß die Oberfläche alsdann oft
                              kupferroth erscheint, mag darin seinen Grund haben, daß der Glühspan nicht aus
                              Kupferoxyd, sondern aus Kupferoxydul besteht, welches durch verdünnte Schwefelsäure
                              in gelöstes Kupferoxyd und feinvertheiltes metallisches Kupfer zerfällt (Cu₂O + SO₃ = CuO, SO₃
                              + Cu). Hierauf folgt das Mattbeizen, entweder durch
                              Kochen oder durch kalte Behandlung mit stark verdünnter Salpetersäure. Dadurch nimmt
                              die Oberfläche eine graugelbe Farbe an, die man durch Bildung einer zinkreichen
                              Schicht hat erklären wollen, welche durch die nun folgende Operation des
                              Blankbrennens in concentrirter Salpetersäure wieder kupferreicher und damit hochgelb
                              werde. Eine einfache mikroskopische Beobachtung zeigt, daß es sich hier mehr um eine
                              physikalisch-optische Erscheinung handelt.
                           Das grau gebeizte Messingblech, bei auffallendem Lichte unter mäßiger Vergrößerung
                              betrachtet, zeigt eine wohl ausgebildete Krystallisation. Es kreuzen sich zahlreiche
                              scharfe Krystallkanten, die selbst wieder gestreift sind und durch das Wegätzen des
                              dazwischen befindlichen Metalles blosgelegt wurden. Je feiner das Blech ausgewalzt
                              war, desto kleiner erscheinen die Krystalle, welche augenscheinlich schon beim Guß
                              der Walztafeln entstanden sind. Taucht man dieses mattgebrannte Stück dann in starke
                              Salpetersäure, bis es blank und hochgelb erscheint, und bringt es nach dem Abspülen
                              und Trocknen wieder unter das Mikroskop, so sieht man, daß alle die hervorragenden
                              Krystallkanten und Spitzen abgerundet sind, indem sich der Angriff der Säure auf
                              diese concentrirte. Diese Abrundung bringt aber den eigenthümlichen hohen Glanz
                              hervor, wie es auch ein Niederdrücken, Poliren oder Abschleifen, wenn auch in
                              geringerem Grade, hervorrufen würde. Eigenthümlich ist es, daß durch Berührung mit
                              Eisen beim Blankbeizen die Färbung an den Stellen der Berührung ins Kupferfarbene
                              übergeht, wahrscheinlich durch galvanische Action. Sollte das Blech durch
                              Verzögerung des Abspülens nach dem Blankbeizen an einigen Stellen mißfarbig
                              erscheinen, so kann man durch Behandlung mit concentrirter Kochsalzlösung diese
                              Mißfärbung beseitigen. Dies deutet auf die Ursache derselben, auf die locale Bildung
                              an Kupferoxydul hin, das durch Kochsalz in Kupferchlorür übergeht, welches sich in
                              concentrirter Kochsalzlösung auflöst.
                           
                        
                           9. Analyse von
                                 Fledermaus-Guano.
                           In einer Höhle bei Raab in Ungarn wurden Lager von Fledermaus-Guano entdeckt.
                              Ich fand in einer Mittelprobe derselben:
                           
                              
                                 
                                 Sorte Nr. 1.
                                 Nr. 2.
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                     0,98–0,84
                                    Proc.
                                      0,70 Proc.
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                         11,03    „
                                 10,56    „
                                 
                              
                                 Sand
                                 –
                                 32,80    „
                                 
                              
                                 Glühverlust
                                 –
                                 31,62    „
                                 
                              
                           Die Phosphorsäure war zum Theil an Eisenoxyd und Thonerde
                              gebunden.
                           
                        
                           10. Einfaches Pyrometer.
                           Im Grazer polytechnischen Clubb stellte ein Mitglied, Maschinen-Inspector Zander, die Aufgabe, zur Bestimmung der Temperatur der
                              durch den Locomolivschornstein abziehenden Gase ein einfaches Pyrometer zu
                              construiren, das einmal den heftigen Erschütterungen während der Fahrt widerstehen
                              und ferner die Ablesung der während der Fahrt stattgefundenen höchsten Temperatur
                              beim Anhalten auf der Station gestatten müßte. Ich proponirte dazu folgenden
                              Apparat. Aus Stahl wird durch Abdrehen ein schwach conischer Bolzen gebildet, dessen
                              Seiten eine ganz geringe
                              Neigung gegen die Achse besitzen. Derselbe läßt sich, das dünnere Ende nach oben,
                              mittels eines eingeschraubten Hakens innerhalb der Rauchbüchse aufhängen. Auf diesen
                              Bolzen paßt ein Ring von Messing oder Zink, dessen innere Seite genau auf das spitze
                              Ende des Stahlconus aufgeschliffen ist. Auf dem Stahlconus ist eine genau getheilte
                              Scale angebracht; eine feine Spitze, auf dem Ringe angeschraubt, dient als
                              Scalenzeiger.
                           Der Stahlbolzen habe eine Länge von 100mm,
                              am dünneren Ende einen Durchmesser von 30mm, am dickeren Ende von 31mm, so daß
                              also die Steigung auf 100mm 1mm betrage und mit jedem Millimeter Höhe
                              der Durchmesser um 0mm,01 zunehme.
                           Der Ring von Messing, oder von Zink, habe eine Dicke von 15mm, eine Höhe von 10mm, also am oberen Rande einen inneren
                              Durchmesser von 30mm, am unteren Rande von
                              30mm,1; die äußeren Durchmesser hätten
                              60mm oben wie unten zu betragen.
                           Ungehärteter Stahl dehnt sich bei einer Temperaturdifferenz von 100° um
                              0,001079 seiner Länge aus. Der obere Bolzendurchmesser wächst daher von 15 bis
                              115° um 30 × 0,001079 = 0mm,03237; er wird dadurch von 30 auf 30mm,03237 ausgedehnt.
                           Das Messing dehnt sich bei einer Temperaturdifferenz von 100° um 0,001868
                              seiner Länge aus. Die Ausdehnung eines Ringes können wir auffassen, als eine
                              Ausdehnung eines Stabes, der die mittlere Länge des Ringes besitzt. Wenn d (60mm) den
                              äußeren, δ (30mm) den inneren Durchmesser bezeichnet, so ist (d + δ)/2 π = (60 + 30)/2 π = 141mm,30 die mittlere Länge der Oberkante; der Unterkante würden (60 +
                              30,1)/2 π = 141mm,457 entsprechen.
                           Bei einer Erwärmung von 15 bis 115° würde ein solcher Stab sich auf 141mm,5639 ausdehnen, und dadurch sein
                              Durchmesser an allen Punkten, auch im Inneren sich auf 141,5639/π –
                              45, also von 30mm auf 30mm,083 erweitern.
                           Es findet aber auch eine Ausdehnung in der Dicke des Ringes von der neutralen Linie
                              nach Innen und Außen statt. Der innere Durchmesser wird dadurch um 15 ×
                              0,001868 = 0mm,0280 verengert. Bei
                              115° ist er also an der Oberkante = 30mm,0550. Bei dieser Temperatur hat aber der Stahlbolzen an der Spitze nur
                              einen Durchmesser von 30mm,03237. Nehmen
                              wir nun an, daß auch bei der Erwärmung das Verhältniß des dicken Durchmessers des
                              Bolzens in verschiedener Höhe dasselbe bleibt, so würde der Stahlbolzen erst in 2mm,395 Abstand von der Spitze diesen
                              Durchmesser erreichen, der Messingring also um soviel herabgleiten. Bei einem
                              Zinkringe von denselben Dimensionen steigen diese Verhältnisse einigermaßen, weil
                              sich das Zink bei 100° Temperaturdifferenz um 0,002942 seiner Länge ausdehnt.
                              Bei dieser Temperaturdifferenz hätten wir für die Vergrößerung des inneren
                              Ringdurchmessers folgende Rechnung.
                           Die mittlere Ringlänge von 45π = 141mm,3 dehnt sich von 15 bis 115° um
                              141,3 × 0,002942 = 0mm,4159 aus; die
                              Vergrößerung des inneren Ringdurchmessers beträgt uncorrigirt 0mm,1356, corrigirt durch die
                              Dickenausdehnung (0,0299) = 0mm,1057.
                              Ziehen wir davon die Zunahme des Durchmessers des Stahlbolzens mit 0,0323 ab, so
                              sinkt der Ring um 7mm,34 herunter. Es ist
                              auch in der That bei den Versuchen ein bedeutend tieferes Herabsinken des Zinkringes
                              beobachtet worden. Obige Zahlen sollen nur die Art der Durchführung der Rechnung,
                              keineswegs aber die allein giltigen Abmessungen angeben. Es wird unter allen
                              Umständen zweckmäßig sein, die Graduirung empirisch vorzunehmen, ja sogar von jedem
                              neuen Versuche diese empirische Graduirung mit Zuhilfenahme von Wasser- resp.
                              Oelbädern und eines guten Quecksilberthermometers zu revidiren, weil nicht zu
                              vermeiden ist, daß, wenn der Apparat sich wieder abkühlt, eine starke Dehnung des
                              Ringes eintritt. Er schrumpft beim Abkühlen stark zusammen, und man muß sich
                              beeilen, den Ring noch warm loszuschlagen, weil er sonst nur durch Wiedererwärmen
                              loszubringen ist.
                           Bei einem Versuche, welcher mit dem Apparate auf der Eisenbahnstrecke
                              Graz-Köflach angestellt wurde, zeigte sich als Temperatur der Rauchgase bei
                              einem leichten Zuge und horizontaler, auch fallender Strecke, also schwacher
                              Feuerung, eine höchste Temperatur von 150°, während bei der Rückfahrt mit
                              einem schweren Kohlenzuge und starker Heizung die höchste Temperatur 230°
                              betrug. Vor Rauch und Ruß kann man den Apparat durch Einschließen in eine
                              Blechbüchse schützen.
                           Ich nehme als Vorzug dieses Apparates nur das in Anspruch, daß er unter den
                              obwaltenden schwierigen Verhältnissen eine Schätzung der Temperatur möglich macht;
                              sonst gebe ich ihn in seinen Unvollkommenheiten der Kritik bereitwillig Preis.
                           
                        
                           11. Methylamin-Vorkommen.
                           Bei einem Versuche in der hiesigen Poudrettefabrik hatte ich durch Destillation der
                              Fäcalien mit Kalk ziemlich beträchtliche Mengen Ammoniak in der Form von
                              schwefelsaurem Ammoniak erhalten. Als ich die Mutterlauge des schwefelsauren Ammoniaks mit starkem
                              Alkohol versetzte, das niederfallende Salz abfiltrirte, den Alkohol abdestillirte
                              und den Rückstand von neuem mit Kalk kochte, endlich das entwickelte Product in
                              Schwefelsäure auffing und das so erhaltene Salz von neuem der Alkoholbehandlung
                              unterzog, erhielt ich endlich durch erneute Destillation mit Kalk, Auffangen in
                              Salzsäure und Abdampfen nach Zusatz von Platinchlorid eine Platinverbindung, welche
                              beim Glühen 41,09 bis 41,60 Proc. Platin hinterließ. PtCl₂ + C₂H₆NCl = Chlorplatin und
                              Methylammonium-Chlorid enthält aber 41,67 Proc. Platin. Es ist also dem
                              Ammoniak der Fäcalien eine kleine Menge Methylamin beigemengt.
                           
                        
                           12. Dialysirung von Kuhharn. (Fig. 31 bis
                              36 Taf. V
                              [d/1]).
                           Kuhharn, den ich zur Gewinnung von Hippursäure abgedampft hatte, gab diese nur in
                              sehr geringen Mengen, enthielt aber sehr beträchtliche Mengen Harnstoff, welchen ich
                              theils durch Salpetersäure und Oxalsäure, theils durch Dialyse der concentrirten
                              Flüssigkeit rein in sehr schönen Krystallen darstellte. Ich kann zur Durchführung
                              der Dialyse die aus Pergamentpapier angefertigten Schläuche resp. Eissäcke aus der
                              Fabrik von A. Eckstein in Wien sehr empfehlen. Bindet man
                              das untere Ende eines solchen Schlauches um einen Kautschukstopfen oder besser noch
                              um einen Glasstopfen fest, über den man ein passendes Stück eines
                              Kautschukschlauches gezogen hat, und hängt man ihn dann in einen Cylinder mit
                              destillirtem Wasser ein, welches man durch ein bis zum Boden reichendes Heberrohr
                              abfließen lassen kann, so erhält man einen äußerst wirksamen Dialysirungsapparat.
                              Statt des Hebers kann natürlich auch ein nahe dem Fuße des Cylinders angebrachter
                              Hahn dienen. Oben läßt man dann reines Wasser tropfenweise zufließen.
                           Ich construirte mir auch einen größeren Dialysirungsapparat aus Holzrahmen c, c (Fig. 31 bis 33), welche
                              nach dem Dazwischenbringen von angefeuchteten Pergamentpapierblättern s durch Deckplatten b, b und
                              Bolzen a zusammengeschraubt wurden. In den mittleren
                              Rahmen läßt man die zu dialysirende Flüssigkeit durch ein seitliches Trichterrohr
                              i unten ein und oben durch ein abwärts gebogenes
                              Rohr m abfließen. Das Wasser in den beiden äußeren
                              Rahmen verfolgt den entgegengesetzten Weg, fließt nämlich durch den Trichter i' oben ein und durch die Röhren o unten ab. So kommt der Gegenstrom zur Wirkung, was das Dialysiren sehr
                              beschleunigt. Um die Rahmen auch vollständig entleeren zu können, sind unten kleine
                              durch Kork verschlossene Röhrchen n angebracht.
                           Ich bediente mich der Einfachheit halber des Holzes als Material zu den Rahmen und
                              dichtete das Pergamentpapier darauf mit Leinsamenmehl. Eleganter und sauberer würde man
                              diesen Apparat aus Hartkautschuk mit aufgelegten Platten von gewöhnlichem
                              vulkanisirtem Kautschuk darstellen, und wäre dann vielleicht die Rundform (Fig. 34 bis
                              36)
                              vorzuziehen.
                           Zwei Metallringe b, b, durch Schrauben a verbunden, würden den Apparat zusammenhalten. Die
                              Leitung des Wassers ist der des vorigen Apparates gleich und aus der Zeichnung ohne
                              weitere Beschreibung ersichtlich.
                           
                        
                           13. Vorkommen von Barit im
                                 Gichtstaube.
                           In Oberschlesien dient jetzt als ein werthvolles Material zur Zinkgewinnung der
                              Gichtstaub der Hohöfen und Staubkammern. Als derselbe mit concentrirter Salzsäure
                              angerührt und spectralanalytisch geprüft wurde, zeigten sich zahlreiche Linien,
                              welche als dem Barit angehörig erkannt wurden. Merkwürdig war es, daß sie bei Zusatz
                              von Wasser zur Flüssigkeit verschwanden. Es gelang durch die Analyse Barit und
                              gleichzeitig Schwefelsäure in dem Gichtstaube nachzuweisen.
                           
                        
                           14. Continuirliche Bildung von
                                 Salpetersäure aus Ammoniak und Luftsauerstoff.
                           Wenn man Mangansuperoxyd mit Aetznatronlauge abdampft und die trockene Masse dann im
                              Luftstrome mäßig erhitzt, erhält man bekanntlich mangansaures Natron, welches nach
                              Tessié du Mothay in überhitztem
                              Wasserdampfstrom geglüht, Sauerstoff abgibt und wieder zu dem Gemisch von
                              Mangansuperoxyd und Natron wird, das ursprünglich vorlag. Ich glaubte nun annehmen
                              zu sollen, daß, wenn ich auf das an der Luft geglühte
                              Mangansuperoxyd-Natron-Gemisch Ammoniakgas einwirken ließe, das
                              Ammoniak zu Salpetersäure oxydirt werden müßte. Diese konnte sich aber nicht mit dem
                              Natron verbinden, da nach Wöhler salpetersaures Natron,
                              mit Braunstein erhitzt, in Aetznatron und Salpetersäure zerfällt. Durch erneuten
                              Luftzutritt mußte sich von Neuem mangansaures Natron bilden, also eine
                              continuirliche Oxydation des Ammoniaks zu Salpetersäure erhalten werden können. Ich
                              veranlaßte meinen Assistenten Hrn. Petrik zur
                              Durchführung dieser Versuche, welche in der That alle meine Voraussetzungen
                              bestätigten.
                           Braunstein im Ueberschusse wurde in Natronlauge eingetragen und die Mischung unter
                              Zusatz von etwas Aetzkalk in einer Silberschale zur staubigen Trockne gebracht.
                              Durch den Zusatz von Kalk wurde die Masse poröser und griff auch nicht so stark das
                              Glasrohr an, in welchem sie später erhitzt wurde. Das schwerschmelzbare Glasrohr
                              wurde in einen Gasverbrennungsofen eingelegt, die herabgebogene Spitze zuerst in
                              eine trockene Vorlage
                              eingeführt und mit dieser noch mehrere Waschflaschen mit Normalnatron verbunden. Das
                              andere Ende des Glasrohres stand mit zwei Luftgasometern durch eine 3halsige
                              Woulf'sche Flasche in Verbindung. Der eine dieser Gasometer sendete seinen Luftstrom
                              direct, der andere erst, nachdem derselbe einen Liebig'schen Kaliapparat passirt
                              hatte, welcher Ammoniakflüssigkeit enthielt, durch die glühende Röhre, Vorlagen
                              u.s.w. So war es möglich, theils reine, theils mit Ammoniakgas vermischte Luft durch
                              das Braunsteingemisch zu leiten. Die Temperatur des Rohres war schwache
                              Rothglut.
                           Die Bildung der Salpetersäure war so energisch, daß sich die Vorlage bald mit einer
                              stark sauren Flüssigkeit füllte. Nur bei zu hoher
                              Temperatur traten rothe Dämpfe auf, und nur dann, wenn der Gehalt von Ammoniak zu
                              bedeutend war, bildeten sich weiße Dämpfe von salpetersaurem Ammoniak. Als man die
                              verschwundenen Ammoniakmengen und die gebildete Salpetersäure acidimetrisch
                              bestimmte, zeigte sich, daß ca. 60 Proc. der theoretischen Salpetersäuremenge
                              gebildet waren. Auf 17 Th. verschwundenes Ammoniak müßten sich durch Aufnahme von 64
                              Th. Sauerstoff 63 NO₅, HO und 18 HO bilden. Es wurden statt dessen
                              etwa 37 Th. NO₅, HO
                              gebildet, gewiß ein genügendes Resultat. Tagelang kann man auf diese Art die
                              Verwandlung des Ammoniaks in Salpetersäure fortführen.
                           Wenn man nur Ammoniakgas ohne Luft über das Gemisch
                              leitet, bildet sich freilich anfangs ebenfalls Salpetersäure in reichlicher Menge;
                              es hört die Entwickelung aber bald auf, und es tritt nach einer kurzen Periode der
                              weißen Dämpfe von salpetersaurem Ammon bald reines Ammoniak am Ende des Glasrohres
                              auf. Wenn man dann im Luftstrome ausglüht, wird die Mischung wieder regenerirt und
                              befähigt, von neuem Salpetersäure zu bilden.
                           Der Versuch eignet sich vortrefflich zu einem Vorlesungsexperimente. Ob er einer
                              praktischen Verwendung fähig, lasse ich dahin gestellt, da 1k Stickstoff im Ammoniak sich auf
                              durchschnittlich 2 M., im Chilisalpeter etwa eben so hoch stellt, und es mir
                              scheint, als ob die Abscheidung der Salpetersäure aus dem Chilisalpeter doch
                              einfacher wäre, als diese Oxydationsmethode.
                           Ich kann nicht unterlassen, Hrn. Petrik für seine
                              geschickte Unterstützung bei obiger Arbeit meinen Dank zu sagen.
                           
                        
                           15. Theeïnbestimmungen.
                           Ich erhielt aus den Londoner Docks originale Theemuster für meine Sammlung. Hr. Petrik übernahm es, in denselben den Gehalt an Theeïn
                              quantitativ zu bestimmen. Zu diesem Zweck wurde der Thee mit angesäuertem Wasser
                              ausgekocht, die Flüssigkeit mit Aetzkalk zur Trockne gebracht und mit Aether
                              extrahirt, welcher das Theeïn nach dem Verdunsten auf einer gewogenen
                              Glasschale fertig zum Wiegen hinterließ. Die Theesorten gaben folgende
                              Resultate.
                           
                              
                                 
                                    Kaisow Congon
                                    
                                 2
                                 Shilling
                                 –
                                 Pence
                                 pro
                                 Pfund
                                 2,4
                                 Proc.
                                 Theeïn.
                                 
                              
                                     „            „
                                 1
                                 „
                                 8
                                 „
                                 „
                                 „
                                 1,7
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                     „            „
                                 2
                                 „
                                 8
                                 „
                                 „
                                 „
                                 1,5
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 
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                                 2
                                 „
                                 7
                                 „
                                 „
                                 „
                                 1,4
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                     „    
                                    Mayune Gunpowder
                                 3
                                 „
                                 9
                                 „
                                 „
                                 „
                                 2,1
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                     „    
                                    Souchong
                                 2
                                 „
                                 6
                                 „
                                 „
                                 „
                                 2,12
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 Theestaub (10,8 Proc. Asche)
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 1,46
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           Die Preise scheinen keineswegs mit dem Gehalt an Theeïn im Verhältniß zu
                              stehen.
                           
                        
                           16. Schlämmen von Kaolin.
                           Man glaubt häufig, daß die feinsandigen Theile, welche sich beim Schlämmen von Thon
                              absetzen, im Wesentlichen fein vertheilter Quarz seien. Ich hatte Gelegenheit,
                              mehrere Kaolinschlempen einem zweiten Schlämmproceß zu unterwerfen. Die dickliche
                              Flüssigkeit wurde dabei in einen Kolben gebracht, dieser mit einem doppelt
                              durchbohrten Kautschukpfropf verschlossen, durch welchen ein Rohr bis auf den Boden
                              führte, während das andere dicht unter dem Stopfen endete. Wenn dann durch ersteres
                              Wasser in einem langsamen Strahle zugeführt wurde, so floß so lange Kaolinschlempe
                              ab, bis die Schnelligkeit des Wasserstromes nicht mehr genügte, um die gröberen
                              Theilchen am Herabsinken zu hindern. Ließ man hierauf die Schlempe sich absetzen und
                              fällte endlich die noch trübe Flüssigkeit durch Zusatz einer kleinen Menge
                              Alaunlösung, so erhielt man dadurch 3 Sorten Kaolin in verschiedener Feinheit des
                              Kornes.
                           Die Thonmilch ergab:
                           
                              
                                 
                                 A.
                                 B.
                                 
                                 
                                 
                              
                                   I. Schlicker
                                 15,84
                                 80,33
                                 Proc.
                                 (gröberes Korn).
                                 
                              
                                  II. Kaolin a.
                                 59,35
                                 10,13
                                 „
                                 (feineres Korn).
                                 
                              
                                 III.    „      b.
                                 20,96
                                   2,36
                                 „
                                 (feinstes Korn).
                                 
                              
                                      Verlust
                                   3,85
                                   7,18
                                 „
                                 
                                 
                              
                           Dieses wurde aus Glührückstand von der Thonmilch und den einzelnen Portionen
                              berechnet. Es enthielt
                           
                              
                                 
                                 A.
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 B.
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 Proc.
                                 54,22
                                 54,66
                                 53,87
                                 
                                 54,42
                                 54,61
                                 30,09
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 „
                                 44,33
                                 44,21
                                 44,61
                                 
                                 44,71
                                 44,65
                                 63,88
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 „
                                   1,00
                                   0,90
                                   1,01
                                 
                                   0,87
                                   0,86
                                   1,17
                                 
                              
                                 Alkali und Verlust
                                 „
                                   0,45
                                   0,34
                                   0,51
                                 
                                 –
                                 –
                                   4,86
                                 
                              
                           
                           Man sieht, daß die gröberen und feineren Theile im Wesentlichen dieselbe
                              Zusammensetzung haben. Daß A III und mehr noch B III etwas abweichen, hat seinen Grund in dem Zusatze
                              von Alaun, welcher als basisch schwefelsaure Thonerde sich beimischt. Bei B III, das in so geringer Menge auftrat, mußte dieser
                              Zusatz sich bemerklicher machen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
