| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, Nr. , S. 282 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Renesson's elektromagnetische
                              Außergangsetzung von Dampfmaschinen.
                           Der Tuchfabrikant Renesson Fils in Sedan hat 1875 an
                              seiner 25e-Dampfmaschine auf dem
                              Schieberkasten einen Ventilhahn angebracht und auf der Achse desselben ein Rädchen,
                              worauf sich die Schnur eines Gewichtes auf und ab wickelt, welches beständig die
                              Schnur abzurollen und so den Hahn zu schließen strebt, daran aber durch einen
                              mittels eines Riegels gehemmten Zahn an jenem Rädchen verhindert wird, bis der
                              Riegel durch elektromagnetische Anziehung zur Seite bewegt wird. Dazu dient ein in
                              irgend welcher Entfernung von der Maschine geschlossener (besser wohl, weil
                              zuverlässiger, ein unterbrochener) Strom. Bei Prüfung des Apparates durch eine
                              Commission machte das Triebrad nicht mehr als 1 1/4 bis 1 1/2 Umläufe nach der
                              Stromgebung. (Nach dem deutschen Wollengewebe, 1876 S. 550.)
                           
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                           Mallet's Verbesserung am Watt'schen
                              Indicator.
                           Auf einem mit beliebiger, selbst veränderlicher Geschwindigkeit abgerollten,
                              entsprechend breiten Papierstreifen zeichnet der am Kolben des Indicators befestigte
                              Stift die Curve des Druckes, während ein anderer feststehender Stift die
                              atmosphärische Linie zeichnet. Contacte an den Enden der innern Cylinderfläche,
                              welche abwechselnd von einem an der Stirnfläche des Dampfkolbens sitzenden Contacte
                              berührt werden, lassen an jedem Ende des Kolbenweges von dem den Druck
                              aufzeichnenden Stifte einen Funken überschlagen und das Papier durchbohren, so daß
                              jeder einzelne Kolbenweg auf dem Papiere scharf abgegrenzt wird. Endlich läßt ein
                              kleines Uhrwerk alle Secunden (oder auch bestimmter Bruchtheile oder Vielfachen von
                              Secunden) einen Funken an dem die atmosphärische Linie aufzeichnenden Stifte
                              überspringen, aus denen man die Kolbengeschwindigkeit oder die
                              Umdrehungsgeschwindigkeit der treibenden Räder abnehmen kann. Diese Verbesserung
                              soll den Indicator für Maschinen mit großer Geschwindigkeit und veränderlicher
                              Arbeitsleistung, wie z.B. Locomotiven, besser verwendbar machen. (Nach den Comptes rendus, 1876 t. 82
                              p. 1331.)
                           
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                           Elektromagnete mit Eisenmantel.
                           Nach englischen Berichten besprach Prof. O. Reynolds in
                              der Manchester Literary and Philosophical Society einen
                              von John Faulkner hergestellten stabförmigen
                              Elektromagnet, welcher einen Kern aus weichem Eisen, mit einer flachen Platte an dem
                              einen Ende, enthielt und um den Kern in gewöhnlicher Weise eine Drahtspule; letztere
                              war jedoch noch von einer Röhre aus weichem Eisen umschlossen, welche dieselbe Länge
                              hatte, wie der über der Platte liegende Theil des innern Kernes; von den flachen
                              Enden der Röhre stand das eine in Berührung mit der Platte, während das andere bis
                              zu dem Ende des Kernes emporstieg, so daß eine auf das Ende aufgelegte Platte oder
                              Anker beide, Kern und Röhre, berührte. Bei diesem Elektromagnet zeigt sich zunächst
                              das magnetische Feld auf den Raum gegenüber dem offenen Röhrenende beschränkt und entlang der Röhre
                              und an deren geschlossenem Ende findet sich nur wenig oder kein Magnetismus. Der
                              Elektromagnet hält aber seinen Anker kräftiger (bis 100 mal) fest, wie einer mit
                              einfachem Kern; doch scheint dies vom Verhältnisse zwischen dem Durchmesser des
                              Kernes und der Röhre abzuhängen, indem der Unterschied mit der Stärke des Kernes im
                              Verhältniß zur Röhre (umgekehrt proportional der Entfernung der Röhre vom Kerne)
                              wächst. Reynolds sucht die Ursachen hiervon darin, daß
                              der neue Elektromagnet gewissermaßen wie ein Hufeisenmagnet wirke, insofern das Ende
                              der Röhre und das des Kernes entgegengesetzte Polarität besitzen, daß aber ferner
                              die Nähe beider Pole jedem ein stärkeres Inductionsvermögen auf den andern verleihe
                              und deshalb der neue Magnet kräftiger sei wie ein Hufeisenelektromagnet, und daß
                              endlich die elektromagnetische Kraft der Spulen nach beiden Seiten ausgenützt werde,
                              ganz wie bei einem Galvanometer mit astatischer Nadel.
                           Nach dem Bekanntwerden vorstehender Mittheilung machte zunächst W. Ladd geltend, daß er schon seit 12 Jahren solche
                              Elektromagnete (welche Faulkner Altandi- oder
                              Altandä-System nennt) verwendet habe, namentlich an elektrischen Lampen für
                              die Regulatoren der Kohlenspitzen. Darauf berichtete C. V. Walker über seine nicht ungünstigen Versuche mit solchen Elektromagneten
                              mit Eisenmantel, welche er noch nirgends beschrieben gefunden habe, während Du Moncel in seinem Werke über die Construction der
                              Elektromagnete (Paris 1871) geradezu sage: „Ein Eisenkern, von einer
                                 galvanischen Spirale umgeben, wird kräftig magnetisch, während ein dieselbe
                                 Spirale umgebender Eisencylinder durchaus nicht magnetisch wird.“
                              Dies veranlaßt Du Moncel zu erklären, daß an jener Stelle
                              von einem vom Kern getrennten Eisencylinder die Rede sei, daß die Sache bei
                              Verbindung des Mantels mit dem Kerne sich wesentlich ändere, insofern man dann einen
                              zweiarmigen Elektromagnet erhalte, bei welchem der eine ringförmige Pol den andern
                              umgebe. Diese Elektromagnete, welche in Frankreich röhrenförmige Elektromagnete genannt würden, seien um 1852 von Nicklès (vgl. 1853 129
                              413) erfunden worden und nicht nur von Du Moncel im Exposé des Applications de l'Electricité
                              beschrieben, sondern auch mehrfach verwendet worden, so 1855 von Wartmann bei dessen
                              automatischem Regulator der Stromstärke, von Bonelli bei
                              dessen elektrischem Webstuhle (* 1856 140 179. 141 332) u.a.
                           Die Mittheilung Reynolds' gibt endlich J. Roper Penning Anlaß, zu erwähnen, daß er ähnliche
                              Hufeisen-Elektromagnete, nur mit 4 RöhrenAlso ähnliche wie Comacho (vgl. 1875 217 155 und * 1876 219
                                    238). Ein Gegenstück gewissermaßen zu diesen röhrenförmigen Elektromagneten
                                    findet sich in dem 1873 in Wien ausgestellten submarinen Relais von Siemens (vgl. Zeitschrift für Mathematik und
                                    Physik 1873 S. 437). schon früher hergestellt habe. (Telegraphic
                                 Journal, 4. Bd. S. 27, 139, 143, 164.)
                           
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                           Elektrisches Licht auf Schiffen.
                           Seit Ende März 1876 wurde das der Compagnie
                                 générale transatlantique gehörige Dampfboot Amérique
                              mit einer Gramme'schen Maschine (ganz neues Modell) zur Erzeugung von elektrischem
                              Licht ausgerüstet. Der Schiffscommandant Pouzolz
                              berichtet nach seiner Rückkehr von New-York nach Havre so günstig darüber,
                              daß die Gesellschaft sofort noch zwei andere Dampfer mit elektrischer Beleuchtung
                              versehen hat. Das elektrische Licht soll namentlich die Sicherheit erhöhen, indem es
                              Strandungen verhütet und das Einlaufen in den Hafen erleichtert. Es kann auch das
                              Laden und Entladen bei Nacht ermöglichen. Es wurde auf dem Amérique am
                              Vordertheil, 15m vom Vordersteven, auf
                              einem ursprünglich 7m hohen, vom Kommandant
                              aus Stabilitätsrücksichten und um den Lichtstrahl tiefer zu legen um 2m erniedrigten Thurme aus Eisenblech, mit
                              innerer Treppe und von 1m Durchmesser
                              angebracht. Die Lampe mit prismatischen Gläsern und Serrin'schen Regulator
                              erleuchtet 225° und läßt das Schiff fast ganz im Dunkeln. Die Gramme'sche
                              Maschine liefert 200 Carcelbrenner Lichtstärke, wiegt 200k, macht 850 Touren in der Minute. Die
                              Lampe intermittirt automatisch mittels eines kleinen Stromunterbrechers, kann aber
                              auch ununterbrochenes Licht liefern, welches 10 Seemeilen (18km ,250) weit trägt; es liegt 10m über dem Wasserspiegel. Als Uebelstand
                              dürfte sich herausstellen, daß das so intensive elektrische Licht die
                              regelmäßigen grünen und rothen Laternen des Schiffes verschwinden läßt und leicht
                              von andern Schiffen für das Licht eines Leuchtthurmes gehalten werden kann. (Nach
                              der Revue industrielle, Juni 1876 S. 252.)
                           
                        
                           Eine unangenehme Eigenschaft der Schlackenwolle.
                           Wolpert (Deutsche Bauzeitung, 1876 S. 210) warnt vor
                              Anwendung von Schlackenwolle zu Fußbodenfüllungen u. dgl., da dieselbe in der Regel
                              Schwefelcalcium enthalte, welches bei Einwirkung von Feuchtigkeit
                              Schwefelwasserstoff entwickelt. Hierdurch werden die Bleiweiß haltigen Anstriche der
                              Fußböden, Täfelungen etc. mißfarbig, und bei stärkerer Entwicklung von
                              Schwefelwasserstoff die Bewohner der betreffenden Zimmer belästigt, ja selbst an
                              ihrer Gesundheit geschädigt. Vor der Verwendung der Schlackenwolle zu Bauzwecken
                              sollte dieselbe daher erst auf einen etwaigen Gehalt an Schwefelcalcium geprüft
                              werden.
                           
                        
                           Orsat's Apparat zur Untersuchung
                              der Rauchgase.
                           Der Apparat von Orsat (* 1875 217 220) hat neuerdings (nach dem Journal für Gasbeleuchtung etc., 1876 S.
                              297) eine nicht unwesentliche Verbesserung dadurch erfahren, daß er auch für die
                              Bestimmung der in den Verbrennungsgasen enthaltenen Kohlenwasserstoffe benützt
                              werden kann. Es ist diese Bestimmung insoferne von Wichtigkeit, als jene Gase bisher
                              als Stickstoff gemessen wurden, der Gehalt an letzterm also zu hoch gefunden wurde,
                              während gleichzeitig die Gegenwart dieser unverbrannten Gase, die einen Verlust an
                              Brennmaterial durch unvollständige Verbrennung anzeigen, nicht bemerkt wurde. Der
                              Apparat wird dadurch etwas complicirter und die Analyse erfordert etwas mehr
                              Sorgfalt; immerhin ist jedoch die Ausführung leicht und die erhaltenen Resultate
                              besonders bei Generatorgasen aus Steinkohlen, Braunkohlen etc. sehr werthvoll. Der
                              Apparat erhält zur Ausführung dieser Bestimmung noch einen Ansatz auf der rechten
                              Seite des Meßrohres bei m (siehe die Abbildung in Bd.
                              217 S. 222) von dem Capillarrohr abzweigend. Ist Kohlensäure und Kohlenoxyd in der
                              früher geschilderten Weise absorbirt, so wird der gemessene Rest mit bestimmten
                              Mengen Wasserstoffgas und Luft gemischt und das Gasgemenge durch eine glühende
                              Platinspirale nach einem, den Absorptionsgefäßen für Kohlensäure und Kohlenoxydgas
                              ähnlichen, mit Wasser gefüllten Rohr geleitet. Beim Passiren der glühenden Röhre
                              wird der zugesetzte Wasserstoff in der Luft verbrennen und gleichzeitig auch die
                              Verbrennung der Kohlenwasserstoffe zu Kohlensäure und Wasser veranlassen. Bringt man
                              nach dem Erkalten das Gas wieder rückwärts in die Meßröhre, so wird sich das Volum
                              um den verschwundenen, zu Wasser verbundenen Sauerstoff und Wasserstoff vermindert,
                              dagegen um die gebildete Kohlensäure vermehrt haben. Bestimmt man die Menge der
                              Kohlensäure in der früher beschriebenen Weise, so erfährt man durch einfache
                              Rechnung die Menge der vorhanden gewesenen Kohlenwasserstoffe und behält reinen
                              Stickstoff zurück, dessen Menge nun richtig bestimmt werden kann.
                           
                        
                           Verhütung der Oxydation beim Härten von Stahl.
                           Um die Oxydation sehr kleiner, fein ausgearbeiteter Gegenstände aus Stahl beim Härten
                              zu verhüten, soll man dieselben nach einem Vorschlage von PH. Rust (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 1876 S. 127) mit
                              Ferrocyankalium überziehen. Zu diesem Zweck werden 2 Th. feingepulverte Holzkohle
                              und 1 Th. gelbes Blutlaugensalz mit einer Lösung von Tischlerleim zu einem dünnen
                              Teig angemacht. Hiermit überzieht man die zu härtenden Gegenstände, indem man sie
                              etwas erwärmt, eintaucht, trocknet, wieder eintaucht u.s.f., bis der Ueberzug etwa
                              2mm dick geworden ist. Man kann diese
                              nun unmittelbar ins Kohlenfeuer bringen, glühen und dann härten.
                           
                        
                           
                           Die organischen Keime in der Atmosphäre.
                           Im Alterthum und selbst noch im 17. Jahrhundert nahm man allgemein eine Urzeugung:
                              Generatio spontanea oder aequivoca an; nicht allein sollten Maden und Ungeziefer von selbst aus
                              Schmutz, Würmer aus kranken Eingeweiden entstehen, auch höhere Thiere wie Mäuse
                              sollten auf künstlichem Wege erzeugt werden können. Der Italiener Francisco Redi war der Erste, welcher in seinen „Esperienze intorno alla generazione degli
                                    insetti“ gegen die Urzeugung auftrat und das Entstehen der Maden
                              in faulendem Fleische aus Eiern bewies. Er wurde dafür der Ketzerei angeklagt, weil
                              Simson behauptet hat, daß in dem Aase eines Löwen ein
                              Bienenschwarm entstanden sei. Nach Entdeckung der Infusorien durch LeeuwenhoekLeuwenhök fanden sich neue Vertreter der Urzeugung. Needham (1745) kochte einen Aufguß, verschloß das Gefäß mit Mastix und
                              fand nach einiger Zeit eine Infusorienwelt in demselben. Seine Versuche scheinen von
                              entscheidendem Einfluß auf die Theorie der Organismenerzeugung von Buffon (1749) gewesen zu sein.
                           Der italienische Abbé Spallanzani (1765)
                              wiederholte diese Versuche von Needham, erhitzte die
                              verschlossenen Gefäße aber 3/4 Stunden auf 100° und konnte später keine
                              Organismen auffinden. Der französische Conditor Appert
                              verwerthete diese Versuche, indem er Gemüse in Gefäße einschloß, erhitzte und so
                              conservirte (appertisirte), ein Versuch, der bekanntlich beim Conserviren von
                              Nahrungsmitteln unendlich oft und mit den besten Erfolgen wiederholt wird (vgl. S.
                              287). Diesen Ergebnissen wurde nun entgegengehalten, daß die organischen Stoffe
                              durch das Erhitzen verändert werden, und daß namentlich, wie Gay-Lussac zeigte, die Luft in den Conservirungsgefäßen keinen
                              Sauerstoff mehr enthalte, daß aber zur Entwicklung des Lebendigen aus todten
                              organischen Stoffen Sauerstoff gehöre. Diese Ausrede wurde 1836 und 1837 von F. Schulze und Schwann dadurch
                              widerlegt, daß keine Organismen erschienen, wenn den organischen Stoffen Luft
                              zugeführt wurde, die zur Zerstörung der darin schwebenden Keime vorher durch
                              glühende Glasröhren oder durch Schwefelsäure geleitet war. Aehnliche Versuche und
                              mit gleichem Resultat wurden von Ure (1840 75 461) und Helmholtz
                              ausgeführt. Schröder und Dusch
                              (1854 132 295) zeigten dann, daß erhitzte organische
                              Stoffe, zu denen man nur Luft zutreten ließ, die vorher durch einen Stöpsel von
                              Baumwolle gegangen und dadurch von den Keimen befreit war, keine Organismen
                              hervorbrachten. Pasteur vereinfachte diesen Versuch noch,
                              indem er den Hals eines Kölbchens zu einer Röhre auszog und diese abwärts bog und
                              durch Erhitzen der betreffenden Flüssigkeit die vorhandenen Keime zerstörte.
                              Obgleich der Hals offen blieb, die atmosphärische Luft also ungehindert zutreten
                              konnte, entwickelten sich keine Organismen. Wurde jedoch die Röhre abgebrochen, so
                              traten bald Organismen auf und die Zersetzung begann. Das Krümmen des Flaschenhalses
                              genügte also, die in der Luft schwebenden Keime zurückzuhalten.
                           Daß die atmosphärische Luft zahllose Keime enthält, vermuthete schon vor mehr als
                              2000 Jahren Anaxagoras, der Freund des Perikles; Ehrenberg (1848), Pasteur (1862 165 292), Tyndall u.a. haben dann durch zahlreiche Versuche das Vorhandensein dieser
                              Keime bewiesen. Tichborne bestätigt, daß Staub von der
                              Straße und aus bewohnten Räumen Gährungskeime und Bakterien enthält; Douglas Cuningham zeigt ähnliches von der Luft in Calcutta, und
                              Crace-Calvert, daß namentlich in der Nähe von
                              faulenden thierischen Stoffen die Luft sehr reich an Bakterien ist.
                           Später wurde die Urzeugung von Hartig, Nägeli, Bastian und
                              von Omimus (1874 213 449)
                              wieder von Neuem behauptet. Letzterer glaubt, daß Bakterien aus Blut und Eiweiß
                              spontan entstehen können. Die Versuche von Crace-Calvert zeigen, daß Eiweiß auch in einer
                              Sauerstoff-Atmosphäre unverändert bleibt und keine Organismen entwickelt
                              werden, wenn nicht Keime derselben hinzutreten können, und Klebs bewies, daß das Blut gesunder Thiere keine Entwicklung niederer
                              Organismen zeigt, wohl aber das von kranken Thieren (vgl. 1874 212 352).
                           A. de Bary, Cohn sowie die Versuche von Bastian, Frankland und Huxley
                              zeigen hinreichend, wie leicht Irrthümer bei derartigen Beobachtungen unterlaufen
                              können, daß namentlich sehr feine Glassplitterchen mit Braun'scher Bewegung sehr oft
                              für Organismen angesehen werden, daß sorgfältig ausgeführte Versuche und
                              Beobachtungen stets gegen jede spontane Entwicklung sprechen. (F. Fischer: Verwerthung der städtischen und
                              Industrie-Abfallstoffe, S. 15.)
                           
                           Die große Tragweite der Frage nach den in der Atmosphäre schwebenden Keimen in Bezug
                              auf die Lehre der Urzeugung, wie auch in Bezug auf die Entstehung und Verhütung von
                              Krankheiten und Fäulnißprocessen, Conservirung der Nahrungsmittel u.s.w. veranlaßte
                              John Tyndall neuerdings (Naturforscher, 1876 S. 137)
                              wieder eine große Anzahl von Versuchen anzustellen. Zum Aufsuchen der Keime in der
                              Atmosphäre bediente er sich des concentrirten Lichtstrahles, der in einem dunkeln
                              Raume alle auf seiner Bahn liegenden kleinsten Theilchen erleuchtet (1870 198 72). Er stellte sich nun eine Reihe von Holzkammern
                              oder Kisten her, deren vordere Wand aus Glas bestand; an den beiden Seitenwänden
                              befanden sich zwei correspondirende, mit Glas verschlossene Oeffnungen, und der
                              Deckel enthielt in luftdichtem Verschluß eine Pipette, die frei beweglich war und
                              das Innere des Kastens luftdicht verschloß, nebst zwei schmalen Glasröhren, welche
                              mit der Atmosphäre communicirten und vielfach auf und nieder gebogen waren, während
                              am Boden sich eine oder zwei Reihen von Oeffnungen befanden, in denen luftdicht die
                              Probirgläschen enthalten waren, in welchen die Flüssigkeiten untersucht werden
                              sollten.
                           Am 10. September wurde der erste derartige Kasten geschlossen; ein concentrirter
                              Lichtstrahl wurde durch die Seiten desselben geschickt und zeigte, daß die Luft in
                              demselben mit herumfliegenden Substanzen stark beladen war. Am 13. wurde die Luft
                              wieder geprüft, aber von dem durchgehenden Lichtstrahl war keine Spur zu sehen.
                              Dreitägiges Stillstehen genügte also, damit alle Herumfliegenden Substanzen sich an
                              den Boden und die Seiten setzten, wo sie von einer zu diesem Zwecke angebrachten
                              Glycerinschicht festgehalten wurden. Nun wurden, ohne daß die Luft zum Innern
                              Zutritt hatte, die Probirröhrchen mittels der Pipette gefüllt, ihr Inhalt 5 Minuten
                              lang gekocht, und während des Abkühlens der Kammerluft die gebogenen Röhrchen mit
                              Baumwolle verstopft, damit die rasch eindringende äußere Luft keine Keime mit hinein
                              führen könne.
                           Als Flüssigkeiten wurden bei diesen Versuchen benützt: saure und alkalische Aufgüsse
                              von Heu, Rüben, Thee, Kaffee, Hopfen, Urin und verschiedene Fleischsorten.
                           Das Resultat dieser Versuche war, daß, als diese Substanzen der gewöhnlichen Luft des
                              Laboratoriums der Royal Institution bei einer Temperatur von 16 bis 21°
                              exponirt waren, sie im Laufe von 2 bis 4 Tagen der Fäulniß anheimfielen. Die Zahl
                              der Probirröhrchen, welche die Aufgüsse enthielten, stieg bis auf 600, aber nicht
                              ein einziges entging der Fäulniß. Anderseits hat in keinem einzigen Falle die Luft,
                              welche durch den prüfenden Lichtstrahl als staubfrei erkannt worden, selbst wenn sie
                              auf Temperaturen zwischen 26 und 32° gebracht wurde, die geringste Fähigkeit
                              gezeigt, lebende Bakterien zu erzeugen oder die mit denselben verbundenen
                              Fäulnißerscheinungen. Die Fähigkeit, solches Leben in der atmosphärischen Luft zu
                              entwickeln, und das Vermögen, das Licht zu zerstreuen, sind somit als untrennbar
                              verbunden erwiesen.
                           Die einzige nothwendige Bedingung, um diese lang schlummernden Aufgüsse von lebenden
                              Wesen wimmeln zu sehen, besteht in dem Zutritt der in der Luft herumfliegenden
                              Substanzen. Nachdem die Aufgüsse 4 Monate lang so durchsichtig waren wie
                              destillirtes Wasser, genügte das Oeffnen der hintern Thür des schützenden Kastens
                              und der erfolgende Zutritt der mit dem Staub beladenen Luft, um in 3 Tagen die
                              Aufgüsse faul und voll von Leben zu machen. Daß dieses Leben aus den mechanisch
                              suspendirten Theilchen entsteht, ist somit durch den augenscheinlichen Beweis
                              dargethan.
                           Mayer erklärt es schlechterdings unverständlich, wie alle
                              die reich organisirten Formen unserer Erde entstanden sein sollen, wenn nicht durch
                              elternlose Zeugung, daß man daher auf deductivem Wege zur Annahme einer generatio spontanea komme. (?) – Möge man nun mit
                              Huxley annehmen, daß in den Vorzeiten unseres
                              Planeten physische und chemische Vorbedingungen zur Urzeugung vorhanden waren,
                              längst aber verloren seien, oder mit Thomson, daß die
                              ersten Organismenkeime durch Meteore unserer Erde zugeführt sind, – soweit
                              die Möglichkeit einer Urzeugung bei praktischen Fragen in Betracht kommt, muß sie
                              entschieden verneint werden. Bakterien und Pilze entstehen ebensowenig ohne Keim wie
                              Trichinen und Eingeweidewürmer. (Vgl. auch O. Brefeld:
                              Methoden zur Untersuchung der Pilze, Landwirthschaftliche Jahrbücher, 1875 S.
                              151.)
                           
                        
                           
                           Ein Culturversuch mit Fichten in arsenhaltigem und
                              bleihaltigem Boden.
                           Zur Prüfung der Frage, ob die Gifte des Hüttenrauches der Hüttenwerke zu Freiberg
                              auch im Boden schädlich auf die Vegetation wirken könnten (vgl. 1876 220 88), wurden zwei jüngere Fichten mit dem Ballen
                              ausgehoben und in einen Boden gesetzt, der für die eine Pflanze 0,1 Proc. arsenige
                              Säure, für die andere 0,1 Proc. Bleioxyd enthielt.
                           Der Bleibaum behielt ein gesundes Aussehen; die ältesten Nadeln desselben hatten bei
                              der Fällung das normale Alter von sieben Jahren erreicht. Beim Arsenikbaume
                              vertrocknete der Wipfeltrieb, die Nadeln wurden gelb und starben ab; die ältesten
                              erreichten nur das Alter von 4 Jahren. Nach der Untersuchung von Klien (Chemische Ackersmann, 1875 S. 248) enthielten
                              Nadeln und Stamm nur Spuren, die Zweige 0,001 Proc. arsenige Säure. Die Nadeln des
                              Bleibaumes enthielten kein Blei, der Stamm Spuren, die Zweige 0,0012 Proc. dieses
                              Metalles.
                           Die Fichte kann also kleine Mengen arseniger Säure aus dem Boden aufnehmen, welche
                              auf das Wachsthum des Baumes schädlich wirken. Blei scheint dagegen nicht
                              nachtheilig zu sein.
                           
                        
                           Der Dampfkochtopf zum Conserviren.
                           Will man sich des Papin'schen Topfes als Conservator von Speiseresten u. dgl.
                              bedienen, so wird nach A. Markt folgendermaßen verfahren.
                              Der zu conservirende Artikel wird in den Topf gethan, der Deckel ausgesetzt und der
                              Bügel fest verschraubt. Sobald der wässerige Theil des Inhaltes zu kochen beginnt,
                              wird der am Deckel angebrachte Hahn auf einige Augenblicke geöffnet, damit die im
                              Topfe enthaltene Luft durch den sich entwickelnden Dampf ausgetrieben wird, und der
                              Topf sodann vom Feuer entfernt und an einem kühlen Ort aufbewahrt. Die Wasserdämpfe
                              condensiren sich, und es entsteht, wenn der Deckel hermetisch schließt, ein
                              luftleerer Raum, in welchem die aufbewahrten Speisen beliebig lange (ohne
                              Veränderung) erhalten werden können. Will man dieselben wieder verwenden, so braucht
                              man nur den Hahn zu öffnen, damit wieder Luft in den Topf eindringen kann und sodann
                              den Bügel abzuschrauben und den Deckel abzunehmen. (Vgl. S. 285.)
                           
                        
                           Einschlagpapier für gefärbte Wolle.
                           Nach Reimann's Färberzeitung erhalten Färber, welche Wollen für Tapisserieartikel
                              färben, öfters Waare zurück, welche nach dem Haspeln und Umhüllen mit weißem Papier
                              auf dem Lager bunt wurde, d.h. an einzelnen Stellen hell erscheint, während sie
                              sonst die ursprüngliche Farbe behielt. Natürlich wird dem Färber die Schuld
                              zugeschrieben. Nähere Beobachtung hat nun aber gezeigt, daß dieser Uebelstand,
                              welcher vorzüglich bei Anilinfarben und ganz besonders bei Magenta beobachtet wird,
                              stets da zur Geltung kommt, wo das fragliche Garn mit weißem Papier in directe
                              Berührung kommt. Dies führte auf die eigentliche Ursache des Buntwerdens. Die zu
                              weißem Papier verwendeten Materialien, Lumpen, Stroh, Esparto etc. werden einer
                              starken Bleichung mit Chlor unterworfen. Wird letzteres in der Papierfabrikation
                              nicht mit Antichlor entfernt, so sind in weißen Papieren stets Spuren (allerdings
                              nur ganz geringe) von Chlor enthalten. Aber gerade gegen Chlor sind die Anilinfarben
                              äußerst empfindlich, und daher kommt es, daß die auf Wolle fixirten Farben an allen
                              Stellen schwächer werden, wo sie mit weißem Papier, also mit den Spuren des Chlors
                              in Berührung kommen. Zur Vermeidung des Uebelstandes schlage man die Wolle nicht in
                              weißes, sondern in blaues Papier ein, oder wähle überhaupt ein dunkles Papier.
                              Blaues Papier empfiehlt sich deshalb, weil das zur Färbung desselben verwendete
                              Ultramarin gegen Säure und Chlor sehr empfindlich ist, eine etwa vorhandene Spur
                              davon durch diesen Farbstoff also schon abgestumpft würde.
                           
                        
                           Englisches Sohlleder.
                           In neuerer Zeit macht amerikanisches und englisches Sohlleder dem deutschen und
                              österreichischen stark Concurrenz. Probus (Gerber, 1876
                              S. 491) berichtet nun, daß das englische Sohlleder aus sehr starkem Kalkäscher enthaart und dann in
                              Brühen gegerbt werde. Sowohl der starke Aescher, als die nachfolgende rasche Gerbung
                              in sehr gerbstoffreichen Brühen bewirkt, daß das Leder zwar rasch gegerbt wird und
                              durch und durch satt gegerbt erscheint, daß es aber doch dabei lose, weich,
                              schwammig und undicht ist, so daß sich Jedermann scheuen würde, dieses Product,
                              welches auch in diesem Zustande nur ein geringes Gewicht aufweist, zu Sohlen zu
                              verwenden. Diesen Uebelständen muß natürlich abgeholfen werden, und das Land der
                              großen Baumwollindustrie weiß sich mit denselben Mitteln der Appretur, durch welche
                              den Baumwollstoffen und Leinen Steifheit und anscheinende Festigkeit beigebracht
                              wird, auch bei Leder zu helfen. Diese verschiedenen Appreturmittel sind nun:
                              Ordinäre Gummisorten, Kirchgummi, Dextrin, Glucose, Arrowroot, Gelose u.s.w. Durch
                              diese Mittel erhält das Leder eine Steifheit, daß es eher bricht als sich biegt,
                              sich mühsam schneiden läßt, wie dies sonst nur sehr ungare und halbrohe Leder zu
                              thun pflegen, vor allem aber ein großes Gewicht. Diese Leder sehen nun in der That
                              sehr verführerisch aus und vermögen selbst den Nichtlaien über deren wahren Werth zu
                              täuschen. Wird das Leder aber in Wasser aufgeweicht und gehörig gewalkt, so löst
                              sich das Appreturmittel und das ursprünglich lose, schwammige Leder bleibt zurück;
                              der hierdurch entstehende Gewichtsverlust beträgt 30 Proc. und mehr.
                           
                        
                           Die Platinfarbe.
                           Die sogen. Pflug'sche Platinanstrichmasse, deren Name wahrscheinlich wegen des
                              platingrauen Aussehens einer ihrer Sorten gewählt wurde, ist von Dr. Filsinger in Dresden
                              untersucht worden. Die Platinanstrichmasse Nr. 15 besteht aus 35 Proc. Leinfirniß
                              und 65 Proc. gelbem thonigen Eisenocker, Nr. 11 aus 36,8 Proc. Leinölfirniß und 63,2
                              Proc. Zinkweiß, Nr. 0 aus 26,7 Proc. Leinölfirniß und 73,3 Proc. thonigem Eisenocker
                              mit Zinkstaub, Nr. 00 aus 22,7 Proc. Leinölfirniß und 74,3 Proc. thonigem Eisenocker
                              mit mehr Zinkstaub. Andere als die erwähnten Bestandtheile enthalten die Farben
                              nicht.
                           
                        
                           Darstellung von Platinschwarz.
                           Brunner (1858 150 376) schlug
                              vor, eine verdünnte, mit Salzsäure angesäuerte Platinchloridlösung mit
                              feinvertheiltem Eisen zu reduciren. Hempel (1858 149 444) versetzt die Lösung von Platinchlorid mit
                              Eisenvitriol und Natronlauge, dann mit Salzsäure; das metallisch ausgeschiedene
                              Platin bleibt als schwarzes Pulver zurück.
                           Nach Zdrawkowitch (Bulletin de la
                                 société chimique de Paris, 1876 t. 25 p. 198) wird eine Lösung von Platinchlorid
                              (Pt Cl₄) in Glycerin beim Kochen rasch dunkelroth durch Reduction zu
                              Platinchlorür (Pt Cl₂). Nach einigen Augenblicken bildet sich ein schwarzer
                              Niederschlag von feinvertheiltem Platin, welcher nach dem Auswaschen und Trocknen
                              ein mehr graues als schwarzes Pulver von geringer katalytischer Wirkung bildet.
                           Ein sehr wirksames Platinschwarz erhält man jedoch auf folgende Art. 15cc Glycerin von 25 bis 27° B. und
                              10cc Kalilauge von 1,08 spec. Gew.
                              werden zum Sieden erhitzt. Man setzt nun tropfenweise 3 bis 5cc Platinchloridlösung zu, kocht noch
                              einige Minuten, läßt den schwarzen Niederschlag absetzen, wäscht mit heißer
                              Salzsäure und Wasser aus und trocknet. Wendet man mehr Kalilauge an, so beobachtet
                              man oft die Bildung eines Platinspiegels, namentlich bei geringem Erwärmen der
                              Flüssigkeit im Reagirrohr.
                           
                              F.
                              
                           
                        
                           Berichtigungen. Der Preis der Fischer'schen
                              Wasserstrahlpumpe (S. 136 Z. 17 v. o.) beträgt 17,50 M., mit Vacuummeter 30 M.
                              (nicht 10 bez. 20 M.). – In der Miscelle „Herstellung des
                                 Ebonits“ S. 187 Z. 5 v. u. ist zu lesen „1qc“ statt „1qm“.