| Titel: | Neue Condensationsvorrichtungen für Bleihütten. | 
| Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 223 | 
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                        Neue Condensationsvorrichtungen für
                           Bleihütten.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              VI [d/1].
                        Neue Condensationsvorrichtungen für Bleihütten.
                        
                     
                        
                           Diese in mehreren Blei-Silberhütten verschiedener westlicher Territorien der
                              Vereinigten Staaten Nordamerikas eingeführten Vorrichtungen dürften auch der
                              Aufmerksamkeit der deutschen Metallurgen werth sein. Nach den vom Hütteningenieur A. Eilers in der im Februar d. J. zu New-Haven
                              (Connecticut) gehaltenen Versammlung des Vereines nordamerikanischer Bergingenieure
                              gemachten Mittheilungen sind von den im J. 1874 in der Metallurgie jener Gegenden
                              gemachten technischen Fortschritten neben der Einführung einer Verarbeitung des
                              bisher als „Eisen“ über die Halden gestürzten, beim
                              Bleihüttenbetriebe erzeugten Bleisteines und der Ziervogel'schen
                              SilberextractionsmethodeDie auf den Hüttenwerken in Nevada und Utah gefallenen silber- und
                                    geldhaltigen Kupfersteine wurden bis zum vorigen Jahre zur weiteren
                                    Verarbeitung und Extraction ihres Gehaltes an Edelmetallen nach Deutschland
                                    verschickt, während sie jetzt an Ort und Stelle extrahirt werden.H. H. hauptsächlich zwei Vorrichtungen zum Auffangen des
                                 Gestübbes und Flugstaubes, sowie zur Condensirung des
                                 Rauches und der Dämpfe zu erwähnen, welche wir im Nachstehenden (nach dem
                              Engineering and Mining Journal, Juni 1875 S. 453)
                              kurz beschreiben wollen. Die eine dieser Vorrichtungen ist von den Richmond-
                              und Eureka-Gesellschaften zu Eureka (Nevada) construirt worden. Dieselbe
                              bildet einen 260mm langen Canal aus
                              galvanisirten Eisenblech und endet in eine 13mm hohe hölzerne Esse, welche hinter den Hüttengebäuden an der Bergseite steht, und deren
                              Spitze um ungefähr 65m höher liegt als die
                              Arbeitsthüren der Oefen. Dieser Condensationscanal nimmt den Rauch und die Dämpfe
                              von drei großen Oefen auf, in denen täglich 150t Erze (meist zähe Schliche) durchgesetzt werden. Die hinter den Oefen
                              hinlaufenden und von da nach der Hügelseite hinübergehenden 80m dieses Canales sind aus starkem
                              Eisenblech construirt, dessen Platten zu der Form eines fünfseitigen Prismas
                              zusammengenietet sind; die beiden oberen Kanten des letzteren sind schwach
                              abgerundet. Dieser Theil des Condensationscanales ist mittels eiserner Stangen
                              horizontal an hölzernen Böden so aufgehängt, daß seine scharfe Kante nach unten
                              gerichtet ist. Ungefähr 1m,3 unter seinem
                              unteren Ende läuft ein Schienenweg seiner ganzen Länge nach hin. An der einen Seite
                              des Canales und an der unteren Kante desselben sind in regelmäßigen Abständen kleine
                              Schiebethüren angebracht; werden dieselben geöffnet, so fällt der Flugstaub in den
                              darunter stehenden Wagen. Der Canal ist in diesem Theile zur Aufnahme sämmtlicher
                              Bleidämpfe etc. genügend weit. Die Skizze in Fig. 4 gibt sowohl von den
                              Dimensionen, als von der Constructionsweise des Apparates eine Vorstellung.
                           Wo der Canal unter Tage tritt, hat er noch größere Abmessungen, er ist nämlich am
                              oberen Theile 3m weit bei 2m,6 Tiefe; allein von diesem Punkte ab, die
                              ganze Strecke hügelaufwärts bis zu dem hölzernen Schornsteine, bildet er eine
                              einfache, in den Erdboden eingeschnittene, oben mit Eisenblech bedeckte Abzucht ohne
                              jede Ausfütterung.
                           Während der Gesammtverlust an dem durch die dokimastische Probe festgestellten Werthe
                              der Erze im J. 1873 sich auf 20 Proc. belief, reducirte sich derselbe im J. 1874,
                              nach dem Baue des Condensationscanales, auf 12 Proc., wovon ein guter Antheil auf
                              die producirte Speise zu rechnen ist. Nur die ersten 80m des Canales bedürfen öfterer Reinigung;
                              der unter Tage befindliche Theil erfordert dies erst in langen Zwischenräumen. Schon
                              in dem blechenen Theile allein werden, wenn alle drei Oefen im Betriebe stehen,
                              täglich 9 bis 10t Flugstaub und Gestübbe
                              aufgefangen. Diese Absätze erweisen sich beim Probiren stets an Edelmetall reicher
                              als die zur Verhüttung kommenden Erze selbst, und wenn man den Werth der letzteren
                              nur zu 55 Dollars pro Tonne annimmt, so kann man leicht beurtheilen, welche
                              außerordentlich große Ersparniß mit Hilfe dieses einfachen Apparates erreicht
                              wird.
                           Die zweite der oben gedachten Condensationsvorrichtungen ist auf den
                              Waterman-Hüttenwerken zu Stockton in Utah von Ayres errichtet worden und als eine Condensationskammer zu bezeichnen. Die wesentlichsten Theile derselben
                              sind aus den beiden Skizzen Fig. 5 und 
                              Fig. 6 zu
                              ersehen. Zur Zeit von Eilers' Besuch der Werke stand der
                              Ofen im Betriebe, so daß eine Bestimmung der lichten Dimensionen der
                              Flugstaub- und Gestübbekammer unausführbar war; doch erhielt er einige
                              derselben durch den damaligen Betriebsdirector der Werke, Geo. P. Lockwood. Die beiden Skizzen werden von der Einrichtung
                              der Kammer, welche theilweise, wenigstens was die Verwendung der archimedischen
                              Schnecke betrifft, neu ist, einen wenigstens annähernden Begriff zu geben im Stande
                              sein.
                           F ist der Schachtofen, A der
                              vom letzteren zur Condensationskammer führende Fuchs, B
                              die kleinere und C die größere Abtheilung der Kammer.
                              Eine Schnecke E ist in einem mit Theer angestrichenen
                              Eisenblechcylinder eingeschlossen und wird von außen durch die Riemenscheibe p in Drehung gebracht. Die Klappe H dient zum Entleeren des in der Kammer angesammelten Flugstaubes etc.;
                              die Reinigung der Scheidewand, zwischen den beiden Abtheilungen der
                              Condensationskammer, und des Cylinders E erfolgt durch
                              eine mit dem Schieber d verschlossene Oeffnung. Endlich
                              bezeichnet a drehbare Vorrichtungen zur Zuführung feiner
                              Wasserstrahlen, durch welche die Wände der Kammer (Regenkammer) feucht erhalten
                              werden, und c den Wasserstand auf dem Boden der Kammer
                              und im Cylinder.
                           Wenn der Ofen F in Betrieb gesetzt wird, so ist die
                              Kammer kalt und der durch den Schornstein D
                              stattfindende Zug ist ungenügend, so daß Gefahr von Explosionen seitens des
                              flammenden Ofens vorhanden ist. Deshalb wird anfänglich die Gichtmündung des
                              letzteren theilweise geöffnet. Nach Verlauf von 8 bis 10 Stunden ist die Kammer
                              hinlänglich angewärmt und das Flammen des Ofens hat so weit aufgehört, daß seine
                              Gicht geschlossen und den entweichenden Gasen der Zutritt in die Kammer nunmehr
                              gestattet werden kann. Indem dieselben in A und B einziehen, können sie nur durch den sich umdrehenden
                              Cylinder E entweichen, in welchem, da zwei Drittel
                              seines Fassungsraumes unter Wasser sich befinden, die Gase vollständig abgekühlt
                              werden, während der mitgerissene Flugstaub sich entweder im Wasser oder an den
                              Wänden von C absetzt. Die Wände der beiden
                              Kammerabtheilungen B und C
                              werden nämlich mit Hilfe der Vorrichtungen a, a
                              continuirlich mit einem feinen Spritzregen benetzt, während die nicht condensirten
                              Gase durch die Esse D abziehen.
                           Der Cylinder E macht 65 Umdrehungen in der Minute, wenn
                              der Apparat in Thätigkeit ist. Die ihm mitgetheilte Geschwindigkeit muß natürlich zu
                              der Menge der aus dem Ofen abziehenden Gase im richtigen Verhältnisse stehen.
                           
                           Der Boden der Kammer ist von allen Seiten nach der Austragsklappe H zu geneigt, durch welche der angesammelte Flugstaub
                              nach Verlauf von je 24 Stunden in besondere, außerhalb des Ofengebäudes angebrachte
                              Klärsümpfe ausgeleert wird, aus denen man die klare Flüssigkeit nach je 12 Stunden
                              abzieht. Der Boden der Condensationskammer wird nach jeder Reinigung mittels eines
                              Schlauches wieder mit Wasser versehen. Um das letztere fortwährend auf dem Niveau
                              c zu erhalten, ist ein Ueberfall angebracht, über
                              welchem das durch die Strahlvorrichtung a, a
                              ununterbrochen zugeführte Wasser abfließen kann. Das Dach der Kammer ist aus leicht
                              gebogenen, 10mm starken Kesselplatten
                              hergestellt, welche lose aufeinander gelegt sind.
                           Diese Kammern können noch in verschiedener Weise verbessert werden. Um z.B. den
                              Absatz von Flugstaub bei A zu verhüten, müßte man der
                              Wölbung des Bogens unter A einen Winkel von etwa
                              45° geben oder den ganzen Canal hier unter steiler Neigung aufwärts oder
                              abwärts führen. Auch sind die Dimensionen der Kammerabtheilungen kleiner, als sie
                              sein sollten. Es läßt sich nicht bezweifeln, daß bei zwei Kammern von mindestens 5
                              × 5 und 8m Höhe, die mit Hilfe von
                              Netzvorrichtungen von oben her gekühlt werden, der zweifelsohne etwas beschwerliche
                              Cylinder nebst Schnecke ganz wegfallen könnte. Indessen leistet die
                              Condensationskammer schon in ihrer jetzigen Form treffliche Dienste, indem sie eine
                              Ersparniß von 11 Proc. des als Schlich durchgesetzten Erzes ermöglicht, was bei
                              keiner anderen Silberhütte in Utah der Fall ist. Das mit zunehmender Teufe der
                              Abbaue sich vermehrende Vorkommen von geschwefelten Erzen machte das Verschmelzen
                              des schon seit Jahren erzeugten, aber trotz seines Silber- und Bleigehaltes
                              vernachläßigt gebliebenen ersten oder Bleisteines zur Nothwendigkeit und wurde zuerst durch Wartenweiler von Winnamuck in Utah eingeführt, wodurch
                              nicht nur eine Erhöhung des Blei- und Silberausbringens, sondern auch noch
                              manche andere, sehr materielle Vortheile erreicht wurden. Der genannte Ingenieur hat
                              seiner Angabe zufolge dadurch nicht nur die Menge des theueren Eisenzuschlages von
                              20 auf 3,5 Proc. pro Centner Beschickung hinabgedrückt, sondern auch eine
                              Brennmaterialersparniß von 28 Proc. des ehemaligen Verbrauches erzielt, indem
                              früher, bevor man der Beschickung geröstete Steine zuschlug, per Tonne 186k oder 20,24 Proc. Brennstoff verbraucht
                              wurden, jetzt aber nur noch 133k oder 14,6
                              Proc. erforderlich sind. Die durch das – bei manchen Theilen drei- bis
                              viermal nöthige – Rösten etc. des Steines bedingte Erhöhung der Hüttenkosten
                              betragen nur 4 Dollars per Tonne. Schließlich bleibt natürlich ein kleiner
                              Bruchtheil des ursprünglichen Gehaltes als silberhaltiger, oft auch goldhaltiger
                              Kupferstein zurück, der nicht an Ort und Stelle weiter verhüttet, sondern, wie schon
                              erwähnt, in diesem Zustande in den Handel gebracht wird.
                           
                              H. H.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
