| Titel: | Ueber chinesische Porzellanfabrikation; von Dr. Arnold Heintz, Director der Ofen-, Chamotte- und Thonwaaren-Fabrik Osterfeld bei Naumburg a. S. | 
| Autor: | Arnold Heintz | 
| Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 157 | 
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                        Ueber chinesische Porzellanfabrikation; von Dr.
                           Arnold Heintz, Director der
                           Ofen-, Chamotte- und Thonwaaren-Fabrik Osterfeld bei Naumburg a. S.
                        Heintz, über chinesische Porzellanfabrikation.
                        
                     
                        
                           Wenn die Entwicklungsgeschichte der Thonwaarentechnik nicht immer klar und sicher
                              sich verfolgen läßt, so bietet vornehmlich die edelste Repräsentantin der Keramik,
                              die Porzellanindustrie, des Merkwürdigen viel in ihrem Lebenslauf. Europa, die sonst
                              bevorzugte Pflanzstätte der Cultur, der Künste und Wissenschaften, verdankt seit
                              noch nicht zwei Jahrhunderten den Experimenten eines Alchymisten die Fabrikation des
                              harten Feldspath-Porzellans, – seine Wiege fern im Osten, das
                              himmlische Reich, kannte
                              seit fast zwei Jahrtausenden ein gleiches Fabrikat, und bis vor wenigen Jahrzehnten
                              glaubte man sogar irrthümlich, daß schon im 18. Jahrhundert vor Chr. Geb. Porzellan
                              in China gemacht wurde. Es waren nämlich kleine Porzellanfläschchen in ägyptischen
                              Gräbern gefunden, welch letztere unzweifelhaft von so hohem Alter waren. Julien gibt in seinem näher zu besprechenden Werke
                              Abbildungen dieser Gefäße und beweist ausführlich, daß die auf ihren Inschriften
                              benützten Buchstaben einer erst um das Jahr 40 v. Chr. erfundenen Schrift angehören.
                              Derselbe Kenner des Chinesischen betont mit Rücksicht auf die sonst so pünktliche
                              und ausführliche Geschichtsschreiberei der Chinesen, daß bis nach 200 v. Chr. das
                              Porzellan mit keiner Silbe erwähnt wird, und gelangt nach gründlichen
                              Auseinandersetzungen dazu, in den Zeitraum von 185 vor bis 87 nach Christo die
                              Entstehung des Porzellans zu setzen.
                           Interessanter jedoch als diese Streitfrage ist wohl die Kenntniß dessen, was wir über
                              die Einzelheiten der Herstellung des Porzellans und über die weite Verbreitung
                              dieser Industrie in China wissen. Hierüber belehrt uns eingehender als die Berichte
                              europäischer Reisenden die chinesische Literatnr. Der Pariser Gelehrte Stanislas Julien hat uns das aus derselben Wissenswerthe auf
                              Veranlassung von Ebelmen, früherem Director der
                              Porzellanmanufactur von Sèvres, zugänglich gemacht durch die Histoire et fabrication de la porcelaine chinoise, ouvrage
                                 traduit du chinois; in den Augen des Technikers wird der Werth des ca. 400
                              Seiten umfassenden Werks wesentlich erhöht durch den Commentar, welchen ihm Alphonse
                              Salvétat beigegeben hat. Es sei deshalb
                              gestattet, hiermit einen kurzen Bericht aus Julien's Werk
                              zu liefern.
                           In der Pariser Bibliothek fand Julien vier chinesische
                              Bücher, welche das Porzellan eingehend besprechen:
                           Erstens die Geschichte des Districts Fëuliang, worin zahlreiche
                              Porzellanfabriken liegen (zuerst 1825 veröffentlicht), widmet in ihrer 1823
                              erschienenen 21. Ausgabe dem Gegenstand 72 Seiten, deren Inhalt von Julien vollständig gegeben wird.
                           Zweitens behandelt eine chinesische Gewerbekunde aus dem J. 1637 neben Seidenbau,
                              Färberei, Papier-, Zucker-, Glasfabrikation auch das Porzellan.
                           Drittens ist ein um die Mitte des vorigen Jahrhunderts erschienenes Handbuch der
                              chinesischen Keramik ausschließlich gewidmet und beschreibt u.a. die ältesten
                              chinesischen Töpferwaaren aus der Zeit der Kaiser Yas und
                              Chun 2357 bis 2205 v. Chr. (Andern Orts nennen
                              chinesische Chronisten
                              den Kaiser Hoangti um 2700 v. Chr. als Erfinder der
                              Töpferei.)
                           Viertens liefert die 1815 herausgegebene Geschichte „des Porzellans von
                                 Kingtetschin“ – Kingtetschin-thao-lu –
                              als ausführlichste Quelle den Hauptstoff zu Julien's
                              Uebersetzung. Aus den beiden Briefen, welche der Missionär D'Entrecolles 1712 und 1722 mit Benützung einer ältern Ausgabe der
                              Geschichte von Fëuliang geschrieben, werden häufig Stellen zum Vergleich mit
                              der chinesischen Schilderung angeführt. Kingtetschin ist einer der Hauptorte
                              chinesischer Porzellanfabriken, etwa in der Mitte zwischen Macao und Canton südlich,
                              und Peking nördlich gelegen. Mit Hilfe einer beigefügten Specialkarte zählt uns Julien aus sämmtlichen chinesischen Provinzen die
                              wichtigsten bekannten Porzellanfabriken auf mit ihrer Betriebsdauer, Merkmalen der
                              Fabrikate u.s.w.
                           Der Raum, über welchen die chinesischen Porzellanfabriken zerstreut liegen, erstreckt
                              sich nicht über das ganze Reich der Mitte, sondern wird so ziemlich durch folgende
                              Linien begrenzt: von Peking ca. 300 deutsche Meilen weit nach Südwesten bis Yünnan;
                              dann 150 Meilen gerade östlich, den Wendekreis des Krebses verfolgend, bis Macao,
                              Canton und Hongkong, von hier bis Peking im Norden, eine Entfernung von ca. 280
                              Meilen, und bildet das nordchinesische Meer im Osten die Grenze. Bei Peking erreicht
                              dieser gewaltige Porzellandistrict mit seiner Nordspitze die Breite zwischen
                              Sicilien und Neapel. Endlich wird auch auf der zwischen Peking und Japan liegenden
                              Halbinsel Corea Porzellan gemacht; doch scheint die Industrie hier nicht sehr
                              bedeutend zu sein.
                           Das oben bezeichnete Dreieck umfaßt folgende Provinzen: 1) Petschili mit 5; 2)
                              Kiangnan mit 5 : 3) Chansi mit 5 Fabriksorten, deren einer viel craquelirte Waare
                              producirt; 4) Chantong mit 2; 5) Honan mit 13 Fabriksorten, davon ist
                              Jou-tschëu wegen seines Blaugeschirrs berühmt, und Sin-p'ing
                              ist der älteste Porzellanfabrikationsplatz, welcher von der Geschichte erwähnt wird
                              und jedenfalls vor 87 nach Chr. schon im Betrieb war; 6) Schensi mit 4; 7)Kansu mit
                              einem; 6) Tschekiang mit 8; 9) und 10) Setschuën und Kuangtong mit je einem;
                              11) und 12) Fokiën und Hunan mit je 2; endlich 13) Kiangsi mit 8
                              Fabriksorten, worunter als wichtigster, im Bezirk Fëuliang: Kingtetschin;
                              hier war die Porzellanfabrikation bereits seit dem 6. Jahrhundert heimisch, gelangte
                              aber zur Blüthe erst, seitdem zwischen 1004 und 1007 eine große kaiserliche
                              Manufactur daselbst errichtet wurde. Der Missionär D'Entrecolles schätzte die Bevölkerung von Kingtetschin auf 1 Million, die
                              Brennöfen auf dreitausend. Die aus dichtbewohnten Häusern bestehenden, engen
                              Straßen sind regelmäßig geradlinig angelegt und während des ganzen Tages vom
                              lärmenden Volksgetümmel erfüllt.
                           Was nun die Geschichte unseres Gegenstandes betrifft, so müßten wir dieselbe
                              verfolgen an der Hand der chinesischen Zeitrechnungsperioden, welche nach den
                              einzelnen Kaiserfamilien bezeichnet werden.
                           Unter den Tsin (265–419) begegnen wir zuerst blauem
                              Porzellan; es unterliegt keinem Zweifel, daß die Färbung durch Kobalt hervorgerufen
                              wurde. Unter der Dynastie der Sui (581–618) kannte
                              man bereits grüne Farbe auf Porzellan. – Zur Zeit des Kaisers Schi-zong (954–959) fabricirte man
                              Porzellane, die gut craquelirt, „dünn wie Papier, blau wie der Himmel nach
                                 einem Regen, schimmernd wie ein Spiegel“ waren. Die Fabrikate dieser
                              Periode haben lange ein bedeutendes Renommée bewahrt, ja voll Begeisterung
                              ruft ein Schriftsteller aus: „ihre Strahlen hätten einen Pfeil abprallen
                                 lassen!“
                              
                           Unter den Song (960–1279) arbeiteten die berühmten
                              Porzelliner-Familien Tschang und Schu. Aus dieser Zeit wird neben vorwiegend schön weißem
                              Geschirr auch violettes erwähnt; Salvétat
                              vermuthet, dasselbe habe eine manganhaltige Bleiglasur gehabt. Ferner wurde seitdem
                              ein dünnschaliges, mattschwarzes Porzellan gebrannt, dessen Oberfläche mit
                              gelblichen Perlen oder Tröpfchen besäet schien.
                           Die weitern, sehr ausführlichen historischen Einzelheiten laufen bis zum Ende des
                              vorigen Jahrhunderts, bieten indeß dem Techniker weniger Interessantes als dem
                              Kunstsammler; für letztern gewiß sehr werthvoll ist das lange Verzeichniß
                              Fabrikmarken, welches Julien in der Vorrede (S. 39 bis
                              50) angibt. – Wir gehen über zu den Mittheilungen über die Rohstoffe und über
                              die einzelnen Manipulationen des Porzellanbetriebes bei den Chinesen.
                           Es ist bekannt, daß die Masse aus den strengflüssigen Thonsorten, die jetzt allgemein
                              Kaolins heißen, und aus Feldspath zusammengesetzt wird.
                              „Kao-lin“ ist eigentlich der Name eines östlich bei
                              Kingtetschin gelegenen Gebirges mit Feldspathgestein, aus dessen Zersetzung
                              Porzellanerde hervorgegangen ist. Uebrigens ist bei den Chinesen das Wort Kaolin
                              durchaus nicht wie bei uns stehender Ausdruck für Porzellanerde geworden, welche sie
                              häufig mit „Zethou“ oder noch anders bezeichnen. Um die
                              Bestandtheile chinesischer Rohmaterialien zu erforschen, benützte Salvétat hauptsächlich die Proben, welche von dem
                              getauften Chinesen Joseph Li (vgl. 1851 121 122) und von Itier, einem Mitglied der französischen
                              Gesandtschaft in China, nach Paris gesendet worden waren. Folgende sind die Analysen
                              zweier geschlämmten Thone, I von Tongkang, II von Sikang,
                              denen unter a und b die sehr
                              ähnliche Zusammensetzung von Kaolinen aus St. Yrieix bei Limoges beigefügt ist; letztere sind bekanntlich
                              die aus Pegmatit entstandenen Porzellanthone, welche in Sèvres verwendet
                              werden.
                           
                              
                                 
                                  I
                                 
                                 a.
                                  II
                                 
                                 b.
                                 
                              
                                 Glühverlust
                                 11,2
                                 
                                 12,62
                                 8,2
                                 
                                 7,2
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 50,5
                                 
                                 48,37
                                 55,3
                                 
                                 56,9
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 33,7
                                 
                                 34,95
                                 30,3
                                 
                                 31,6
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 1,8
                                 
                                 1,26
                                 2,0
                                 
                                 0,5
                                 
                              
                                 Kalk
                                 0
                                 
                                 0
                                 0
                                 
                                 0,5
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 0,8
                                 
                                 Spur
                                 0,4
                                 
                                 0
                                 
                              
                                 KaliNatron
                                 1,90
                                 
                                    
                                    
                                 2,4
                                 1,12,7
                                 
                                    
                                    
                                 3,4.
                                 
                              
                           Die chinesische Porzellanerde enthält in natürlichem Zustande unzersetzte
                              Feldspath-, auch Quarz- und Glimmer-, zuweilen
                              Schwefelkiestheilchen. Sie wird davon durch Aufschlämmen in Wasser und Seihen durch
                              Siebe befreit und der Schlamm entwässert in einem großen Kasten, dessen Boden von
                              schwach gebrannten Backsteinen gebildet wird. Auf diese wird ein großes,
                              engmaschiges Tuch gedeckt, der Schlamm darauf gethan und fest in das Tuch
                              eingeschlagen. Dann schichtet man eine neue Lage poröser Ziegel darüber und wickelt
                              wiederum eine Portion Schlamm in Zeug ein u.s.w. Alexander Brongniart macht dazu die Bemerkung, daß wir hier eigentlich das Urbild
                              einer Filterpresse vor uns haben. Die so entwässerte Masse wird zu viereckigen
                              Schollen oder Steinen geformt. Solch ein Formstein, gleichviel aus welchem Stoff, heißt „Tun“ und mit der
                              Verkleinerungsendung: „Tuntse.“
                              „Pe“ bedeutet: weiß, also Petuntse:
                              „Weißsteinchen“. Da nun die Feldspathe von den Chinesen
                              ebenfalls in solcher Form verhandelt werden, ward es gebräuchlich, unter Petuntse
                              überhaupt den chinesischen Porzellan-Feldspath zu verstehen.
                           Dieser Feldspath wird mit Picke und Hammer gebrochen und klein geschlagen, in Mörsern
                              mit Handstößern oder auch mittels Pochmühlen gepulvert, die vom Wasser getrieben
                              werden. Von dem pulverisirten Stein wird das Feinste abgeschlämmt und, wie es oben
                              beim Kaolin beschrieben, zu „weißen Briquettes“ geformt, der
                              gröbere Bodensatz weiter zerkleinert. So kamen denn auch die aus China bezogenen
                              Feldspathproben theils als Handstücke von derbem, massigem Gestein, theils als
                              ziegelförmige Klumpen von sehr zartem, mehr oder weniger weißem Pulver; von
                              nachfolgenden AnalysenAnnales de chimie et de physique, Bd. 31.
                              Salvétat's beziehen sich 1, 3, 5, 7, 10 auf roh,
                              2, 4, 6, 8, 9 und 11 auf pulverisirt übersendete Spathe. Nr. 9 ist ein für die
                              praktische Verwendung hergestelltes Gemisch zweier verschiedenen Spathe, und schließlich stehen unter
                              12 die von Salvétat für den Pegmatit von St.
                              Yrieix angegebenen Zahlen.Vgl. auch Kalmann's Analysen von chinesischen
                                    Porzellanerden und Glasurmassen, 1876 220
                                    445.
                              
                           
                              
                                 
                                 1.
                                 2.
                                 3.
                                 4.
                                 5.
                                 6.
                                 
                              
                                 Glühverlust
                                   2,94
                                   3,05
                                   3,10
                                   3,05
                                   3,76
                                   3,25
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 76,20
                                 76,26
                                 74,90
                                 75,00
                                 76,30
                                 76,41
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 13,60
                                 14,20
                                 14,00
                                 14,15
                                 13,15
                                 13,90
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 Spur
                                 Spur
                                   0,80
                                   0,10
                                   0,85
                                   0,90
                                 
                              
                                 Manganoxyd
                                    „
                                   0,35
                                   0,20
                                 Spur
                                   0,30
                                 Spur
                                 
                              
                                 Kalk
                                   0,12
                                 Spur
                                 Spur
                                   0,12
                                 Spur
                                   0,35
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 Spur
                                    „
                                    „
                                   0,15
                                    „
                                 Spur
                                 
                              
                                 Kali
                                   3,28
                                   3,00
                                   3,00
                                   3,10
                                   3,10
                                   3,00
                                 
                              
                                 Natron
                                   5,05
                                   4,00
                                   3,90
                                   3,04
                                   2,17
                                   2,50
                                 
                              
                           
                              
                                 
                                 
                                 7.
                                 8.
                                 9.
                                 10.
                                 11.
                                 
                                 12.
                                 
                              
                                 Glühverlust
                                 
                                   2,4
                                   2,4
                                   2,6
                                   2,0
                                   2,5
                                 
                                   0,40
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 
                                 74,7
                                 77,0
                                 74,4
                                 75,4
                                 73,6
                                 
                                 76,10
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 
                                 15,9
                                 15,7
                                 15,0
                                 16,0
                                 17,8
                                 
                                 15,37
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 
                                 –
                                 –
                                 Spur
                                   0,1
                                 –
                                 
                                   0,13
                                 
                              
                                 Manganoxyd
                                 
                                   0,1
                                 –
                                 –
                                 Spur
                                 Spur
                                 
                                 –
                                 
                              
                                 Kalk
                                 
                                   0,1
                                   0,2
                                   0,1
                                 0,4
                                   0,5
                                 
                                   0,17
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 
                                   0,2
                                 –
                                 –
                                 Spur
                                   0,1
                                 
                                 Spur
                                 
                              
                                 KaliNatron
                                 
                                    
                                    
                                   6,4
                                   4,7
                                   6,9
                                   6,0
                                   5,5
                                 
                                    
                                    
                                   2,84  4,58
                                 
                              
                           Die Mischung der Porzellanerde mit dem Feldspath wird in der Weise geschildert, daß
                              Briquettes beider Stoffe im beabsichtigten Mischungsverhältniß in großen Mörsern
                              andauernd gestampft und dann wiederholt in Wasser aufgeschlämmt und decantirt
                              werden. Den resultirenden feinsten Schlamm gießt man in längliche, flache
                              Trosenbassins, welche dicht an dem Brennofen aufgemauert sind, um die Hitze
                              derselben mit zu benützen. Will man zur Versendung oder Verkauf Briquettes (Tuntse)
                              fertiger Porzellanmasse herstellen, so geschieht dies ebenso, wie bei der
                              Porzellanerde oder dem Feldspath für sich allein. Das Mischungsverhältniß ist ein
                              sehr verschiedenes; für die feinsten Porzellane scheinen in der Regel beide
                              Rohstoffe zu gleichen Theilen gemengt zu werden; für die geringern Sorten (was damit
                              zusammenhängen mag, daß die Chinesen in den Brennofenraum von schwächerer Hitze
                              geringwerthige Waare einzusetzen Pflegen) wird angegeben, daß man stets mehr
                              Feldspath zusetze. Indeß fand Salvétat durch
                              Analyse verschiedener Qualitäten chinesischen Porzellans dies nicht deutlich
                              bestätigt, sondern nur, daß mit steigender Güte der Eisengehalt abnahm:
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 221, S. 162
                              Qualität; Kieselsäure; Thonerde;
                                 Eisenoxyd; Kalk; Magnesia; Spur; Manganoxyd; Kali; Natron.
                              
                           Soll nun die Masse zum Formen fertig gemacht werden, nachdem sie in der Regel lange
                              Zeit, bisweilen hundert Jahre, dem Faulen überlassen, so wird sie durch Kneten,
                              Treten und Schlagen sorgfältig durchgearbeitet. Das Formen geschieht durch Drehen
                              auf der Scheibe, aus freier Hand, oder mit Hilfe von Formen. Nach dem chinesischen
                              Text, sowie den beigefügten Abbildungen, sind diese Operationen den bei uns
                              geläufigen ziemlich ähnlich. Die Scheibe wird entweder vom Dreher selbst mit den
                              Füßen bewegt, oder ein Gehilfe treibt dieselbe; dann ist häufig die Antriebsscheibe
                              an ihrem äußern Rande mit vorspringenden Zähnen versehen, welche der Gehilfe mit den
                              Füßen stößt, während er mittels eines von oben herabhängenden Seils sich in
                              hüpfender Bewegung erhält. Oder aber er sitzt neben dem Dreher und setzt durch einen
                              langen, um die Scheibe geschlungenen Strick dieselbe in Rotation; auch kommt es vor,
                              daß der Dreher allein, ganz wie es noch heutzutage im Nassau'schen Kannebäckerlande
                              bei Coblenz geschieht, jedesmal vor dem Formen mit einem langen Stock die
                              Schwungschweibe in rasche Umdrehung versetzt.
                           Wenn mehrere Stücke vereinigt werden, kittet sie der Chinese mit Schlicker an
                              einander. Zu bewundern ist es, daß die Chinesen Geschirre von so außerordentlich
                              dünner Schale herstellen, ohne das Gußverfahren anzuwenden, welches in Europa
                              allgemein bekannt ist.
                           Das Abdrehen und Nachformen der lederharten Werkstücke mittels Stegen, Modellen und
                              allerlei Putzinstrumenten ist in China durchweg üblich.
                           Ein wesentlicher Unterschied des chinesischen Verfahrens von der europäischen
                              Betriebsart ist, daß in China das Geschirr vor der Glasur nicht verglüht, sondern
                              letztere direct auf die ungebrannten Werkstücke aufgetragen wird, und zwar oft (oder
                              sogar gewöhnlich), ehe die Formung vollendet ist. Man läßt nämlich den Tassen,
                              Krügen oder Vasen als unteres Ende eine Art Stiel oder Griff von Porzellanmasse;
                              denselben entfernt man nach Auftragen der Glasur in der Weise, daß an seiner Stelle
                              der Fuß ausgeformt wird. Die Fabriken von Lischui und Longtsiuën sind die
                              einzigen, bei denen die Glasur nach dem Brande
                              aufgetragen wird.
                           Wie die chinesische Porzellanmasse merklich leichtflüssiger als die europäische ist,
                              so sind es auch die Glasurstoffe; letztere werden aus Feldspath und Kalk gemischt.
                              Die Zusammensetzung zweier gebrannter Glasuren wurde gefunden, wie folgt:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 68,0
                                 64,1
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 12,0
                                 10,2
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 Spur
                                 Spur
                                 
                              
                                 Kalk
                                 14,0
                                 21,0
                                 
                              
                                 Alkali
                                   6,0
                                   5,1.
                                 
                              
                           Ein compacter Kalkstein wird mit Farrenkräuterschichten abwechselnd aufgesetzt und
                              gebrannt, das Product mit Wasser ausgezogen und nach Zuschlag von etwas Gyps durch
                              wiederholtes Abschlämmen vom Bodensatz gereinigt. Salvétat bezweifelt, daß die Asche jener Pflanzen und der Gyps von
                              chemischer Wichtigkeit oder Unentbehrlichkeit dabei seien, die ihnen die
                              chinesischen Quellen beilegen.
                           Nachdem das Kalkwasser mit feinem Feldspath zu einem dünnen Schlamm gemischt ist,
                              wird derselbe durch Eintauchen und Begießen aufgetragen. Sind indessen die Geschirre
                              zu dünn, um diese Proceduren aushalten zu können, so nehmen die Chinesen ein
                              Schilfrohr von 26mm Weite und 183mm Länge, dessen eines Ende mit Gaze
                              überspannt ist und in den Glasurschlicker eingetaucht wird; dann bläst man durch das
                              andere Rohrende die Glasur gleichsam wie einen feinen Thau auf die Geschirre und
                              wiederholt dieses Blasen je nach Bedürfniß.
                           Es geht dem Glasiren sehr häufig ein Bemalen, am meisten die Blaumalerei, voraus. Zur
                              letztern benützt man einheimische kobalthaltige Manganerze und neuerdings
                              europäische Kobaltpräparate, die auf dem Seewege bezogen werden. Nach Salvétat enthielt eine Probe Blauerz von
                              Yünnan:
                           
                              
                                 Kieselsäure und unlösl. Rückstand
                                 37,46
                                 
                              
                                 Kupferoxyd
                                   0,44
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   4,75
                                 
                              
                                 Kobaltoxyd
                                   5,50
                                 
                              
                                 Manganoxyd
                                 27,50
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                   1,65
                                 
                              
                                 Kalk
                                   0,60
                                 
                              
                                 Magnesia, Arsen, Nickel
                                 Spuren
                                 
                              
                                 Glühverlust
                                 20,00.
                                 
                              
                           Die chinesischen Kobalterze werden nach äußerlichen Kennzeichen sortirt, dann im
                              Porzellanfeuer geglüht, kleingeschlagen, mit kochendem Wasser einigemal abgewaschen und
                              durch lang anhaltendes Stoßen im Mörser naß gepulvert.
                           Wir haben ferner die mit Hoachy bezeichneten Mineralien zu erwähnen; bald sind dies
                              unreine, fette Thone, welche zur
                              Pâte-sur-Pâte-Arbeit benützt werden, bald sind es
                              magnesiareiche Steinarten, welche der Glasur beigemischt craquelirte Geschirre
                              liefern.
                           
                              
                                 Hoachi von Koan-si und von
                                    Su-chuen.Annales de chimie et de physique, Bd.
                                          31.
                                 
                              
                                 Glühverlust
                                 16,5
                                 15,52
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 48,0
                                 45,0
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 32,0
                                 37,1
                                 
                              
                                 Magnesia
                                   2,5
                                   2,1
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 Spur
                                   1,2
                                 
                              
                                 Kalk
                                    „
                                 Spur
                                 
                              
                                 Alkali
                                   1,0
                                   0,52.
                                 
                              
                           Der von Itier gelieferte Hoachy enthält als in Säure
                              lösliche, geringe Beimengung die Bestandtheile des Dolomit. Das Unlösliche von
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 60,79
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Kalk
                                 10,25
                                 „
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 26,50
                                 „
                                 
                              
                                 Thonerde und Eisenoxyd
                                   0,40
                                 „
                                 
                              
                                 Glühverlust
                                   1,27
                                 „
                                 
                              
                           entspricht einem Gemenge von weißem Amphibol und Steatit,
                              vorwiegend wasserhaltigem Magnesiumtrisilicat.
                           Diese craquelirten Waaren erzielen die Chinesen auch noch auf andere Art; sie tauchen
                              nämlich scharf getrocknete und etwas erwärmte Geschirre rasch auf einen Augenblick
                              in kaltes Wasser. Diese Stücke sind nach dem Brande ebenfalls von dem so beliebten
                              dichten Netz feiner Risse bedeckt.
                           Die Herstellung und Anwendung der Kapseln ist dem europäischen Brauch ähnlich;
                              besonders feuerfest sind die Kapsein gerade nicht, da sie selbst im günstigen Falle
                              nicht über zehn Brände aushalten. Beim Einkapseln berühren die Chinesen ihr Geschirr
                              nicht mit den Fingern, sondern hantiren es mittels einer Schnur; die Enden derselben
                              werden über Kreuz in der einen Hand, eine zweizinkige hölzerne Gabel, woran die
                              Schnur befestigt ist, mit der andern Hand gehalten.
                           Die Brennöfen ähneln den alten Wiener Porzellanöfen, den Nassauer Steinzeugöfen. Als
                              übliche Maße werden angegeben: Höhe 3m,15,
                              Breite 3m, 15, Länge 6m,30, Höhe des Schornsteins 6m,30. Im Ofengewölbe, das stark genug ist,
                              um auch während des Brandes bestiegen zu werden, befinden sich mehrere Oeffnungen, durch welche
                              der Brand beobachtet, das Feuer geführt und Probe gezogen wird. Ist das Einsetzen
                              durch die dem Schornstein gegenüber, d.h. am andern schmalen Ende, gelegene Thür
                              vollendet, so wird diese zugemauert bis auf eine kleine Oeffnung, durch welche das
                              Brennholz (meist Kiefern) während des ganzen Brandes hinein geworfen wird. Dem
                              Feuerraum zunächst, gewissermaßen an Stelle unseres „Ständers“,
                              stehen häufig ungebrannte, leere Kapseln, dann folgen dicke Werkstücke aus schwerer
                              schmelzbarer Porzellanmasse, in der Mittelpartie des Ofens feines Porzellan, und am
                              Ende, dem Schornstein zu, wieder geringere Qualität aus leicht schmelzbarem
                              Material.
                           Die Angaben über die Brennzeit schwanken zwischen 8 und 3 Tagen. Nach erreichter Gare
                              werden das Schürloch und die Schaulöcher vermauert. Man setzt die Oefen stets so
                              früh aus, daß beim Oeffnen die Kapseln noch rothglühend sind und nicht mit blosen
                              Händen ausgetragen werden können. Wie die chinesischen Autoren wiederholt betonen,
                              ist man bemüht, die Oefen stets so rasch aus- und wieder einzusetzen, daß die
                              im Mauerwerk vom vorhergehenden Brand verbliebene Wärme dem nächstfolgenden
                              möglichst zu Gute kommt.
                           Wenden wir uns zur Farbendecoration, so haben wir außer der schon erwähnten
                              Blaumalerei als Vollfeuerfarben der Chinesen: mehrere Roth von Hellorange bis
                              Rothviolett mittels Kupferoxydul; die Uebergänge vom Blau zum Violett mittels
                              Manganerzen, deren Kobaltgehalt im Verhältniß zum Mangan entsprechend geringer wird;
                              verschiedene Braun mittels Eisenoxyd; Schwarz durch Ueberfangen von Braun mit Blau
                              oder umgekehrt. Derartige Farben werden also unter oder
                              in der Glasur applicirt und verlangen
                              Porzellanfeuerhitze.
                           Ferner bedienen sich die Chinesen zur Malerei auf Glasur
                              (nach dem ersten Brande) einer Reihe leichtflüssiger
                              Farben; dieselben sind gewöhnlich auf Feldspath oder auf Rocaille-Fluß basirt
                              und ähneln den europäischen Emails. Es würde wohl zu weit führen, hier alle die
                              Analysen genau anzugeben, welche Ebelmen und Salvétat von einer großen Menge solcher
                              chinesischer Schmelzfarben gemacht haben, und mag es genügen, aus den von Li und Itier nach Paris
                              gesendeten Proben einige Beispiele anzudeuten.
                           Elfenbeinweiß enthielt Bleioxyd, Kiesel und Arsenik.
                           Schwarz: Mangan, Kobalt, Kupfer- und Bleioxyd.
                           Blau: Spathfluß 1) mit Kobalt, 2) mit Kupfer.
                           Gelb: Antimon.
                           Grün: Antimon und Kupfer.
                           
                           Roth: Eisenoxyd, Bleioxyd, Spathfluß.
                           Carmin: Spathfluß mit Gold.
                           Rosa: Bleioxyd, Kiesel, Arsenik, Feldspath und Gold.
                           Das Einbrennen dieser Schmelzfarben geschieht in „offenen“ oder
                              „geschlossenen“ Oefen; erstere scheinen sehr unvollkommener
                              Art und nur mit großer Geschicklichkeit zu benützen. Letztere sind Muffelöfen von
                              der Gestalt kleiner runder Steingutöfen; sie werden ganz geschlossen, 959mm hoch aufgemauert und mit einem ringsum
                              laufenden Mantel versehen, mit bemaltem Geschirr vollgesetzt, oben zugedeckt und
                              dann mit Steinkohlen geheizt, welche man zwischen
                              Ofenwand und Mantel schüttet.
                           Julien beschließt sein Buch mit einem kleinen Aufsatz
                              über die japanische Porzellanfabrikation. Derselbe ist
                              von Hoffmann in Leyden aus einem 1799 erschienenen
                              japanesischen Werk übersetzt und behandelt beiläufig 20 Porzellanfabriken, welche
                              bei Imari in der Provinz Fizen liegen. Die Industrie ist aus China über Corea nach
                              Japan gelangt, erreichte aber erst im 13. Jahrhundert ziemliche Ebenbürtigkeit, als
                              japanesische Keramiker nach China gegangen waren, um daselbst die Porzellantechnik
                              gründlicher kennen zu lernen. Die Provinz Fizen enthält reiche Lager an Feldspath
                              und Kaolin. Am bemerkenswerthesten ist, daß die Japanesen das Porzellan vor dem
                              Glasiren verglühen. Hierin zeigt ihre Industrie einen wesentlichen Fortschritt
                              gegenüber der chinesischen.
                           Stellen wir zum Schluß die Hauptmomente zusammen, durch welche sich die chinesische
                              Porzellantechnik von der europäischen unterscheidet, so sind es folgende.
                           1) Obschon die mechanischen Apparate viel unvollkommener, wichtige Methoden wie das
                              Gußverfahren unbekannt sind, löst die chinesische Formerei in technischer Beziehung (von der
                              ästhetisch-künstlerischen ist hier nicht die Rede) sehr schwierige Aufgaben
                              mit erstaunlicher Fertigkeit.
                           2) Die Körpermasse ist leichter schmelzbar als hartes europäisches
                              Feldspathporzellan, sie erreicht nie den geringen Kieselsäure- und hohen
                              Thonerdegehalt von Meißner- und Sèvres-Porzellanen; ebenso ist
                              die kalkreiche Glasur nicht so strengflüssig wie die unsrige.
                           3) Die Chinesen wenden den Verglühbrand nicht an.
                           4) Die Palette ihrer Porzellanfarben, selbst die der Schmelzfarben, zeigt zwar die
                              oft kaum erklärlichen Resultate eines ganz ungeheuren Experimentirfleißes, verräth
                              jedoch durch die Dürftigkeit an metallischen Rohstoffen im Vergleich zu Europa den
                              größern Mangel chemischer Kenntnisse.