| Titel: | Mutterndrehbank der Deutschen Werkzeugmaschinenfabrik vormals Sondermann und Stier in Chemnitz; von Prof. H. Falcke. | 
| Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 108 | 
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                        Mutterndrehbank der Deutschen
                           Werkzeugmaschinenfabrik vormals Sondermann und Stier in Chemnitz; von Prof. H. Falcke.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              IV [a.b/2].
                        Falcke, über eine neue Mutterndrehbank.
                        
                     
                        
                           Die in den Figuren
                                 8 bis 11 im Aufriß, Grundriß und Details dargestellte Maschine, welche in der
                              Werkstatt der Deutschen Werkzeugmaschinenfabrik vormals Sondermann und Stier in Chemnitz erbaut und der
                              genannten Fabrik in den größern Staaten Deutschlands patentirt ist, ist dazu
                              bestimmt, Schraubenmuttern auf ihren Grundflächen gerade abzudrehen und die übliche
                              Facette daran anzuschneiden. Diese Bearbeitung der schon vorher mit ihrem Gewinde
                              versehenen Schraubenmuttern erfolgt so, daß jede einzelne Mutter auf einem
                              horizontalen, an einem Spannkopf befindlichen Schraubenbolzen aufgeschraubt wird,
                              und dann drei Schneidstähle, welche an einer der Mutter conachsial gegenüber
                              gestellten rotirenden Scheibe radial ein- und auswärts beweglich sind, das
                              Abdrehen der geraden Stirnfläche und das Anschneiden der schrägen Facette besorgen.
                              Es steht bei dieser Drehbank also das Arbeitsstück fest, dagegen bewegen sich die
                              Drehstähle, und zwar führen die letztern sowohl die eigentliche Schneidbewegung als
                              auch die Schalt- oder Fortrückbewegung aus, die bei jeder Werkzeugmaschine
                              vorkommen. Es schieben sich nämlich während des Schneidens (bei fortwährender
                              Drehung der Schneidscheibe in gleicher Richtung) alle drei Drehstähle langsam radial
                              einwärts, ein Stahl schneidet vor, der andere nach, der dritte schneidet die Facette
                              an; nach Vollendung dieser Arbeit aber gehen alle drei Stähle wieder schneller
                              radial auswärts, und ist dabei Vorkehrung getroffen, daß während der letztern
                              Bewegung die Mutter sich etwas von den Schneidstählen zurückgezogen hat.
                           Der Spannkopf zum Festhalten ist ähnlich eingerichtet, wie dies z.B. bei andern
                              Werkzeugmaschinen mit der sogen. Revolvervorrichtung der Fall ist, d.h. er ist eine
                              um eine verticale Achse drehbare Scheibe, welche sich durch eine
                              Arretirungsvorrichtung in verschiedenen Stellungen festhalten läßt, so daß, wenn an
                              einem Punkt seines Umfanges eine Mutter aufgespannt ist, welche den Schneidstählen
                              gerade gegenübersteht und bearbeitet wird, die an einem andern Punkt befestigte und
                              soeben vollendete vom Arbeiter weggenommen und durch eine neue, noch rohe Mutter
                              ersetzt werden kann.
                           Die Scheibe mit den Schneidstählen erhält durch einen Riemen, welcher auf die an
                              ihrer Welle befindliche Stufenriemenscheibe wirkt, fortwährend Umdrehung nach einer
                              Richtung; die radiale Ein- und Auswärtsbewegung der kleinen Supports mit den
                              Schneidstahlhaltern ist aus dieser Drehbewegung abgeleitet und vollzieht sich
                              gänzlich selbstthätig. Es ist nämlich die Welle der Riemenscheibe (Fig. 10) und
                              Schneidstahlscheibe hohl und befindet sich darin eine zweite Welle; diese trägt eine
                              innerhalb der Schneidstahlscheibe angebrachte und für sich mit dieser Welle drehbare
                              Schmiedeisenscheibe mit einem Spiralschlitz. An den Schneidstahlhaltern (welche sich
                              in den sonst üblichen Prismenschliffen der Scheibe führen) sind vorstehende Bolzen oder Rollen
                              vorhanden, welche in diesen Spiralschlitz hineinragen, und, je nachdem sich die
                              Spiralscheibe schneller oder langsamer dreht als die Schneidscheibe, müssen sich die
                              Schneidstähle des Spiralschlitzes radial einwärts oder auswärts bewegen.
                           Der schnellere oder langsamere Gang der Spiralscheibe wird in folgender Weise
                              hervorgebracht. Die Welle dieser Scheibe wird zunächst durch ein Räderpaar e, f von einer parallel gelagerten Welle aus betrieben;
                              diese letztere Welle aber wird von der hohlen Riemenscheibenwelle aus entweder durch
                              das Räderpaar a, b oder durch e,
                                 d in Bewegung gesetzt. Die Antriebräder a und
                              c sind lose auf ihrer Welle, und es kann eines oder
                              das andere undrehbar damit verbunden werden, je nachdem ein zwischen beiden
                              befindlicher, auf der Riemenscheibenwelle undrehbarer doppelter Kronenmuff in eines
                              der Räder einfaßt. Die Umsetzungsverhältnisse dieser Räderpaare, welche eine gewisse
                              Differenz zwischen der Geschwindigkeit der Schneidscheibe und der Spiralscheibe
                              hervorbringen, sind so gewählt, daß diese Differenz beim Radialauswärtsbewegen oder
                              Rückgang der Schneiden beträchtlich größer wird als beim Radialeinwärtsschieben, wo
                              die Schneiden angreifen und über die Mutterfläche hinweggehen. Haben die Räder z.B.
                              die Verhältnisse e : f wie 35 : 42, aber a : b wie 40 : 33 und c : d wie 38 : 33, so dreht
                              sich die Spiralscheide bei einem Umgange der Schneidscheibe a/b × e/f = 40/33 × 35/42 = 100/99 Mal, also etwa 1 Proc.
                              schneller, und es rücken die Schneiden um 1/99 der Steigung der Spirale vor,
                              während, wenn das Rad c zum Antrieb benützt wird, die
                              Spiralscheibe sich blos c/d
                              × e/f = 38/33
                              × 35/42 = 95/99 dreht, also die Differenz etwa 4 Proc. beträgt, oder der
                              Rückgang der Schneiden mit vier Mal größerer Geschwindigkeit erfolgt als der
                              Vorwärtsgang.
                           Der vorhin erwähnte Klauenmuff muß natürlich für jede zu bearbeitende
                              Mutterstirnfläche sich einmal nach dem einen und einmal nach dem andern Antriebrad
                              hin bewegen, und der Zeitraum, nach welchem dieser Wechsel zu erfolgen hat, richtet
                              sich nach der Größe der Mutter. Es ist deshalb noch ein Zählzeug angebracht,
                              bestehend aus einer steilen Schraube, welche im äußersten (linken) Ende der
                              ebenfalls ausgehöhlten Spiralscheibenwelle undrehbar, aber der Länge nach
                              verschiebbar eingesteckt ist und mit dieser Welle gleichzeitig rotirt. Die Mutter
                              für diese Schraube ist
                              ein Rad g, dem von der Riemenscheibenwelle aus durch
                              andere Räder k, i, h eine gleichbleibende
                              Drehungsbewegung ertheilt wird, und welches derart in das Gestell der Maschine
                              eingelagert ist, daß es sich wohl drehen, aber nicht in seiner Achsenrichtung
                              verschieben kann. Demnach muß die Schraube, da sie andere Geschwindigkeit hat als
                              die Mutter, und zwar ebenso wie die Spiralscheibe im Vergleich zur Schneidscheibe
                              einmal langsamer, einmal schneller sich bewegt, sich entweder aus der
                              Spiralscheibenwelle herausschieben (beim Schneiden) oder hineinschieben (beim
                              Rückgang der Schneidstähle); hierbei nimmt sie aber einen Schieber mit, welcher zwei
                              der Muttergröße entsprechend verstellbare Vorsprünge hat, von denen jedes Mal einer
                              auf den kurzen Arm eines Umschlaghebels wirkt und diesen nach rechts oder links
                              umdreht. Aus der Zeichnung ist ersichtlich, daß dieser Umschlaghebel auf eine Stange
                              wirken kann, welche die Ausrückgabel des Klauenmuffes trägt, und diesen also bei
                              jedesmaligem Umschlagen nach rechts oder links auch nach einer dieser Richtungen
                              verschiebt. In der Wirklichkeit wird dieser Mechanismus noch etwas anders
                              ausgeführt, indem ganz wie bei einer ebenfalls der Deutschen Werkzeugmaschinenfabrik
                              patentirten Langlochbohrmaschine der genannte Umschlaghebel nicht direct auf die
                              Ausrückstange, sondern erst auf einen zweiten, ebenfalls durch Gewicht beschwerten
                              Umschlaghebel wirkt, und das Umlegen des letztern dann erst das Fortschieben der den
                              Klauenmuff fortrückenden Stange bewerkstelligt, wodurch das Umschalten noch genauer
                              vor sich geht.
                           Das wechselweise Verrücken der Klauenmuffausrückstange bewirkt nun noch durch eine
                              kleine Zugstange und Hebel die Rück- und Vorwärtsdrehung einer stehenden
                              Welle, und diese überträgt sich durch conische Räder auf eine im Maschinengestell
                              liegende Schraube, deren Mutter unter dem Schlitten befindlich ist, welcher den
                              Spannkopf trägt. Das Resultat dieser Einrichtung ist, daß bei jeder Verrückung des
                              Klauenmuffes, also bei jedesmaligem Wechseln der Geschwindigkeit der Spiralscheibe,
                              der Spannkopf sich der Schneidstahlscheibe etwas nähert, wenn das Abdrehen vor sich
                              geht, und dann wieder davon entfernt, wenn nach vollendetem Abdrehen der Mutter die
                              Schneidstähle sich wieder nach auswärts bewegen.
                           Aus der Zeichnung ist noch ersichtlich, daß der Schlitten, welcher den Spannkopf auf
                              dem Grundbett hin- und herschiebt, überdies oben noch eine zweite
                              Schlittenführung besitzt, um den Spannkopf unabhängig nach Bedarf gegen die
                              Schneidstähle zu verstellen, aber so, daß die Schneidstahlhalter sich durch eine
                              Stellschraube gegen den im Spiralschlitz sich führenden Bolzen verschieben lassen,
                              damit eine genaue Einstellung der Schneidstähle ermöglicht wird. Die ganze Maschine, deren
                              durchdachte und gut durchgeführte Construction ein beredtes Zeugniß davon gibt, daß
                              die Deutsche Werkzeugmaschinenfabrik sich bemüht, im Fache der
                              Specialwerkzeugmaschinen fortwährend etwas Neues zu bieten, ist übrigens
                              außerordentlich leicht zu bedienen, da der Arbeiter weiter nichts nöthig hat, als
                              fortwährend neue Muttern aufzuspannen und die fertigen zu entfernen, wobei er
                              lediglich regelmäßig den Spannkopf etwas weiter zu drehen hat. (Deutsche Industriezeitung, 1876 S. 133.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
