| Titel: | Theorie der Deprez-Umsteuerung; von Victor H. Sirk in Pola. | 
| Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 97 | 
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                        Theorie der Deprez-Umsteuerung; von
                           Victor H. Sirk in
                           Pola.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              III [a.c/1].
                        Sirk, Theorie der Deprez-Umsteuerung.
                        
                     
                        
                           Der Umsteuerungsmechanismus von Deprez, von welchem
                              bereits in diesem Journale (* 1876 219 7) berichtet
                              wurde, besteht aus einem kreisförmigen, in Führungen M,
                                 N (Fig.
                                 1) verschiebbaren Gleitrahmen, welcher direct die Führung des gewöhnlichen
                              Muschelschiebers besorgt. Der Excenterarm EA.
                              überträgt die Bewegung des Excenters auf den Gleitrahmen, und es kann das Gleitstück
                              A mittels der Hängeschiene AB durch den Reversirhebel BCD gehoben oder gesenkt, bezieh, das Gelenk A in den beiden Enden des bogenförmigen Schlitzes KL eingestellt werden. Das Excenter ist der
                              Dampfkurbel diametral gegenüber aufgekeilt, der Schlitz des Gleitrahmens nach einem
                              Kreisbogen geformt, dessen mittlerer Halbmesser gleich der Excenterstangenlänge EA = 1 ist. Die Aufhängung des Excenterarmes muß
                              derart gewählt werden, daß das Gelenk A nahezu an eine
                              zur Führungsmittellinie MN parallele Bahn HJ (Fig. 2) gebunden
                              erscheint. Die Figur
                                 2 stellt das Schema des Mechanismus dar, und es kann EOF unmittelbar als Drehungswinkel w der Kurbel aufgefaßt werden, weil den positiven wie
                              den negativen Winkeln ohnedies der gleiche Kolbenweg entspricht und auf diesen die
                              Dampfvertheilung bezogen werden soll. Es mag nun irgend ein Punkt des Gleitrahmens
                              als Schiebermittel angesehen werden, weil für horizontale Verschiebungen alle Punkte
                              dem gleichen Bewegungsgesetze folgen. Denkt man sich das Schleifstück in der
                              Entfernung AF = y von
                              der Führungsmittellinie eingestellt und bezeichnet OE = r die Excentricität, so ergibt sich
                              unmittelbar aus dem geometrischen Zusammenhang der Figur 2:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 221, S. 97
                              
                           Die Entfernung des Schiebermittels von dem Wellencentrum für
                              die beiden todten Punkte bestimmt sich:
                           OF₁ = r + √(l² – y²) und OF₂ =
                              – r + √(l² – y²),
                           
                           weshalb der Abstand des Schwingungsmittelpunktes X für ein gleiches lineares Voreilen OX = (OF₁ + OF₂)/2 = √(l² – y²) wird.
                           Die Gleichung des Schieberweges oder die jeweilige Entfernung des Schiebers vom
                              Mittelpunkte der Schwingung ist nun für den Drehwinkel w:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 221, S. 98
                              
                           und, für die Wurzelgrößen die ersten zwei Glieder der Reihe
                              gesetzt, näherungsweise:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 221, S. 98
                              
                           wovon endlich noch das letzte Glied vernachlässigt werden
                              kann, und sich somit die Gleichung ergibt:
                           s = r cos
                                 w + yr/l sin w +
                              Z,
                           in welcher Z das Fehlerglied
                              bedeutet. Die Gleichung des Schieberweges wurde also in der von Zeuner aufgestellten allgemeinen Form s = A cos w + B sin w + Z dargestellt, und das
                              Zeuner'sche Kreisdiagramm kann unmittelbar zur Untersuchung der herbeigeführten
                              Dampfvertheilung verwendet werden, indem A = r und B = ry/l, für das gewählte y
                              gerechnet, die doppelten Mittelpunktscoordinaten ergeben. Die Gleichung des
                              Schieberweges trägt das eigenthümliche Gepräge der Umsteuerung in sich: für ein
                              negatives y, d.h. wenn das Schleifstück über den todten
                              Punkt des Schlitzes unter der Führungsmittellinie eingestellt wird, erscheint B entschieden negativ. Man gelangt jedoch wieder auf den
                              gleichen Schieberweg, d. i. zur richtigen Dampfvertheilung, indem man (– w) statt w setzt, d.h. wenn
                              die Drehung im entgegengesetzten Sinne erfolgt, weil sodann cos w als negativer Ausdruck wieder den ursprünglichen positiven Werth
                              herbeiführt.
                           
                        
                           Kreisdiagramm für die
                                 Quadrantenstellungen der Kurbel.
                           Bezeichnen a und b (Fig. 3) die
                              Coordinaten des Mittelpunktes der Schieberkreise, so muß offenbar
                           a = OA/2
                              = F(0)/2,    b = OB/2 = F (90)/2
                           sein, und es können diese leicht durch Substitution der Werthe
                              0 und 180, 90 und 270 in
                              die Function des Schieberweges gefunden werden, wobei sich ergibt, daß
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 221, S. 99
                              
                           Man verzeichnet diese Kreisgruppen, indem man aus O (Fig. 4) mit der
                              Excentricität OA = r und OC = 1 der Excenterstangenlänge zwei Kreise verzeichnet,
                              in D, D, und D₂
                              beliebige Stellungen des Schleifstückes zur Untersuchung wählt, so daß DH = y ist, durch
                              diese Punkte Parallele zur X-Achse zieht, und aus
                              K und L mit der
                              Excenterstangenlänge OD = KE
                              = LF Kreisbögen verzeichnet, welche die den variablen
                              y entsprechenden Ordinaten an den Parallelen
                              abschneiden. Errichtet man in A und B Perpendikel, trägt AP =
                              DE und BQ = DF auf, so erhält man in P
                              und Q die Mittelpunkte der Schieberkreise, welche auf
                              die bekannte Weise ein Bild der Schieberbewegung geben. Analog erhält man für jede
                              der gewählten Stellungen die Mittelpunkte der Schieberkreise, welche in Figur 4
                              dargestellt erscheinen. Der Beweis für die Richtigkeit der Construction erhellt aus
                              dem geometrischen Zusammenhange der Figur 4:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 221, S. 99
                              
                           (Nach dem angegebenen Verfahren erhält man den Schieberkreis
                              in doppelter Größe.)
                           Die erlangten Schieberkreise erschöpfen den Schieberweg bei den Quadrantenstellungen
                              der Kurbel vollkommen und wären für den Entwurf solcher Steuerungen anzuempfehlen,
                              nachdem bei diesen Stellungen nahezu die Momente der Canaleröffnung und Schließung
                              erfolgen.
                           Diese Kreisgruppe bringt das durch die Deprez-Steuerung factisch erreichte,
                              für alle Expansionsgrade gleichbleibende, constante Voreilen anschaulich zur vollen
                              Geltung.
                           Aus der Gleichung des Schieberweges kann entnommen werden, daß die Centralcurve
                              dieser Kreisgruppe wie bei Gooch's und Fink's Coulisse eine Parallele zur Y-Achse ist, weil A =
                              r von y unabhängig
                              ist.
                           
                        
                           Kreisdiagramm für den vollen
                                 Ausschub.
                           Eine zweite Gruppe, welche im Verein mit der eben aufgestellten Kreisgruppe die durch
                              diese Steuerung hervorgerufene Schieberbewegung Heller beleuchtet, erhält man durch
                              folgende Betrachtung: Die Function des Schieberweges kann im Allgemeinen durch ein
                              Kreisdiagramm dargestellt werden, und man findet dessen Durchmesser OE als das
                              Maximum von s = F (w). Der erste Differentialquotient muß ds/dw = 0 sein, woraus der
                              Winkel FOA = α (Fig. 5)
                              bestimmt werden kann. Der Werth des Maximums selbst stellt den Durchmesser OK des Schieberkreises dar.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 221, S. 100
                              
                           Dieser Werth gleich Null gesetzt, geht w in α über, weshalb
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 221, S. 100
                              
                           Für sin α aufgelöst, findet
                              man sin α = ± y/(l ± r).
                           Der Werth (+ y/[l + r])
                              entspricht dem Winkel α, (– y/[l – r]) einem
                              Winkel 180 + α', welcher den zweiten
                              Schieberkreis trägt. Der zweite Differentialquotient ist für den ersten Werth
                              negativ und F (w) ein
                              Maximum, für den Werth (– y/[l – r]) entschieden positiv, weshalb F (180 + α') dem
                              Minimum (negatives Maximum) entspricht. Die Durchmesser der Schieberkreise findet
                              man als den Werth des Maximums, indem man α in
                              F (w) einsetzt, mit
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 221, S. 100
                              
                           Verzeichnet man sich nun mit der Excenterstangenlänge OC = 1 (Fig. 5) einen Kreisbogen,
                              zieht durch die im vorigen Falle gewählten Punkte D,
                                 D₁ Parallele zur X-Achse, trägt BC = CA = r auf und beschreibt aus O durch A und B Kreisbögen, so schneiden diese unmittelbar auf den
                              gezogenen Parallelen die Durchmesser der Schieberkreise ab. Verbindet man E und F mit O, so sind zugleich die Winkel FOA = α und EOA = α' dargestellt. Trägt man DF = OP, DE = OQ
                              auf, so erhält man die Mittelpunkte des ersten Kreispaares für die Stellung des
                              Schleifstückes in D und DH =
                              y.
                           Die Kreisgruppen stellen die Schieberbewegung in der Nähe des vollen Ausschubes
                              erschöpfend dar, obwohl sie das constante Voreilen nicht veranschaulichen und daher
                              für die Praxis nur von untergeordnetem Werthe sind. Die Centralcurven dieser Gruppe
                              von Schieberkreisen sind Parabeln höherer Ordnung, deren beide Aeste nach rechts
                              offen liegen. Der Beweis für die Richtigkeit der Construction kann leicht dem
                              folgenden entnommen werden.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 221, S. 101
                              
                           Die Schieberbewegung wurde daher durch drei wesentlich
                              verschiedene Kreisgruppen ersetzt, welche die Dampfvertheilung auf die bekannte
                              Weise kennzeichnen.
                           Die Kreisgruppen für die Quadrantenstellungen der Kurbel und für den Maximalwerth der
                              Function oder für den vollen Ausschub lassen kein Fehlerglied erkennen, was als ein
                              Mangel der eingeschlagenen Methoden angeführt werden muß, obwohl anderseits leicht
                              construirbare durchsichtige Coordinaten der Schieberkreise erhalten wurden.
                           
                        
                           Einfluß des Fehlergliedes.
                           Wird die aus der Reihenentwicklung erhaltene Gleichung des Schieberweges s = r cos w + ry/l sin w als die durch das Kreisdiagramm dargestellte
                              Normaldampfvertheilung angenommen, so stellen die nachfolgenden Glieder aus der
                              Reihenentwicklung, welche in dem Ausdrucke Z
                              zusammengefaßt wurden, die Abweichung von dem im Kreisdiagramm gegebenen Schieberweg
                              dar. Das Fehlerglied erscheint in der Form Z = C sin³w,Textabbildung Bd. 221, S. 101 und es findet die größte Abweichung statt, wenn Z ein Maximum wird. (dZ/dw) = 3 l sin²w cos w, welches für w = 0
                              und 180, 90 und 270 Null wird. Bei den todten Punkten ist die Abweichung gleich
                              Null, und der Kreis der ersten Gruppe erschöpft den Schieberweg. Bei den Drehwinkeln
                              90 und 270° findet ein Maximum der Abweichung statt, wie der zweite
                              Differentialquotient lehrt. Nachdem das Abschneiden des Dampfes häufig bei halben
                              Füllungen stattfindet, so wäre die erste Kreisgruppe in der Praxis für den Entwurf
                              von derlei Steuerungen nicht anzuempfehlen, nachdem sie den Unregelmäßigkeiten der
                              Schieberbewegung in keiner Weise gerecht wird, wie die Gruppe der andern
                              entwickelten Schieberkreise. Das Bewegungsgesetz des Schiebers zeigt eine so große
                              Aehnlichkeit mit
                              Fink's Steuerung, daß nur eine genaue Untersuchung zum Ausspruche berechtigt, daß
                              bei der Deprez-Steuerung die beirrende Abweichung von der idealen
                              Dampfvertheilung größer als bei Fink's Steuerung ist, weshalb bei sonst gleicher
                              Anwendbarkeit dem letztern Umsteuerungsmechanismus der Vorzug gegeben werden
                              muß.
                           
                        
                           Betrachtung des
                                 Schieberdiagrammes.
                           Figur 6 stellt
                              die aus sorgfältigen Uebertragungen der Schieberwege für den Vor- und
                              Rückwärtsgang bei einer Versuchssteuerung entstandenen Kreisdiagramme dar. Die aus
                              einer Reihe von Versuchen als die zweckentsprechendst befundene Modellsteuerung
                              hatte als Hub des Excenters r = 25mm, Länge der Excenterstange 175mm, Maximalwerth des Abstandes y = 125mm,
                              wobei ein Schieberweg von 100mm stattfand;
                              die Länge der Aufhängestange war 500mm, die
                              äußere Deckung mußte mit 30mm gewählt
                              werden, um ein lineares Voreilen von 5mm zu
                              erhalten. Die Aufhängung des Excenterarmes muß derart gewählt werden, daß die Sehne
                              des bei der Bewegung beschriebenen Kreisbogens zur Führungslinie parallel ist. Die
                              Hängeschiene soll so groß, als mit der Sicherheit der Construction verträglich ist,
                              mindestens jedoch 12r gewählt werden. Die Länge des
                              Hebels BC ist gleich der Länge des Excenterarmes, und
                              C befindet sich senkrecht unter dem Wellencentrum.
                              Die größte Dimension y darf l–2r nicht überschreiten.
                           Bei Betrachtung der Schiebercurven Figur 6 drängt sich zuerst
                              die Beobachtung auf, daß der Schieber bei der erforderlichen Adjustirung auf
                              gleiches Voreilen für gegenüberliegende Stellungen der Dampfkurbel ungleiche
                              Ausschube zu beiden Seiten des Schwingungsmittelpunktes erfährt, – eine
                              Eigenthümlichkeit, welche, wie die Construction erkennen läßt, durch die beschränkte
                              Länge der Excenterstange hervorgerufen wird und in dem Maße allen Steuerungen
                              anhaftet, als die Bewegungsübertragung durch kurze Excenterstangen besorgt wird. Die
                              einzelnen Phasen der Dampfvertheilung werden daher für die beiden Kolbenbewegungen
                              ungleichmäßig herbeigeführt, und die Dampfvertheilung ist nicht vollkommen
                              theoretisch richtig. Bei gleicher äußerer Deckung OA =
                              a erhielte der Cylinder bei der Bewegung des Kolbens
                              von rechts nach links AM (45 Proc.) und beim Rücklauf
                              A₁N (66 Proc.)
                              Füllung. Diese Verschiedenheit der Admissionsperiode herrscht durch alle
                              Expansionsgrade und wächst mit der größern Füllung. Dem Uebelstande kann durch
                              ungleiche Ueberdeckungen theilweise begegnet werden. Wählt man am rechten
                              Dampfcanal, wo die geringere Füllung stattfindet, eine kleinere äußere und am
                              entgegengesetzten Schieberlappen eine kleinere innere Deckung, so erreicht man zum mindesten für die am
                              meisten in Aussicht genommenen Expansionsgrade gleiche Füllungen und gleiche
                              Compression.
                           Das Schieberprofil, Figur 7, bei einer Canalweite von 30mm zeigt 20 und 24mm links, 12
                              und 30mm rechts Deckung und läßt für die
                              Expansionsstufen D bis D₂ einen ruhigen Gang der Maschine erwarten. Für D₁ erfolgt bei 50 Proc. Füllung gleichmäßige Dampfvertheilung. Zum
                              Ansetzen der Maschine kann 60 Proc. Füllung angewendet und die Maschinenkraft ohne
                              Nachtheil auf 35 Proc. vermindert werden. Die Dampfvertheilung, welche bei dem
                              vorgeführten Schieberprofil die Modellsteuerung herbeiführt, ist aus nachfolgendem
                              Schema ersichtlich.
                           
                              
                                 
                                 Links
                                 Rechts
                                 
                              
                                 
                                 für D
                                 für D₂
                                 für D
                                 für D₂
                                 
                              
                                 Füllung
                                 60 Proc.
                                 38 Proc.
                                 66 Proc.
                                 33 Proc.
                                 
                              
                                 Expansion
                                 37   „
                                 55   „
                                 28   „
                                 53   „
                                 
                              
                                 Vorausströmung
                                   3   „
                                   7   „
                                   6   „
                                 14   „
                                 
                              
                                 Ausströmung
                                 71   „
                                 43   „
                                 70   „
                                 60   „
                                 
                              
                                 Compression
                                 26   „
                                 43   „
                                 29   „
                                 38   „
                                 
                              
                                 Voreinströmung
                                   3   „
                                 14   „
                                   1   „
                                   2   „
                                 
                              
                           
                        
                           Schlußbemerkung.
                           Der Gleitrahmen hat bei der in Figur 1 dargestellten Form
                              bedeutende Dimensionen, welche die Stabilität und den ruhigen Gang der äußern
                              Steuerung gefährden, oder massive Detailconstruction und lange Führungen
                              voraussetzen. Nachdem die excentrische Scheibe und der Gleitrahmen nicht in der
                              gleichen Ebene arbeiten, kann der Rahmen bedeutend verkleinert werden, so daß er die
                              in Figur 8
                              dargestellte Form zeigt und neben der excentrischen Scheibe schwingt. Der
                              Steuerungsapparat wird dadurch compacter und leichter, wie auch die Führung
                              sicherer. Gestatten Raumverhältnisse eine Schubstange von mindestens 41 Länge
                              einzuschalten, welche das Schleifstück mit der Schieberstange in Gelenken verbindet,
                              so kann, ohne große Abweichung in der Dampfvertheilung für zwischen engen Grenzen
                              veränderliche Füllung, der Gleitrahmen ganz weggelassen werden, wie die Figur 9 zeigt.
                              Eine solche Construction wäre nur für kleine Maschinen oder Locomobilen anzuwenden,
                              bei welchen Dampfökonomie hinter Einfachheit zurücksteht. Für solche wäre die
                              Umsteuerung mit variabler Füllung eine durch geringe Schwierigkeiten erkaufte
                              nützliche Zugabe. Der Schieber schwingt nur für ein Expansionsverhältniß in seinem
                              Mittel, und der Dampf muß während des Stillstandes durch das Drosselventil
                              abgesperrt werden.
                           Bei sicherer Führung der Enden K und L der Coulisse auf der Seite des Schieberkastens könnte
                              man davon Abgang nehmen, den Rahmen zu schließen und auf der entgegengesetzten Seite
                              der Achse noch eine Führung zu geben, wie dies in Figur 10 dargestellt
                              ist.
                           Der Nachtheil des ungleichen Ausschubes, welcher dieser Steuerung eigenthümlich ist,
                              wurde im Vorhergehenden besprochen und demselben durch ein unsymmetrisches
                              Schieberprofil größtentheils begegnet, wobei ein anderer Uebelstand hervorgerufen
                              wurde, welcher den gleichmäßigen Gang zu stören droht. Eine Betrachtung der Figur 6 zeigt,
                              daß das lineare Voreilen am rechten Dampfcanal in Folge der geringern äußern
                              Ueberdeckung constant größer bleibt als am linken Dampfcanal. Die Adjustirung des
                              Schiebers erfordert größere Genauigkeit und Sachkenntniß. Aus Figur 6 ist ferner
                              ersichtlich, daß der Ausschub bei den todten Punkten für alle Füllungen unverändert
                              gleich der Excentricität ist, weshalb die äußere Ueberdeckung groß – nur um
                              den geringen Betrag des linearen Voreilens geringer gewählt werden muß als der Hub
                              des Excenters. Eine große äußere Ueberdeckung bringt große Schieberdimensionen mit
                              sich, welche einen erheblichen Dampfdruck empfangen und bedeutenden
                              Reibungswiderstand verursachen, welcher Entlastungsvorrichtungen bedingt. Der
                              Ausschub ist im Verhältniß zur Canalbreite im Vergleich mit andern
                              Coulissensteuerungen größer, und die Bewegung des Schiebers bedingt einen vermehrten
                              Kraftaufwand, welcher den Nutzeffect der Maschine verkürzt. Eine größere äußere
                              Ueberdeckung verursacht ferner einen schleichenden Abschluß der Dampfwege, in Folge
                              dessen der Dampf besonders bei geringen Füllungsgraden am Schlusse der
                              Admissionsperiode gedrosselt wird.
                           Um durch die der Steuerung anhaftende bedeutende Compression des Hinterdampfes keine
                              Spannungen hervorzurufen, welche die Schieberplatte abheben würden, und anderseits
                              die Compressionsarbeit durch den zurückgehaltenen Dampf zu decken, müssen die
                              Zuleitungscanäle und der sogen, schädliche Raum groß gehalten werden. Dadurch wird
                              aber das Medium vergrößert, welches eine nutzlose Wärmeabgabe des zuströmenden an
                              den abgehenden Dampf vermittelt. Große schädliche Räume begünstigen die Condensation
                              des Arbeitsdampfes bei seinem Zutritt in den Cylinder an den vom abströmenden Dampf
                              abgekühlten Wänden der Dampfcanäle.
                           Denkt man sich den Steuerungsmechanismus in der in Figur 10 verzeichneten
                              Lage, so übt das Excenter seinen Schub in der Richtung nach P aus, welche mit dem Sinne der Bewegung des Gleitrahmens einen stumpfen
                              Winkel bildet. Die Componente p, welche die
                              Bewegungshindernisse des Schiebers überwindet, fällt für diese Stellung gering aus,
                              während ein bedeutender Zug auf die Hängeschiene ausgeübt und auf den Zapfen A übertragen wird. Die Kraftübertragung stellt sich um
                              so ungünstiger dar, je größere Füllung gegeben wird. Der Steuerungsmechanismus ist
                              daher einer großen Abnützung ausgesetzt und wird einen unruhigen Gang verursachen,
                              weshalb y = l – 2r als Maximalwerth festgesetzt wurde.Derselbe Einwand wurde auch in der frühern Abhandlung (1876 219 8) gegen diese Steuerung erhoben.Die Red.
                              
                           Die Mängel der Deprez'schen Steuerung wurden im Vorhergehenden besprochen, ohne deren
                              Vorzüge hervorzuheben, weil der Charakter der Einfachheit, welcher mit einem Minimum
                              an beweglichen Theilen eine für manche Zwecke nur durch complicirtere Mechanismen
                              erreichbare variable Füllung mit Umsteuerung vermittelt, zu augenscheinlich ist, um
                              besonders betont zu werden. Nichts destoweniger könnte die vorliegende Steuerung nur
                              in wenigen Fällen die Stephenson'sche Coulisse mit Vortheil ersetzen. Die ungünstige
                              Kraftübertragung ermöglicht nur bei mäßigen Tourenzahlen einen ruhigen Gang, so daß
                              die Deprez-Steuerung bei hoher Kolbengeschwindigkeit ausgeschlossen scheint,
                              obwohl sie sich der Dampfvertheilung nach für höher gespannte Dämpfe mit directer
                              Abströmung empfehlen würde. Die Bedienung der Umsteuerung ist sicher und rasch,
                              erfordert jedoch im Vergleich mit andern Vorrichtungen einen größern Kraftaufwand,
                              weil der Dampfschieber durch einen größern Weg geführt werden muß. (Auszugsweise
                              nach Stummer's Ingenieur, 1875 Nr. 95 bis 97.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
