| Titel: | Copirtelegraph von William E. Sawyer in Washington. | 
| Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 431 | 
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                        Copirtelegraph von William E. Sawyer in Washington.
                        Mit einer Abbildung auf Taf. X [d/3].
                        Sawyer's Copirtelegraph.
                        
                     
                        
                           Vor 10 Jahren ging Sawyer bei der von ihm beabsichtigten
                              Herstellung eines Copirtelegraphen von dem Plane aus, eine isolirende Schrift auf
                              einer leitenden Fläche, oder umgekehrt, zu erzeugen, ganz so wie es bei allen andern
                              Copirtelegraphen geschieht. Er verlangt dabei von einem brauchbaren
                              Copirtelegraphen, 1) daß er wenigstens dieselbe Telegraphirgeschwindigkeit besitzt
                              wie der Morse, d.h. 35 Wörter in der Minute; 2) daß er keine kostspieligen, oder
                              sehr verwickelten, oder schwer zu behandelnden Apparate erfordert; 3) daß der
                              Absender des Telegrammes dasselbe auf gewöhnliches Papier schreiben kann. Der Caselli'sche Copirtelegraph (*1865 177 1) ist in allen 3 Stücken, der Meyer'sche
                              (*1873 209 111) in 1 und 3 mangelhaft. Das Widerstreben
                              des Publicums gegen ein Niederschreiben der Telegramme auf Metallpapier, obwohl es
                              einen Copirtelegraph als unpraktisch erscheinen lassen kann, wiegt nicht
                              schwerer als die elektrischen Nachtheile dieser Schrift. Es ist ein besserer Leiter
                              erforderlich, als die dünne Metallhaut auf dem Papiere bietet, und eine bessere,
                              festere und härtere isolirende Schrift, als man beim Schreiben mit isolirender Tinte
                              auf solches Papier erhält.
                           Um in größerer Ferne die elektrochemischen Wirkungen hervorbringen und schnell
                              telegraphiren zu können, braucht man starke Batterieströme; diese verbrennen die
                              dünne Metallschicht, und daraus erwachsen die größten Schwierigkeiten. Nach vielen
                              Versuchen über die Uebertragung einer auf gewöhnliches Papier geschriebenen Schrift
                              auf eine Metallplatte, um so die nöthige Leitungsfähigkeit und Isolirung zu
                              beschaffen, blieb Sawyer dabei stehen, das Telegramm mit
                              einer Tinte zu schreiben, welche ein wenig Glycerin oder einen andern nicht schnell
                              trocknenden öligen Stoff enthielt. Nach vollständigem Durchschlagen wird das
                              Papierblatt auf eine reine Zinkplatte gelegt, und beide werden unter sehr großem
                              Druck zwischen Walzen durchgeführt. Dann ist auf der Platte zuerst sehr wenig zu
                              sehen; wenn man aber die Platte mit einem ganz feinen Gummipulver (etwa Schellack)
                              bestreut, so treten die Züge scharf und erhaben hervor, indem sich der Schellack an
                              die feinsten Linien des auf die Platte übertragenen Glycerins anhängt. Wird die
                              Platte einige Secunden erhitzt, so schmilzt der Schellack und haftet überraschend
                              fest an der Platte, läßt sich aber durch ein Bad kaustischen Kalis leicht wieder
                              entfernen. Capitän A. J. Russell in New-York
                              (Patent vom 18. April 1876) vollendete dieses Verfahren dahin, daß lieber gleich das
                              Original mit Schellackpulver zu bestreuen und die Platte vor oder während des
                              Durchganges mit dem Papier durch die Walzen zu erhitzen sei. Dabei nun erhält man
                              sicher eine vollkommene Uebertragung der Schrift und auch in kürzester Zeit. Beim
                              schnellsten Durchgange durch die Walzen schmilzt der Schellack und wird fest auf die
                              Metallplatte übertragen. Die ganze Uebertragung der Schrift erfordert jetzt nicht
                              mehr Zeit als das Zählen der Worte und die Taxirung des Telegrammes. 10 bis 1000
                              Worte lassen sich auf einmal übertragen; da indessen jedes gewöhnliche Telegramm
                              einzeln übertragen werden muß, so kann ein geübter Mann mit einem den Schellack
                              aufstreuenden Jungen 2 Telegramme in 5 Secunden, oder 1440 in 1 Stunde
                              übertragen.
                           Von den Apparaten läßt sich das Stück für 60 Dollars herstellen. Der Geber und der
                              Empfänger enthält einen sich entlang einer Welle bewegenden Cylinder C (Fig. 32) und einen auf
                              der Welle sitzenden, den telegraphirenden oder empfangenden Stift tragenden
                              gebogenen Arm A, welcher rund um den Cylinder C
                              läuft. Die Welle wird durch Zahnräder von einen Elektromotor in Umdrehung
                              versetzt.
                           Die mit dem Telegramm beschriebene, sehr dünne Platte wird um den Cylinder gebogen
                              und durch eine Klammer festgehalten. Im Empfänger wird ein Blatt chemisch
                              zubereitetes Papier um einen ähnlichen Cylinder gelegt. Die Cylinder sind nicht
                              ganz, sondern sie haben auf ihrer ganzen Länge einen Schlitz, so daß sie sehr leicht
                              auf die Welle aufgelegt und von ihr abgehoben werden können. In die Welle ist ein
                              feines Schraubengewinde geschnitten, und in diesem ruht der Cylinder an dem einen
                              Ende mit einer halben Mutter, während sein anderes Ende frei auf der Welle gleitet.
                              Beim Umlaufe der Welle wird also der Cylinder durch das Gewinde auf ihr
                              fortgeschoben. Kommen auf einer Linie blos zwei Apparate zur Verwendung, so hat der
                              eine ein rechtes, der andere ein linkes Gewinde; kommen mehr als zwei zur
                              Verwendung, so hat jeder ein rechtes und ein linkes Gewinde mit den entsprechenden
                              Muttern, deren jede auf die Welle und Rollen gelegt werden kann, zur Schonung des
                              Gewindes.
                           Der Cylinder ist gegen die Welle isolirt; dabei stellt ein aufrecht stehendes Stück
                              zugleich die leitende Verbindung her und verhindert den Cylinder, sich mit
                              umzudrehen. Nach Belieben kann man den telegraphirenden oder den empfangenden Stift
                              auf dem Cylinder C aufliegen lassen. An einer Stelle
                              unter dem Cylinder, wo der den Stift tragende Arm aufzuhalten ist und den Stift
                              gerade am Rande des Schlitzes im Cylinder stehen läßt, befindet sich ein
                              elektromagnetischer Aufhalter, nämlich der Hebel h,
                              welcher Arm und Stift am Weitergehen hindert, so lange der Strom der Batterie B₄ durch die Spulen des Elektromagnetes g geht. An diese Stelle kommen der Arm des Empfängers
                              und des Gebers, bevor der Magnetismus verschwindet; wenn aber beide an ihr
                              angekommen sind, wird der Strom in g unterbrochen, der
                              Anker fällt ab und läßt die Arme A frei, so daß diese
                              die Stifte synchron um die Cylinder C bewegen, bis sie
                              wieder an die Aufhaltstelle ankommen. Während jedes Umlaufes aber verschieben sich
                              die Cylinder der Länge nach um einen Gang des Gewindes.
                           Bei einer Abweichung der beiden Stifte um 0mm,04 in ihrer Stellung würde die Schrift schon verzerrt werden. Sawyer steckt deshalb auf die Triebwelle des
                              Elektromotors ein schweres Schwungrad mit 600 bis 700 Umläufen in der Minute,
                              während die durch Getriebe und ein großes Rad von der Triebwelle umgedrehte
                              Cylinderwelle sich viel langsamer bewegt und auf ihr also auch die an sich schon
                              unbeträchtlichen Schwankungen in der Geschwindigkeit des Schwungrades in noch
                              geringerm Grade
                              hervortreten. Das große Rad überträgt nur durch Reibungskupplung seine Bewegung auf
                              die Cylinderwelle, kann also sich fort bewegen, während diese aufgehalten wird,
                              wobei jedoch die federnden Mitnehmer des zu schnell laufenden und demnach früher
                              aufgehaltenen Armes regulirend auf dessen Motor wirken.
                           Bei Beginn des Telegraphirens beantwortet die empfangende Station den Ruf der
                              gebenden und setzt ihren Motor in Gang; ihr Arm und Stift setzt sich aber erst in
                              Bewegung, wenn die gebende Station auch ihren Apparat los läßt; dann haben beide
                              Telegraphisten Nichts weiter zu thun. Am Ende des Telegrammes hält der gebende sein
                              Apparat an und dadurch zugleich den empfangenden.
                           Der Kreis der Localbatterie B₄ wird durch den
                              Ankerhebel des polarisirten Relais F geschlossen, so
                              lange dasselbe durch den Strom der Localbatterie B₅ durchlaufen wird. Die beiden Elektromagnete a und b dienen als Umschalter; ihr
                              gemeinschaftlicher Ankerhebel wird durch den Strom der Localbatterie B₃ bewegt. Dieselbe ist für gewöhnlich durch die
                              Feder K durch b hindurch
                              geschlossen, indem sich diese an die Contactschraube in dem Ständer i anlegt; dabei liegt der Ankerhebel an der
                              Contactschraube c und setzt die Linie L mit dem Stifte A in
                              leitende Verbindung und durch den Draht v hindurch mit
                              der Erde E; dies tritt ein, sobald die Schreibstifte A sich in Bewegung setzen. Sobald dagegen ein Arm A in seinem Umlaufe auf den Hebel h trifft, kommt ein Vorsprung am Arm A
                              zugleich auf die Feder K, entfernt dieselbe von der
                              Contactschraube in i und setzt sie dafür in leitende
                              Verbindung mit A, unterbricht also den Strom von B₃ in b und schließt
                              B₃ durch a
                              hindurch; somit legt sich der Ankerhebel an die Contactschraube d, und verbindet so die von A getrennte Linie L durch den Draht u durch das Relais F
                              hindurch mit der Erde E. Dieser Umschalter mit zwei
                              Elektromagneten a und b
                              arbeitet schneller, als es bei Anwendung blos eines Elektromagnetes und einer
                              Abreißfeder der Fall sein würde, und dabei ist der Contact besser, als eine
                              Abreißfeder ihn geben würde.
                           Der Widerstand W zwischen der Linienbatterie B und der Erde E übertrifft
                              den der Linie L. Die andere Linienbatterie B₁ ist weit kräftiger als B, welcher sie entgegenarbeitet. Diese Telegraphirbatterien befinden sich
                              aber am empfangenden Ende der Linie, während das gebende blos eine Erdleitung hat;
                              die Einschaltung selbst ist am 3. August 1875 patentirt. So lange der gebende Stift A auf der
                              leitenden Platte liegt, geht der kräftigere Zweigstrom von B₁ in die Linie L; der schwächere
                              Zweigstrom auf dem Wege A, C, W, B, B₁, wird in
                              seiner Wirkung auf das chemische Papier auf dem empfangenden Cylinder C durch B
                              ausgeglichen. Kommt dann
                              der gebende Stift auf die nichtleitende Schrift, so geht der ganze Strom von B₁, den von B
                              überwältigend, durch das chemische Papier und macht auf diesem einen Strich, dessen
                              Länge von der Länge der Zeit abhängt, während welcher der gebende Stift auf der
                              isolirenden Schrift liegt. Die Schriftzüge erscheinen dabei nicht
                              „geschwänzt“, denn die Entladungen der Linie L erfolgen auf dem kurzen Wege durch B₁. Je länger die Linie L, desto weniger beeinflussen die „Schwänze“ den
                              Empfänger. Die Batterien werden aus kleinen Elementen gebildet.
                           Hinter dem Relais F des Gebers ist noch eine dritte
                              Linienbatterie B₂ eingeschaltet und in
                              entgegengesetztem Sinne wie B₁ an die Linie
                              gelegt. Die beiden Batterien B₅ senden ihren
                              Strom so durch die beiden Relais F, daß der Strom von
                              B₂ den Magnetismus in F vernichtet und die Abreißfedern dann die Anker von F abreißen. Das Relais F im
                              Empfänger kann nicht eher neutralisirt werden, bis der Arm A des Gebers am Aufhalter angekommen ist, und wegen entgegengesetzter
                              Richtung der Ströme von B₁ und B₂ kann das Relais F
                              des Gebers nicht neutralisirt werden, bis das Relais F
                              des Empfängers durch den am Aufhalter h ankommenden Arm
                              A in den Stromkreis eingeschaltet worden ist.
                              Während der Arm A umläuft, geht der Linienstrom durch
                              die Stifte und Cylinder C, und die Relais F halten die Batterie B₄ durch den Aufhalterelektromagnet g
                              geschlossen. Sobald dagegen der Arm A am Aufhalter
                              anlangt, wird die Linie umgeschaltet, das Relais F
                              neutralisirt, der Localstrom von B₄ in g unterbrochen, der Anker von g fällt ab und der Aufhalter h gibt die
                              Bewegung des Armes A frei. Obgleich bei jedem Umlaufe
                              der Arm A um ein Stück zurück versetzt wird, vollzieht
                              sich der Vorgang doch unmerklich schnell.
                           In Folge der Reibungskupplung zwischen dem Arm A und der
                              Triebwelle bewegt sich der Stift sofort beim Loslassen mit voller Geschwindigkeit,
                              im Gegensatze zu allen andern Copirtelegraphen, welche durch Aufhalten periodisch
                              zum Stillstehen kommen, z.B. dem Pendel beim Caselli'schen.
                           Auf der Metallplatte steht das vom Papier übertragene Telegramm verkehrt, daher muß
                              es auf dem chemischen Papier nochmals umgekehrt werden; dazu sind das rechte und das
                              linke Gewinde erforderlich. Das Telegramm erscheint tief blau auf weißem Grunde. Sawyer hält, im Einklang mit dem früheren Vorstand James
                              G. Smith der Franklin-Telegraph-Company,
                              welchem Sawyer den jetzigen Erfolg zum großen Theil
                              verdankt, eine Geschwindigkeit von 250 Wörtern in der Minute erreichbar; doch geben
                              die vorhandenen Apparate selten mehr als für 50 bis 75, weil in Folge der gewählten
                              Räderübersetzung die Triebwelle sonst zu schnell umlaufen müßte. Je schneller übrigens die
                              Apparate liefen, desto besser arbeiteten sie, weil die Störungen von außen bei dem
                              größern Momente des Schwungrades unmerklicher werden. (Telegrapher, April 1876 S. 85.)
                           
                              E–e.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
