| Titel: | L.Lespermont's Waschapparat für Fabrikation von Papierstoff aus Stroh, Holz etc. | 
| Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 23 | 
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                        L.Lespermont's Waschapparat für Fabrikation von Papierstoff aus Stroh,
                           Holz etc.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              II [a.b/3]
                        Lespermont's Waschapparat für Papierstofffabrikation.
                        
                     
                        
                           Nachstehend bringen wir die Beschreibung des L. Lespermont'schen Waschapparates,
                              welcher bekanntlich auf der Wiener Weltausstellung 1873 zuerst erschienen war, nebst
                              einer übersichtlichen Darstellung der Fabrikation jenes ausgezeichneten compacten,
                              filzartigen, weißen Papierstoffes (der sogen. pâte
                                 paille) aus Roggen-, Weizen- oder Haferstroh, wie derselbe
                              nach Mittheilungen in Armengaud's Publication industrielle,
                                 v. 21 p. 379 von dem Etablissement zu Thar bei
                              Granville (Frankreich) geliefert wird.
                           1) Belesen und Zerschneiden. Die erste Manipulation,
                              welcher das Stroh unterworfen wird, besteht in dem Belesen, d.h. in der Beseitigung
                              von Gräsern und Futterkräutern, welche sich nicht bleichen lassen, dem Zeug ein
                              fleckiges Aussehen geben und den Handelswerth desselben beträchtlich vermindern
                              würden. Dieses Geschäft wird hauptsächlich von Mädchen und Frauen besorgt, welche
                              darin bald eine große Fertigkeit erlangen. Der Abfall (bis zu 8 und 10 Proc.) findet
                              als Viehfutter Verwendung.
                           Das belesene Stroh kommt in eine mächtige Häckselschneidmaschine, die es in Stückchen
                              von 20 bis 25mm Länge schneidet. Direct
                              unter dieser Maschine ist eine Siebvorrichtung, ähnlich wie bei den
                              Getreideputzmühlen, angeordnet, aus welcher das Häcksel, unter Zurücklassung von
                              Staub, Körnern und sonstigen fremdartigen Stoffen, gereinigt hervorgeht, um dann in
                              Säcke gefüllt zu werden.
                           2) Kochen mit Lauge. Diese Operation erfolgt in zwei
                              großen Cylindern, deren jeder in der Fabrik zu Thar den Inhalt von 25 Säcken zu
                              40k, oder von 20 Säcken zu 50k, also ein Totalgewicht von 1000k nebst der erforderlichen Menge Wasser und
                              Aetznatron aufnimmt. Die Wirkung dieser Aetzlauge, unterstützt von einer bis zu
                              160° und 180° gesteigerten Temperatur, löst die Harze und
                              inkrustirenden Stoffe des Vegetabils auf, gestattet eine Längstrennung der Fasern
                              und verleiht ihnen jene Geschmeidigkeit, welche sie unter dem Einflusse der
                              inkrustirenden Substanzen verloren hatten. Man läßt die Laugecylinder unter einer
                              Dampfspannung von 6 bis 7at 6 Stunden lang
                              sehr langsam rotiren und nachher ohne Einströmung von Dampf noch 2 Stunden weiter
                              arbeiten. Was die schmutzigdunkle Flüssigkeit anlangt, welche die dem Alkali
                              beigemengten inkrustirenden Stoffe enthält, so ist es von Wichtigkeit, dieselbe
                              sorgfältig zu sammeln, weil man daraus das ganze Alkali wieder gewinnen kann. Der
                              Fabrikant würde sich überdies, wenn er die Flüssigkeit in vorüberfließendes Gewässer
                              ablaufen ließe, den Beschwerden der Uferbewohner wegen gesundheitswidriger
                              Verunreinigung des Wassers aussetzen.
                           3) Lespermont's Waschapparat. Dieser Apparat, welcher sich
                              den vorhergehenden Operationen mit dem größten Erfolge anschließt, hat zum Zweck, aus dem
                              Faserstoff das ganze beim Kochprocesse angewendete Quantum Alkali auszuziehen und
                              den Stoff unter Anwendung einer möglichst geringen Menge Wassers vollkommen
                              gewaschen und in einem für die Behandlung mit entfärbenden Agentien bereiten
                              Zustande abzuliefern. Seine Arbeit besteht dem Princip nach in der Erzeugung zweier
                              entgegengesetzten Strömungen, derjenigen des reinigenden Wassers und derjenigen des
                              zu waschenden Papierstoffes. Letzterer ist in der Tharer Fabrik während seines
                              Durchganges durch den Apparat zehnmal nach einander der Wirkung eines immer reineren
                              Wassers ausgesetzt, während dieses zehnmal nach einander auf den mehr und mehr mit
                              der schmutzigen Flüssigkeit gesättigten Papierstoff wirkt. Kurz der ganze
                              Reinigungsproceß erfolgt unter strenger Beobachtung des Princips der Gegenströmung
                              so vollständig, daß kein Stofftheilchen den nach einander folgenden Waschungen
                              ausweichen, sowie auch kein Tropfen Wasser den Apparat durchfließen kann, ohne
                              zehnmal auf die zuwaschende Masse gewirkt zu haben. Der Apparat besteht aus einem
                              System conischer Waschtrommeln, welche mit einem feinen Metallsieb überzogen sind
                              und in cementgemauerten Backsteintrögen rotiren. Von den 11 Trommeln des in der
                              Fabrik zu Thar aufgestellten Waschapparates sind 5 an eine horizontale Welle und die
                              6 andern an eine zweite, zur erstem parallelen Welle befestigt. Je größer übrigens
                              die Zahl der rotirenden Siebe, desto vollständiger ist die Beseitigung der
                              alkalischen Lösung.
                           Die Figuren 26
                              und 27
                              stellen einen Lespermont'schen Waschapparat mit fünf Trommeln im Grundrisse bezieh.
                              im Verticalschnitt nach der gebrochenen Linie I bis VI dar; Figur 28 gibt den
                              Querschnitt nach der Linie VII VIII. Der aus den Lauge- und Kochcylindern
                              kommende, mit Lauge gesättigte Strohstoff wird in einer Bütte oder Cisterne, die mit
                              einer Rührvorrichtung versehen ist, aufbewahrt. Aus dieser gelangt das Gemisch durch
                              das Rohr t in den vordern Behälter B, worin eine Reihe Rührstäbe in schraubenförmiger
                              Anordnung auf einer Welle vertheilt ist, um das Stroh im Zustande der Suspension zu
                              erhalten. Das Gemenge fließt von da in den Trog E, um
                              aus diesem durch das Schöpfrohr D in die erste
                              Siebtrommel A gebracht zu werden. Hier scheidet sich von
                              der Masse ein großer Theil der schmutzigdunklen Lauge ab, welche in den Behälter F fällt und von da nach den Oefen abfließt, um wieder in
                              Soda verwandelt zu werden, während der Papierstoff aus dem Ende e des Siebes A in die
                              Steinrinne G sich ergießt. Hier begegnet der Stoff dem
                              Wasser, welches seinen Weg durch das Sieb A₂
                              genommen hatte und nun aus dem Behälter H₂
                              hinzutritt, und fließt, mit diesem gemengt, in den Trog B₁, worin er durch die Rührer C₁ durch
                              einander gerührt wird. Von da gelangt der Stoff in den Trog E₁, um aus diesem durch D₁ in
                              das Innere der Trommel A₁ geschöpft zu
                              werden.
                           Es erfolgt nun eine abermalige Trennung des Papierstoffes vom Wasser, welches in den
                              Behälter F₁ tropft, während der erstere in die
                              Steinrinne G₁ sich ergießt, wo er von dem aus dem
                              Behälter F₂ durch den Sandablagerungskasten H₂ herbeiströmenden Wasser in den Trog B₂ fortgespült wird. Beim Austritt aus dem Trog
                              B₂, worin die Arme C₂ das Umrühren besorgen, wird die Masse von dem Schöpfrohr D₂ in das rotirende Sieb A₂ übertragen. Dieses Sieb trennt das Wasser neuerdings von der
                              Papiermasse; letztere fällt in die Steinrinne G₂,
                              wird durch das aus dem Behälter F₄ und dem
                              Sandablagerungsbehälter H₄ kommende Wasser in den
                              Behälter B₃ gespült und in diesem durch die
                              Rührstäbe C₃ durch einander gearbeitet. Aus B₃ fließt die Masse in den Trog E₃, aus welchem sie durch das Schöpfrohr D₃ ins Innere des Siebes A₃ gehoben wird.
                           Der zum vierten Male von dem Waschwasser getrennte Papierstoff fällt in den Trog G₃ und begegnet hier einem von der Röhre T gelieferten Strom reinen Wassers, der ihn mit sich in
                              das Bassin B₄ fortführt, worin die Rührstäbe C₄ rotiren.
                           Das Schöpfrohr D₄ endlich schafft den Stoff in das
                              Sieb A₄, welches die gewaschene, mehr oder
                              weniger von der alkalischen Flüssigkeit befreite Masse in die Rinne G₄ ergießt. Hier tritt aus dem mit einem Hahn
                              versehenen Rohr T₁ reines Wasser in hinreichender
                              Menge hinzu, worauf der unter Anwendung der Rührstäbe C₅ durch dieses Wasser verdünnte Papierstoff auf die stufenförmig
                              angeordneten Sandablagerungsbehälter g bis g₃ abfließt. Der Stoff gelangt von hier in eine
                              Cisterne, aus welcher er durch eine Pumpe in die Stoffmühle, den Holländer, gehoben
                              wird.
                           Der Weg des Papierzeugs ist in Figur 26 durch
                              ausgezogene, der entgegengesetzte Weg des Wassers durch punktirte Pfeile angedeutet.
                              Das Wasser fließt nämlich aus der mit einem Regulirungshahn versehenen Röhre T herbei, mengt sich mit dem aus der Trommel A₃ tretenden Stoff, wird von diesem durch das
                              Sieb A₄ getrennt, fließt aus dem Bassin G₄ in den Sandablagerungsbehälter H₄, dann in die Steinrinne G₂ und nimmt hier den aus dem Sieb A₂ hervorkommenden Stoff mit sich in den Behälter B₃. Die Trommel A₃ trennt das Wasser abermals von dem Papierzeug; dieses fließt aus dem
                              Behälter F₃ in den Sandtrog H₃, nimmt den aus dem Sieb A₁ kommenden Stoff mit, trennt sich von diesem in dem Sieb A₂ und fließt in die Rinne G, wo es sich
                              mit dem durch das Sieb A fließenden Papierzeug mischt,
                              um dann, von diesem getrennt, in den Behälter F₁
                              zu fließen. Aus F₁ wird das Wasser, welches sich
                              inzwischen mehr und mehr mit den im Papierzeuge enthaltenen löslichen Substanzen
                              gesättigt hat, in einen Behälter gepumpt und hier für die Laugecylinder reservirt.
                              Die durch das Sieb A ausgeschiedene Flüssigkeit dagegen
                              wird den Apparaten zur Regeneration der Soda übergeben.
                           Der aus den Laugecylindern kommende Papierstoff enthält viele erdige und sandige
                              Bestandtheile, welche entweder von dem Stroh selbst, dem sie anhafteten, oder von
                              der Aetznatronlauge herrühren, die in Folge einer unvollkommenen Decantirung öfters
                              kohlensauren Kalk zurückbehält. Aus diesem Grunde läßt man die Masse beim Austritt
                              aus jeder Waschtrommel in einen Behälter fließen, worin sich jene Substanzen
                              ablagern. Die durch conische Stöpsel geschlossenen Oeffnungen o, o₁, o₂... haben den Zweck,
                              derartige in den Behältern B, B₁, B₂... sich absetzende Substanzen in den Canal V (Fig. 28) zu
                              schaffen.Zur Beurtheilung der Wirkung des Waschapparates wurden aus den 11
                                    Waschtrommeln bezw. aus den zugehörigen Flüssigkeitsbehältern Proben des
                                    Stoffes und der betreffenden Waschflüssigkeit entnommen und der Sodagehalt
                                    bestimmt. Die nachstehenden römischen Ziffern bezeichnen die Trommeln der
                                    Reihe nach; darunter steht das ermittelte Gewicht des kohlensauren Natrons
                                    in Gramm zunächst pro 1k
                                    getrockneten und verbrannten Stoffes, dann pro 1l Waschflüssigkeit, welche Proben
                                    den betreffenden Abtheilungen zugehören.IIIIIIIVVVIVIIVIIIIXXXI390,00298,00200,00140,00105,0085,0060,0032,0018,108,202,60  40,10  29,00  19,40  14,80    8,00  6,30  3,80  2,20  0,940,640,05.Ausführlicher ist hierüber in der oben citirten Quelle Mittheilung gemacht;
                                    ferner vergleiche Carl Hofmann: Praktisches
                                    Handbuch der Papierfabrikation (Berlin 1875. Julius Springer) S. 448 ff.
                              
                           Ein von dem Motor der Fabrik hergeleiteter Transmissionsriemen überträgt die Bewegung
                              zunächst auf die feste Rolle P, neben welcher die
                              Leerrolle P₁ angeordnet ist. Von der Achse dieser
                              Rollen aus werden die drei Achsen I, I₁ und J₁ durch Vermittlung des Räderwerkes k, K, l, l₁ und L in
                              Umdrehung gesetzt. Die Durchmesser der Getriebe und Räder sind so berechnet, daß die
                              Achsen I und I₁ der
                              Waschtrommeln mit gleicher Geschwindigkeit rotiren, während die beiden
                              Zwischenwellen J und p, an
                              welchen die Rührstäbe befestigt sind, die dreifache Tourenzahl machen.
                           4) Regeneration der Soda. Das. Waschwasser zeigt beim
                              Ausfluß aus dem Waschapparat einen nur unbedeutend geringern Grad der Concentration
                              als die den Papierstoff begleitende Flüssigkeit, so wie diese aus den Kochcylindern
                              kommt. Der Papierstoff selbst aber enthält nach vollendeter Waschung kaum 1/2 Proc.
                              von dem Quantum der zum Auskochen verwendeten Soda. Ein Theil der durch den Waschapparat ausgezogenen
                              dunklen Flüssigkeit, welche 40 und öfters 45 bis 50g kohlensaures Natron pro Liter enthält,
                              wird den zur Regeneration der Soda bestimmten Porion'schen Flammöfen (* vgl. 1868
                              188 23. 1875 218 488. 1876
                              219 432) zugeführt. Wenn die Flüssigkeit den
                              hinreichenden Concentrationsgrad erlangt hat, so dampft man sie vollends ab und
                              schreitet zur Calcinirung. Die kohlehaltige Masse wird noch weißglühend aus dem Ofen
                              hervorgezogen und in Haufen geschichtet, um damit durch langsame Verbrennung die
                              Kohle vollkommen zu zerstören. Die Soda bleibt im Zustande eines eben so weißen
                              Carbonates, aber mit einem ungefähr 1/5 geringern Gehalt an alkalischem Natron als
                              die käufliche Soda zurück. Diese unreine Soda ist es, welche man auflöst und mittels
                              Kalk kaustificirt, um sie zum Auslaugen des Strohes von Neuem zu verwenden. Durch
                              Combination des vorliegenden Systems mit seinem methodischen Waschapparat gewinnt
                              Lespermont ca. 86 Proc. der zum Auslaugen verwendeten
                              Soda wieder, bei einem Verbrauch von 2 bis 2k,5 Steinkohlen für jedes Kilogramm Soda.
                           5) Mahlen und Bleichen des Papierzeugs. Der aus der
                              letzten Waschtrommel fließende Stoff wird in Holländern, welche sich von den
                              gewöhnlichen Halb- oder Ganzzeugholländern nicht wesentlich unterscheiden,
                              weiter verarbeitet. Dieses Waschverfahren erfordert zwar unter andern Umständen viel
                              Wasser und veranlaßt viel Abgang, nimmt aber bei Behandlung des aus dem
                              Lespermont'schen Waschapparate kommenden Papierzeugs nur einige Augenblicke des
                              Betriebes in Anspruch.
                           Die Ueberführung des Papierstoffes in den Holländer hat überhaupt den Zweck, gewisse
                              unter dem Einflusse der Aetzlauge noch nicht hinreichend getrennte vegetablische
                              Theile, z.B. Knoten und Unkraut, welche beim Belesen nicht abgeschieden wurden, zu
                              zertheilen und dem Bleichproceß durch Zuführung einer homogenern Stoffmasse einen
                              regelmäßigern Verlauf zu sichern. Der durch den Holländer in eine Breimasse
                              verwandelte Stoff wird in große, aus Ziegeln gemauerte und mit Cement ausgekleidete
                              Tröge von der nämlichen Form wie die Holländertröge geschafft und hier die
                              erforderliche Menge einer Chlorkalklösung (etwa 25k Chlorür von 100° auf 100k des Papierstoffes) zugesetzt. Ein
                              Schaufelrad, welches in dem Bleichtrog die Stelle der Holländerwalze vertritt, rührt
                              das Gemenge von Zeit zu Zeit durch einander. Nach vollendetem Bleichproceß, der etwa
                              30 bis 36 Stunden in Anspruch nimmt, wird der Stoff in Bottiche geleitet, aus denen
                              man eine Cylindermaschine speist, welche ihn zu einem dicken fortlaufenden
                              Papierbande verdichtet.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
