| Titel: | Ueber abnorme Salzgehalte in Zuckerrüben; von J. Weinzierl. | 
| Autor: | J. Weinzierl | 
| Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 337 | 
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                        Ueber abnorme Salzgehalte in Zuckerrüben; von
                           J. Weinzierl.
                        Weinzierl, über abnorme Salzgehalte in Zuckerrüben.
                        
                     
                        
                           Unter den vielen interessanten Erscheinungen, welche ich im Laufe zweier Campagnen
                              als technischer Dirigent einer Rübenzuckerfabrik in Italien zu beobachten
                              Gelegenheit hatte, war eine der auffallendsten der wiederholt auftretende hohe
                              Salzgehalt der erzielten Producte.
                           Im Winter des Jahres 1872 wurde mir von der landwirthschaftlichen Versuchsstation
                              Caserta, bei Neapel, eine Quantität Rüben, welche dort auf Veranlassung des
                              Ministeriums probeweise gezogen worden waren, unentgeltlich, nur unter der
                              Bedingung, die Menge des daraus erzielten Zuckers bekannt zu geben, angeboten.
                              Vorzugsweise um das junge Institut der italienischen Versuchsstationen und die
                              Interessen der Industrie zu fördern, nahm ich das Anerbieten an, obgleich mir der
                              Zuckergehalt der Rüben zu nur 6 Proc. im Durchschnitt angegeben wurde. Um dieselbe
                              Zeit war ich in der unangenehmen Lage, Rüben von wenig höherem Zuckergehalt
                              verarbeiten zu müssen, und erzielte daraus doch noch, wenn auch wenig, leidlich
                              weißen Zucker.
                           Die Gesammtmenge der mir zugesendeten Rüben betrug 6400k. Bei ihrer Ankunft in der Fabrik boten
                              dieselben eine Musterkarte der verschiedensten Sorten, aber in so abenteuerlichen
                              Auswüchsen, daß von einer genaueren Unterscheidung kaum die Rede sein konnte. Die
                              Köpfe waren durchschnittlich eben so groß, zuweilen noch größer als die Wurzel,
                              deren unteres Ende meist seitwärts oder nach oben gekrümmt war, wahrscheinlich in
                              Folge des in hartem Boden ausgeführten Verpflanzens. Der Umstand, daß zwischen Kopf
                              und Rübe kein nennenswerther Unterschied im Zuckergehalte bestand, und die an sich
                              kleine Rübenmenge veranlaßte mich vom Köpfen ganz abzusehen.
                           Vier der Reibe entnommene Breiproben (ohne Wasserzulauf) ergaben im Durchschnitt:
                           
                              
                                 Spec. Gewicht des Saftes
                                 In 100 Theilen Saft
                                 
                              
                                 1,0410
                                 5,55 Proc. Zucker,
                                 4,60 Proc. Nichtzucker.
                                 
                              
                           
                           Der mittels hydraulischen Pressen und Schrauben-Vorpressen gewonnene Saft
                              wurde nach doppelter Saturationsscheidung über 14 Proc. neue gut gewaschene
                              Knochenkohle filtrirt und dann, weil die Saftmenge für den Verdampfapparat zu klein
                              war, im Kochapparat zur Fadenprobe eingekocht. Schon beim Ablassen zeigte sich
                              feines Korn in der Masse. Ich erhielt ca. 3 Proc. vom Rübengewicht einer unangenehm
                              salzig, wenig süß schmeckenden Füllmasse.
                           Nach 12 Stunden wurde der erste Versuch gemacht, zu centrifugiren, der jedoch
                              vollständig mißlang, weil das Korn noch so fein war, daß es mit dem Syrup durch das
                              Sieb ging. Nach zehntägigem Stehen in geheiztem Raume wiederholte ich das Experiment
                              mit besserem Erfolge; der Syrup lief langsam ab und hinterließ in der Centrifuge
                              eine leimartig zusammenhängende Masse. Dieselbe, mit wenig Wasser aufgemaischt,
                              schien sich gut trocken zu schleudern, und ich gab nun versuchsweise eine kleine
                              Wasserdecke und etwas Dampf. Von 58l
                              Füllmasse blieben so nicht ganz 10k einer
                              grauweißen, feinkörnigen Krystallisation in der Centrifuge, die statt süß, bitter
                              kühlend schmeckte und, auf glühende Kohlen geworfen, lebhaft verpuffte. Aus einer
                              heißen Lösung des Salzes schossen bis zum nächsten Morgen schöne, 30 bis 40mm lange Säulen an, welche deutlich
                              Salpetersäure- und Kali-Reaction zeigten. Es blieb kein Zweifel, ich
                              hatte als erstes Product statt Zucker Kalisalpeter
                              erhalten.
                           Das Vorkommen großer Mengen von Salpeter in der Rübe ist nicht neu. Ich erinnere
                              daran, daß vor mehreren Jahren Aehnliches, als in einer ungarischen Fabrik
                              beobachtet, auf der Versammlung des Vereins für die Rübenzucker-Industrie
                              mitgetheilt wurde. Obgleich ich nun kaum glaube, daß in Deutschland derartige
                              Zuckerrüben zur Verarbeitung kommen dürften, und obgleich, nach den neueren Arbeiten
                              über Melassebildung, die Furcht vor den krystallisirbaren Salzen im Safte
                              hoffentlich sehr reducirt wurde, möchte ich doch auf den Gegenstand, als mit der
                              Boden- und Düngerfrage innig zusammenhängend, aufmerksam machen.
                           Die AnalyseUeber die dabei befolgten Methoden sehe man meine frühere, denselben
                                    Gegenstand betreffende Mittheilung in der Zeitschrift des Vereins für die
                                    Rübenzucker-Industrie im deutschen Reiche, 1875 Bd. 25 S. 557. der erhaltenen Producte, soweit sie mit den bescheidenen Mitteln eines
                              kleinen Fabriklaboratoriums ausgeführt werden konnte, ergab folgendes Resultat:
                           
                           1. Füllmasse aus den Rüben von
                                 Caserta.
                           
                              
                                 Rohrzucker
                                 
                                 
                                   51,73 Proc.
                                 
                              
                                 Invertzucker
                                 
                                 
                                     0,51    „
                                 
                              
                                 Wasser
                                 
                                 
                                   11,66    „
                                 
                              
                                 Sand, Thon, Eisen etc.
                                 
                                 
                                     0,32    „
                                 
                              
                                 Schwefelsaures Kali
                                 
                                 
                                     0,83    „
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                 
                                 
                                     3,57    „
                                 
                              
                                 Salpetersaures Kali
                                 
                                 
                                     9,09    „
                                 
                              
                                 Zumeist an organische
                                    Substanz      
                                    gebunden
                                 
                                    
                                    
                                 KaliNatronKalk
                                     1,91    „    1,50    „    0,08    „
                                 
                              
                                 Nicht näher bestimmte, meist
                                    organische       Substanzen
                                    und Verlust
                                   18,80    „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 100,00 Proc.
                                 
                              
                           
                              
                                 Asche
                                 
                                    
                                    
                                 löslicheunlöslichezusammen
                                 14,81
                                    Proc.  0,46    „–––––––––15,27
                                    Proc.
                                 
                              
                           2. Erstes Product aus den Rüben von
                                 Caserta.
                           
                              
                                 Rohrzucker
                                   48,48 Proc.
                                 
                              
                                 Invertzucker
                                     0,51    „
                                 
                              
                                 Wasser
                                     1,60    „
                                 
                              
                                 Salpetersaures Kali
                                   38,93    „
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                     0,18    „
                                 
                              
                                 Nicht näher bestimmte Substanzen
                                    und    Verlust
                                   10,30    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00 Proc.
                                 
                              
                           
                              
                                 Asche
                                 
                                    
                                    
                                 lösliche .unlöslichezusammen
                                 34,09
                                    Proc  0,40    „–––––––––34,49
                                    Proc.
                                 
                              
                           
                              
                                 Raffinationswerth nach Dr. Scheibler
                                      43,66 Proc.
                                 
                              
                                 Schwefelsäure-Asche
                                     
                                    37,97    „
                                 
                              
                                 Daraus berechnetes Rendement
                                 – 141,88    „
                                 
                              
                           Unter den Krystallisationsgefäßen, welche in der Fabrik von Castellaccio bei Anagni
                              das dritte Product der Campagne 1872 enthielten, fand sich beim Centrifugiren ein
                              Gefäß, in dessen Ecken sich schön ausgebildete Gruppen von Salpeterkrystallen
                              zeigten, aus denen durch Waschen mit wässerigem Alkohol das Salz ziemlich rein
                              erhalten werden konnte. Auch der geschleuderte Zucker aus diesem Kasten war gemengt
                              mit langen Salpeternadeln. Die diesem Nachproducte entsprechenden Rüben hatten im
                              Betriebe durch trübe Säfte und nassen Schlamm eine unangenehme Störung
                              hervorgebracht, und wurde mir schon damals versichert, daß dieselben im Hordenschlag
                              mit Schafmist gedüngt worden seien.
                           
                           Die Zusammensetzung der durch freiwilliges Ablaufen vom Syrup befreiten
                              Krystallgruppen war folgende:
                           3. Drittes Product von Castellaccio.
                                 Campagne 1872/73.
                           
                              
                                 Rohrzucker
                                   68,98 Proc.
                                 
                              
                                 Invertzucker
                                     0,52    „
                                 
                              
                                 Wasser
                                     5,52    „
                                 
                              
                                 Salpetersaures Kali
                                   14,52    „
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                     0,52    „
                                 
                              
                                 Nicht näher bestimmte Substanzen
                                    und      Verlust
                                     9,94    „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00 Proc.
                                 
                              
                           
                              
                                 Asche
                                 
                                    
                                    
                                 löslicheunlöslichezusammen
                                 14,95
                                    Proc.  1,00    „–––––––––15,95
                                    Proc.
                                 
                              
                           
                              
                                 Raffinationswerth nach Dr. Scheibler
                                    56,73 Proc.
                                 
                              
                                 Schwefelsäure-Asche
                                    18,08    „
                                 
                              
                                 Daraus berechnetes Rendement
                                 – 21,94    „
                                 
                              
                           Zum Schluß der Campagne 1873/74 endlich erhielt ich den Auftrag, Rüben zu
                              verarbeiten, welche versuchsweise im Tiber-Thale, bei Monterotondo, unweit
                              Rom, gebaut worden waren und von welchen ich im Voraus überzeugt war, ein ähnliches
                              Product wie das von Caserta zu erhalten, da die Analyse ergab:
                           
                              
                                 In 100 Theilen Saft
                                 
                              
                                 9,0 Brix   
                                 4,82 Zucker    
                                 4,18 Nichtzucker.
                                 
                              
                           Die Rüben hatten durch die große Dürre alle Blätter verloren, dieselben jedoch nach
                              einem starken Herbstregen wieder vollständig entwickelt. Abgesehen von einem sehr
                              starken Kopfe, sahen sie nicht schlecht aus.
                           Meine Vermuthung traf ein; denn auch hier erhielt ich nur eine salzig schmeckende,
                              hauptsächlich aus Salpeter, Chlorkalium und Zucker bestehende Krystallisation. Die
                              Resultate der Analyse sind folgende:
                           4. Füllmasse aus den Rüben von
                                 Monterotondo.
                           
                              
                                 Rohrzucker
                                 
                                 
                                   56,66 Proc.
                                 
                              
                                 Invertzucker
                                 
                                 
                                     2,09    „
                                 
                              
                                 Wasser
                                 
                                 
                                   11,79    „
                                 
                              
                                 Sand, Thon, Eisen etc.
                                 
                                 
                                     0,30    „
                                 
                              
                                 Schwefelsaures Kali
                                 
                                 
                                     0,64    „
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                 
                                 
                                     2,83    „
                                 
                              
                                 Salpetersaures Kali
                                 
                                 
                                     4,48    „
                                 
                              
                                 Zumeist an organische
                                    Substanz      gebunden
                                 
                                    
                                    
                                 KaliNatronKalk
                                     1,57    „    1,50    „    0,51    „
                                 
                              
                                 Nicht näher bestimmte, meist
                                    organische      Substanzen und
                                    Verlust
                                   17,63    „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 100,00 Proc.
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Asche
                                 
                                    
                                    
                                 löslicheunlöslichezusammen
                                 12,03
                                    Proc.  1,21    „––––––––––13,24
                                    Proc.
                                 
                              
                           5. Erstes Product aus den Rüben von
                                 Monterotondo.
                           (Ohne Wasser- und Dampfdecke centrifugirt.)
                           
                              
                                 Rohrzucker
                                   77,25 Proc.
                                 
                              
                                 Invertzucker
                                     1,31    „
                                 
                              
                                 Wasser
                                     5,32    „
                                 
                              
                                 Salpetersaures Kali
                                     6,03    „
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                     0,74    „
                                 
                              
                                 Nicht näher bestimmte Substanzen
                                    und      Verlust
                                     9,35    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00 Proc.
                                 
                              
                           
                              
                                 Asche
                                 
                                    
                                    
                                 löslicheunlöslichezusammen
                                   9,91
                                    Proc.  0,13    „–––––––––10,04
                                    Proc.
                                 
                              
                           
                              
                                 Raffinationswerth nach Dr. Scheibler
                                        60,89
                                    Proc.
                                 
                              
                                 Schwefelsäure-Asche
                                   
                                    10,76    „
                                 
                              
                                 Daraus berechnetes Rendement
                                 + 22,14    „
                                 
                              
                           Ueber die Kultur der Rüben, aus welchen die untersuchten Substanzen stammen, kamen
                              mir trotz aller Bemühungen nur sehr spärliche Notizen zu. Die Rüben von Caserta
                              waren, wie ich Nicola
                              Miraglia: Relazione intorno ai risultamenti della
                                 coltivazione delle barbabietole zuccherine in Italia nel 1872 entnehme, in
                              fünf verschiedenen Parcellen mit „erdigen Aschen“ (Cenere terrose), durch Schwefelsäure aufgeschlossene
                              Knochen, Bohnen als Gründünger und Salmiak gedüngt worden. Der von der Firma Platz in Erfurt bezogene Same war bezeichnet:
                              „Weiße Schlesische“, „Imperial“,
                              „Disette d'Allemagne“,
                              „Vilmorin“, und „Magdeburger“
                              Rübe.
                           Es heißt in dem Bericht des Hrn. Miraglia weiter:
                           
                              „Alle von der Versuchsstation Caserta gezogenen Varietäten gaben
                                 Zuckermengen, welche mit Ausnahme eines einzigen Falles, 5 und 9
                                 GewichtsprocenteSoll wahrscheinlich „5,9 Gewichtsprocente“
                                       heißen.J. W. nicht überschritten. Sehr wahrscheinlich muß dieses ungünstige Resultat
                                 dem Umstande zugeschrieben werden, daß die Versuche in einer für die Rüben zu
                                 späten Zeit ausgeführt wurden.“
                              
                           In Monterotondo waren die Rüben angeblich in ungedüngtem, im Frühjahre
                              tiefgepflügtem, mit Exstirpator und Egge bearbeitetem Boden gebaut, verzogen und
                              zweimal behackt worden. Wie schon erwähnt, hatten dieselben von der Dürre sehr
                              gelitten.
                           
                           Ueber Bodenverhältnisse, Vorfrucht u.s.w. ist mir in beiden Fällen nichts bekannt
                              geworden. Dagegen erlaube ich mir, auf einen anderen Umstand aufmerksam zu machen,
                              welcher meiner Meinung nach bei den Rüben von Monterotondo, abgesehen von der durch
                              die üppige zweite Vegetation bedingten Zuckerverminderung, sehr viel zu der abnormen
                              Salzaufnahme beigetragen hat. Es ist dies der Same, von welchem die Rüben
                              stammten.
                           Ich machte in demselben Jahre in der Nähe der Fabrik von Castellaccio auf je 144qm einen kleinen Anbauversuch, um für die
                              Auswahl des Samens zu einer nächsten Campagne Anhaltspunkte zu gewinnen, weil ich
                              von der Ansicht ausging, daß für die besonderen klimatischen und Bodenverhältnisse
                              der geeignetste Same erst gefunden werden müsse.
                           Die Kerne waren in den Tagen vom 13. bis 17. März gelegt, die Rüben natürlich ganz
                              gleich behandelt und am 15. August und 30. October untersucht worden; sie hatten
                              durch Dürre und Blattnachwuchs um Ende September ebenfalls stark gelitten. Den unten
                              angewendeten Buchstaben entsprechen folgende Samensorten: V Italienischer, in Castellaccio gezogener; L
                              französischer (?); S belgischer (?); B deutscher, aus Magdeburg; J und E deutscher, aus der Gegend von Halle.
                              In Monterotondo waren die Rüben von dem mit L
                              bezeichneten Samen gezogen worden.
                           Am 15. August fand ich:
                           
                              
                                 
                                 
                                    V
                                    
                                 
                                    L
                                    
                                 
                                    S
                                    
                                 
                                    B
                                    
                                 
                                    J
                                    
                                 
                                    E
                                    
                                 
                              
                                 Brix
                                 17,90
                                 11,30
                                 14,40
                                 15,90
                                 15,40
                                      15,40 Proc.
                                 
                              
                                 Zucker
                                 15,27
                                   8,28
                                 11,51
                                 13,32
                                 12,60
                                  12,30    „
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                   2,63
                                   3,02
                                   2,89
                                   2,58
                                   2,80
                                   
                                    3,10    „
                                 
                              
                                 Quotient
                                 85,3
                                 73,3
                                 79,9
                                 83,8
                                 81,8
                                  79,3     
                                    „
                                 
                              
                                 Nichtzucker auf 100 Zucker
                                 17,2
                                 35,5
                                 25,1
                                 19,4
                                 22,2
                                  25,2     
                                    „
                                 
                              
                           Am 30. October ergab sich:
                           
                              
                                 
                                 
                                    V
                                    
                                 
                                    L
                                    
                                 
                                    S
                                    
                                 
                                    B
                                    
                                 
                                    J
                                    
                                 
                                    E
                                    
                                 
                              
                                 Brix
                                      7,10
                                      8,70
                                  10,60
                                 12,80
                                 14,10
                                       13,70
                                    Proc.
                                 
                              
                                 Zucker
                                      2,50
                                      4,12
                                  6,16
                                   9,28
                                 10,46
                                     8,28    „
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                      4,60
                                      4,58
                                  4,44
                                   3,52
                                   3,64
                                     5,42    „
                                 
                              
                                 Quotient
                                   35,2
                                   47,4
                                 58,1
                                 72,5
                                 74,2
                                    60,4    
                                    „
                                 
                              
                                 Nichtzucker auf 100 Zucker
                                 184,0
                                 111,2
                                 72,1
                                 37,9
                                 34,8
                                    65,4    
                                    „
                                 
                              
                           Wie erinnerlich, zeigten die Rüben von Monterotondo:
                           
                              
                                 Brix
                                   9,0   Proc.
                                 
                              
                                 Zucker
                                   4,82   „
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                   4,18   „
                                 
                              
                                 Quotient
                                 53,6     „
                                 
                              
                                 Nichtzucker auf 100 Zucker
                                 86,7     „
                                 
                              
                           
                           also eine nur wenig bessere Zusammensetzung. Es ist
                              ersichtlich, daß auch hier die mit L bezeichnete
                              Varietät, abgesehen von der V, von welcher im October
                              nur noch wenige, sehr große Exemplare in der Nähe eines Wassergrabens standen, in
                              jeder Beziehung die schlechteste war.
                           Ein anderer sehr gewichtiger Grund für meine oben ausgesprochene Ansicht, daß der
                              Same eine Hauptrolle bei solchen Entartungen spiele, ist der, daß in der folgenden
                              Campagne 1874/75 auf demselben Boden bei Monterotondo, bei gleicher Kultur, aber von
                              anderem SamenWahrscheinlich von dem mit S bezeichneten. über 2000000k Rüben geerndtet
                              wurden, welche sich gut verarbeitet und Weißen Pilé gegeben haben sollen, bei
                              dessen Untersuchung ich fand:
                           
                              
                                 Zucker
                                 99,29 Proc.
                                 
                              
                                 Wasser
                                   0,07    „
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                   0,64    „
                                 
                              
                           Rohzucker oder Füllmasse, in welcher man mit größerer Sicherheit die Abwesenheit oder
                              Anwesenheit salpetersaurer Salze hätte constatiren können, wurde mir von diesen
                              Rüben nicht zugeschickt.
                           Gewisse Rübenvarietäten nehmen also, wie es scheint, namentlich in ihren späteren
                              Wachsthumsperioden, große Mengen Salze aus dem Boden auf und werden dadurch für die
                              Zuckerfabrikation untauglich, während die besseren diese Eigenschaft nur in viel
                              geringerem Grade besitzen.
                           Auffallend ist es, daß in einem Falle die Abscheidung des Salpeters erst im dritten
                              Product erfolgte, während in dem entsprechenden ersten und zweiten Producte das
                              Vorkommen desselben nicht beobachtet wurde. Man kann diesen Umstand wohl durch die
                              größere Verdünnung der Salze in der zuckerreicheren Füllmasse erklären; ich
                              beabsichtige indessen doch, Versuche darüber anzustellen, ob etwa die in
                              eingekochten Nachproducten zuweilen auftretende Gährung bei alkalischer Reaction der
                              Massen zur Bildung von Salpetersäure aus stickstoffhaltigen Substanzen Anlaß geben
                              könnte.
                           Der Umstand, daß Rüben wie die angeführten auch in Italien zu den leicht zu
                              vermeidenden Ausnahmen gehören, überwand meine früheren Bedenken gegen die
                              rückhaltlose Veröffentlichung der vorstehenden Thatsachen.
                           Im Ganzen sind Boden und Klima, einige Gegenden ausgenommen, der Rübenkultur in
                              Italien nicht ungünstig. In der Campagne 1873/74 verarbeitete ich im regelmäßigen
                              Betriebe Rüben aus dem Sacco-Thale von folgender Zusammensetzung:
                           
                           
                              
                                 
                                 Campagne-Durchschnitt.
                                 BesteRübe.
                                 SchlechtesteRübe.
                                 
                              
                                 Brix
                                 16,0
                                 16,70
                                 12,40 Proc.
                                 
                              
                                 Zucker
                                 13,0
                                 14,53
                                   9,70    „
                                 
                              
                                 Nichtzucker
                                   3,0
                                   2,17
                                   2,70    „
                                 
                              
                                 Quotient
                                 81,3
                                 87,0
                                   78,2    „
                                 
                              
                                 Nichtzucker auf 100 Zucker
                                 23,1
                                 14,9
                                   27,8    „
                                 
                              
                           und erzielte daraus Pilé von 99,2 bis 99,6 Proc.
                              Polarisation und centrifugirten ungedeckten Rohzucker von der Zusammensetzung:
                           
                              
                                   Zucker
                                 95,10 Proc.
                                 
                              
                                   Wasser
                                   1,93    „
                                 
                              
                                   Asche
                                   1,06    „
                                 
                              
                                   Organischer
                                    Nichtzucker                 
                                   1,91    „
                                 
                              
                                 Raffinationswerth nach Dr. Scheibler 92 Proc.
                                 
                              
                           Es sind dies Resultate, welche mit Rücksicht auf die mangelhafte Fabrikeinrichtung,
                              namentlich auf die sehr schwache Filtration, gewiß nicht zu Ungunsten der
                              italienischen Rüben sprechen.
                           Aus dem Klima erwachsen für die Fabrikation keinerlei Schwierigkeiten, welche nicht
                              durch umsichtige Leitung und mit bekannten Mitteln überwunden werden könnten. Die in
                              trockenen Jahrgängen auftretende holzige Beschaffenheit der Rübe dürfte die
                              Zuckerfabriken Italiens sehr bald zur Einführung der Diffusion anregen, und so wird
                              denn auch dort dieses Saftgewinnungsverfahren sich rasch das Feld erobern. Nur die
                              Conservirung größerer Rübenmengen muß noch eingehenden Studien unterworfen werden;
                              dagegen genießt man bei zweckmäßiger Zeiteintheilung den Vortheil, einen großen
                              Theil derselben frisch vom Felde weg verarbeiten zu können.
                           Die Brennmaterialpreise sind in Folge der sich mehrenden Erschließung reicher
                              Kohlen- und Lignitlager nicht hoch, Arbeitskräfte in vielen Gegenden sehr
                              billig und die Zuckerpreise recht günstig.
                           Die Zuckerfabrikation in Italien kann demnach als vollkommen lebensfähig und
                              gewinnbringend angesehen werden, sobald derselben ihre natürliche
                              landwirthschaftliche Grundlage gesichert und wenn die Verwaltung möglichst
                              vereinfacht und von sachverständigen, mit den Verhältnissen des Landes vertrauten
                              Personen geleitet wird. Der Mangel einer oder aller dieser Bedingungen ist Ursache,
                              daß die Mehrzahl der dortigen Fabriken nicht gedeiht.
                           Neuerdings ist die Bildung einer Gesellschaft von Besitzern ländlicher Güter zur
                              Beförderung des Rübenbaues in Italien angeregt, um für eine französische
                              Actiengesellschaft, welche den Bau mehrerer Zuckerfabriken beabsichtigt, die
                              Rübenlieferungen sicher zu stellen. Ein ähnliches Unternehmen von deutscher Seite
                              trüge gewiß sehr viel dazu bei, die Sympathien zwischen beiden Nationen zu erhöhen,
                              und würde zum Segen für Hunderte arbeitslustiger, in den elendesten Verhältnissen
                              lebender ländlicher Arbeiter. Der italienischen Regierung aber kann im Interesse des
                              Landes die energische Förderung und wirksame Unterstützung dieses wichtigen
                              Industriezweiges nicht dringend genug empfohlen werden.
                           Gr. Glogauer Zuckerfabrik, im October 1875.