| Titel: | Prüfung gewerblicher Concessionsgesuche. | 
| Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 170 | 
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                        Prüfung gewerblicher
                           Concessionsgesuche.
                        Prüfung gewerblicher Concessionsgesuche.
                        
                     
                        
                           Nach §. 16 der Gewerbe-Ordnung vom 21. Juni 1869 ist zur Errichtung von
                              (gewerblichen) Anlagen, welche durch die örtliche Lage oder die Beschaffenheit der
                              Betriebsstätte für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für
                              das Publicum überhaupt erhebliche Nachtheile, Gefahren
                              oder Belästigungen herbeiführen können, die Genehmigung der nach den Landesgesetzen
                              zuständigen Behörde erforderlich. (Vgl. die für Frankreich erlassenen Bestimmungen,
                              1827 25 156.)
                           Das preußische Handelsministerium hat eine „Technische Anleitung zur
                                 Wahrnehmung der den Kreisausschüssen, hinsichtlich der Genehmigung gewerblicher
                                 Anlagen, übertragenen Zuständigkeiten“ bekannt gemacht, welcher wir
                              das Nachstehende entnehmen:
                           
                        
                           I. Allgemeine
                                 Gesichtspunkte.
                           Bei Prüfung der Concessionsgesuche ist davon auszugehen, daß nur solche Nachtheile,
                              Gefahren oder Belästigungen, welche in der physischen Einwirkung der Anlage auf ihre
                              Umgebung ihren Grund haben, zur Erörterung zu ziehen sind, Nachtheile anderer Art
                              aber, auf welche zuweilen im contradictorischen Verfahren der Einspruch der
                              Opponenten basirt wird, z.B. schädliche Concurrenz, Vertheuerung der Arbeitskräfte,
                              stärkere Abnützung öffentlicher Wege, Erhöhung der Feuerversicherungsprämie u. dgl.
                              ebenso außer Betracht bleiben, wie Einwendungen, welche auf speciellen
                              privatrechtlichen Titeln beruhen.
                           Es ist zu erwägen, ob jene Nachtheile, Gefahren oder Belästigungen dasjenige Maß
                              überschreiten, dessen Duldung sowohl den Nachbarn als dem Publicum im Interesse der
                              für die allgemeine Wohlfahrt unentbehrlichen Industrie angesonnen werden kann.
                           Ist diese Frage auf Grundlage der von dem Antragsteller vorgelegten Projectstücke zu
                              bejahen, so wird in eine weitere Erörterung darüber einzutreten sein, ob durch
                              Vorschriften über die Einrichtung der Anlage oder die Art und Weise des Betriebes
                              der Umgebung genügender Schutz gewährt werden kann. Nur wenn sich dies als
                              unausführbar herausstellt, wird die Abweisung des Concessionsgesuches, andernfalls
                              aber die Ertheilung der Concession unter gleichzeitiger Festsetzung der für
                              erforderlich erachteten Bedingungen und Vorbehalte auszusprechen sein.
                           Besondere Sorgfalt verlangt die Behandlung der festen und flüssigen Fabrikabgänge
                              (vgl. 1874 211 201). Das Vergraben und Versenken
                              derselben wird nur ausnahmsweise bei erwiesener Unschädlichkeit dieses
                              Beseitigungsmodus gestattet werden können, und die Ableitung der Abgänge in
                              öffentliche oder Privat-Gewässer ist häufig mit so schweren, die lebhaftesten
                              und begründetsten Klagen der Nachbarn hervorrufenden Uebelständen verknüpft, daß
                              gerade dieser Punkt die vollste Aufmerksamkeit der Concessionsbehörde erheischt. Es
                              kann nicht für angemessen erachtet werden, in dem Concessionsverfahren diesen
                              Gegenstand von der Erörterung auszuschließen und der besondern polizeilichen
                              Regelung vorzubehalten; vielmehr ist die Concession, wenn die Absicht des
                              Unternehmers, sich der Betriebsabgänge durch Ableitung derselben in Wasserläufe zu
                              entledigen, aus seinen ausdrücklichen Erklärungen oder aus den Umständen des Falles
                              erhellt und hiervon erhebliche Uebelstände zu besorgen sind, zu versagen, oder an
                              die geeigneten Bedingungen zu knüpfen. Im Falle der Concessionsertheilung ist es
                              überdies rathsam, der Polizeibehörde ausdrücklich das Recht zu wahren, jederzeit die
                              Ableitung der Abgänge in Wasserläufe von weitern Bedingungen abhängig zu machen oder auch
                              gänzlich zu untersagen, falls die bei Ertheilung der Concession gegebenen
                              Vorschriften sich als unzulänglich erweisen sollten. Soweit Interessen von
                              Fischereiberechtigten betheiligt sind, ist auch dies geeignet zu beachten. (Vgl.
                              1874 214 85.)
                           Nach alter Praxis pflegt bei Fabriken mit größern Feuerungsanlagen vorgeschrieben zu
                              werden, daß der Unternehmer verpflichtet sei, durch Einrichtung der Feuerungsanlage,
                              sowie durch Anwendung geeigneten Brennmaterials und sorgsame Bewartung auf eine
                              möglichst vollständige Verbrennung des Rauches hinzuwirken, auch, falls sich ergeben
                              sollte, daß die getroffenen Einrichtungen nicht genügen, um Gefahren, Nachtheile
                              oder Belästigungen durch Rauch, Ruß etc. zu verhüten, auf Anordnung der
                              Polizeibehörde solche Abänderungen in der Feuerungsanlage, im Betriebe, sowie in der
                              Wahl des Brennmaterials vorzunehmen, welche zur Beseitigung der hervorgetretenen
                              Uebelstände besser geeignet sind. (Vgl. 1876 220 87.)
                           Die Beibehaltung dieser Concessionsclausel empfiehlt sich nicht blos im Interesse der
                              Nachbarschaft, sondern ebensowohl des Unternehmers, welchem in der Einrichtung der
                              Feuerungsanlage und der Wahl des Brennmaterials freier Spielraum gewährt und in
                              Folge dessen die rasche Benützung technischer Fortschritte und günstiger
                              Conjuncturen ermöglicht wird.
                           Die Gewerbe-Ordnung verpflichtet in §. 107 alle
                              Gewerbe-Unternehmer, auf ihre Kosten alle diejenigen Einrichtungen
                              herzustellen und zu unterhalten, welche mit Rücksicht auf die besondere
                              Beschaffenheit des Gewerbebetriebes und der Betriebsstätte zu thunlichster Sicherung
                              der Arbeiter gegen Gefahr für Leben und Gesundheit nothwendig sind. Wenn nun auch
                              der Behörde das Recht zusteht, bei concessionirten Anlagen, wie bei solchen, welche
                              der Concessionspflicht nicht unterliegen, jederzeit auf
                              Ausführung der entsprechenden Einrichtungen zu dringen (§. 148 Nr. 10), so
                              soll doch nach §. 18 das Concessionsverfahren mit dazu benützt werden, die
                              zum Schutze der Arbeiter erforderlichen Maßregeln zu erörtern und in Form von
                              Bedingungen vorzuschreiben. In dieser Beziehung ist vornehmlich darauf zu sehen, daß
                              die Arbeitsräume in Bezug auf Flächeninhalt, Lage, Heizung, Beleuchtung und
                              Ventilation den allgemeinen Regeln der Gesundheitspflege entsprechen und die
                              Triebmaschinen, Transmissionen, Fallthüren und Treppenöffnungen eine Einfriedigung
                              erhalten. Weiter soll:
                           1) Jede gewerbliche Anlage und Fabrik mit einer ausreichenden Zahl angemessen
                              eingerichteter, nicht direct mit den Fabrikräumen in Verbindung stehender Aborte
                              versehen sein, und zwar für die Geschlechter getrennt.
                           2) In allen größern Fabriken, wo die Arbeiter während der Arbeit einen Theil der
                              Kleider abzulegen oder besondere Arbeitskleider anzulegen gezwungen sind, müssen
                              geeignete Räume zu deren Aufbewahrung hergestellt werden, besonders dann, wenn auch
                              weibliche Arbeiter und Kinder beschäftigt werden. Diese Räume sind für die
                              Geschlechter zu trennen und müssen überall da, wo die Arbeiter in erheblicherm Maße
                              dem Staub oder der Erhitzung ausgesetzt sind, mit ausreichenden Waschvorrichtungen
                              versehen sein.
                           3) Können in größern Fabriken die Arbeiter während der Mittagsstunde sich nicht nach
                              Hause begeben, so sind für dieselben ausreichende, heizbare und angemessen
                              eingerichtete Speiseräume herzustellen, und gleichzeitig geeignete Vorkehrungen zum
                              Erwärmen der mitgebrachten Speisen einzurichten. Die unter 2 erwähnten Räume können
                              bei angemessener Größe und Einrichtung auch als Speiseräume verwendet werden.
                              – Ein gesundes Trinkwasser muß in allen Fabriken den Arbeitern zu Gebote
                              stehen.
                           
                        
                           
                           II. Einzelne Anlagen.
                           
                              1. Gasbereitungs- und
                                    Gasbewahrungs-Anstalten.
                              Es handelt sich hierbei um solche Anlagen, in denen durch trockene Destillation
                                 organischer Stoffe, insbesondere von Steinkohlen, Braunkohlen, Holz etc.,
                                 Leuchtgas dargestellt, gereinigt und zur Verwendung angesammelt wird. Sie
                                 erfordern verhältnißmäßig umfangreiche Betriebsstätten und sind in
                                 gewerbepolizeilicher Hinsicht insoweit von besonderer Wichtigkeit, als sie
                                 meistens in oder in unmittelbarer Nähe von Städten und bewohnten Orten, in denen
                                 das erzeugte Gas Verwendung findet, betrieben werden.
                              Die Belästigungen und Nachtheile, welche den Anwohnern durch den Betrieb dieser
                                 Anlagen erwachsen können, sind hauptsächlich folgende:
                              a) Belästigungen durch den Rauch der
                                 Retortenfeuerungen. Zur Verhütung solcher Belästigungen ist Bestimmung nach
                                 Maßgabe der aufgestellten allgemeinen Gesichtspunkte zu treffen.
                              b) Uebelstände, verursacht durch Reinigung der das
                                 Gas aus den Retorten abführenden Steigeröhren vermittels Ausbrennens. Es
                                 empfiehlt sich, diese Art der Reinigung nicht zu gestatten.
                              c) Belästigungen durch übelriechende Dünste, welche
                                 sich beim Ablöschen der aus den Retorten gezogenen glühenden Kokes mehr oder
                                 weniger entwickeln. – Es kann hierin ein Anlaß liegen, das Ablöschen der
                                 glühenden Kokes im Freien zu untersagen, insbesondere wenn sich in der Nähe der
                                 Ablöschstelle bewohnte Gebäude befinden, denen durch den vorherrschenden Wind
                                 dieser Dunst und Dampf zugeführt wird.
                              d) Verunreinigung des Erdreiches und der Gewässer
                                 durch das bei der Destillation der Kohlen und bei dem Gasreinigungsprocesse
                                 erzeugte Gaswasser (vgl. 1874 211 139). Nach dem
                                 Abkühlen des Gases in Condensationsvorrichtungen erfolgt dessen Reinigung theils
                                 durch Kalk, theils durch ein Gemenge von Eisenoxyd mit Sägespänen oder ähnlichen
                                 lockern Substanzen (Laming'sche Masse). Das Gaswasser enthält Ammoniak, auch
                                 Schwefel- und Cyanverbindungen, welche, wenn dasselbe in das Erdreich
                                 versenkt wird, auf weite Entfernungen hin die Brunnen inficiren, auch die
                                 Vegetation schädigen können. Es ist daher geboten, das Versenken desselben in
                                 das Erdreich unbedingt zu untersagen und dagegen die Bedingung zu stellen, alle
                                 diese überdies mehr oder weniger widrig riechenden Flüssigkeiten und Abwässer in
                                 wasserdichten, bedeckt gehaltenen Behältern anzusammeln. Es empfiehlt sich
                                 dabei, die Beseitigung dieser Flüssigkeiten von dem Grundstücke der Gasanstalt
                                 unter Controle zu stellen.
                              e) Feuer- und Explosionsgefahr, insbesondere
                                 bezüglich der Gasbehälter, der sogen. Gasometer. Die Gasometer werden theils im
                                 Freien, theils, um sie gegen die Einwirkungen des Sturmes und des Frostes zu
                                 schützen, in besondern Gebäuden aufgestellt, die zu andern Zwecken gleichzeitig
                                 nicht benützt werden dürfen. Im ersten Falle ist ihre Entfernung von
                                 nachbarlichen Gebäuden so zu bemessen, daß sie möglichst geschützt sind und von
                                 herabstürzenden brennenden Hölzern nicht getroffen werden können. Auch muß
                                 ringsum noch ein zur Aufstellung und Handhabung von fahrbaren Löschvorrichtungen
                                 genügender Raum bleiben. – Dasselbe gilt für die Gasometergebäude. Um das
                                 in Folge von Undichtheiten sich in diesen Gebäuden etwa ansammelnde Gas
                                 unschädlich in die Atmosphäre abzuführen, sind solche in ihrem oberen Theile mit
                                 Oeffnungen zu versehen, welche durch entsprechende, von außen zu handhabende
                                 Vorrichtungen nach Bedürfniß geöffnet und verschlossen werden können. Die Anlage
                                 von Feuerungen
                                 im Gasometergebäude ist unbedingt zu untersagen, und das Eintreten in dasselbe
                                 mit Licht nur unter der Bedingung zu gestatten, daß Davy'sche Sicherheitslampen
                                 benützt werden. – Endlich ist die ausschließliche Anwendung von
                                 Davy'schen Sicherheitslampen in allen solchen Räumen der Anstalt, in denen
                                 Gasausströmungen zu befürchten sind, zur Bedingung zu machen.
                              
                           
                              2. Anstalten zur Destillation von
                                    Erdöl.
                              In diesen Anlagen wird durch Umdestillation von rohem Erdöl raffinirtes Petroleum
                                 bereitet. Bei dem Betriebe derselben können in Folge von Undichtigkeiten der
                                 Destillationsgeräthe Dämpfe entweichen, welche die Nachbarschaft belästigen.
                                 Auch kann bei nicht feuersicher angelegten Gebäuden der Betrieb feuergefährlich
                                 sein. Es ist deshalb bei der Concessionirung dieser Anstalten vorzuschreiben,
                                 daß dieselben mit gut eingerichteten, völlig dichten, zu einer möglichst
                                 vollständigen Condensation der Dämpfe geeigneten Destillationsapparaten
                                 versehen, und daß die Arbeitsräume feuersicher angelegt, am besten massiv
                                 überwölbt werden.
                              Die Lagerräume für das rohe Erdöl dürfen nur mit Davy'schen Sicherheitslampen
                                 betreten werden.
                              Auch sind die Polizeivorschriften bezüglich der Lagerung des Petroleums zu
                                 beachten.
                              
                           
                              3. a. b. Anlagen zur Bereitung von Braunkohlen- und Steinkohlentheer, sofern
                                    sie außerhalb der Gewinnungsorte des Materials errichtet werden.
                              Es handelt sich bei diesen Anstalten um die Abschwälung von Braun- und
                                 Steinkohlen behufs der Gewinnung von Theer und dessen Destillationsproducten
                                 (Photogen, Solaröl, Schmieröl, Paraffin etc.). Bei diesen Processen können
                                 übelriechende, die Nachbarschaft belästigende, auch feuergefährliche Dünste
                                 erzeugt werden; es können durch den Betrieb der erforderlichen Feuerungsanlagen
                                 Uebelstände in Folge der Verbreitung von Rauch etc. entstehen, und auch durch
                                 die flüssigen, bei den Reinigungsoperationen entstehenden Abgänge können
                                 Belästigungen der Nachbarschaft herbeigeführt werden.
                              Zu diesem Gewerbebetriebe ist ein verhältnißmäßig großes Grundstück von
                                 geeigneter Lage erforderlich.
                              Für die Destillationsapparate gilt das unter Nr. 2 (Destillation von Erdöl)
                                 Bemerkte. Bezüglich der Beseitigung der bei dem Reinigen der Producte
                                 entstehenden flüssigen Abgänge vergleiche Allgemeine Gesichtspunkte (und 1866
                                 182 315).
                              Da die Destillationsoperationen, sowie auch die Reinigungsmanipulationen
                                 Feuersgefahr herbeiführen können, so ist darauf zu sehen, daß die betreffenden
                                 Processe nur in solchen Räumen ausgeführt werden, welche eine genügende Garantie
                                 gegen Feuersgefahr darbieten. Die für den Betrieb erforderlichen Feuerungen
                                 müssen den in den allgemeinen Gesichtspunkten bezeichneten Anforderungen
                                 entsprechen.
                              
                           
                              3. c. Anlagen zur Bereitung von Kokes, sofern sie außerhalb der Gewinnungsorte
                                    des Materials errichtet werden.
                              Bei dem Betriebe derselben werden Steinkohlen durch Erhitzung in mehr oder
                                 weniger geschlossenen Vorrichtungen, welche die Gestalt von Canälen oder
                                 Schächten haben, in Kokes verwandelt.
                              
                              Mögliche Uebelstände sind:
                              Entwicklung dampfförmiger, brennbarer übelriechender
                                 Producte.
                              Ausströmen großer Mengen von Wasserdämpfen beim Ablöschen
                                 der den Oefen entnommenen glühenden Kokes.
                              Rauchgase und Verbrennungsproducte, welche beim Betriebe
                                 erzeugt werden.
                              Mit Rücksicht hierauf wird es sich bei der Concessionirung solcher Anlagen darum
                                 handeln, daß die bei der Verkokung entstehenden Gase und Theerdünste möglichst
                                 vollständig in den Zügen des Kokesofens selbst, oder in andern Heizvorrichtungen
                                 verbrannt werden. Auch müssen die Feuerungen so eingerichtet sein, daß sie dem
                                 unter den allgemeinen Gesichtspunkten Gesagten entsprechen.
                              Die Verbreitung von Wasserdämpfen und Dünsten beim Ablöschen der glühenden Kokes
                                 läßt sich durch bauliche Einrichtungen etc. nur schwer verhüten. Deshalb dürfen
                                 derartige Anstalten nur in einer solchen Entfernung von bewohnten Gebäuden
                                 angelegt werden, daß deren Bewohner einer Belästigung durch diese Dämpfe und
                                 Dünste nicht ausgesetzt sind. Entfernungen, welche eine Garantie gegen
                                 erhebliche Belästigungen der Umwohner leisten, lassen sich allgemein nicht
                                 vorschreiben, sondern sind in jedem einzelnen Falle nach Maßgabe der localen
                                 Verhältnisse der projectirten Anstalten und der vorherrschenden Windesrichtungen
                                 festzustellen.
                              
                           
                              4. Glas- und
                                    Nußhütten.
                              Der Betrieb dieser Anlagen kann Belästigungen durch Rauch und Ruß verursachen,
                                 und deshalb ist bei deren Concessionirung namentlich die bezügliche Bestimmung
                                 der allgemeinen Gesichtspunkte in Betracht zu ziehen. Die gedachten Uebelstände
                                 können wie bei den Kalk- und Ziegelöfen durch einen Schornstein von
                                 angemessener Höhe wesentlich vermindert werden. Sind bewohnte Liegenschaften in
                                 der Nähe, so empfiehlt es sich, dem Schornsteine eine solche Höhe zu geben, daß
                                 der ausströmende Rauch über die nächsten bewohnten Häuser hinweggeführt
                                 wird.
                              
                           
                              5. Kalk-(Cement-)
                                    Oefen.
                              In diesen Oefen werden Kalksteine oder Cementmaterialien behufs der Bereitung von
                                 Mörtel gebrannt. Dieselben haben eine sehr verschiedenartige Form; meistens sind
                                 sie cylindrisch, prismatisch, auch kegel- und trichterförmig gestaltet.
                                 Auch ihre Construction ist sehr verschieden, je nachdem sie für einen
                                 continuirlichen, oder nur für einen periodischen Betrieb bestimmt sind. Bei dem
                                 Betriebe derselben können Belästigungen durch Rauch und auch durch den Staub des
                                 gebrannten Kalkes herbeigeführt werden; es kommt deshalb bei ihrer
                                 Concessionirung insbesondere die allgemeine, die Feuerungen betreffende
                                 Bestimmung in Betracht. Ein wesentliches Hilfsmittel zur Milderung des gedachten
                                 Uebelstandes ist ein Schornstein von entsprechender Höhe. Wenn bewohnte
                                 Liegenschaften in der Nähe sich befinden, so empfiehlt es sich, die Höhe des
                                 Schornsteines so zu bemessen, daß unter normalen Verhältnissen der ausströmende
                                 Rauch über die benachbarten Gebäude fortgeführt wird.
                              Auch empfiehlt es sich, die etwa den Nachbargrundstücken oder den öffentlichen
                                 Wegen zugekehrten Beschickungsöffnungen mit Thüren zu versehen, und auch
                                 Vorrichtungen, durch welche der Verbreitung von Kalkstaub vorgebeugt wird, z.B.
                                 Vorbauten vor den Auszugsöffnungen anzubringen.
                              
                           
                              6. Gypsöfen.
                              Durch den Betrieb dieser Oefen werden weniger leicht, als durch den Betrieb der
                                 Kalk- und Cementöfen Uebelstande durch Rauch, Ruß etc. herbeigeführt,
                                 weil zum Brennen von
                                 Gyps ein wesentlich geringerer Wärmegrad als zum Brande von Kalk erforderlich
                                 ist, und in Folge dessen die Feuerungen der Regel nach weniger umfangreich sind.
                                 Da es sich hier lediglich um die Beseitigung des Rauches handelt, so kommt
                                 insbesondere die hierauf bezügliche, unter den allgemeinen Gesichtspunkten
                                 erwähnte Bestimmung in Betracht.
                              
                           
                              7. Ziegelöfen.
                              Dieselben zerfallen in zwei Hauptclassen: in die continuirlichen, in welchen die
                                 Feuerung ununterbrochen unterhalten wird, und in die periodischen, bei denen der
                                 Betrieb mit Unterbrechungen stattfindet. Die Gestalt der Brennräume und die
                                 specielle Einrichtung der Feuerungen ist eine sehr verschiedene.
                              Bei dem Betriebe der Ziegelöfen können Belästigungen durch Rauch stattfinden.
                                 Dieser Uebelstand kann durch gute Construction der Feuerungen und durch die
                                 Anlage eines Schornsteines von geeigneter Höhe wesentlich abgemindert werden.
                                 Die Erfahrung hat gelehrt, daß die continuirlichen ringförmigen Oefen den Rauch
                                 besser verzehren, als die periodisch betriebenen, einfachen Oefen.
                              
                           
                              8. Anlagen zur Gewinnung roher
                                    Metalle.
                              Die chemischen Operationen zur Darstellung der Metalle (Hüttenprocesse) sind
                                 theils Schmelzprocesse (für Blei, Silber, Kupfer, Nickel, Kobalt), theils
                                 Destillations- oder Sublimationsprocesse (für Zink oder Arsen), theils
                                 Processe auf nassem Wege.
                              Bei der Verhüttung schwefelartiger Erze entwickelt sich schweflige Säure, bei
                                 einem Arsengehalte der Erze auch arsenige Säure. Da die schweflige Säure schon
                                 in geringen Mengen auf große Entfernungen hin einen schädlichen Einfluß auf die
                                 Vegetation ausübt, so muß die Auswahl eines Ortes für derartige Hüttenanlagen
                                 mit besonderer Umsicht geschehen. Am besten eignet sich dafür eine sterile
                                 Gegend. Unter allen Umständen ist ein Terrain von geeigneter Größe erforderlich
                                 (vgl. 1876 220 89).
                              Als Mittel, den Einfluß der schwefligen Säure in möglichst engen Grenzen zu
                                 halten, empfehlen sich: die Anwendung passend construirter Oefen statt der
                                 früher üblichen Haufen und Stadeln, die Benützung der schwefligen Säure zur
                                 Schwefelsäurefabrikation, die Absorption derselben in mit Kalk oder mit in Soda
                                 getränkten Kokes gefüllten Thürmen, oder endlich, wenn diese Mittel nicht
                                 anwendbar sind, das Einleiten des Gases in einen Schornstein von beträchtlicher
                                 Höhe.
                              Auf die Höhe des Schornsteines wird wesentlich der Umfang des Betriebes und die
                                 Lage des Hüttenwerkes (ob im Thale, an einem Berge oder auf demselben),
                                 Windrichtung u.a. Einfluß nehmen.
                              Verflüchtigte metallische Dämpfe, welche auf den thierischen und vegetabilischen
                                 Organismus schädlich einwirken – in erster Linie Blei- und
                                 Arsenikverbindungen – lassen sich durch hinreichend geräumige trockene
                                 oder nasse Condensationskammern, verbunden mit einem hohen Schornstein, meist
                                 zur Genüge beseitigen. Man leitet zu dem Ende den Rauch zweckmäßig in geräumige
                                 Kamine oder Canäle, event. in Bleikammern (behufs Ausnützung der schwefligen
                                 Säure zur Schwefelsäurefabrikation) und den Rest in den Schornstein.
                              Bei der Anwendung von Chlorverbindungen, z.B. von Kochsalz, so für die
                                 Silber- und Kupferextraction, treten Chlor- und
                                 Chlorwasserstoffgas auf, welche nicht minder schädlich als schweflige Säure
                                 sind. Diese Producte können in mit Wasser gespeisten Kokesthürmen großentheils
                                 zurückgehalten werden, in welchen dann auch Metalldämpfe sich condensiren.
                              Die bei den metallurgischen Arbeiten entstehenden festen Abfälle, die Schlacken,
                                 Ofenbrüche, Fluthafter etc. können gleichfalls Uebelstände herbeiführen. Die
                                 Ablagerung derselben darf nur an solchen Orten geschehen, wo weder Menschen noch
                                 Vieh Schaden daran nehmen können. Die Schlacken, namentlich die vom Puddeln und
                                 Schweißen des Eisens, erhalten sich unter einer erstarrenden und leicht
                                 zerbrechenden Kruste längere Zeit sehr heiß.
                              Besondere Vorsicht erheischt die Aufbewahrung, Ablagerung der bei der
                                 Zink- und Arsengewinnung entstehenden Rückstände. Derartige Abfälle
                                 gerathen nämlich, wenn u.a. Kohlentheilchen und Schwefelmetalle eingemengt sind,
                                 zuweilen in Brand und entlassen schweflige Säure. Auch können beim Verwittern
                                 und Auslaugen solcher Halden durch Regen die Vegetation verderbende und
                                 benachbarte Gewässer verunreinigende Metalllösungen entstehen, weshalb es sich
                                 empfiehlt, die Sohle der betreffenden Lagerplätze wasserdicht herzustellen und
                                 dieselben nur in größerer Entfernung von Nachbargrundstücken und Gewässern
                                 anzulegen. Ganz besondere Fürsorge ist bei Aufstürzung von Arsenikrückständen zu
                                 treffen, welche von der Verarbeitung von Arsenikkies oder Arsenikalkies auf
                                 Fliegenstein entstehen, auch nach vorheriger Röstung zu reichlicher Bildung von
                                 löslichen Metallsalzen durch Verwitterung Veranlassung geben können. Der
                                 Verbreitung des die Umgebung belästigenden Metallrauches bei
                                 Sublimations- und Destillationsprocessen ist durch geeignete Apparate,
                                 Condensationsvorrichtungen und Essen möglichst entgegen zu wirken. Die
                                 Aufbewahrung der Arsenhüttenproducte hat unter sicherm Verschluß
                                 stattzufinden.
                              Die Metalldarstellung auf nassem Wege hat, wie z.B. der Kupferchlorations-
                                 und Cementationsproceß, die Bildung von festen Rückständen und von sauren
                                 Abgangsflüssigkeiten im Gefolge. Für die Aufbewahrung der erstern gilt das über
                                 Zink- und Arsenrückstände Gesagte. Die sauren metallischen Lösungen
                                 können Gewässer leicht erheblich verunreinigen und dürfen in dieselben nur dann
                                 eingelassen werden, wenn dadurch Uebelstände nicht entstehen. In jedem Falle
                                 müssen sie vorher abgeklärt und entsäuert werden.
                              
                           
                              9. Metallgießereien.
                              Dieselben bezwecken das Umschmelzen von Metallen oder Legirungen, um dieselben in
                                 bestimmte Formen zu bringen, sowie auch die Darstellung von Legirungen. Das
                                 Schmelzen kann sowohl in Tiegeln, als auch in Oefen geschehen.
                              Die Anstalten, in welchen das Schmelzen lediglich in Tiegeln stattfindet, sind
                                 nicht concessionspflichtig.
                              Die Schmelzräume müssen feuersicher und von bewohnten Nachbargrundstücken so weit
                                 entfernt sein, daß nicht Belästigungen durch Auswürfe von Funken oder glühenden
                                 Substanzen aus den Schornsteinen der Oefen und durch Dünste stattfinden.
                                 Funkenfänger, sowie entsprechend hohe Schornsteine sind geeignete Schutzmittel
                                 gegen Unzuträglichkeiten, welche in der Verbreitung von Metalldünsten, Gasen und
                                 Funken beruhen können.
                              Bei Anwendung von Ventilatoren sind Constructionen zu wählen, welche möglichst
                                 wenig Lärm verursachen.
                              
                           
                              10. Hammerwerke.
                              Der Betrieb der Hammerwerke, zu welchen auch die Stampf- und Walzwerke zu
                                 zählen sind, kann Belästigungen durch Lärm, sowie durch Erschütterungen und auch Beschädigungen
                                 verursachen. Die Erschütterungen werden hinreichend vermieden durch eine gute
                                 Isolirung der Fundamente, sowie bei Hammer- und Stampfwerken durch eine
                                 ausreichende Schwere der Chabotte, welche bei größern Werken dieser Art, wenn
                                 Sandboden vorhanden ist, mindestens das Zehnfache, bei Steinboden mindestens das
                                 Zwanzigfache des Bär- oder Stempelgewichtes haben muß, während bei
                                 kleinern Werken das Fünf- resp. Zehnfache des Bär – oder
                                 Stempelgewichtes genügt.
                              Der Lärm läßt sich nicht vermeiden, weshalb auf eine hinreichende Entfernung von
                                 bewohnten Gebäuden Rücksicht genommen werden muß.
                              
                           
                              11. Schnellbleichen.
                              In diesen Anstalten wird und zwar hauptsächlich unter Beihilfe von alkalischen
                                 Stoffen (Lauge, Kalk) und von Chlor das Bleichen von Garn und von Geweben
                                 ausgeführt. Uebelstände werden bei diesem Gewerbebetriebe hauptsächlich durch
                                 die Ableitung der unreinen, mit Resten von Chlor und Laugen behafteten Abwässer,
                                 sowie auch durch die bei der Bereitung von Chlor resultirenden flüssigen Abgänge
                                 herbeigeführt. Um dieselben zu vermeiden, müssen die betreffenden Flüssigkeiten
                                 nach Maßgabe der unter den allgemeinen Gesichtspunkten erörterten Bestimmungen
                                 beseitigt werden.
                              
                           
                              12. Firnißsiedereien.
                              Bei der Bereitung von Firniß wird Oel mit Bleiglätte, Bolus oder ähnlichen
                                 Körpern stark erhitzt. Da hierbei übelriechende Dünste entwickelt werden, so ist
                                 es erforderlich, daß das Siedegefäß an seinem obern Ende mit einem Rohre
                                 versehen sei, welches diese Dünste behufs ihrer Verbrennung in die Feuerung
                                 leitet, und daß das Siedegefäß während des Siedeprocesses bedeckt gehalten
                                 werde. Wegen der durch ein starkes Erhitzen größerer Partien Oel möglicherweise
                                 entstehenden Feuersgefahr ist es erforderlich, daß die betreffenden Arbeitsräume
                                 feuersicher angelegt, am besten überwölbt werden, und daß die Feuerung der
                                 Siedekessel nicht im Siederaume selbst stattfindet (vgl. Seifensiedereien).
                              Da erfahrungsmäßig trotz aller Vorsichtsmaßregeln eine Emanation übelriechender
                                 Dünste z.B. beim Oeffnen des Siedebehälters nicht vermeidlich ist, so bietet die
                                 Concessionirung derartiger Anstalten in der Nähe von Wohnhäusern Bedenken
                                 dar.
                              
                           
                              13. Stärkefabriken.
                              Zur Fabrikation der Stärke dienen sowohl Kartoffeln, als auch Getreidearten und
                                 Reis. Nur diejenigen Anstalten sind concessionspflichtig, in welchen Getreide
                                 oder Reis verarbeitet wird. Bei diesem Getriebebetriebe können Belästigungen
                                 durch die in reichlicher Menge beim Auskanten der zerkleinerten, eingeweichten,
                                 auch in Gährung versetzten Materialien producirten Wässer entstehen, da
                                 dieselben in Folge leicht eintretender Fäulniß oft übelriechende Dünste
                                 entwickeln (vgl. 1866 182 327).
                              Um diese Uebelstände zu vermeiden, muß auf die Anlage solcher Einrichtungen
                                 Bedacht genommen werden, welche dazu geeignet sind, diese Flüssigkeiten in einer
                                 Weise abzuleiten, daß dabei üble Gerüche nicht entstehen können. In solchen
                                 Fällen, wo Gerinne, welche dieser Anforderung genügen, nicht vorhanden sind, muß
                                 die Ableitung der Wässer durch Röhren stattfinden. In Chausseegräben und in
                                 Rinnsteine dürfen die in Rede stehenden Abwässer nicht geleitet werden. In
                                 denjenigen Fällen, wo die Möglichkeit einer raschen Abführung der gedachten
                                 Wässer nicht erwiesen ist, kann die Concession nicht ertheilt werden. Bei der
                                 Abführung dieser Effluvien in Flüsse kommt das in den allgemeinen
                                 Gesichtspunkten Gesagte in Betracht (vgl. 1875 218
                                 277).
                              
                           
                              14. Stärkesyrupfabriken.
                              Bei der Bereitung des Stärkesyrups, wobei die in Wasser zertheilte Stärke mit
                                 Säure gelocht wird, entwickeln sich übelriechende Dünste, welche die
                                 Nachbarschaft solcher Fabriken öfter sehr belästigen. Eine vollständige
                                 Beseitigung dieses Uebelstandes ist noch nicht geglückt; derselbe kann indessen
                                 durch Anordnung geeigneter Condensationsvorrichtungen vermindert werden.
                              
                           
                              15. Wachstuchfabriken.
                              Wachstuch ist ein mit einer Firnißschicht bedecktes Gewebe. Der Betrieb einer
                                 Wachstuchfabrik kann Belästigungen durch übelriechende Dünste veranlassen,
                                 welche sich sowohl beim Ausstreichen der Firnisse, als namentlich beim Trocknen
                                 der gestrichenen Gewebe entwickeln. Auch können Feuersgefahren durch die
                                 Entzündung der Firnisse und der Gewebe während des Anstreichens und beim
                                 Trocknen derselben entstehen. Da zur Zeit kein Mittel existirt, um namentlich
                                 die beim Trocknen der gefirnißten Gewebe an freier Luft emanirten Dünste
                                 zurückzubehalten oder zu beseitigen, so ist ein derartiger Gewerbebetrieb nur an
                                 solchen Plätzen statthaft, welche von bewohnten Orten oder bewohnten
                                 Liegenschaften genügend entfernt sind. Ein Maß für die erforderliche Entfernung
                                 läßt sich allgemein nicht angeben, weil auf die Verbreitung der Dünste die
                                 localen Verhältnisse einen wesentlichen Einfluß ausüben.
                              Um Feuersgefahren auszuschließen, müssen die Arbeitsräume, in welchen
                                 feuergefährliche Operationen ausgeführt, und die Räume, in denen leicht
                                 entzündbare Materialien oder Producte aufbewahrt werden, feuersicher sein.
                              
                           
                              16. Darmsaitenfabriken.
                              Die Därme werden behufs der Herstellung von Darmsaiten zuerst durch Einlegen in
                                 Wasser gereinigt, sodann zu Saiten zusammengedreht. Bei diesen Operationen
                                 entstehen üble Gerüche, wenn das Rohmaterial nicht frisch ist, und wenn die an
                                 animalischen Stoffen reichen Abfallwässer in Zersetzung, in Fäulniß
                                 gerathen.
                              Es empfiehlt sich deshalb, dem Unternehmer zur Bedingung zu machen, daß er nur
                                 frisches Material verarbeitet, und daß die bei der Arbeit entstehenden Abfälle
                                 in wasserdichten Gruben oder Behältern angesammelt und in unschädlicher Weise
                                 beseitigt werden. Bezüglich der Ableitung der Fabrikwässer sind die für den
                                 Betrieb der Gerbereien in Betracht zu ziehenden Grundsätze maßgebend.
                              
                           
                              17. Dachpappen- und
                                    Dachfilzfabriken.
                              Die sogen. Dachpappen und Dachfilze werden durch Tränken von Pappen oder Filzen
                                 in heißem Theer hergestellt. Hierbei entstehen übelriechende Dünste, und zwar
                                 namentlich dann, wenn die mit Theer getränkten Stoffe behufs der Austrocknung
                                 ins Freie gebracht werden, wodurch erhebliche Belästigungen der Umwohner und des
                                 Publicums herbeigeführt werden können. Da der Theer beim Erhitzen über freiem
                                 Feuer sich entzünden kann, auch die frisch getränkten Stoffe mehr oder weniger
                                 leicht entzündlich sind, so ist der in Rede stehende Betrieb auch
                                 feuergefährlich. Obgleich die in der Emanation unangenehm riechender Dünste
                                 beruhenden Uebelstände erheblich geringer sind, wenn, wie es jetzt vielfach
                                 geschieht, die getheerten Pappen sofort befandet, zusammengepackt oder
                                 zusammengerollt werden, so können trotzdem Belästigungen eintreten, und es ist deshalb die
                                 Concessionirung derartiger Anstalten in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern nicht
                                 rathsam. Aus Rücksichten der Feuersicherheit ist es geboten, daß die
                                 Arbeitsräume feuerfest hergestellt werden.
                              
                           
                              18. Leimsiedereien.
                              Der Leim wird theils aus Hautabfällen und Sehnen (Flechsen), theils aus Knochen
                                 bereitet. Bei diesem Betriebe können Uebelstände sowohl durch die Ableitung der
                                 zum Waschen der Materialien benützten Wässer, als auch durch die bei den
                                 Siede- und Trockenprocessen entwickelten und aus den Lagerräumen der
                                 Rohmaterialien verbreiteten Dünste entstehen. Die Ableitung der Waschwässer darf
                                 deshalb nur in einer solchen Weise stattfinden, daß Belästigungen dadurch nicht
                                 herbeigeführt werden. Bei der Abführung derselben in Gewässer kommen die
                                 betreffenden Bestimmungen der allgemeinen Gesichtspunkte in Betracht.
                              Zur Verminderung der beim Sieden leicht auftretenden, in der Verbreitung
                                 übelriechender Dünste beruhenden Unzuträglichkeiten empfiehlt es sich, daß die
                                 Siedekessel mit einem Rohre versehen werden, welches die beim Kochen
                                 entwickelten Dünste in die Feuerung ableitet.
                              Bei der Fabrikation des Knochenleimes können überdies noch höchst übelriechende
                                 Dünste durch das Auskochen oder Dämpfen der Knochen entwickelt werden, welche
                                 die Nachbarschaft unter Umständen sehr belästigen. Um diesen Uebelstand zu
                                 vermeiden, ist vorzuschreiben, daß die gedachten Operationen nur in
                                 geschlossenen Behältern vorgenommen werden dürfen. Die Lagerräume für die
                                 Rohmaterialien (Lederabfälle, Flechsen, Knochen etc.) müssen derart eingerichtet
                                 und so gelegen sein, daß durch die Speicherung der gedachten Rohstoffe keine
                                 Belästigungen für die Nachbarschaft entstehen.
                              
                           
                              19. Thransiedereien.
                              In den Thransiedereien wird aus dem Fischspeck Fett ausgelassen. Der Betrieb ist
                                 ein ähnlicher wie der der Talgschmelzen, und die zur Verminderung der bei diesem
                                 Gewerbe hervortretenden Unzuträglichkeiten empfohlenen Bestimmungen sind auch
                                 zur Verringerung der bei dem Betriebe der Thransiedereien vorhandenen
                                 Uebelstände geeignet. (Siehe Nr. 23.)
                              
                           
                              20. Seifensiedereien.
                              Der Proceß der Seifensiederei besteht darin, daß Fette mit kaustischer Lauge
                                 gekocht werden. Hierbei erfolgt die Bildung der Seifen (Verbindungen der
                                 Fettsäuren mit den Alkalien) unter Abscheidung von Glycerin.
                              Die bei diesem Betriebe leicht entstehenden Uebelstände bestehen vorwiegend in
                                 der Verbreitung übelriechender Dünste. Eine unvollkommene Einrichtung der
                                 Siedelocale kann auch Feuersgefahren herbeiführen.
                              Behufs der Ableitung der bei dem Siedeproceß unvermeidlich auftretenden Dünste
                                 empfiehlt es sich, über diesen Kesseln Dampfabzüge anzulegen, welche bis über
                                 die Dachfirste des Siedehauses hinausgeführt oder mit einem Schornsteine von
                                 entsprechender Höhe verbunden werden müssen. Erstere und auch die Schornsteine
                                 müssen eine solche Höhe erhalten, daß ein Eindringen von Dünsten und Rauch in
                                 die Fenster der benachbart gelegenen Gebäude nicht stattfinden kann. Die
                                 erforderliche Höhe läßt sich allgemein nicht vorschreiben, richtet sich vielmehr
                                 nach den localen Verhältnissen der betreffenden Anlage.
                              Zur Verminderung der Feuersgefahr ist der Siedekessel so anzulegen, daß dessen
                                 Befeuerung nicht
                                 im Siedelocale selbst, sondern in einem besondern, davon getrennten
                                 Feuerungsraum (Vorgelege) ausgeführt wird. Im Uebrigen ist die Feuerung den
                                 allgemeinen Vorschriften gemäß einzurichten und zu behandeln.
                              Häufig wird von den Seifensiedern, ohne daß sie dazu durch eine Concession
                                 berechtigt sind, Talg aus rohen Fettmassen ausgeschmolzen (siehe Talgschmelzen
                                 Nr. 23). Hierfür werden öfter ungeeignete Vorrichtungen benützt, und es führt
                                 ein solcher unberechtigter Betrieb dann vielfach Belästigungen der Nachbarschaft
                                 herbei. Es ist deshalb ausdrücklich die Bedingung zu stellen, daß nur
                                 ausgeschmolzenes Fett verarbeitet werden darf.
                              
                           
                              21 a. Knochenbrennereien.
                              Es handelt sich um die Bereitung der vorwiegend als Reinigungsmittel der
                                 Zuckersäfte dienenden Knochenkohle. Dieselbe wird durch Verkohlung von Knochen
                                 in Töpfen oder Cylindern bereitet. Bei diesem Betriebe entwickeln sich
                                 unvermeidlich sehr übelriechende Dünste, und da bisher kein Mittel zur
                                 Beseitigung derselben aufgefunden worden, so ist die Anlage derartiger Fabriken
                                 in der Nähe bewohnter Grundstücke unzulässig (vgl. 1864 174 427).
                              
                           
                              21 b. Knochendarren, Knochenkochereien und Knochenbleichen.
                              Das Auskochen der Knochen wird vorwiegend behufs der Bereitung des als kräftiges
                                 Düngmittel dienenden Knochenmehls ausgeführt. Zu dem Zwecke werden die Knochen
                                 entweder in Kesseln, meistens aber jetzt in Cylindern, und zwar in letztern mit
                                 Dampf ausgekocht, dann getrocknet, wozu meistens aus Mauerwerk gebildete Darren
                                 dienen, und schließlich mittels Mühlwerken zerkleinert.
                              Die aus diesem Betriebe erwachsenden Uebelstände werden hauptsächlich durch die
                                 beim Kochen der Knochen, sowie beim Darren derselben entwickelten Dünste
                                 verursacht. Auch der aus den Mühlwerken hervordringende Knochenstaub,
                                 desgleichen die beim Kochen der Knochen resultirenden Brühen haben einen höchst
                                 unangenehmen Geruch und können, sowie auch die Lager der rohen Knochen und der
                                 fertigen Fabrikate, zu Belästigungen Anlaß geben. Die Uebelstände werden dadurch
                                 wesentlich abgemindert, daß das Dämpfen der Knochen in geschlossenen Cylindern,
                                 nicht in offenen Kesseln ausgeführt und die Entfernung dieser Kochgeräthe erst
                                 nach vollkommenem Erkalten derselben vorgenommen wird. Da indessen trotz aller
                                 Vorsichtsmaßregeln, namentlich durch die beim Darren entwickelten Dünste,
                                 Uebelstände entstehen, so ist die Concessionirung derartiger Anstalten in der
                                 Nähe von Wohnhäusern nicht unbedenklich.
                              
                           
                              22. Zubereitungsanstalten für
                                    Thierhaare.
                              In diesen Anstalten werden Thierhaare gereinigt und weiter bearbeitet, nämlich
                                 gekräuselt, versponnen und gefärbt. Es können Belästigungen der Nachbarn sowohl
                                 durch Staub als auch durch übelriechende Dünste entstehen, welche sich bei der
                                 Behandlung der Haare und aus den mit animalischen Stoffen beladenen Effluvien
                                 entwickeln. Die zuerst erwähnten Unzuträglichkeiten können durch zweckmäßige
                                 Ventilationsvorrichtungen abgemindert werden, deren Anlage auch im sanitären
                                 Interesse der in diesen Fabriken beschäftigten Arbeiter geboten ist. Bezüglich
                                 der Beseitigung der gedachten Effluvien kommen die in den allgemeinen
                                 Gesichtspunkten angeführten Bestimmungen in Betracht.
                              
                           
                              23. Talgschmelzen.
                              In diesen Anstalten wird aus rohen thierischen Fetttheilen (Lisen) Talg
                                 ausgelassen.
                              
                              Zu dem Zwecke erhitzt man die genannten Rohmaterialien entweder in offenen, oder
                                 in geschlossenen Behältern, fügt auch wohl etwas verdünnte Schwefelsäure hinzu,
                                 wodurch der beim Schmelzen entstehende üble Geruch etwas gemindert wird. Am
                                 geringsten sind die Uebelstände in dem Falle, wenn das Ausschmelzen in
                                 geschlossenen Behältern mit überhitzten Dämpfen ausgeführt wird. Werden als
                                 Schmelzgeräthe offene Kessel benützt, so ist es sehr zweckmäßig, dieselben mit
                                 einem Rohre zu versehen, welches die Dämpfe aus dem obern Theile derselben (wie
                                 bei den Firnißkesseln) in die Feuerung leitet. Während des Schmelzens müssen
                                 diese Kessel dann mit einem dicht aufliegenden Deckel verschlossen werden.
                              In der Nähe dichtbebauten Terrains ist die Concessionirung von Talgschmelzen
                                 wegen der durch ihren Betrieb verursachten Dünste bedenklich.
                              
                           
                              24. Schlächtereien.
                              Die Schlächtereien verursachen namentlich dadurch öfter Uebelstände, daß in Folge
                                 mangelhafter Reinigung und schlechten Abflusses die thierischen Abfälle (Blut,
                                 Fleisch, theile etc.) in Fäulniß gerathen.
                              Die Hauptbedingungen sind: eine genügende Räumlichkeit des Grundstückes, sowie
                                 des Schlachtlocals, und das Vorhandensein der zur Reinhaltung der Räume und der
                                 Utensilien nöthigen Wassermenge. Es lassen sich Dimensionen für den Hofraum,
                                 sowie für das Schlachtlocal nicht wohl vorschreiben, weil die örtliche Lage eine
                                 sehr erhebliche Rolle spielt, es auch wesentlich in Betracht kommt, ob das
                                 Grundstück von Nachbargebäuden umschlossen ist, welche Höhe dieselben haben und
                                 dergleichen; auch ob unterirdische Canäle zur Ableitung des Straßenwassers
                                 vorhanden sind.
                              Bezüglich der Einrichtung des Schlachthauses empfiehlt es sich, die Bedingungen
                                 zu stellen, daß der Fußboden des Schlachthauses wasserdicht hergestellt,
                                 gepflastert, cementirt oder asphaltirt wird, nicht gedielt sein darf, daß die
                                 Wände des Schlachthauses mindestens auf 2m Höhe entweder mit Oelfarbe gestrichen oder anderweit so hergerichtet
                                 werden, daß sie durch Abwaschen vollständig gereinigt werden können; daß eine
                                 mit dem Schlachthause durch eine Rinne verbundene, wasserdichte, bedeckt
                                 gehaltene Senkgrube vorhanden ist, welche im Winter wöchentlich zweimal, im
                                 Sommer nach jedem Schlachten gereinigt, auch desinficirt werden muß. Außerdem
                                 ist die Bedingung zu stellen, daß im Hofe des Grundstückes ein Brunnen oder im
                                 Schlachtlocale eine Wasserleitung vorhanden sein muß.
                              Der Abfluß der Spülwässer regelt sich nach dem in den allgemeinen Gesichtspunkten
                                 Gesagten.
                              
                           
                              25. Gerbereien.
                              Bei der Fabrikation von Leder findet zuerst ein Aufweichen der Felle, dann ein
                                 Enthaaren derselben unter Anwendung von Kalk, Gaskalk, auch von Arsenikalien und
                                 andern Stoffen statt (vgl. 1860 157 158). Hierauf
                                 erfolgt, je nachdem lohgares oder weißgares Leder bereitet werden soll, die
                                 weitere Bearbeitung der Häute mit Lohe oder mit deren Surrogaten, resp. mit
                                 Thonerdebeizen, Salzen, auch mit animalischen Stoffen, wie Hundekoth u. dgl.
                              Uebelstände können bei diesem Betriebe sowohl durch die Weichwässer, als auch
                                 durch die mit Kalk, Arsenikalien etc. und mit organischen Resten behafteten
                                 Spülwässer, sowie durch die leicht in Fäulniß gerathenden Hautabfälle entstehen.
                                 Der Regel nach werden Gerbereien an fließenden Gewässern angelegt, und in jedem
                                 Falle ist sorgfältig zu erwägen, ob die Verunreinigung des Wassers, sei es durch
                                 Ableitung der Abgänge in das fließende Wasser, oder durch Weichen und Spülen der Häute in
                                 demselben für zulässig zu erachten ist. Die in der Verunreinigung der fließenden
                                 Gewässer beruhenden Unzuträglichkeiten werden dadurch vermindert, daß das Spülen
                                 der Häute nicht unmittelbar in denselben, sondern in Gruben ausgeführt wird,
                                 welche durch eine bis nahe zum Niveau des Wassers reichende Scheidewand davon
                                 getrennt sind.
                              Eine Versenkung der flüssigen Abgänge erscheint in den meisten Fällen mit
                                 Rücksicht auf den Umstand unzulässig, daß dadurch eine in sanitätlicher
                                 Beziehung höchst bedenkliche Infection des Bodens und des Grundwassers
                                 herbeigeführt wird. Die Sohle der Werkstätten, sowie die Gruben, in denen die
                                 Felle mit Kalk, Lehm oder andern Materialien behandelt werden, müssen
                                 wasserdicht sein. Zur Ansammlung der bei dem Betriebe entstehenden festen
                                 Abfälle müssen wasserdichte, bedeckt gehaltene Gruben angelegt werden.
                              Die Anwendung von Arsenikalien wird in der Regel ausdrücklich zu untersagen sein.
                                 Wo besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen, werden die bei der Anwendung
                                 zu beobachtenden Bedingungen vorzuschreiben sein.
                              
                           
                              26. Abdeckereien.
                              Es ist eine bekannte Thatsache, daß der Betrieb von Abdeckereien Uebelstände
                                 durch Verbreitung übelriechender Dünste hervorbringt. Uebelriechende Dünste
                                 entstehen beim Zerlegen der Thiercadaver, beim Trocknen der Felle, der Flechsen
                                 und anderer Theile der Thierkörper, entwickeln sich auch aus den Gruben, in
                                 welchen Thiercadaver verscharrt wurden, namentlich wenn dieselben nicht genügend
                                 tief angelegt worden sind. Da bisher keine zur Beseitigung dieser Uebelstände
                                 geeignete Mittel existiren, so müssen Abdeckereien in möglichst entlegene
                                 Gegenden verwiesen werden.
                              Bei der Beurtheilung der Zulässigkeit einer solchen Anlage kommt es namentlich
                                 auf die Entfernung der nächsten Wohnhäuser und der in der Umgebung vorhandenen
                                 Wege an. Oeffentliche Verkehrsstraßen dürfen in nicht zu geringem Abstande
                                 vorhanden sein, weil die Passanten durch üble Gerüche belästigt werden, auch die
                                 Pferde leicht vor dem Aasgeruche scheuen.
                              Ueber die einzuhaltenden Entfernungen lassen sich allgemeine Bestimmungen deshalb
                                 nicht vorschreiben, weil hierbei vorwiegend die localen Verhältnisse, die
                                 Beschaffenheit des Terrains, die vorherrschenden Windesrichtungen etc. in
                                 Betracht kommen, resp. bezüglich der Zulässigkeit derartiger Anlagen
                                 entscheidend sind.
                              Um den Arbeitsplatz möglichst abzugrenzen, auch die Betriebsoperationen den Augen
                                 der Passanten thunlichst zu entziehen, ist es zweckmäßig, den Arbeitsplatz mit
                                 einer mindestens 2m,5 hohen, dichten
                                 Umfriedigung (Wand- und Breterzaun) zu umgeben. Außerdem empfiehlt sich
                                 eine Umpflanzung dieser Umfriedigung mit einer Hecke.
                              
                           
                              27. Poudrette- und
                                    Düngepulverfabriken.
                              Dieser Gewerbebetrieb verursacht erhebliche Belästigungen, wenn in den Anstalten
                                 Latrinenstoffe oder thierische Abfälle, als Blut, Fleisch etc. verarbeitet
                                 werden (vgl. 1862 165 68). Da bisher keine Mittel
                                 bekannt geworden sind, durch welche die bei diesem Betriebe hervortretenden, in
                                 der Verbreitung höchst übelriechender Dünste beruhenden Uebelstände beseitigt
                                 werden, so müssen solche Anlagen (wie auch die Abdeckereien) in möglichst
                                 abgelegene Gegenden verwiesen werden.
                              Zu den Düngepulvern gehören auch gewisse chemische Präparate, wie Superphosphat,
                                 Düngesalze etc.
                                 Anstalten, welche derartige Producte herstellen, gehören zu den chemischen
                                 Fabriken, für deren Concessionirung die Bezirksregierungen zuständig sind.