| Titel: | Das Musterzeichnen in der Wirkerei; von G. Willkomm, Director der Fachschule für Wirkerei in Limbach bei Chemnitz. | 
| Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 215 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Das Musterzeichnen in der Wirkerei; von G. Willkomm, Director der
                           Fachschule für Wirkerei in Limbach bei Chemnitz.
                        (Schluß von S. 126 dieses Bandes.)
                        Willkomm, über das Musterzeichen in der Wirkerei.
                        
                     
                        
                           2. Als Wirkmuster in Kulirwaare sind folgende fünf wesentlich von einander zu
                              unterscheiden:
                           a) Die zweiflächigen oder Rechts- und
                              Rechts-Waaren, zu denen Ränder-, Fang-, Perlfang- sowie
                              Links- und Links-Waare zu rechnen ist, können, wie ich schon oben
                              andeutete, nicht durch eine einfache Zeichnung
                              dargestellt werden, sondern erfordern für jede ihrer beiden Seiten eine solche, von
                              denen dann die eine als Führer etwaiger Muster in den Stuhlreihen und die andere als
                              solcher für die Maschinenreihen gilt. Damit lassen sich nun aber die einzelnen Arten
                              der zweiflächigen Waaren mit den an ihnen noch vorkommenden Farb- oder
                              weiteren Wirkmustern ganz deutlich darstellen. In Ränderwaare z.B. enthalten beide
                              Seiten nur glatte Maschenreihen; da ist eine Zeichnung überflüssig. In Fangwaare
                              wechselt auf jeder Seite eine glatte Maschenreihe mit einer Henkelreihe ab, die
                              Zeichnung einer Seite würde also in je der zweiten Reihe sämmtliche Quadrate
                              ausgefüllt enthalten müssen, und die zusammengehörigen Maschenreihen beider Seiten
                              wären mit den gleichen Zahlen zu bezeichnen u.s.w.
                           b) Die Preßmuster, zunächst nur als Wirk- nicht
                              zugleich als Farbmuster betrachtet, sind sehr wohl vollständig durch eine Zeichnung
                              auf Musterpapier darzustellen; man hat sich dabei unter jedem leer gelassenen
                              Quadrate eine fertig hergestellte Masche und unter jedem ausgefüllten Quadrate eine
                              nicht vollendete Masche, eine blose Schleife vorzustellen, welch letztere auf ihrer
                              nicht gepreßten Nadel mit ihrer alten Masche (von der vorhergehenden Reihe) zu einer
                              Doppelmasche zusammen geschoben worden ist. Diese Doppelmaschen bilden
                              Fadenanhäufungen, ihre Nachbarmaschen aber können etwas größer und breiter, auf der
                              Waarenoberfläche mehr hervortretend, ausfallen als andere Maschen, und dies bildet
                              Unterbrechungen der Gleichförmigkeit der glatten Waare; bei regelmäßiger Vertheilung
                              können daher die hervortretenden Tupfen oder Erhöhungen recht wohl durch die
                              ausgefüllten Quadrate dargestellt werden. Wenn ein und dieselbe Nadel in mehreren
                              auf einander folgenden Reihen nicht gepreßt wird, also vielfache Doppelmaschen
                              bildet, so erscheint dies in der Zeichnung durch mehrere über einander stehende,
                              ausgefüllte Quadrate dargestellt; aber der in der Waare entstehende Effect,
                              hervorgerufen durch das Zusammenziehen der seitlichen Waarenstücke solcher
                              Doppelmaschen, das Aufstauen einzelner Partien aus der Waarenfläche heraus, kann
                              natürlich in der ebenen Zeichnung nicht wieder gegeben werden; man muß es aus der
                              Reihenfolge der ausgefüllten Quadrate schließen. In vielen Fällen sind die
                              Preßmuster zugleich Farbmuster, und es wird dann lediglich ihre Wirkung als solche
                              beabsichtigt. Dann sind sie aber eben so leicht durch eine Musterzeichnung bildlich
                              darzustellen.
                           Das Farbenbild in der Waare kann dann in zweierlei Weise entstehen. Da zu seiner
                              Erreichung immer mindestens zwei Fäden von verschiedener Farbe zu verwenden sind, so
                              sei zunächst angenommen, daß sie in den auf einander folgenden Reihen regelmäßig mit
                              einander abwechseln; als einfachster Fall wäre ferner der heraus zu heben, in welchem ein Faden,
                              vielleicht ein weißer, immer glatte Maschenreihen, wie a
                              in Figur II arbeitet, während der andere etwa
                              schwarze Faden die eigentlichen Musterreihen b bildet.
                              Dieser schwarze Faden wird nun auf der Waarenvorderseite nur in den fertig
                              hergestellten Maschen zu sehen sein, in den Doppelmaschen aber, also auf den nicht
                              gepreßten Nadeln, als Henkel hinter den weißen Maschen liegen. Da empfiehlt es sich
                              also, in den Musterreihen die fertigen oder ausgepreßten Maschen mit ausgefüllten
                              Quadraten zu bezeichnen und für die Doppelmaschen die Quadrate leer zu lassen, wie
                              es in Figur II geschehen ist. Da in dem gezeichneten
                              Muster speciell eine Nadel um die andere gepreßt ist und die Musterreihen gegen
                              einander um eine Nadel verschoben erscheinen, so ist Figur
                                 II genau das Bild des sogen. Köpers oder Einnadelköpers. Bei solch
                              regelmäßiger Anordnung der Doppelmaschen wie in Figur
                                 II ist es auch ganz gleichgiltig, ob man letztere oder die fertig
                              hergestellten Maschen mit ausgefüllten Quadraten bezeichnet; ihre Vertheilung bleibt
                              genau dieselbe, wenn man z.B. in Figur II unter den
                              mit Punkten bezeichneten Quadraten die Doppelmaschen versteht.
                           Während in dem eben entwickelten Falle das Farbenbild des Preßmusters da entsteht, wo
                              die Nadeln gepreßt und der zur Musterung bestimmte Faden in den Maschen auf die
                              Waarenvorderseite gebracht wird, so kann in einem zweiten Falle das Muster sich auch
                              dadurch bilden, daß ein Faden, z.B. schwarz, immer glatte Maschenreihen liefert,
                              während der andere, vielleicht weiß, auf manchen Nadeln nur Schleifen gibt, weil
                              diese Nadeln nicht gepreßt werden; an diesen Stellen ist aber dieser weiße Faden nun
                              auf der Vorderseite nicht sichtbar und dafür treten die schwarzen Maschen in größerm
                              Zusammenhange und größerer Ausdehnung hervor und bilden die Musterlinien. Letztere
                              setzen sich also in diesem zweiten Falle gerade aus den Maschen desjenigen Fadens
                              zusammen, welcher „glatt gepreßt“ wird, und entstehen da, wo
                              die Nadeln der Musterreihe nicht gepreßt sind; dann bedeutet also ein ausgefülltes
                              Quadrat der Zeichnung in der That eine Doppelmasche. Da der eine Faden, schwarz im
                              gedachten Falle, immer glatte Reihen arbeitet, so ist es nicht nöthig, seine Maschen
                              mit aufzuzeichnen; man gibt in einer Zeichnung, wie z.B. Figur III veranschaulicht, nur die Rechen des weißen Musterfadens an,
                              indem man als dessen fertige Maschen die leeren Quadrate und als dessen
                              Doppelmaschen oder Henkel die mit Punkten bezeichneten Quadrate sich vorstellt; in
                              den letztern tritt dann der schwarze „glatte“ Faden in Form
                              besonders langer Maschen deutlich hervor und bildet die Linien des Musterbildes
                              „F D“, während die übrige
                              Waare eine schwarzweiße glatte Ringelwaare ist.
                           
                           Deutlicher noch entstehen die Musterzeichnungen durch Ausfüllen aller Quadrate mit
                              den Farben derjenigen Fäden, welche in den betreffenden Maschen eben oben auf
                              liegen. In dieser Ausführung entspricht das Musterzeichnen genau dem in der Weberei
                              angewendeten Verfahren; dasselbe ist für die Waarenuntersuchungen und für die
                              Construction der Preßbleche, vor Allem aber für die der Preßmusterräder an
                              Rundstühlen von außerordentlichem Nutzen, ja bisweilen ganz unentbehrlich.
                              Beachtenswerth ist bei der Entwerfung und Uebertragung von Mustern auf die
                              Maschinentheile, daß in den Wirkmaschinen von der Waare immer die Rückseite dem
                              Beschauer zugewendet ist und hiernach die Stellung der Bilder sich richten muß.
                           c) Die Werfmuster entstehen in der Weise, daß man
                              einzelne Maschen zur Hälfte von ihren Nadeln abnimmt und auf die daneben liegenden
                              Nadeln mit aufhängt. Man benützt dieses Verfahren, welches man auch
                              „Einbrechen“ nennt, nur zur Herstellung von Zeichen in
                              Gebrauchsgegenständen (z.B. Garn- und Größennummern der Strümpfe, im
                              Doppelrande angebracht) und verrichtet die Arbeit des Verhängens mit der Hand und
                              der Mindernadel. Auch hierfür ist ohne Umstände die oben genannte Art des
                              Musterzeichnens zu verwenden, ja es sind ohne Weiteres die Vorlagen, welche man in
                              den sogen. „Zeichen- oder Stickbüchern“ findet, zu
                              benützen, wenn man sich unter jedem ausgefüllten Quadrate eine zur Hälfte
                              fortgehängte Masche vorstellt. Gewöhnlich werden die Zeichen vom Arbeiter aus freier
                              Hand „eingebrochen“, und durch lange Uebung kann man wohl auch
                              damit gleichmäßige Gebilde erzielen; aber sehr oft findet man die Buchstaben oder
                              Ziffern von solch verschiedener Größe und zweifelhafter Gestalt, daß ein reiches
                              Vorstellungsvermögen dazu gehört, sie als zusammen gehörig oder als diejenigen
                              Werthe zu erkennen, welche sie vorstellen sollen. Die Benützung der kleinen billigen
                              Stick- oder Zeichenvorlagen ist da sehr zu empfehlen. Der Lage des
                              Waarenstückes ist dabei dieselbe Beachtung wie bei Herstellung der oben genannten
                              plattirten Farbmuster zu schenken.
                           d und e) Für Petinet-
                              (oder Stechmaschinen-) und Ananas- oder Deckmaschinenmuster ist leider
                              die bis jetzt genannte einfache Methode, Muster zu entwerfen, nur in sehr
                              beschränkter Weise anwendbar. Geschieht das Forthängen einer Masche, wie es die
                              Stechmaschine vornimmt, immer nur bis zur nächstbenachbarten Nadel, so kann man wohl
                              Petinetmuster auf Musterpapier zeichnen, wenn man unter einem ausgefüllten Quadrate
                              sich eine Oeffnung der Waare vorstellt, entstanden durch Forthängen einer Masche
                              oder einer auf bereits leerer Nadel entstandenen Schleife. Ebenso kann man
                              dieselben Zeichnungen auch für Deckmaschinenmuster verwenden, wenn man die Stelle,
                              an welcher eine Platinenmasche auf zwei Nachbarnadeln aufgedeckt wird, durch zwei
                              neben einander liegende ausgefüllte Quadrate bezeichnet und für die nur auf eine
                              Nadel seitlich verhängten Platinenmaschen nur ein Quadrat der Zeichnung ausfüllt.
                              Dagegen sind diejenigen Fälle, in denen man eine Masche oder eine Platinenmasche auf
                              die zweitnächste Nadel überhängt, nicht durch solch einfache Bezeichnung zu
                              veranschaulichen, sondern man muß dazu die genaue Zeichnung der Fadenverbindung
                              anfertigen, und da selbst diese deshalb nicht ein treues Bild der fertigen Waare
                              geben kann, weil letztere in der Regel noch gespannt, folglich in ihren Fadenlagen
                              erheblich verändert wird, so bleibt die Entwerfung dieser Muster vorläufig noch
                              Sache der praktischen Versuche. Die Copie vorhandener Waaren wird am sichersten
                              durch praktische Ausführung nach einem vorhandenen Originale, oder durch Skizziren
                              einer Freihandzeichnung und freier Bearbeitung derselben auf dem Petinet-
                              oder Ananasstuhle vorgenommen.
                           
                        
                           B. Für Kettenwaaren,
                           deren Maschen von den Fäden nur einer Kettenmaschine gebildet
                              werden, könnte man die Darstellung von Farbmustern wohl durch Ausfüllen der Quadrate
                              mit verschiedenen Farben vornehmen, wie sie den von den einzelnen Kettenfäden
                              herzustellenden Maschen entsprechen; aber das Bild würde dann nur die Vertheilung
                              der Fäden, nicht aber ihre Verbindung unter einander, d. i. die sogen.
                              „Legung“ der Maschine für jede Reihe erkennen lassen. Es
                              empfiehlt sich deshalb für Kettenwaaren eine wesentlich andere und nicht minder
                              einfache Art des Musterzeichnens als die oben angegebene, welche in der Verwendung
                              des in der Kettenwirkerei allgemein bekannten Verfahrens besteht, die Legungen der
                              Maschine sich aufzuzeichnen, d.h. mit einfachen Strichen den Weg anzugeben, auf
                              welchen die Kettenmaschine für jede Maschenreihe seitlich zu verschieben ist, um
                              ihre Fäden theils unter, theils über die Stuhlnadeln zu legen zur Hervorbringung des
                              Musters. Wenn man nun diese Legungen nicht blos für einen Faden, sondern für alle
                              Fäden zeichnet, welche zusammen ein Musterbild geben, und wenn man ferner die
                              Striche mit denselben Farben zieht, welche die später zu verwendenden Fäden haben
                              sollen, so wird auch die Zeichnung ein deutliches Bild der Waare sein und nicht blos
                              das Farbmuster derselben, sondern auch ihre Fadenlagen erkennen lassen. Für nicht
                              allzu umfangreiche Muster in dichten und durchbrochenen Waaren ist dieses Verfahren
                              recht wohl anwendbar; man hat sich dazu wiederum Papier mit rechtwinklig sich kreuzenden Linien zu
                              beschaffen, aber die letztern müssen weiter aus einander entfernt sein als im
                              Patronenpapier, etwa mindestens 4mm. Man
                              betrachtet dann die Schnittpunkte dieser Linien als Nadelmitten der auf einander
                              folgenden Maschenreihen und zeichnet nun mit farbigen Stiften die Fadenlagen unter
                              und über die Nadeln ein. Sind zwei oder mehrere Maschinen im Stuhle verwendet, aber
                              nur theilweise mit Fäden bezogen, so daß jede Stuhlnadel nur eine Schleife erhält,
                              so kann man natürlich auch das Musterbild vollständig aufzeichnen. Auch für
                              Kettenwaaren, welche mit mehr als einer Maschine in der Weise gearbeitet werden, daß
                              jede Stuhlnadel doppelte oder mehrfache Fadenschleifen erhält, ist dieses Verfahren
                              wenigstens zur Angabe der „Legungen“, also des Wirkmusters,
                              wenn man es so nennen darf, ganz deutlich (und Farbmuster werden in diesen Fällen
                              kaum gearbeitet), ja es reicht auch hin zur Angabe der blinden Legungen und der
                              wenigen, in Kettenwaaren vorkommenden Wirkmuster, welche mit Hilfe besonderer
                              Vorrichtungen am Kettenstuhle gearbeitet werden können. Diese Wirkmuster beschränken
                              sich in der That auf Preßmuster in einflächigen und Farbmuster in doppelflächigen
                              Waaren, welch letztere wiederum in einer ebenen Zeichnung nicht darzustellen
                              sind.
                           Die vollkommensten Muster in Kettenwaaren sind die sogen. Jacquardkettenwaaren, zu
                              deren Herstellung der Kettenstuhl eine ebensolche Jacquardmaschine enthält, wie die
                              Weberei sie verwendet, mit deren Hilfe jede Führungsnadel der Kettenfäden einzeln
                              seitlich bewegt werden kann, um nach Maßgabe eines Wirkmusters ihren Faden zur
                              Maschenbildung oder zur Verbindung bereits fertiger Maschenstäbe zu führen und zu
                              legen. Die hiermit erzielten Muster sind Nachahmungen der mit der Hand gehäkelten
                              Decken oder Tücher, und in ihnen ist das Muster in zweierlei Weise ausgeprägt.
                           a) Man arbeitet mit zwei Maschinen, welche je
                              „halbe Fäden“ enthalten, d.h. in denen eine Nadel um die
                              andere einen Kettenfaden führt, einen sogen. gewöhnlichen Filet, eine durchbrochene
                              Waare mit rechteckigen Oeffnungen, welche seitlich durch zweifache Maschenstäbchen
                              von der Legung „unter eine Nadel, über eine Nadel und zurück“
                              begrenzt und oben und unten durch doppelte blinde Legungen geschlossen sind. In
                              dieser durchbrochenen Waare wird das Musterbild dadurch hervorgebracht, daß man
                              einzelne Oeffnungen überdeckt, indem man in ihrer halben Höhe die beiden
                              Seitenkanten durch eine besondere blinde Legung der einen Maschine mit einander
                              verbindet; die geschlossenen Oeffnungen werden zu den Linien oder Flächen des
                              Musters zusammen gesetzt. Zur bildlichen Darstellung ist hier ohne Weiteres die Musterzeichnung auf
                              Patronenpapier zu verwenden; es bedeutet dann jedes ausgefüllte Quadrat eine
                              überdeckte Oeffnung der Waare, und eine horizontale Quadratreihe entspricht so
                              vielen Maschenreihen der Waare, als zur Höhe der Filetstäbchen gearbeitet
                              werden.
                           Eine im Grunde geringe Veränderung dieses ersten Verfahrens besteht darin, daß man
                              von einer Maschine fortgesetzt verticale einfache Maschenstäbchen herstellen und
                              dieselben in regelmäßigen Zwischenräumen durch blinde Legungen einer zweiten
                              Maschine mit einander verbinden läßt. Auch hierdurch entstehen rechteckige
                              Oeffnungen, welche nach Maßgabe eines Musters dadurch überdeckt werden, daß die
                              zweite Maschine in jeder Reihe eine blinde Legung über zwei benachbarte Stäbchen
                              bringt. Man hat diese Arbeit auch Guipüren und die dazu benützten, ganz gewöhnlichen
                              Jacquardkettenstühle auch Guipürmaschinen genannt. Das Zeichnen dieser Muster
                              erfolgt natürlich in ganz ähnlicher Art wie das der vorerwähnten ersteren
                              Jacquardkettenmuster.
                           b) In neuester Zeit hat man indeß die Musterbilder nicht
                              mehr durch Ausfüllen der Filetöffnungen, sondern umgekehrt durch Herstellung
                              größerer Oeffnungen in gewisser Reihenfolge gearbeitet, während der Grund der Waare
                              nur kleine regelmäßige Durchbrechungen zeigt. Dieses Verfahren liefert eine
                              leichtere Waare und, namentlich in feinem Wollgarne ausgeführt, einen
                              außerordentlich gefälligen Ausdruck der Musterbilder. Hierbei bildet der Stuhl für
                              sich, also durch Einwirkung des Selbstgetriebes auf zwei Kettenmaschinen, die
                              kleinen Oeffnungen einer durchbrochenen Waare, z.B. durch die Legung
                              „unter 2 über 1 und zurück“ mit zwei Maschinen und je
                              „halben Fäden“. Größere Oeffnungen entstehen nun dadurch,
                              daß diese Legungen verändert werden, z.B. in „unter 1 über 1 und
                                 zurück“, wodurch längere Maschenstäbchen entstehen. Die
                              Jacquardmaschine hat dann in jeder Maschenreihe, welche Antheil an der Bildung
                              größerer Durchbrechungen nimmt, auf einzelne Nadeln beider Maschinen einzuwirken,
                              und die Musterzeichnung, nach welcher die Karten der Jacquardmaschine vorzurichten
                              sind, kann auf Musterpapier entworfen werden in der Art, daß je ein ausgefülltes
                              Quadrat einer gegen das Grundgewirke veränderten Legung entspricht. Die Form der
                              größern Oeffnungen wird allerdings nach dem Wirken durch
                              „Spannen“ der Stoffstücke erheblich verändert, sie bleibt
                              nicht rechteckig, sondern wird je nach der Zusammensetzung vieleckig oder nahezu
                              rund.
                           Für diejenigen durchbrochenen Kettenwaaren, welche in einzelnen Gegenden unter den
                              Namen: Bogenfilet, Häkelstoffe u.s.w. in großer Menge und reicher Auswahl der
                              Muster, theils mit einer Maschine, wenig Fäden und einer Musterpresse, theils mit
                              zwei Maschinen und wenig Fäden gearbeitet werden, lassen schon deshalb das Entwerfen
                              einer genauen Musterzeichnung nicht zu, weil sie als Preßmuster eine wesentlich
                              andere Anordnung der Maschen im Stoffe zeigen, als aus der Herstellungsart
                              geschlossen werden könnte, und weil sie durch das Spannen wiederum ihre Fadenlagen
                              erheblich verändern. Für diese Waaren sind Skizzen der Musterbilder zu entwerfen und
                              frei auf die Arbeit im Stuhle zu übertragen, wie dies oben für die Petinet-
                              und Ananasmuster gesagt wurde; solche Arbeit ist aber nur bei reicher Erfahrung und
                              großer praktischer Uebung möglich.