| Titel: | Ueber das Härten des Stahls; von Anton Jarolimek, Fabriksdirector in Hainburg a. d. Donau. | 
| Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 437 | 
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                        Ueber das Härten des StahlsVom Verfasser gef. eingesendeter Separatabdruck aus der Oesterreichischen
                                       Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1876 S. 69 ff.; von Anton
                              Jarolimek, Fabriksdirector in Hainburg a. d. Donau.
                        Jarolimek, über das Härten des Stahls.
                        
                     
                        
                           Es ist eine allgemein verbreitete Ansicht, daß der Einfluß der Abkühlungsflüssigkeit
                              auf die Härte des Stahls nur von deren Temperatur und Wärmeleitungsfähigkeit
                              abhängt. Auch F. L. Schirlitz, in dessen Schrift:
                              „Die Fabrikation der Stahlwaaren“, sich eine gute
                              Zusammenstellung der beim Härten des Stahls geltenden Grundsätze findet, macht
                              dieselbe Bemerkung, indem er hinzusetzt, daß die Härte des Stahls von dem
                              Gefrierpunkte aufwärts in demselben Grade abnimmt, in welchem die Temperatur des
                              Wassers steigt, wonach also das von H. Caron (1873 210 181) empfohlene Verfahren zum Härten des Stahls in
                              warmem Wasser von etwa 55° ebenso wenig aus einem neuen Gedanken entsprungen
                              erscheint, als die sogen. Wiederherstellung von verbranntem Stahl durch Abschrecken
                              in heißem oder kochendem Wasser, welches Verfahren schon lange vorher von Andern
                              angewendet und empfohlen wurde. Daß kochendes Wasser den Stahl nicht härtet, gilt
                              als ausgemacht, und auch in der von Dr. E. Hartig neu bearbeiteten Auflage von Karmarsch's
                              Technologie (S. 10) hat diese Behauptung wieder ihren Platz gefunden.
                           In dem Folgenden soll nun gezeigt werden, daß der Härteproceß, welcher doch in der
                              Stahlindustrie eine nicht unbedeutende Rolle spielt, noch sehr unvollkommen studirt
                              und erkannt wurde, und daß es sich damit in vielen Dingen keineswegs so verhält, wie
                              gewöhnlich angenommen wird.
                           Vor Allem sei die Thatsache constatirt, daß unter Umständen nicht allein kochendes
                              Wasser, sondern auch solches von 150° Temperatur und mehr, und ebenso
                              siedendes Oel, heißflüssiges Blei, Zinn, ja selbst Zink, also eine
                              Abkühlungsflüssigkeit von etwa 400° Hitze den Stahl zu Härten vermag. Die
                              letztere Thatsache dürfte besonders auffallen, da man gewohnt ist, anzunehmen, der
                              Stahl müsse, um gehärtet zu werden, rasch auf eine viel niederere Temperatur abgekühlt
                              werden, und da es ferner bekannt ist, daß gehärteter Stahl unter der Einwirkung
                              einer Temperatur von ca. 300° an seiner Härte schon bedeutend nachläßt. Ich
                              will auch constatiren, daß dünne Stahldrähte, die in heißflüssigem Zink bei kurzer
                              Dauer des Eintauchens ganz hart werden, durch längeres Verweilen in demselben Bade
                              ihre Härte wieder verlieren.
                           Hieraus ist zur Genüge zu entnehmen, daß die Härte des Stahls hauptsächlich von der
                              Geschwindigkeit abhängt, mit welcher derselbe aus der Temperatur von etwas über
                              500° in eine solche von etwas unter 500° übergeführt wird, oder
                              sozusagen von der Schnelligkeit des Auslöschens seiner Glut, wogegen das Anlassen
                              durch ein dauerndes Exponiren einer innerhalb anderer Grenzen liegenden Temperatur
                              bedingt wird. Wenn dies erkannt ist, kann nunmehr die Tauglichkeit geschmolzener
                              Metalle zum Stahlhärten nicht weiter überraschen; sie sollte es aber um so weniger
                              können, wenn von der Ansicht ausgegangen wird, daß die Härte des Stahls nur von der
                              Temperatur und dem Wärmeleitungsvermögen der Abkühlungsflüssigkeit abhängt. Denn
                              unter diesem Gesichtspunkte müßten die oben bezeichneten Metalle, wenn auch bis zum
                              Schmelzen erhitzt, noch immer ein größeres Härtungsvermögen besitzen als Wasser.
                              Nimmt man nämlich an, der Stahl erstarre oder härte sich bei der Temperatur von
                              500°, oder selbst erst bei 450°, bestimmt man dann die Differenzen
                              zwischen der Temperatur des Stahls und jener der (continuirlich durch frische Massen
                              ersetzt gedachten) Abkühlungsflüssigkeiten, und multiplicirt man schließlich diese
                              Differenzen mit den Wärmeleitungscoefficienten der bezüglichen Stoffe, so bekommt
                              man folgende Ziffern:
                           
                              
                                 Für
                                 TemperaturdesAbkühlungsbades.
                                 Differenzgegen dieTemperaturdes
                                    Stahls.
                                 Wärme-leitungs-coefficient.
                                 ProductbeiderFactoren.
                                 
                              
                                 Wasser
                                      0°
                                  450°
                                   1,0
                                   450
                                 
                              
                                 Rose's Metall
                                 100
                                 350
                                   2,8
                                   980
                                 
                              
                                 Sickerloth
                                 180
                                 270
                                 10,0
                                 2700
                                 
                              
                                 Zinn
                                 240
                                 210
                                 14,5
                                 3045
                                 
                              
                                 Blei
                                 335
                                 115
                                   8,5
                                   977
                                 
                              
                                 Zink
                                 425
                                   25
                                 15,0
                                   375
                                 
                              
                           Da diese Producte der obigen Ansicht zufolge als Verhältnißzahlen für das
                              Härtevermögen der betreffenden Stoffe genommen werden könnten, so ergibt sich aus
                              denselben im Großen und Ganzen (denn von einer Genauigkeit der Ziffern kann aus
                              mehreren Gründen keine Rede sein), daß geschmolzenes Zink noch etwa ebenso gut härten müßte
                              als kaltes Wasser, hingegen die andern Metalle, namentlich aber Zinn, bedeutend
                              stärker als Wasser härten müßten.
                           Nun muß ich aber, und zwar auf Grund vielfacher Experimente, bemerken, daß, obgleich,
                              wie ich schon sagte, alle diese Metalle wirklich Stahl härten, ihr Härtevermögen bei
                              weitem das des Wassers nicht erreicht. Der Grund davon liegt aber darin, weil auf
                              das Härtevermögen durchaus nicht blos die Temperatur und die Wärmeleitungsfähigkeit
                              der Abkühlungsflüssigkeit, sondern auch deren Wärmecapacität, die Höhe ihres
                              Siedepunktes, und bei niederm Siedepunkte in größtem Maße auch der Betrag der
                              latenten Wärme des entstehenden Dampfes von maßgebendem Einfluß sind.
                           Beweis hierfür ist u.a., daß Weingeist, der leicht in Dampf übergeht, aber einen
                              geringern Betrag von latenter Wärme annimmt, schlecht härtet, und was speciell das
                              Wasser anlangt, so werde ich nachweisen, daß dieses den Stahl nur allein durch
                              Dampfbildung härten kann, daher dessen Wärmeleitung nur von secundärer Bedeutung
                              ist, wenn auch dieselbe beim Härteproceß immerhin eine Rolle spielt.
                           Würde man bei Beobachtung ähnlicher physikalischer Processe die kurzen Zeittheilchen,
                              aus denen sich der rasche Verlauf der erstern zusammengesetzt, für das Auge ebenso
                              verlängern können, wie man die Stofftheilchen unter dem Mikroskope für das Auge
                              vergrößern kann, so würde uns Manches anders erscheinen, als es jetzt der Fall ist,
                              wo man nur das ins Auge springende Resultat betrachtet und kaum flüchtig erwägt,
                              durch welches Zwischenspiel dasselbe herbeigeführt worden sein mag. So weiß man und
                              denkt eben kaum darauf, daß in der nächsten Nähe eines auf 1000° oder selbst
                              nur auf 500° erhitzten Metalles eine Temperatur herrschen muß, bei der Wasser
                              von gewöhnlichem Druck unmöglich in flüssigem Zustande bestehen kann, vielmehr rasch
                              in Dampf verwandelt werden muß. Zieht man jedoch diesen Schluß, so folgt von selbst,
                              daß auch der zu härtende Stahl, so lange er die obige hohe Temperatur besitzt
                              – und er behält dieselbe dem Gesagten zufolge bis zum Eintritte seiner
                              Härtung – eine unmittelbare Berührung mit dem Wasser nicht eingehen kann,
                              sondern, wenn im Wasser untergetaucht, bis zu seiner weitern Abkühlung von einer
                              Dampfschichte eingehüllt bleiben muß.
                           Schirlitz sagt in dem schon citirten Werke: „Es
                                 muß darauf gesehen werden, daß das Härtewasser stets in genügender Menge
                                 vorhanden ist, weil ein zu geringes Quantum desselben durch den glühenden Stahl
                                 sehr bald merklich erwärmt wird. Das Wasser würde sich in diesem Falle an den
                                 Stellen, welche den Stahl umgeben, in Dampfverwandeln, welcher eine Zurückstoßung
                                 der ihn umgebenden Wassertheile bewirkt und so ein gleichmäßiges Härten
                                 verhindert.“
                              
                           Und ich behaupte, daß diese Dampfbildung, resp. Wasserzurückstoßung, beim Härten nach
                              bisheriger Art in allen Fällen eintritt, und daß beides bei Anwendung von zu wenigem
                              oder von schon heißem Wasser eben nur in verstärktem Maße auftritt und dann
                              natürlich abschwächend auf die Härte des Stahls einwirkt.
                           Diese Einhüllung des heißen Stahls in eine Dampfschicht ist sehr deutlich durch den
                              Augenschein nachzuweisen, wenn ein glühendes Drahtstück in heißes Wasser eingeführt
                              wird. Da nahe bis zum Siedepunkte erhitztes Wasser sehr leicht in Dampf übergeht, so
                              bildet sich eine ziemlich starke Dampfschichte um den Draht, die sich während dem
                              Ablöschen des letztern langsam von unten nach oben hin verliert.
                           Unter diesen Umständen kann aber der Stahl seine Wärme selbstverständlich nicht
                              unmittelbar durch Wärmeleitung an das Wasser abgeben; da
                              sich der inzwischen befindliche Dampf aber bei so geringer Pressung auch nicht
                              wesentlich überhitzen kann, so erfolgt die Abgabe der Wärme an das Wasser
                              hauptsächlich durch Strahlung, und die durch den Dampf
                              vom Stahle abgetrennte Wasserwand entwickelt dann beständig und zwar durch rasche
                              Verdunstung Dämpfe, die nach den obern Wasserschichten abziehen und sich daselbst
                              condensiren.
                           Ich bin nun daran, zu zeigen, daß dieser Gesichtspunkt nicht etwa blos von
                              theoretischem, sondern auch von eminent praktischem Interesse ist, indem er
                              unmittelbar zu wesentlich neuen und rationellen
                              Verfahrungsweisen für das Härten des Stahls führt. Ist man nämlich zu der Einsicht
                              gekommen, daß die Dampfbildung beim Härten im Wasser überhaupt nicht zu vermeiden
                              ist, ja daß dieselbe vielmehr, indem der Dampf bei seinem Entstehen sehr viel Wärme
                              bindet, in diesem Sinne den Härteproceß fördert, so entsteht die Frage, wie eben
                              diese Dampfentwicklung dem vorgesteckten Ziele am besten angepaßt, resp. geregelt
                              werden kann.
                           Ehe ich zur Beantwortung dieser Frage schreite, will ich darauf aufmerksam machen,
                              welche geringe Menge Wasser erforderlich ist, um eben durch Dampfbildung ein
                              bestimmtes Quantum glühenden Stahls bis zum Eintritte der Härte abzukühlen. Die
                              specifische Wärme des Eisens ist für hohe Temperaturen von A. Weinhold sehr genau bestimmt worden. Nach dessen Angabe nimmt Eisen bei
                              der Erwärmung von 0 auf 300° etwa 35c, und bei einer solchen von 0 auf 1000° bei 160c auf. Setzen wir also voraus, der Stahl
                              solle von 1000° auf 300° abgekühlt werden, so müssen demselben per
                              Kilogramm 125c entzogen werden. Benützt man Wasser von
                              20°, so nimmt 1k Wasser, bis auf
                              100° erhitzt, 80c und, wenn dasselbe
                              in Dampf übergeht, weitere 540, im Ganzen also 620c auf. Hieraus folgt, daß, um 1k Stahl von 1000° auf 300°
                              abzukühlen, die Verdampfung von 125 : 620 oder etwa 0k,2 Wasser von 20° genügen
                              sollte.
                           Fragt man sich nun aber, warum in der Praxis zum Stahlhärten weitaus größere Mengen
                              Wasser erfordert werden, so ist die Antwort einfach die: weil man bei der üblichen
                              Methode, um der die Härte verhindernden Anhäufung der Dämpfe auszuweichen, den
                              glühenden Stahl im Wasser herumbewegen muß, und weil sich die Dämpfe im Wasser zum
                              großen Theile wieder condensiren, daher bei geringem Quantum Wasser dieses zu sehr
                              erhitzen.
                           Diese Betrachtung führt von selbst zu dem Schlusse, daß sich der Stahl mit sehr wenig
                              Wasser härten lassen muß, wenn der entstehende Wasserdampf, sowie derselbe auftritt,
                              rasch abziehen kann. Dies ist nun bei der Härtung unter Wasser niemals möglich. Denn
                              je dünner dort die entstehende Dampfschichte ist, um so kleiner ist auch der
                              Abflußquerschnitt des Dampfes, daher sich die beiden den Härteproceß fördernden
                              Momente: möglichst schwache Dampfhülle und großer Raum zum Abzug der Dämpfe bei der
                              Unterwasserhärtung gegenseitig völlig ausschließen. Nur sehr rasches Fortbewegen des
                              Stahls kann der Härtung desselben unter Wasser einen höheren Grad verleihen, durch
                              welches Mittel es mir eben gelungen ist, Stahldraht selbst unter ganz heißem Wasser,
                              in Alkohol und in Terpentinöl zu härten.
                           Wenn aber die Frage sowohl nach dem Maximum, als wie nach der möglichst größten
                              Gleichförmigkeit der Härte steht, so kann sich demnach die Unterwasserhärtung nicht
                              besonders empfehlen. Um der obigen Bedingung, dem raschen Abzug der Dämpfe, zu
                              genügen, erweisen sich vielmehr die folgenden Mittel als angezeigt:
                           1) Langsames Eintauchen. Da hierbei stets nur die
                              Oberfläche des Wassers zur Hauptwirkung gelangt, an welcher die Dämpfe sofort in die
                              Luft entweichen können, so muß bei richtiger Wahl der Eintauchgeschwindigkeit der
                              Erfolg jenen der gewöhnlichen Unterwasserhärtung übertreffen. In Fällen, wo der
                              außer Wasser nachrückende Stahlkörper nicht genügend lange heiß bleiben kann, ist
                              die Methode natürlich nicht anwendbar; zum Härten von Feilen und ähnlichen
                              Gegenständen ist das Verfahren aber schon üblich.
                           2) Strahlhärtung. Dieses ebenfalls schon bekannte
                              Verfahren wirkt sehr kräftig. Der Grund davon liegt aber weniger in dem sonst (z.B.
                              von Karmarsch) betonten Umstand, daß dabei stets frische
                              Wassermassen mit dem
                              Stahle in Berührung treten, als in dem durch den kräftig vordringenden Wasserstrahl
                              bewirkten raschen Mitreißen der Dämpfe. Der beste Beweis hierfür ist, daß ich durch
                              einen 150° heißen, einem Dampfkessel entströmenden Wasserstrahl bei einem
                              mehrere Millimeter dicken Stahldrahte eine sehr große Härte erzielte.
                           3) Spritzhärtung. Dieses Verfahren besteht einfach in der
                              Anwendung einer feinen Brause an Stelle der Strahldouche. Die Wirksamkeit der
                              Regendouche ist aber eine ganz andere, als die der Strahl- oder Gießdouche,
                              und kaum dachte noch Jemand daran, ihre Wirkung durch Verwendung eines Minimums von
                              Wasser auf das höchste Maß zu steigern. Diese Möglichkeit ist aber bei Anwendung der
                              Regendouche allerdings vorhanden. Während nämlich bei der Strahldouche der Dampf,
                              wie gesagt, von den heftig andringenden Wassermassen mitgerissen werden muß, und
                              daher in der That viel Wasser erfordert wird, bleibt bei der Regendouche zum
                              Entweichen des Dampfes der ganze Raum zwischen den einzelnen Wasserfäden offen,
                              dessen Querschnitt leicht hundert und mehrmal größer als der aus überaus feinen
                              Wasserfäden zusammengesetzte Querschnitt des zuströmenden Wassers gewählt werden
                              kann. Und da dieser Dampfabflußraum eben um so größer wird, einen je geringern Raum
                              das zuströmende Wasser beansprucht, so folgt daraus, daß zur Erzielung des
                              leichtesten Abflusses der Dämpfe, resp. zur stärksten Härtung des Stahls, die
                              geringst zulässige Menge Wasser anzuwenden ist. Hierbei sind jedoch zwei sehr
                              wesentliche Umstände zu beachten. Erstens ist zur Abkühlung, resp. Härtung in der
                              hier in Rede stehenden Weise heißes Wasser anstatt kalten
                              Bedingung, da kaltes Wasser eine verhältnißmäßig längere Zeit braucht, um sich bis
                              zum Sieden zu erhitzen, daher es sich in der Nähe der heißen Fläche staut und so die
                              beabsichtigte Wirkung abschwächt. Zweitens muß der den Ausfluß des Wassers
                              bewirkende Druck möglichst hoch gehalten werden, damit die entstehenden, zwar
                              schnell expandirenden, doch aber etwas gepreßten Dämpfe von den Wasserstrahlen
                              leicht überwunden werden. Da hierbei das ganze den heißen Stahl treffende Wasser
                              verdampfen soll, so müssen die Wasserstrahlen äußerst dünn sein, was aber deren
                              Geschwindigkeit (der Reibung in den Ausströmungsöffnungen wegen) wieder herabzieht,
                              somit in dieser Hinsicht eine praktische Schwierigkeit besteht. Deshalb empfiehlt
                              sich schließlich besser:
                           4) Das Härten mit Wasserstaub, wozu die meisten der
                              gebräuchlichen Zerstäubungsgebläse anwendbar sind. Da diese Apparate ein Gemenge von
                              Luft und feinstvertheilten Wasserstäubchen (nach Umständen nebst Dampf) liefern, das
                              mit weit höherer Geschwindigkeit gegen den heißen Stahl stößt, so wird damit nicht allein eine
                              rasche Verdampfung, sondern auch ein rasches Hinwegreißen der entstehenden Dämpfe
                              bewirkt und dadurch die Möglichkeit einer außerordentlichen, und was das Wichtigste
                              ist, auch einer gleichmäßigen Härte des Stahls gegeben.
                           Glashärte wird nun wohl in der Praxis selten beabsichtigt; vielmehr hat man
                              gewöhnlich einen bestimmten Härtegrad im Auge, der bisher in der Regel erst durch
                              das dem Härten nachfolgende Anlassen erzielt wird. Und da ein Verfahren, mittels
                              dessen unmittelbar eine bestimmte ermäßigte Härte, ohne späteres Anlassen, erzielt
                              werden kann, nicht nur zur Vermeidung der Härterisse, sondern auch deshalb von
                              Wichtigkeit ist, weil der von außen nach innen gehärtete Stahl stets äußerlich die
                              größte Härte besitzt, wogegen bei dem angelassenen Stahle das umgekehrte Verhältniß
                              statthat, so will ich die zur unmittelbaren Erzielung einer gedämpften Härte
                              geeigneten Mittel nunmehr einer besondern Besprechung unterziehen.
                           Caron hat, um das Anlassen zu umgehen, das Eintauchen des
                              Stahls in warmes Wasser empfohlen. Da die Härte hierbei jedoch, wie ich schon
                              nachwies, keineswegs von der Temperatur des Wassers allein, sondern zugleich von der
                              Form und Masse des Stahls, sowie von der Geschwindigkeit, mit welcher dieser unter
                              dem Wasser bewegt wird, u.a.m. abhängt, so kann diese Methode durchaus nicht als
                              zuverlässig bezeichnet werden. Die Schwierigkeit, auf diesem Wege das Anlassen mit
                              dem Härten zu verbinden, leuchtet noch mehr ein, wenn erwogen wird, daß, wie schon
                              eingangs dieses Aufsatzes gesagt wurde, die eigentliche Härtung des Stahls bereits
                              bei einer kaum unter 500° liegenden Temperatur vor sich geht.
                           Denn hiernach müssen zwei Phasen des Processes wohl
                              unterschieden werden: die Abkühlung bis auf ca. 400°, und jene von da bis zu
                              etwa 200°; und da die eigentliche Härtung schon während der erstern Periode
                              eintritt, so hat in der letztern mehr oder weniger ein nur ein Anlassen des Stahls statt, so daß sich bei jedem regelmäßigen Härteproceß
                              Härten und Anlassen von selbst an einander reiht.
                           Selbstverständlich bleibt bei sehr raschem Verlauf des ganzen Processes die Wirkung dieses Anlassens
                              eine sehr geringe. Eine ermäßigte Härte kann aber auf zweierlei Art erzielt werden.
                              Erstens nämlich, indem der Stahl überhaupt verhältnißmäßig langsam gekühlt wird, in
                              welchem Falle er also schon im ersten Stadium des Processes, nämlich beim Sinken
                              seiner Temperatur auf 400°, eine abgeschwächte Härte annimmt, oder zweitens,
                              indem man denselben anfangs (bis auf 400°) rasch, von da ab aber langsam
                              abkühlt.
                           
                           Nur diese, ich möchte sagen „gebrochene“ Härtung kann thatsächlich als ein mit dem Härten
                              direct verbundenes Anlassen betrachtet werden, wogegen das erstere Verfahren von
                              Haus aus eine „geschwächte“ Härte
                              erzeugt, die allerdings keines weitern Anlassens bedarf, und in dieser Hinsicht der
                              erwähnten gebrochenen Härtung gegenüber, welche eigentlich zwei, wenn auch einander
                              unmittelbar folgende Operationen verlangt, den Vortheil größerer Einfachheit voraus
                              zu haben scheint.
                           Allein dieser Vortheil der „schwachen“ Härtung (und nur eine
                              solche kann nach dem Verfahren von Caron und ähnlichen,
                              eine gedämpfte Härte bezweckenden Methoden erzielt werden) schwindet vollständig vor
                              der großen Schwierigkeit, die erste Phase der Härtung,
                              nämlich die Abkühlung des Stahls auf 400°, welche, wenn überhaupt Härte
                              eintreten soll, stets sehr rasch verlaufen muß, in Beziehung auf die Geschwindigkeit
                              ihres Verlaufes entsprechend zu reguliren. Angestellte Versuche zeigen auch, daß bei
                              diesem Verfahren meistens entweder ganz harter oder völlig weicher Stahl resultirt,
                              daher zur directen Erzielung einer ermäßigten Härte mit Sicherheit nur das
                              angegebene Verfahren der gebrochenen Härtung führen kann, indem sich sowohl der
                              richtige Zeitpunkt zum Abschluß der raschen Abkühlung des Stahls auf etwa
                              400°, als die entsprechende Geschwindigkeit oder Dauer der Abkühlung
                              desselben bis auf ca. 200° unschwer beurtheilen läßt, da bei der ersten Phase
                              schon das Erlöschen der Glut an sich einen sichern Anhaltspunkt zur Beurtheilung der
                              nöthigen Dauer derselben an die Hand gibt, und die zweite Phase, bei der meistens
                              schon die Luftkühlung anwendbar ist, genügend langsam verläuft, um die Zeit
                              derselben genau zu bemessen und deren Verlauf überhaupt controliren zu können.
                           Die Durchführung der gebrochenen Härte gestattet nun mehrfache Modificationen, und
                              habe ich in dieser Beziehung ebensowohl mit Zerstäubern, als wie mit dem Eintauchen
                              in Wasser Versuche vorgenommen.
                           Das Zerstäubungsgebläse hat jedenfalls den Vortheil, daß mit Hilfe desselben die
                              Geschwindigkeit der Abkühlung des Stahls sehr genau geregelt werden kann, u. z.
                              nicht allein durch Modification des Verhältnisses in der Zufuhr an Luft und Wasser,
                              sondern auch durch das Maß der Entfernung vom Blasrohr, in welcher das glühende
                              Stahlstück in den ausströmenden Wasserstaub eingeführt wird. In ersterer Hinsicht
                              ist zu bemerken, daß ein Minus der Zufuhr an Wasser erst dann abschwächend auf die
                              Härte des Stahls einwirken kann, wenn das zuströmende Wasserquantum schon unter
                              jenes Maß herabsinkt, das eben die größte Härtung bewirkt und identisch ist mit dem
                              Maximalwasserquantum, welches der heiße Stahl ohne Rücklaß von flüssigem Wasser noch
                              in Dampf zu verwandeln
                              vermag; denn von diesem Punkte an schwächt nicht nur ein Minus, sondern auch ein
                              Plus an Wasser die Härte ab, letzteres aber keineswegs mit der gewünschten
                              Regelmäßigkeit, indem es analog wie bei der Härtung unter Wasser störende Wirkungen
                              durch Zurückstoßung des Wassers hervorruft.
                           Streng genommen verlangt dieses Verfahren auch zur Erzielung des höchsten
                              Härteeffectes nicht einen gleichbleibenden, sondern einen während dem Härten an
                              Stärke abnehmenden Wasserzufluß, da der Stahl anfangs, wenn dessen Oberfläche noch
                              den höchsten Hitzegrad besitzt, mehr Wasser verdampfen kann, als im spätern Verlaufe
                              des Processes. Diese Correctur ist, wenn gerade erwünscht, mit dem
                              Zerstäubungsapparate leicht zu bewirken.
                           Wenn ich zwar in dieser Richtung bisher nur Versuche im Kleinen vornahm, so erfüllten
                              diese doch insoferne ihren Zweck, als sie die principielle Richtigkeit meiner
                              Ausführungen im wesentlichen bestätigten. Ich benützte mit Dampf arbeitende
                              Zerstäuber (wie die von Siegle), sowie solche mit Gebläse
                              (nach Schrötter), wobei es sich gezeigt hat, daß selbst
                              mit ganz schwachem Drucke arbeitende Apparate, die nicht mehr als ca. 0g,15 Wasser pro Secunde liefern, in der
                              Nähe der Ausflußmündung noch Stahlkörper von etwa 0g,05 ganz gut härten, was mit Rücksicht auf
                              die überaus kurze Zeit, welcher die Härtung so kleiner Massen beansprucht, genügend
                              beweist, daß in der That das vorausgesetzte Minimum von Wasser die Härte bewirken
                              kann.
                           Um praktische Verwendung zu finden, müßten allerdings Zerstäuber von größern
                              Dimensionen, und am besten solche mit vielen combinirten, nach Art einer Brause
                              sphärisch begrenzten oder sonst passend angeordneten Ausflußmündungen hergestellt
                              und eine angemessen starke Windpressung angewendet werden. Der hierdurch erzeugte
                              energische und nach und nach sich ausbreitende Strahl von Wasserstaub gäbe
                              sicherlich ein eben so bequemes als vorzügliches Mittel, wenn es sich um eine
                              möglichst starke, oder auch um eine Härte von jedem beliebigen Grade handelt.
                           Nicht nur gestattet dieses Verfahren, den Stahl schon während der Vorhärte, resp. dem
                              Löschen seiner Glut mitten in dem Wasserstaub zu beobachten (wobei dem Stahl
                              natürlich nach Umständen eine rasche Drehung gegeben werden müßte, um alle Flächen
                              desselben gleichmäßig zu kühlen), sondern es ermöglicht auch dadurch, daß man den
                              Stahl nach geschehener Vorhärtung in den mehr ausgebreiteten Theil der ausströmenden
                              feuchten Wolke zurückzieht, eine sehr sichere Regulirung der gebrochenen Härte auch
                              bei Stahlstücken, die ihrer Größe wegen bei der blosen Luftkühlung schon zu
                              weich werden sollten. Letzteres mag indessen, wenn der Stahl bei der Vorhärte
                              richtig gekühlt wurde, nur selten eintreten. Uebrigens steht zu erwarten, daß
                              hierauf, sowie auf andere noch fragliche Punkte bald von Andern Antwort gegeben
                              wird, die zu Versuchen in größerm Maßstabe bessere Gelegenheit und auch näheren
                              Anlaß haben. Andernfalls werde ich die Sache selbst so viel als möglich im Auge
                              behalten und bemerke in Bezug auf die gebrochene Härtung nur noch, daß dieselbe auch
                              mit der Strahlhärtung zu verbinden und bei kleinern Gegenständen schon dadurch zu
                              bewirken ist, daß man die Stahlstücke, wenn angemessen erhitzt, nur für einen Moment
                              (bis die Glut erlischt) in Wasser taucht und sodann an der Luft langsam abkühlen
                              läßt.
                           Die Versuche, die ich auf diese Weise mit Matrizen, Bohrern etc. anstellte, zeigten,
                              daß die Dauer des Eintauchens behufs Erzielung der richtigen gebrochenen Härte mit
                              Rücksicht auf die Masse des zu härtenden Objectes unschwer zu beurtheilen ist, und
                              daß dieses Verfahren bei einiger Aufmerksamkeit und von geschickten Händen mit
                              genügender Sicherheit angewendet werden kann. Der so behandelte Stahl zeigt eine
                              bedeutende Zähigkeit, so daß ich eine gut gehärtete Matrize, welche der Feile
                              widerstand, mit einem schweren Hammer weder merklich stauchen, noch in Stücke
                              schlagen konnte. Am Bruche zeigen derlei Stahlstücke natürlich im Innern eine
                              geringere Härte als nach Außen hin, welche Differenz sich übrigens auch noch dadurch
                              reguliren läßt, daß man den Stahl nach dem ersten Abschrecken nur eine gewisse Zeit
                              an der Luft läßt und dann nochmals im Wasser abkühlt.
                           Es wäre interessant, Versuche mit Härten von Stahldraht in langen Adern auf diesem
                              Wege vorzunehmen, wobei der Draht blos mit bestimmter Geschwindigkeit durch eine
                              Flamme und unmittelbar darauf durch Wasser oder ein Metallbad zu ziehen wäre, und
                              die Festigkeitsverhältnisse und sonstigen Eigenschaften des so gehärteten Drahtes zu
                              erheben.
                           Ebenso scheint es mir angezeigt, Versuche nach einem ähnlichen Verfahren auf das
                              Härten von Glas auszudehnen. Denn wenn das Hartglas wirklich, wie Dr. Otto Schott (1875 216 *75. 288) ausführt, nichts als eine in Oel gekühlte
                              Glasthräne ist, so wirft sich wohl die Frage auf, ob die momentane und streng
                              geregelte Abkühlung des Glases durch eine feinst vertheilte Dunstwolke und darauf
                              folgende langsamere Kühlung im Kühlofen nicht besseres Hartglas liefern würde als
                              die Kühlung in Fettbädern, die nach einem Auszug aus De la Bastie's Patent (1875 215 186) unter
                              hermetischem Verschluß (vermuthlich der entstehenden Gase wegen) gehalten werden müssen. Meine
                              Vorschläge demnach allen Fachmännern empfehlend, will ich an dieser Stelle nur noch
                              beifügen, daß sich zum Härten kleiner Gegenstände geschmolzene Metalle, namentlich
                              Zinn, vorzüglich eignen, wovon ich mich durch vielfache Versuche überzeugte.
                              Thatsache ist, daß ich 3mm starken
                              Stahldraht noch in einem Zinnbade von 400° sehr gut härten konnte, worauf
                              derselbe Draht durch längeres Verweilen in einem Bade von 350° wieder nahe
                              weich wurde. Allerdings müssen, um 1 Gew.-Th. Stahl von 1000° auf
                              300° abzukühlen, mit Rücksicht auf die geringere Capacität des Zinns von
                              letzterm ca. 45 Gew.-Th. genommen werden, wenn dessen Temperatur vor der
                              Verwendung 250° beträgt und es sich bei Einführung des Stahls nicht über
                              300° erhitzen soll.
                           Da hier im Wesentlichen immer nur die Temperatur des Bades den Grad der Härte
                              bedingt, so erzielt man damit jedenfalls sicherere Resultate als beim Härten mit
                              Kohlenlösche, Seifenwasser, Colophonium, Leinöl, Siegellack und dergl., abgesehen
                              indessen von der kohlenden oder vor Oxydation schützenden Wirkung ähnlicher
                              Substanzen, von der ich in diesen Ausführungen ganz abgesehen habe, wie ich mir denn
                              auch betreffs des Hitzens des Stahls vor dem Härten eine
                              andere Mittheilung vorbehalte.