| Titel: | Nachweisung freier Mineralsäuren im Essig. | 
| Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 183 | 
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                        Nachweisung freier Mineralsäuren im
                           Essig.
                        Nachweisung freier Mineralsäuren in Essig.
                        
                     
                        
                           Die Verfälschung des Essigs mit Schwefelsäure ist schon sehr alt; zur Nachweisung
                              derselben sind zahlreiche Vorschläge gemacht.
                           Taucht man nach Guibourt (1847 103 136) den Finger in einen Essig, der auch nur sehr geringe Mengen
                              Schwefelsäure enthält (auf 1008 2 Tropfen), und bestreicht damit die Oberfläche der
                              Zähne, so soll das Email derselben derart angegriffen werden, daß sie sich mit der
                              Zunge rauh und runzelig anfühlen.
                           Descroizilles (1843 90 120)
                              beobachtete, daß die Röthung von Lackmuspapier durch reinen Essig beim Trocknen
                              verschwindet, nicht aber die durch einen schwefelsäurehaltigen Essig. Diese Probe
                              ist wenig empfindlich und nicht für Weinessig brauchbar, da auch die durch Weinstein
                              hervorgerufene Röthung dauernd ist.
                           Taucht man nach Chevallier, Gobley und Journeil (1843 90 121) ein
                              Stückchen weißes Papier in einen Essig, der 2 bis 3 Proc. Schwefelsäure enthält,
                              oder beschreibt dasselbe mit einer darin eingetauchten Feder, so werden die
                              befeuchteten Stellen nach dem Trocknen schwarz. Weit empfindlicher ist das Verfahren
                              von Runge. Eine Probe des Essigs wird mit etwas Zucker
                              versetzt und zur Trockene verdampft; ist freie Schwefelsäure vorhanden, so schwärzt
                              sich der Rückstand.
                           Kocht man nach Garnier (1844 91
                              406) 1866 179 164) 100cc des zu prüfenden Essigs mit einigen Körnchen Stärkemehl etwa 10 Minuten
                              lang und versetzt dann mit Jod, so wird keine Blaufärbung eintreten, wenn der Essig
                              Schwefelsäure enthielt, da die Stärke in Traubenzucker übergeführt wurde. Selbst 0,1
                              Proc. Schwefelsäure kann hierdurch leicht nachgewiesen werden.
                           Chevallier (1835 56 446)
                              schlägt vor, eine Probe in einer Platinschale zur Trockene abzudampfen; bei
                              Gegenwart von Schwefelsäure entwickeln sich schließlich die bekannten weißen Dämpfe.
                              Derselbe schlägt ferner vor, den Essig mit Chlorbarium zu versetzen. Später (1843
                              90 121) empfiehlt er, 500cc Essig auf 60cc einzudampfen und zur Abscheidung der
                              Sulfate mit 300cc 88procentigen Weingeist
                              zu mischen; im Filtrat soll die Schwefelsäure durch salpetersaures Barium
                              nachgewiesen werden.
                           Zur Isolirung der freien Schwefelsäure war ferner vorgeschlagen, den verdächtigen
                              Essig mit Aether zu schütteln. Guibourt (1847 103 435) zeigt, daß Aether dem Essig die Schwefelsäure
                              nicht entzieht.
                           Versetzt man nach Böttger (1845 96 53) den Essig mit etwas Chlorcalcium und erhitzt zum Sieden, so
                              entsteht ein Niederschlag von Gyps, wenn der Essig schwefelsäurehaltig war.
                           Strohl (Archiv der Pharmacie, 1876 Bd. 208 S. 342)
                              empfiehlt ein Verfahren, welches sich auf die Unlöslichkeit des oxalsauren Kalkes in
                              verdünnter Essigsäure und dessen Löslichkeit in verdünnten Mineralsäuren gründet.
                              Nach seinem Vorschlage versetzt man 100cc
                              des zu prüfenden Essigs mit je 1cc
                              Fünftelnormallösung von
                              oxalsaurem Ammonium und Chlorcalcium. Verschwindet die anfangs entstandene Trübung
                              nicht wieder vollständig, so enthält 1l des
                              Essigs weniger als 18 Salzsäure (HCl), oder 2g Salpetersäure (NO₅) oder 18,4 Schwefelsäure (SO₃).
                              Verschwindet die Trübung aber wieder, so ist mindestens soviel der einen oder andern
                              Mineralsäuren zugegen.
                           A. Hilger (Archiv der Pharmacie, 1876 Bd. 208 S. 193)
                              findet, daß diese Methode überhaupt nur bei Vorhandensein größerer Mengen von
                              Mineralsäuren brauchbar ist. Mehr Beachtung verdienen die Vorschläge von Witz (1874 214 312). Zur
                              Prüfung derselben wurden käufliche reine Essigproben, mit Salzsäure und
                              Schwefelsäure versetzt, benützt, um die Farbenveränderung des Methylanilinvioletts
                              festzustellen. Die Resultate waren folgende:
                           Gewöhnliche reine Essigsorten von 2 bis 4 Proc. Essigsäure verändern die Farbe des
                              Methylanilinvioletts nicht, dagegen färben sogen. Essigsprite das Violett blau.
                           Bei Gegenwart von 0,2 Proc. Schwefelsäure färbt sich Methylviolett blau, 0,5 Proc. Schwefelsäure enthaltender Essig färbt
                              blaugrün, 1proc. intensiv grün.
                           Salzsäure enthaltender Essig zeigt, beim Vorhandensein von 0,1 Proc. Salzsäure, mit
                              Violett sofort eine blaue Färbung, bei 0,2 Proc.
                              Salzsäure grün, und endlich bei 1 Proc. Salzsäure verschwindet die Färbung des
                              Violetts vollständig.
                           Die angewendete Methylanilinviolettlösung enthielt in 1008 Wasser 10mg des trocknen Farbstoffes und ist in
                              wenigen Tropfen anzuwenden.
                           Weitere Versuche zeigten auf das Bestimmteste, daß beim Vorhandensein geringerer
                              Mengen freier Mineralsäuren, 0,1 bis 0,05 Proc., in welchem Falle
                              Methylanilinviolett keine Veränderung hervorbringt, durch Verdampfen der Mischung
                              die oben angeführten Färbungen deutlich bei der Concentration der Flüssigkeit zum
                              Vorschein kommen. Essig, der mit 0,05 Proc. Schwefelsäure versetzt ist, gibt beim
                              Verdampfen bei Gegenwart von Violett die Farbenübergänge von Violett zu Blau, von
                              Blau zu Grün je nach der Concentration. Zuletzt bleibt ein grünblauer Rückstand, der
                              sich in Wasser mit schmutzig grünblauer Farbe löst.
                           Analog verhielten sich Essigproben, mit 0,1 bis 0,05 Proc. Chlorwasserstoff versetzt.
                              Die Verdampfungsprobe gelingt am besten in der Weise, daß 25cc des zu prüfenden Essigs mit Zusatz von 2
                              bis 3 Tropfen Methylanilinviolettlösung vorsichtig direct über der Flamme verdampft
                              werden.
                           Demnach ist das von Witz vorgeschlagene Methylanilinviolett sehr wohl zum
                              qualitativen Nachweise von Mineralsäuren in Essig brauchbar. Da jedoch die
                              Uebergange der grünblauen und blauen Färbungen zu Violett sehr schwierig scharf zu
                              unterscheiden sind, so ist dieser Farbstoff zur volumetrischen Bestimmung der freien
                              Mineralsäuren in Essig nicht zu empfehlen.
                           Zur Nachweisung freier Salzsäure im Essig ist eine Probe desselben zu destilliren und
                              das Destillat mit salpetersaurem Silber zu prüfen (vgl. 1848 108 237).
                           Eine absichtliche Verfälschung des Essigs mit Salpetersäure ist noch nicht
                              beobachtet, dürfte des verhältnißmäßig hohen Preises wegen auch kaum vorkommen. Sie
                              ist mit Brucin oder Indigo leicht nachzuweisen (1874 213
                              426).
                           
                              F.