| Titel: | Ueber die Verwendung der Patentfarben; von R. Glanzmann. | 
| Autor: | R. Glanzmann | 
| Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 473 | 
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                        Ueber die Verwendung der Patentfarben; von
                           R. Glanzmann.
                        Glanzmann, über die Verwendung der Patentfarben.
                        
                     
                        
                           Die schwefelhaltigen organischen Farbstoffe oder die Patentfarben von Croissant und Bretonnière, über welche im verflossenen Jahre (vgl. 1875 215 363) 561) ausführlich berichtet worden, haben sich
                              schließlich in den
                              Färbereien namentlich in den Garnfärbereien vermöge ihrer einfachen Anwendung und
                              soliden Färbung Eingang verschafft, nachdem die ersten überschwänglichen, für neue
                              Erfindungen oft so wenig vortheilhaften Anpreisungen auf ihr richtiges Maß
                              zurückgeführt worden sind. Dieselben werden von verschiedenen Firmen und unter
                              verschiedenen Benennungen fabricirt. Glanzmann bespricht
                              im Bulletin de Rouen, 1876 S. 61 ein solches Fabrikat,
                              welches von dem bekannten Hause Poirrier unter dem Namen
                              „Cachou de Laval“ in den Handel gebracht wird. Dasselbe
                              scheint aus Sägespänen hergestellt zu sein; es stellt große, schwärzlichblaue, sehr
                              poröse Brocken vor, die stark nach Schwefelwasserstoff riechen und sehr
                              hygroskopisch sind. Das Präparat enthält 1 1/2 bis 2 Proc. Wasser und löst sich in
                              Wasser sehr leicht auf; die größtmögliche Concentration ist die von 1 Th. Farbstoff
                              auf 4 Th. Wasser, wofür jedoch ein Erwärmen der Flüssigkeit vorausgesetzt ist. Die
                              wässerigen Lösungen reagiren stark alkalisch und werden durch Säuren, unter
                              Entwicklung von Schwefelwasserstoff, unter Freiwerden von Schwefel und Entstehen
                              eines dunkelbraunen Niederschlages, der in Alkalien schwer löslich ist, gefällt.
                              Ebenso erzeugen saure Salze und die meisten Metallsalze dunkelbraune oder schwarze
                              Niederschläge in den Lösungen des Cachou de Laval.
                           Trotz der schätzenswerthen Eigenschaft, welche dieser Farbstoff mit den andern sogen.
                              Patentfarben theilt, sich auf Baumwolle ohne Vermittlung eines Mordant zu fixiren,
                              sogar ohne Dämpfen, obgleich diese Operation die Befestigung der Farben auf den
                              Geweben wesentlich begünstigt, trotz der Echtheit derselben gegen Licht, Säuren und
                              Seifen, kommt auch Glanzmann zu dem Resultat, daß diese
                              Kategorie von Farben für den Baumwolldruck keine Verwendung finden wird. Abgesehen
                              von andern Unzuträglichkeiten, welche mit der chemischen Constitution dieser
                              Farbstoffe zusammenhängen, sind diese Farben sogar gegen schwaches Chloren sehr
                              empfindlich; hauptsächlich aber sind die durch dieselben erzielten Nüancen ohne
                              Bedeutung für den Baumwolldruck. Eventuell empfiehlt er als einzig richtiges
                              Verdickungsmittel für diese Farben die weiße Stärke oder den Traganthgummi und
                              glaubt, daß man freundlichere Töne erreicht, wenn man mit schwacher Schwefelsäure
                              oder mit Kupfervitriollösung, anstatt mit rothem chromsaurem Kali, degummirt.
                           Dagegen treten die wirklichen Vortheile der Patentfarben viel entschiedener in den
                              Vordergrund bei der Färberei von Garnen und bei der Fabrikation von ünigefärbter
                              gewebter Waare. Hier existirt wirklich das Bedürfniß nach einer Fülle sogen.
                              Modenüancen, die nicht gerade durch eine besondere Ausgesprochenheit sich auszuzeichnen
                              brauchen, von denen man aber verlangt, daß sie auf billige und zugleich einfache
                              Weise hergestellt werden können. Namentlich letztere Bedingung erfüllen die
                              Patentfarben in ausgiebigster Weise. Es genügt, die Baumwolle 15 Minuten in der auf
                              75° erwärmten Lösung des Farbstoffes zu behandeln; man geht heraus, wäscht in
                              Wasser, windet aus, geht in ein lauwarmes Fixationsbad, wäscht noch einmal und gibt
                              endlich die Waare zum Trocknen. Es ist hierbei zu bemerken, daß für einen bestimmten
                              Ton nicht blos eine bestimmte Quantität Farbstoff erforderlich ist, sondern auch,
                              daß die zu färbende Waare dieselbe Menge Farbstoff auch immer in derselben
                              Concentration in der Flotte vorfindet.
                           Glanzmann hat eine Reihe von Färbversuchen mit dem
                              Poirrier'schen Cachou de Laval angestellt und damit recht hübsche Resultate erzielt.
                              Sehr brauchbar ist das Dunkelcachou, welches er in einem Bad von 50g Farbstoff pro Liter mit darauf folgendem
                              Fixationsbad (aus 5g zweifachchromsaurem
                              Kali für 1l bestehend) erhalten hat. Eine
                              Flotte von 3g Farbstoff pro Liter liefert
                              nach dem Passiren durch Chromkali ein helles Grau mit starkem Gelbstich. Werden
                              10g Cachou de Laval in Wasser gelöst,
                              mit 20g wirklichem Cachou (gelöst in 10cc Natronlauge vom spec. Gew. 1,208 und
                              500cc Wasser) vermischt und das Ganze
                              mit Wasser auf 1000cc gestellt, so erhält
                              das Baumwollgarn in dieser Flotte bei 75° nach 1/4stündigem Färben und nach
                              der Chrompassage eine kräftige, dunkle Bronzefarbe. Noch dunkler fällt letztere aus,
                              wenn statt der Chrompassage ein schwaches Salpetersäurebad zu 2° B. gegeben
                              wird; beide Male aber ist die Nüance so lebhaft und angenehm, wie sie mit
                              gewöhnlichem Würfelcachou allein nicht erreicht werden kann. Ebenso läßt sich dieser
                              schwefelhaltige organische Farbstoff mit Rocou vermischen, und erhält man damit
                              einen satten Cachouton mit starkem Rothstich, besonders bei Anwendung der
                              Salpetersäurepassage. Das Fixationsbad ist überhaupt von großem Einfluß auf die
                              Schattirung der aus der Flotte kommenden Farben. Rothes chromsaures Kali liefert im
                              Allgemeinen die dunkelsten Töne, Salpetersäure und salpetersaures Eisen bewirken
                              eine gelbe Schattirung des Grau, mit essigsaurem Blei; Eisenvitriol (je 5g in 1l), mit Schwefelsäure vom spec. Gew. 1,014, namentlich aber mit
                              Kupfervitriolpassage (5g in 1l) erhält man ein Grau mit blauer
                              Schattirung, welches sich für die Hauptverwendung der Patentfarben am besten eignet.
                              Dieselbe besteht darin, dem Indigoblau als billiger Untergrund zu dienen. Man färbt
                              zu diesem Zweck das weiße Garn zuerst mit Cachou de Laval (3 bis 5g in 1l), passirt durch Kupfervitriol, trocknet nach dem Waschen, geht dann in
                              die Blauküpe und färbt wie gewöhnlich aus. Man erzielt damit eine beträchtliche
                              Ersparniß an Indigo, ohne daß die Echtheit der blauen Farbe darunter zu leiden
                              hätte, wie z.B. bei dem sonst wohl üblichen Campecheaufsatz auf Küpenblau.
                           Daß diese Verwendung der Farben von Croissant und Bretonnière für das Küpenblau eine besondere
                              Bedeutung hat, geht auch aus dem Umstand hervor, daß sie in Deutschland von
                              verschiedenen Firmen in flüssiger Form unter dem Namen Indigoersatz verkauft werden. Dieselben empfehlen je nach der Nüancirung,
                              welche gewünscht wird, in ihren Gebrauchsanweisungen der ausgezogenen Farbflotte vor
                              dem Ausfärben etwas Grünspan zuzufügen, oder die Garne vor dem Färben durch
                              salpetersaures Eisen zu nehmen. Für das Blaufärben wird der Indigoersatz dem
                              Indigoblau nicht unterlegt, sondern aufgesetzt, und für diesen Zweck das Säuren der
                              in der Küpe geblauten Garne nicht mit Schwefelsäure, sondern mit Alaunlösung
                              vorgenommen. Die den Recepten meist beigefügten Musterkarten enthalten eine reiche
                              Sammlung gewonnener Töne vom hellsten Modegrau bis zum dunkelsten Braun und Blau und
                              Schwarz. Das Schwarz ist theils geseift, theils ungeseift vorgeführt, und das eine
                              Mal mit Indigoersatz allein, das andere Mal mit Indigoersatz und Küpenblau zusammen
                              hervorgebracht.
                           Die Deutsche Industriezeitung, 1876 S. 43 theilt eine weitere Verwendung des
                              Indigoersatzes als Aufsatz für Chemischblau mit. Hiernach werden die weißen Garne
                              zuerst durch eine Lösung von salpetersaurem Eisen genommen, mit gelbem
                              Blutlaugensalz geblaut und zuletzt unter Zugeben von Indigoersatz ausgefärbt. Oder
                              den geküpten Garnen wird zuerst in der angegebenen Weise ein Chemischblau und diesem
                              noch ein Indigoersatz aufgesetzt. Die beigefügten Garnmuster enthalten insbesondere
                              ein sehr tiefes Kohlschwarz und ein sehr weiches Echtblauschwarz. Für ersteres
                              werden 25k gebrühtes Garn 12 Stunden lang
                              ins Sumachbad (9k Sumach) gelegt, dann
                              ausgerungen und in ein frisches Bad von salpetersaurem und holzsaurem Eisen (2k salpetersaures Eisen vom spec. Gew. 1,525
                              und 3k holzsaures Eisen vom spec. Gew.
                              1,133) ungefähr 1/2 Stunde eingelegt. Dann bringt man das Garn in das Chromkalibad
                              (350g rothes chromsaures Kali), zieht
                              darin einige Mal gut um, ringt aus und färbt in der heißen Indigoersatzflotte (2k,5), der man 250g Quercitronextract zufügt, wäscht sodann
                              mit Seife, spült und trocknet. Für Echtblauschwarz wird dieselbe Menge Garn
                              ebenfalls 12 Stunden lang mit 5k Sumach
                              behandelt, ausgewunden, in einem Bad von 5k
                              salpetersaurem Eisen gut umgezogen und ausgewunden. Man bringt hierauf das Garn in
                              ein Bad von 1k,5 gelbem Blutlaugensalz,
                              welchem 0k,5 Salzsäure zugefügt ist, und zieht es
                              darin wiederholt gut um. Nach dem ersten Zug setzt man noch 2k,5 salpetersaures Eisen hinzu, spült ab,
                              und bringt das Garn in dasselbe Chromkalibad wie für Kohlschwarz, zieht darin gut
                              um, windet aus, geht schließlich in die heiße Indigoersatzflotte (3k) zum Ausfärben, spült ab und gibt zum
                              Trocknen.
                           Die angeführten Beispiele zeigen, wie die neue Erfindung, nachdem sie einmal den
                              richtigen Boden für ihre praktische Anwendung gefunden, sich auf gar mannigfaltige
                              Weise ausnützen läßt, und wie auch sie nach ihrem Theil dazu beitragen wird, da für
                              gewisse Waaren bei den heutigen Verhältnissen billig färbende Surrogate eben nicht
                              mehr zu entbehren sind, unserer Färberei wieder zu einer solidern Grundlage zu
                              verhelfen.
                           
                              Kl.