| Titel: | Die mechanische Wirkung des Lichtes; von W. Crookes. | 
| Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 495 | 
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                        Die mechanische Wirkung des Lichtes; von
                           W. Crookes.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              XI [d/3].
                        Crookes, über die mechanische Wirkung des Lichtes.
                        
                     
                        
                           Das große Interesse, welches einige neuerdings in Gegenwart der Mitglieder der Royal
                                 Society von mir angestellten Versuche über die mechanische Wirkung des Lichtes
                              erregt haben, gibt mir Anlaß, meine in den letzten 3 oder 4 Jahren angestellten
                              Beobachtungen, sowie die dazu dienlichen Instrumente in kurzen Umrissen zu beschreiben. Ich hoffe dadurch
                              den Leser von den stufenweisen Fortschritten zu überzeugen, welche zu dem
                              vollgiltigen Beweis geführt haben, daß die strahlende Wärme eine Triebkraft ist.
                           Den Impuls zu den ersten Versuchen gaben einige Wahrnehmungen, die ich beim Abwägen
                              schwerer Theile eines Glasapparates in einer chemischen Waage gemacht hatte.
                              Letztere war in einem eisernen Kasten eingeschlossen, aus welchem die Luft
                              ausgepumpt werden konnte. Wenn die Temperatur der gewogenen Substanz größer war als
                              die der umgebenden Luft und der Gewichte, so macht sich eine Abweichung von dem
                              Gravitationsgesetze bemerklich. Es wurden nun Versuche angeordnet, welche darauf
                              hinzielten, die Wirkung wahrnehmbarer zu machen und die Fehlerquellen zu
                              beseitigen.
                           Meine ersten Versuche stellte ich mit Apparaten an, welche nach dem Princip der Waage
                              construirt waren. Ein äußerst feiner und leichter Arm, an dessen Enden Kügelchen von
                              verschiedenen Stoffen befestigt wurden, balancirte in einer Glasröhre auf der Spitze
                              einer Nadel. Die Stoffe, womit ich experimentirte, waren Glas, Holzkohle, Holz,
                              Elfenbein, Kork, Selen, Platin, Silber, Aluminium, Magnesium und verschiedene andere
                              Metalle. Der empfindlichste für den Hauptversuch construirte Apparat enthielt als
                              Waage einen Strohhalm mit Hollundermark an den Enden. Fig. 30 gibt eine
                              allgemeine Ansicht dieses Apparates. A ist die zur
                              Sprengel'schen Luftpumpe gehörige Röhre, B der
                              Dessicator. Letzterer ist mit Glasperlen angefüllt, welche mit Schwefelsäure
                              angefeuchtet sind. C bezeichnet die Röhre, welche den
                              Waagebalken aus Stroh mit den Markkügelchen umschließt; sie ist an einem Ende in
                              einen engen Hals ausgezogen, dessen Verbindung mit der Pumpe in jedem Stadium der
                              Evacuation leicht aufgehoben werden kann. D ist die
                              Barometerprobe (Manometer) der Luftpumpe, und dicht neben dieser befindet sich das
                              gewöhnliche Barometer E.
                           Während der Apparat noch mit Luft gefüllt war, hielt ich eine Spiritusflamme bei b unter die Röhre C, wobei
                              ich die Bewegung des Waagebalkens mit Hilfe eines Mikrometers beobachtete. Das
                              Markügelchen senkte sich an dieser Stelle ein wenig, und stieg gleich darauf um ein
                              Beträchtliches über seine ursprüngliche Lage. Es hatte den Anschein, als ob die
                              Wärme eine Anziehung auf dasselbe ausgeübt habe, die jedoch augenblicklich von
                              aufsteigenden Luftströmen überwogen wurde. Ein heißer Metall- oder Glasstab
                              und eine mit heißem Wasser gefüllte Röhre, an dieselbe Stelle bei b gehalten, brachten die gleiche Wirkung hervor; bei a gehalten, bewirkten sie ein leichtes Steigen des
                              Kügelchens.
                           
                           Der nämliche Erfolg zeigte sich, wenn der heiße Körper dem anderen Ende des
                              Waagebalkens genähert wurde. In diesen Fällen genügte das Vorhandensein von
                              Luftströmen, um sich das Steigen des Kügelchens unter dem Einflusse der Wärme zu
                              erklären.
                           Um nun die Wärme in einer regelmäßigeren Weise wirken zu lassen wurde ein Thermometer
                              in eine Glasröhre Fig. 31 geschoben, deren eines Ende eine Glaskugel von ungefähr 1 1/2
                              Zoll (38mm) Durchmesser bildete. Diese
                              Röhre wurde mit Wasser gefüllt, sorgfältig geschlossen und auf einem drehbaren
                              Ständer angeordnet, so daß ich sie, ohne das Auge von dem Mikrometer zu wenden, mit
                              Hilfe einer Schnur in die gewünschte Lage bringen konnte. Die Temperatur des Wassers
                              wurde auf 70° C. erhalten, während die des Laboratoriums ungefähr 15°
                              betrug. Die Glaskugel wurde bei b unter das
                              Hollundermarkkügelchen gebracht, während das Barometer auf 767mm stand, und das Manometer auf Null
                              zeigte. Das Kügelchen erhob sich rasch. Hierauf wurde die Wärmequelle entfernt, und,
                              sobald das Gleichgewicht wieder hergestellt war, die Kugel mit dem heißen Wasser
                              oberhalb des Markkügelchens bei a gehalten, worauf das
                              letztere wieder stieg, jedoch langsamer als im ersten Falle. Jetzt wurde die
                              Luftpumpe in Thätigkeit gesetzt, und als das Manometer 147mm unter der Barometerhöhe stand, der
                              Versuch wiederholt. Es ergab sich ein ähnliches, nur schwächeres Resultat. Die
                              Evacuirung wurde nun fortgesetzt, indem man die Thätigkeit der Luftpumpe von Zeit zu
                              Zeit einstellte, um die Wirkung der Wärme zu beobachten, wobei es sich zeigte, daß
                              die Einwirkung des heißen Körpers mit zunehmender Luftverdünnung regelmäßig abnahm,
                              bis bei einem Manometerstand von ungefähr 12mm unter der Barometerhöhe der Einfluß der Wärme kaum noch bemerkbar war.
                              Als der Unterschied zwischen dem Barometer- und dem Manometerstaude nur noch
                              7mm betrug, hatte weder das heiße
                              Wasser, noch die heiße Stange, noch die Spiritusflamme eine wahrnehmbare Bewegung
                              des Markkügelchens zur Folge.
                           Aus diesem Versuch ergab sich die unbestreitbare Folgerung, daß das Steigen des
                              Markkügelchens nur Luftströmungen zuzuschreiben und daß bei diesem annähernden
                              Vacuum die noch übrige Luft zu stark verdünnt war, um bei ihrem Aufsteigen die Kraft
                              zu besitzen, die Trägheit des Strohhebels und der Markkügelchen zu überwältigen. Ein
                              empfindlicheres Instrument würde zwar bei noch weiterer Annäherung an das Vacuum
                              unzweifelhaft Spuren von Bewegung zeigen. Es schien jedoch einleuchtend, daß, wenn
                              die letzte Luftspur aus der die Waage umschließenden Röhre beseitigt werden könnte,
                              das Markkügelchen unbeweglich bliebe, an welche Stelle man auch den heißen Körper halten
                              würde.
                           Die Luftpumpe wurde im Gang erhalten. Als ich nun wieder die Wärmequelle von unten
                              auf das Instrument wirken ließ, zeigte das Resultat, daß ich von der Entdeckung des
                              Gesetzes, welches dieses Phänomen beherrscht, noch weit entfernt war; das
                              Markkügelchen erhob sich stetig und ohne jene Zögerung, welche sich bei geringeren
                              Verdünnungen bemerklich gemacht hatte. Als dem Manometer nur noch 3mm bis zum Barometerstand fehlten, war das
                              Steigen des Kügelchens, wenn ein heißer Körper von unten applicirt wurde, demjenigen
                              gleich, welches in Luft von gewöhnlicher Dichtigkeit stattgefunden hatte, während
                              bei gleichem Manometer- und Barometerstand die Bewegungen nach oben nicht nur
                              bestimmter sich ausprägten, als dieses in der Luft der Fall gewesen war, sondern
                              auch schon unter dem Einflusse einer weit geringeren Wärme erfolgten. Die Annäherung
                              des Fingers z.B. trieb das Kügelchen augenblicklich so weit, als es nur ging,
                              zurück.
                           Zur weiteren Bestätigung dieser unerwarteten Resultate lieh ich die Luft allmälig
                              wieder in den Apparat einströmen, und beobachtete das Instrument bei sinkendem
                              Manometer. Die nämlichen Wirkungen zeigten sich in umgekehrter Ordnung, wobei der
                              neutrale Zustand eintrat, wenn der Manometerstand ungefähr 7mm unterhalb des Vacuums betrug. Ein Stück
                              Eis hatte genau die entgegengesetzte Wirkung wie ein heißer Körper.
                           Da die Luft einen so entschiedenen Einfluß auf die Wirkung der Wärme ausübte, so
                              wurde ein Apparat construirt, bei welchem die Wärmequelle (eine durch Elektricität
                              glühend gemachte Platinspirale) innerhalb der Vacuumröhre, anstatt außerhalb
                              derselben, sich befand und die Hollundermarkkügelchen durch Messingkügelchen ersetzt
                              waren. Durch sorgfältige Manipulation und Drehung der Röhre konnte ich das
                              äquilibrirte Messingkügelchen oberhalb, unterhalb und seitwärts der Wärmequelle
                              placiren. Mit diesem Apparate stellte ich mehrfache Versuche an, um das Verhalten
                              der Waage während der Evacuirung, sowohl unterhalb als oberhalb des Punktes, an
                              welchem keine Einwirkung mehr stattfindet, ferner um den diesem neutralen Punkte
                              entsprechenden Druck zu ermitteln. Bei einem dieser Versuche wurde die Luftpumpe im
                              Gang erhalten, bis das Manometer noch 5mm
                              unter der Barometerhöhe stand. Als das Kügelchen oberhalb der Spirale angeordnet und
                              der Contact mit der Batterie hergestellt wurde, war die Attraction immer noch stark,
                              indem sie das Kügelchen um 2mm abwärts zog.
                              Es wurde weiter gepumpt, bis die Differenz zwischen dem Manometer- und Barometerstand kaum noch
                              ein 1mm betrug. Die anziehende Wirkung der
                              heißen Spirale auf die Kugel war immer noch augenscheinlich, die Bewegung der
                              letzteren aber minder entschieden als vorher. Das Manometer stieg, bis die Differenz
                              zwischen ihm und dem Barometer nur noch 1/2mm betrug. Bei dieser an das Vaccuum grenzenden Verdünnung hörte man die
                              metallisch klingenden Schläge des herabstürzenden Quecksilbers, welches nur dann und
                              wann eine Luftblase mit sich hinabriß. Beim Schließen des Batteriestromes zeigte
                              sich nur eine äußerst schwache Bewegung des Messingkügelchens in der
                              Attracionsrichtung der Spirale. Die Luftpumpe wurde im Gang erhalten. Beim nächsten
                              Schluß der galvanischen Kette konnte eine Bewegung nicht mehr wahrgenommen werden.
                              Die rothglühende Spirale übte weder eine anziehende noch abstoßende Wirkung aus. Ich
                              war also bei dem neutralen Punkte angelangt. Ein Blick
                              auf das Manometer zeigte, daß das Quecksilber desselben mit dem des Barometers in
                              gleichen Niveau stand.
                           Die Pumpe wurde nun eine Stunde lang in vollem Gang erhalten. Ein Steigen des
                              Manometers war nicht wahrnehmbar, doch nahm jener hämmernde Metallklang an Schärfe
                              zu; auch konnte ich sehen, daß eine oder zwei Luftblasen mit hinabgerissen wurden.
                              Beim Erglühen der Spirale sah ich, daß der neutrale Punkt überschritten war; die
                              Attraction war in eine schwache, aber unverkennbare Repulsion übergegangen. Die
                              Pumpe blieb unausgesetzt in Thätigkeit, und mehrere Stunden hindurch wurde von Zeit
                              zu Zeit eine Beobachtung angestellt. Die Abstoßung nahm fortwährend zu. Die Röhren
                              der Luftpumpe wurden nun mit Schwefelsäure ausgespült und eine Stunde lang mit
                              Pumpen fortgefahren. Es zeigte sich, daß die Wirkung der glühenden Spirale eine
                              energisch zurückstoßende war, die Spirale mochte oberhalb oder unterhalb des
                              Messingkügelchens angebracht sein. Ein warmer Glasstab, eine Spiritusflamme, ein
                              Stück heißen Kupfers, selbst die Finger wirkten abstoßend. Um nun ein für allemal zu
                              entscheiden, ob diese Wirkungen Luftströmungen zuzuschreiben seien, stellte ich in
                              einem besonderen Apparate auf chemischem Wege ein nahezu vollkommenes Vacuum her, so
                              daß, wenn man die in die Röhre eingeschmolzenen Platindrähte mit einem
                              Ruhmkorff'schen Funkeninductor in Verbindung brachte, der elektrische Strom den Raum
                              nicht zu durchsetzen vermochte. In einem solchen Vacuum zeigte sich die Abstoßung
                              durch die Wärme stets entschieden und energisch.
                           Bei den folgenden Versuchen wurden directe Sonnenstrahlen, und dann verschiedene
                              Abtheilungen des Sonnenspectrums, auf die empfindlich aufgehängte
                              Markkügelchen-Waage projicirt. Im luftleeren Raume war die Abstoßung durch einen
                              Sonnenstrahl so heftig, daß sie das feine Instrument wie durch den physischen Stoß
                              eines materiellen Körpers zu beschädigen drohte.
                           Eine einfachere Form des Apparates zur Darstellung des Phänomens der Anziehung in der
                              Luft und Abstoßung im Vacuum besteht aus einem Glasrohre ab
                              Fig. 32, an
                              dessen eines Ende eine Kugel c geblasen ist. Ein
                              leichter Index de aus Hollundermark schwebt in
                              dieser Kugel an einem Coconfaden. Wenn der Apparat mit Luft von gewöhnlicher
                              Spannung gefüllt ist, so äußert ein auf eines der Enden des Markstäbchens de fallender Wärme- oder Lichtstrahl eine
                              attractive Wirkung. Wird die Röhre ausgepumpt, bis das Manometer 12mm unter der Barometerhöhe anzeigt, so
                              resultirt weder Anziehung noch Abstoßung; ist aber das Vacuum so vollkommen, als es
                              die Pumpe nur zu erzeugen vermag, so zeigt sich eine starke Abstoßung. Ein unter
                              Beobachtung der geeigneten Vorsichtsmaßregeln construirter und bei vollkommener
                              Luftleere zugeschmolzener Apparat dieser Art ist gegen die Wärme so empfindlich, daß
                              die Berührung einer Stelle der Kugel in der Nähe des einen Endes des Markstäbchens
                              mit dem Finger den Index um 90° dreht, während derselbe einem Eisstücke wie
                              die Nadel dem Magnete folgt.
                           Für noch genauere Versuche gebe ich dem Instrumente eine etwas andere EinrichtungEinrichtug. Die beste Form desselben ist in Fig. 33 dargestellt. ab ist eine Glasröhre, an welche eine andere
                              engere Röhre cd rechtwinkelig angeschmolzen ist.
                              Die verticale Röhre ist bei e ein wenig eingezogen,
                              damit der solide Glaspfropf d, welcher genau in die
                              Bohrung der Röhre paßt, nicht herabfallen kann. Das untere Ende des Pfropfes ist in
                              eine Spitze ausgezogen und an diese ein feiner Glasfaden von ungefähr 0,001 Zoll
                              (0mm,025) Durchmesser gekittet. In
                              gleicher Weise ist an das untere Ende des Glasfadens ein Bügel aus Aluminium nebst
                              einem concaven Glasspiegel befestigt, und der Bügel zur Aufnahme eines Waagebalkens
                              fg angeordnet, an dessen Enden Körperchen von
                              irgend einem verlangten Material angebracht sind. Bei c
                              ist ein flaches Glasfensterchen an die horizontale Röhre und ebenso bei b ein Glasplättchen gekittet. Die Evacuirung erfolgt
                              durch ein seitwärts in die senkrechte Röhre einmündendes Rohr h, welches an die Spiralröhre der Pumpe angeschmolzen ist. Der Pfropf de, sowie die Glasplatten c und b, werden mit Hilfe eines Kittes aus
                              Harz und Wachs sorgfältig befestigt. Die mit diesem Instrumente angestellten
                              Versuche (welche bereits in diesem Journal, 1875 216 507,
                              mitgetheilt wurden) lehren unter Anderem, daß der neutrale Punkt bei einem dünnen
                              Markplättchen niedrig,
                              dagegen bei einem mäßig dicken Platinblech hoch liegt, daß daher bei einer zwischen
                              diesen beiden Punkten liegenden Verdünnung Hollundermark durch eine und dieselbe
                              Quelle der Radiation abgestoßen, Platin dagegen angezogen wird. Fig. 34 dient zur
                              Erläuterung des Apparates, womit sich diese Thatsache nachweisen läßt. Die Stücke
                              fg an den Enden des einen Waagebalkens
                              bestehen aus Platinfolie von 1qc
                              Oberfläche, die Enden f' g' des anderen Waagebalkens aus
                              eben so großen Markplättchen. Ein nach der Mitte der Röhre gegen die Platten g, f' gerichteter breiter Strahl wirkt anziehend auf g und abstoßend auf f'. Der
                              atmosphärische Druck im Apparat entspricht einer Quecksilberhöhe von ungefähr 40mm.
                           In einem Torsionsapparate, ähnlich dem in Fig. 33 dargestellten,
                              habe ich verschieden gefärbte Scheiben der Einwirkung der verschiedenen Strahlen des
                              Spectrums ausgesetzt. Die auffallendsten Resultate ergaben sich, wenn ich diese
                              Strahlen auf weiße und schwarze Flächen richtete. Hier zeigte sich ein deutlicher
                              Unterschied zwischen der Einwirkung des Lichtes und derjenigen der strahlenden
                              Wärme. Beim höchsten Grade der Evacuirung ist die Wirkung der Wärme des siedenden
                              Wassers auf weißes und auf mit Lampenruß überzogenes Mark beinahe die gleiche, indem
                              sie beide mit ungefähr gleicher Stärke zurückstößt. Anders aber verhält es sich mit
                              den leuchtenden Strahlen. Diese treiben die dunkle Fläche energischer zurück, als
                              die weiße. Ist daher in dem in Fig. 33 dargestellten
                              Apparate die eine Markscheibe weiß, die andere schwarz, und man setzt beide dem
                              Lichte von gleicher Intensität aus, so wird in Folge der auf die schwarze und weiße
                              Fläche ausgeübten ungleichen Repulsion eine Drehung des Waagebalkens erfolgen. Wenn
                              also in dem Kugelapparate Fig. 32 die eine Hälfte
                              des Markstäbchens weiß, die andere mit Ruß geschwärzt ist, so erzeugt jener
                              Wirkungsunterschied eine rasche Rotation nach der einen Richtung, der nur die
                              Torsion des Aufhängefadens ein Ziel setzt.
                           Diese Thatsache führte mich auf die Construction eines Instrumentes, welchem ich den
                              Namen „Radiometer“ gegeben habe.
                              (Vergl. 1875 216 188 und 506.) Ich will hier nur auf
                              einige wenige der zahlreichen Anwendungen, deren dasselbe fähig ist, aufmerksam
                              machen. Die Anzahl der Umdrehungen des Instrumentes in der Zeiteinheit, wenn es den
                              directen Strahlen einer Lichtquelle z.B. einer Kerze ausgesetzt wird, ist ein Maß
                              für die totale Radiation. Wenn nun ein Schirm aus Alaun eingeschaltet wird, so hört
                              der Einfluß der Wärme beinahe ganz auf, die Geschwindigkeit wird verhältnißmäßig
                              geringer, und das Instrument verwandelt sich in ein Photometer. Die Photometrie wird durch Einführung dieses neuen Princips sehr vereinfacht.
                              Die verschiedenartigsten Flammen lassen sich leicht mit einander oder mit anderen
                              Lichtquellen vergleichen. Als Normalkerze kann von nun an eine solche Kerze definirt
                              werden, welche bei x Maßeinheiten Abstand y Rotationen des Radiometers pro Minute hervorbringt.
                              Anstatt also zu sagen, eine Gasflamme sei gleich so und so viel Kerzen, sagt man
                              genauer, dieselbe erzeugt so und so viel Umdrehungen des Radiometers in der
                              Zeiteinheit.
                           Für Photographen ist das Radiometer von unschätzbarem
                              Werthe. Da dasselbe in der Dunkelkammer hinter dem orangegelben Glasfenster rotirt,
                              so braucht der Operateur nur ein solches Instrument in das Fenster zu stellen, um zu
                              beurtheilen, ob das in diesem Raume dringende Licht auf die daselbst exponirten
                              Flächen schädlich einwirken kann. Hat er durch einen Versuch ermittelt, daß seine
                              Platten Schleier bekommen oder sein Papier angegriffen wird, wenn die Tourenzahl
                              z.B. 10 in der Minute übersteigt, so zieht er eine Reservejalousie herab, damit sich
                              die Rotationsgeschwindigkeit dieser Grenze nähere. Noch nützlicher wird sich das
                              Radiometer in dem photographischen Aufnahmelocale erweisen. Der Photograph stellt
                              das Instrument bei Beginn seiner täglichen Aufnahmen in der Nähe des Sitzenden auf.
                              Angenommen, die zur Erzielung eines guten Negatives erforderliche Expositionszeit
                              entspreche der Dauer von 20 Umdrehungen des Radiometers, so braucht er, so lange nur
                              die Chemikalien sich nicht ändern, wegen der Veränderlichkeit der Beleuchtung im
                              Laufe des Tages sich keine Sorgen zu machen. Jene 20 Touren sind für die ganze
                              übrige Tageszeit maßgebend. Er hat nur das Radiometer zu beobachten und auf die
                              Dauer von 20 Touren desselben, wozu einmal 5, ein anderesmal 10 Secunden
                              erforderlich sein mögen, zu exponiren, um Negative von gleicher Qualität zu
                              erhalten.
                           Ich habe lange in der Absicht experimentirt, irgend einer Beziehung zwischen der in
                              Rede stehenden Anziehung und Abstoßung und der Gravitation bei Cavendish's berühmten Versuch auf die Spur zu kommen. Meine Untersuchung
                              in dieser Richtung ist noch nicht weit genug vorgerückt, um die Mittheilung näherer
                              Details zu rechtfertigen; doch will ich hier eines der Resultate in kurzen Umrissen
                              mittheilen. Ich finde nämlich, daß eine schwere Metallmasse, wenn sie einer
                              empfindlich aufgehängten leichten Kugel genähert wird, dieselbe unter folgenden
                              Bedingungen anzieht oder abstößt.
                           I. Die Kugel befindet sich in Luft von
                                 gewöhnlicher Dichtigkeit.
                           a) Wenn die Masse kälter als
                              die Kugel ist, so stößt sie dieselbe ab.
                           b) Wenn die Masse wärmer als
                              die Kugel ist, so zieht sie dieselbe an.
                           
                           II. Die Kugel befindet sich in einem
                                 Vacuum.
                           a) Wenn die Masse kälter als
                              die Kugel ist, so zieht sie dieselbe an.
                           b) Wenn die Masse wärmer als
                              die Kugel ist, so stößt sie dieselbe ab.
                           Die Dichtigkeit des die Kugel umgebenden Mediums, das Material, woraus die Kugel
                              besteht, und ein sehr geringer Unterschied zwischen den Temperaturen der Masse und
                              der Kugel üben einen so starken Einfluß auf die Attractiv- und Repulsivkraft
                              aus, und es war für mich so schwer, alle störenden Einflüsse der Temperatur,
                              Elektricität u.s.w. zu beseitigen, daß ich bis jetzt noch nicht im Stande bin, eine
                              unabhängige, mit Wärme und Licht in keiner Beziehung stehende Kraft mit Bestimmtheit
                              nachzuweisen, welche die Kugel und die Masse gegen einander treibt.
                           Der Versuch hat inzwischen gezeigt, daß, während die Wirkung nach der einen Richtung
                              in dichter Luft, nach der entgegengesetzten Richtung in einem luftleeren Raum
                              erfolgt, es einen zwischenliegenden Spannungszustand der Luft gibt, bei welchem
                              Temperaturunterschiede nur einen geringen oder gar keinen Einfluß auf das feine
                              Instrument ausüben. Wenn man unter Beobachtung der nöthigen Vorsicht bei diesem
                              neutralen Zustande experimentirt, so sollte man denken, daß die nämlichen Resultate,
                              welche Cavendish, Reich und Baily erzielt haben, auch hier zum Vorschein kommen müssen. (Quarterly Journal of
                                    Science, Jahrg. 1875.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
