| Titel: | Die Anwendungen von Ferromangan; von F. Gautier in Paris. | 
| Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 48 | 
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                        Die Anwendungen von FerromanganNach einem Vortrag im Iron and Steel Institute durch
                                 Engineering, März 1876 S. 253.; von F. Gautier in Paris.
                        Gautier, über die Anwendungen von Ferromangan.
                        
                     
                        
                           Ein bedeutender Fortschritt im Bessemerproceß war die Anwendung von Spiegeleisen.
                              Anfangs schrieb man dessen günstige Einwirkung nur seinem hohen Kohlenstoffgehalt
                              zu, ohne Rücksicht auf den Einfluß des Mangans zu nehmen, und der Zusatz von
                              Spiegeleisen bezweckte nur den durch das Blasen vollständig eliminirten Kohlenstoff
                              theilweise dem Eisen zurückzuführen. Obgleich auch andere Roheisensorten diesem
                              Zwecke vollkommen entsprachen, so erkannte man doch erst später, daß das Mangan des
                              Spiegeleisens als wesentlicher Desoxydationsfactor auftritt.
                           Im J. 1866 wies Valton, der bekannte Betriebsführer der
                              Eisenhütten zu Terre Noire, in dem Bulletin de l'industrie
                                 minérale de St. Etienne nach, daß wegen der hohen Temperatur beim
                              Bessemerproceß das oxydirte Eisen in Form von Eisenoxydoxydul und nicht von
                              Eisenoxyd vorhanden, und das auf diese Weise erblasene Eisen wegen seines Gehaltes
                              an dieser Eisensauerstoffverbindung warmbrüchig und zum Walzen nicht geeignet ist,
                              da das Eisenoxydoxydul ebenso schwer wie das Eisenoxyd in die Schlacke übergeht.
                              Durch einen Zusatz von metallischem Mangan in Form von Spiegeleisen wird das
                              Eisenoxydoxydul wegen der großen Verwandtschaft des Mangans zum Sauerstoff in
                              Eisenoxydul übergeführt, welches letztere mit dem gebildeten Manganoxydul sofort von
                              der Schlacke aufgenommen wird (Fe₃O₄ + Mn = MnO + 3 FeO).
                           Die neuesten Erfahrungen auf dem Gebiete der Stahlfabrikation nach Bessemer und nach Siemens-Martin haben erwiesen, daß in dem ausgebrachten Product
                              fast immer ein Mangangehalt vorhanden, welcher zuweilen sehr bedeutend ist. Sollte
                              etwa diese Legirung von Eisen und Mangan die Qualität des Stahls erhöhen; oder muß
                              überhaupt, damit die Reaction eine vollständige ist, ein Ueberschuß an Mangan
                              vorhanden sein? Immerhin läßt sich die vortheilhafte Einwirkung des Mangans auf die
                              Qualität des Productes nicht ableugnen, und Versuche von Henderson in Glasgow (vgl. 1870 198 209)
                              führten zur Darstellung von sogen. Ferromangan, dessen Mangangehalt jedoch nicht 25
                              Proc. überstieg. Erst als das Verfahren in England aufgegeben worden, gelang es den
                              Stahlwerken von Terre Noire (Frankreich) den Mangangehalt obiger Legirung bis zu 75
                              Proc. zu steigern, und erwähnen wir in der Folge die hauptsächlichsten Anwendungen, welche diese
                              kohlenstoffhaltige Legirung in der modernen Eisenhüttentechnik findet.
                           1) Fabrikation von weichem Stahl. Bei der Darstellung von
                              Qualitätsstahl nach Bessemer's oder Siemens-Martin's Methode ist ein Zusatz von 1 bis 10 Proc. Mangan
                              in Gestalt von Spiegeleisen in allen Stahlhütten gebräuchlich. Wegen des hohen
                              Kohlenstoffgehaltes des Spiegeleisens (5 Proc.) ist auf diese Weise die Fabrikation
                              von weichem Stahl wenn auch nicht unmöglich, doch mit großen Schwierigkeiten
                              verbunden. Bessemer (1870 198
                              208) wies zuerst nach, daß durch Zusatz einer geringen Menge Ferromangan nicht
                              allein eine zur Reduction der etwa gebildeten Eisenoxyde genügende Menge Mangan
                              eingeführt, sondern daß auch die Menge des zugesetzten Kohlenstoffes bedeutend
                              verringert wird. Da ein vorheriges Schmelzen des Ferromangans nicht nothwendig
                              befunden, resp. ein Manganverlust durch Umschmelzen, wie solches beim Zusatz von
                              Spiegeleisen der Fall ist, nicht stattfindet, so dürfte der Manganzusatz weniger als
                              1 Proc. betragen; jedoch hat die Erfahrung gelehrt, daß ein normaler Zusatz von 1
                              Proc. nur vortheilhaft einwirkt. Ein Zusatz von 1 Proc. Mangan in Form von 10proc.
                              Spiegeleisen bewirkt eine Zunahme von 0,5 Proc. Kohlenstoff, während nur 0,1 Proc.
                              Kohlenstoff aufgenommen werden, wenn 1 Proc. Mangan in Form von 2 Proc. Ferromangan,
                              dessen Mangangehalt 50 Proc. beträgt, zugesetzt wird. Versuche haben zur Genüge
                              erwiesen, daß je reicher die Legirung an Mangan, um so ärmer das Product an
                              Kohlenstoff ist, und ein 75proc. Ferromangan würde sich also zur Darstellung des
                              weichsten Stahls am meisten empfehlen.
                           Wir geben im Folgenden die Resultate, wie solche bei Festigkeitsproben zweier
                              verschiedenen Stahlsorten erhalten wurden, welche aus der nämlichen Roheisenmarke
                              unter Zusatz einerseits von Spiegeleisen, anderseits von Ferromangan erblasen
                              wurden:
                           
                              
                                 
                                 MitSpiegeleisen
                                 MitFerromangan
                                 
                              
                                 
                                     k
                                     k
                                 
                              
                                 Elasticitätsgrenze
                                 34,6 pro 1qmm
                                 25,2 pro 1qmm
                                 
                              
                                 Festigkeitscoefficient
                                 59,8       „
                                 44,1       „
                                 
                              
                                 Verlängerung (über 200mm gemessen)
                                   8 Proc.
                                 25 Proc.
                                 
                              
                           Die Abnahme des Festigkeitscoefficienten bei der
                              gleichzeitigen Zunahme der Elongation ist ein entschiedener Vortheil in den Fällen,
                              wo keine besondere Härte erfordert wird. Solches Metall, welches bei einem kleinen
                              Verlängerungsverhältnisse einen großen Festigkeitscoefficienten besitzt, verursacht
                              größere Schwierigkeiten beim Formgeben, was selbst dann hervortritt, wenn man ein
                              solches Metall im warmen Zustande verarbeitet. Bei unregelmäßig geformten Stücken treten
                              leicht Spannungen auf, welche in dem kalt gewordenen Theile Risse verursachen, und
                              gerade diesem schwankenden Gleichgewichte der einzelnen Molecüle im harten Stahle
                              ist der Grund zuzuschreiben, weshalb dieser Stahl fast nur zu Schienen und Bandagen
                              verwendet werden kann. Soll dagegen ein Stahl in der Fabrikation von Platten,
                              Schmiede- und sonstigen Maschinentheilen Anwendung finden, so muß er
                              möglichst weich sein, und zu diesem Zwecke dürfen die Consumenten keinen Stahl
                              begehren, der eine möglichst große Festigkeit besitzt. Wie Mallet schon längst nachgewiesen, ist zu Constructionszwecken nicht der
                              Festigkeitscoefficient allein maßgebend, sondern das Product aus diesem
                              Festigkeitscoefficienten mit der schließlichen Ausdehnung. Bei Berücksichtigung
                              dieser Momente auf obige Stahlsorten und auf gewöhnliches Eisen ergibt sich für
                              gewöhnlichen harten Stahl die Zahl 305, für weichen Stahl 700 und für gewöhnliches
                              Eisen 105.
                           Praktische Versuche in Frankreich haben ergeben, daß eine gegen einen durch  ⊤-Schienen aus weichem Stahl gehaltenen
                              Wall geschossene Kanonenkugel nur den dritten Theil der Zerstörung verursacht,
                              welche bei Anwendung von gewöhnlichem 
                                 ⊤-Eisen eintritt; es würde dieser Erfolg bei Anwendung von hartem
                              Stahl nicht erzielt werden. Dies ist ein sehr schlagender Beweis für die
                              Widerstandsfähigkeit des weichen Stahls gegen Stöße. Umsomehr dürfte man die
                              Dimensionen der aus weichem Stahl hergestellten Constructionstheile unbeschadet
                              ihrer Widerstandsfähigkeit bedeutend verringern, als die Elasticitätsgrenze von
                              weichem Stahl verglichen mit der von gewöhnlichem Eisen sich wie 16 zu 9 verhält. Es
                              würde in gewissen Fällen eine Ersparniß im Gewichte des Materials bis zu 40 Proc.
                              eintreten, wodurch die Herstellungskosten bedeutend vermindert würden, insbesondere
                              da in der Folge die Preise von Stahl und Eisen nicht so bedeutend von einander
                              differiren werden, als es augenblicklich der Fall ist. Es treten diese Vortheile des
                              weichen Stahls noch mehr hervor, wenn man einen Vergleich mit den besten Eisensorten
                              (Low-Moor, Bowling u.a.) aufstellt. Es läßt sich auch mit Sicherheit
                              behaupten, daß die Anwendung des weichen Stahls analog wie die der stählernen
                              Eisenbahnschienen eine große Verbreitung finden wird, da schon jetzt in Frankreich
                              und England nach dem Vorgange von Barnaby auf den
                              Staatsschiffwersten nur Platten aus weichem Stahl zur Anwendung gelangen, wodurch
                              nicht allein eine Gewichtsverringerung des Schiffskörpers, sondern auch eine
                              Vergrößerung des Tonnengehaltes erzielt wird.
                           Es läßt sich am meisten empfehlen, zur Erleichterung des chemischen Processes und um
                              ein Verspritzen zu umgehen, welches beim Zusammentreffen eines kalten Körpers mit
                              flüssigem Stahl leicht eintritt, das Ferromangan nur im rothglühenden Zustande
                              einzuführen. Beim Siemens-Martin'schen Proceß läßt sich dieses vorherige
                              Erhitzen in den bei diesem Proceß gebräuchlichen Oefen leicht ausführen, während
                              beim Bessemerproceß die Legirung, deren Gewicht wegen des bedeutenden Mangangehaltes
                              ein niedriges ist, in einem eisernen Behälter vor dem Munde des Converters
                              aufgehängt und nach vollendetem Blasen in das flüssige Bad umgekippt werden kann.
                              Die Reaction ist alsdann eine vollständige und die Mischung durch das nachherige
                              Eingießen in Formen eine vollkommene.
                           Vergleichen wir nun obiges Princip mit andern Herstellungsmethoden von weichem Stahl,
                              so ergibt sich von vornherein, daß in allen Fällen eine Verminderung des
                              Spiegeleisenzusatzes erstrebt wurde, um den Kohlenstoffgehalt des fertigen Productes
                              möglichst zu verringern, wodurch jedoch in vielen Fällen ein rothbrüchiger, zum
                              Walzen fast untauglicher Stahl erzielt wurde. Bei Ausführung des Bessemerprocesses
                              ist es fast unmöglich, die Grenze einzuhalten, bis zu welcher die Bildung von
                              Eisenoxyd im geschmolzenen Metalle eintritt. Beim Zusatz von Spiegeleisen tritt eine
                              heftige Reaction zwischen dem gebildeten Eisenoxyd und dem Kohlenstoff des
                              Spiegeleisens auf, wodurch ein Verspritzen eines Theiles des Converterinhaltes
                              verursacht wird. Der auf diese Weise erhaltene Stahl ist zwar weich, aber der Proceß
                              ist ein unsicherer, kostspieliger und gefährlicher.
                           In den letzten Jahren wurde bei Anwendung eines Roheisens mit 3 bis 4 Proc.
                              Mangangehalt eine weiche Stahlsorte ohne Spiegeleisenzusatz erhalten. Das Eisenoxyd
                              wirkt auf alle oxydirbare, im Roheisen enthaltene Substanzen ein, zuerst auf das
                              Silicium, dann auf den Kohlenstoff und zuletzt auf das Mangan. Ist nach Entfernung
                              des Siliciums und des Kohlenstoffes noch so viel Mangan vorhanden, daß das gebildete
                              Eisenoxydoxydul durch denselben vollständig zu Eisenoxydul reducirt wird, so ist der
                              erblasene Stahl ein sehr weicher. Es ist dies jedoch ein schwieriger, unsicherer
                              Proceß und muß hierbei der Mangangehalt des Roheisens unbedingt 3 bis 4 Proc.
                              betragen; dieser Proceß erfordert eine große Geschicklichkeit seitens des
                              Betriebsführers, da das Spectroskop von keinem Nutzen ist und von Zeit zu Zeit nach
                              Abstellung des Windes Schlackenproben gezogen werden müssen, welche beim Eintritt
                              der schwarzen Färbung das Ende des Processes anzeigen. Die Qualität des Productes
                              ist variabel, und trotz des geringen Kohlenstoffgehaltes ist die Structur desselben
                              wegen der hohen Temperatur eine krystallinische, wie solche öfters beim
                              Bessemerproceß erhalten wird, wenn die angewendete Roheisenmarke viel Silicium enthält.
                              Insbesondere ist dies des Fall in einigen Gegenden Deutschlands und Oesterreichs,
                              und würde daselbst die Anwendung von Ferromangan von wesentlichem Vortheile sein,
                              welche Legirung außerdem den Vortheil besitzt, daß sie ebenso gut beim Martinisiren
                              als beim Bessemern Anwendung finden kann.
                           2) Anwendung von Materialien geringerer Qualität in der
                                 Stahlfabrikation. Die Erfahrung hat schon längst gelehrt, daß bei der
                              Fabrikation von weichem Gußstahl, wofern man Sorge trägt, den Kohlenstoff aus
                              demselben möglichst auszuscheiden, der Gehalt an Phosphor bis zu 0,4, an Schwefel
                              bis zu 0,2, an Silicium bis zu 1 und an Mangan bis zu 2 bis 3 Proc. steigen kann,
                              ohne daß das erhaltene Product zum Auswalzen untauglich würde. So ließ sich in einem
                              speciellen Falle eine Legirung von Silicium und Eisen, aus welcher aller Kohlenstoff
                              entfernt war, und deren Siliciumgehalt 7,5 Proc. betrug, vollkommen ausschmieden. Es
                              ist also entweder die Einwirkung des Kohlenstoffes in Gegenwart der übrigen Körper
                              eine schädliche, oder der Kohlenstoffgehalt an und für sich übt einen nachtheiligen
                              Einfluß beim Auswalzen aus. Beide Ursachen scheinen gleichzeitig aufzutreten.
                           Die Einwirkung des Siliciums ist insofern von keinem wesentlichen Einflusse, als
                              dasselbe seltener und nur dann auftritt, wo man es mit Absicht in den Stahl
                              überführt. Desgleichen läßt sich ein Schwefelgehalt bis zu 1 Proc. beim
                              Hohofenbetrieb durch einen starken Kalk- resp. Manganzusatz ziemlich
                              vollständig entfernen. Anders verhält es sich dagegen mit dem Phosphor, und darf in
                              den gewöhnlichen Stahlsorten, deren Kohlenstoffgehalt 0,5 Proc. beträgt, der Gehalt
                              an Phosphor nicht bis zu 0,05 Proc. steigen, soll das Product zum Auswalzen
                              überhaupt geeignet sein. Dies ist ein Uebelstand, welchen man durch ein dem
                              Auswalzen vorhergehendes Hämmern etwas mildern kann, welche Manipulation jedoch
                              nicht weniger kostspielig als zeitraubend ist. Wie schon hervorgehoben, wirkt ein
                              Phosphorgehalt bis zu 0,4 Proc. nicht schädlich beim Auswalzen des Eisens ein,
                              wofern nur Spuren von Kohlenstoff in Stahl enthalten sind. In letzterer Beziehung
                              ermöglicht die Verwendung von Ferromangan die praktische Durchführung der
                              Fabrikation von weichem Stahl aus Materialien, deren Phosphorgehalt ein mehr oder
                              weniger großer ist. Nachstehende Versuchsproben mit Eisenbahnschienen der
                              französischen Nordbahn (der laufende Meter wiegt 30k,2), welche theils aus Bessemerstahl,
                              theils aus Phosphorstahl hergestellt sind, ergeben zur Genüge das Verhalten beider
                              Stahlsorten zu einander.
                           
                           Biegungsproben; lichte Entfernung der
                                 Auflager 1m.
                           Durchschnitt von 25 Chargen.
                           
                              
                                 Belastung.
                                 Bessemerstahl.
                                 Phosphorstahl.
                                 
                              
                                 
                                    k
                                    
                                 
                                    mm
                                    
                                 
                                    mm
                                    
                                 
                                    mm
                                    
                                 
                                    mm
                                    
                                 
                              
                                 12500
                                     2,5
                                 –
                                     2,2
                                 –
                                 
                              
                                 17490
                                     3,0
                                 –
                                     2,7
                                 –
                                 
                              
                                 19930
                                     3,5
                                 –
                                     3,3
                                 –
                                 
                              
                                 25000
                                     4,2
                                     1,6
                                     4,2
                                     1,2
                                 
                              
                                 30120
                                     7,6
                                     3,9
                                   23,8
                                   18,5
                                 
                              
                                 32820
                                   15,3
                                   10,2
                                   38,0
                                   31,5
                                 
                              
                                 Bruchbelastung
                                 46210 bis 49830k
                                 43940 bis 48920k
                                 
                              
                                 Analyse: Kohlenstoff
                                 0,45 bis 0,55 Proc.
                                 0,15 bis 0,20 Proc.
                                 
                              
                                             
                                    Mangan
                                 0,15  „  0,25    „
                                 0,25  
                                    „  0,35    „
                                 
                              
                                             
                                    Phosphor
                                             0,04    „
                                 0,27  
                                    „  0,32    „
                                 
                              
                           Aus diesen Versuchen ergibt sich, daß bis zur
                              Elasticitätsgrenze hin Phosphorstahl sich fast ebenso verhält als Stahl von
                              gewöhnlicher Qualität; über diesen Punkt hinaus ist die permanente Einbiegung (2.
                              Spalte) bei Phosphorstahl eine größere, und tritt auch der Bruch etwas früher auf
                              als bei reinem Stahl, welche Resultate durch Versuche über die Zugfestigkeit derselben Materialien bekräftigt werden, von denen
                              nachstehend einige folgen.
                           
                              
                                 
                                 Elasticitätsgrenze.
                                 Festigkeitscoefficient.
                                 Verlängerung.
                                 
                              
                                 Bessemerstahl.
                                     k
                                     k
                                 Ueber200mm
                                 Ueber100mm
                                 
                              
                                 Probestücke von
                                    dem    Schienenkopfe
                                 38,9 pro 1qmm
                                 78,2 pro 1qmm
                                   7,0 Proc.
                                   8,5 Proc.
                                 
                              
                                 Probestücke von
                                    dem    Schienenfuße
                                 40,9
                                 75,7
                                   7,0    „
                                   8,5    „
                                 
                              
                                 Probestücke, in
                                    Platten    ausgewalzt
                                 36,8
                                 71,8
                                   9,5    „
                                 11,2    „
                                 
                              
                                 Phosphorstahl.
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Probestücke von
                                    dem    Schienenkopfe
                                 38,1
                                 52,2
                                   9,5    „
                                 11,2    „
                                 
                              
                                 Probestücke von
                                    dem    Schienenfuße
                                 40,1
                                 55,9
                                 10,2    „
                                 12,7    „
                                 
                              
                                 Probestücke, in
                                    Platten    ausgewalzt
                                 33,7
                                 57,4
                                 17,7    „
                                 21,3    „
                                 
                              
                           Das Auswalzen in Platten ist von keiner besondern Einwirkung auf die Härte des
                              gewöhnlichen Stahls, während Phosphorstahl durch diese Manipulation bedeutend
                              weicher wird. Es ist möglich, daß bei diesem Auswalzen zu einer geringen Stärke ein
                              Theil des Kohlenstoffes verbrannt wird; wahrscheinlicher jedoch ist, daß der
                              krystallinische Zustand des Metalles durch die mechanische Einwirkung vollständig
                              aufgehoben wird. Das anfänglich körnige Metall besitzt eine Neigung zum Uebergang
                              in den faserigen
                              Zustand. Es ist diese Molecularveränderung um so bemerkenswerther, als dadurch die
                              Widerstandsfähigkeit des Metalles gegen Stöße erhöht wird. Eine Folge hiervon ist,
                              daß beim Auswalzen eines Ingots von größerm Querschnitt in zwei oder drei
                              Schienenlängen der Phosphorgehalt um so größer sein kann, während umgekehrt bei
                              gleichem Phosphorgehalt die Widerstandsfähigkeit gegen Stöße von solchen aus größern
                              Ingots hergestellten Schienen vermehrt wird. In Frankreich, wo diese
                              Widerstandsfähigkeit nur durch einen 300k
                              schweren Fallblock bei einer Fallhöhe von 2m geprüft wird, hält Phosphorstahl diese Proben gut aus, wie aus
                              nachstehenden Versuchen erhellt. (Die Schienen sind die nämlichen wie in den obigen
                              Versuchen. Lichte Entfernung der Auflager 1m,10.)
                           
                              
                                 Fallhöhe.
                                 Bessemerstahl.
                                 Phosphorstahl.
                                 
                              
                                 
                                    m
                                    
                                   mm
                                   mm
                                 
                              
                                 0,456
                                   0,7 Einbiegung
                                   1,7 Einbiegung
                                 
                              
                                 0,761
                                   1,5
                                   3,2
                                 
                              
                                 0,914
                                   2,6
                                   7,8
                                 
                              
                                 1,523
                                   7,6
                                 11,8
                                 
                              
                                 1,980
                                 12,6
                                 23,0
                                 
                              
                                 2,438
                                 22,8
                                 33,5
                                 
                              
                                 3,047
                                 33,0
                                 45,7.
                                 
                              
                           Werden die Schienen einer strengern Prüfung unterzogen, z.B. mit einem Fallblocke von
                              1015k, so muß die Zusammensetzung etwas
                              verändert werden, und eben in diesem Falle ist die Einwirkung des Mangans von
                              besonderer Tragweite.
                           Es ist schon oben hervorgehoben worden, daß bei der Fabrikation von weichem Stahl der
                              Gehalt an Kohlenstoff um so geringer wird, je größer der Mangangehalt der
                              Eisen-Mangan-Legirung ist. Auch kann bei genügendem Zusatz von reichem
                              Ferromangan das ausgebrachte Product bis zu 1 Proc. Mangan enthalten. Das Auswalzen
                              einer solchen Stahlsorte ist in keiner Weise durch den Mangangehalt beeinträchtigt,
                              es geht eher leichter. Besonders bemerkenswerth ist, daß ein solcher Phosphor und
                              Mangan haltiger Stahl eine größere Widerstandsfähigkeit gegen Stöße besitzt. Es
                              scheint hier die Einwirkung des Phosphors durch das Mangan neutralisirt zu sein. Zum
                              Belege hierfür dienen u.a. die Versuche der Grande
                                 Société des Chemins de fer Russes in St. Petersburg, alte
                              englische Eisenbahnschienen in Stahl zu verwandeln. Es sind diese Eigenschaften des
                              weichen Stahls bei einem Phosphorgehalte von 0,3 bis 0,5 Proc. von besonderer
                              Tragweite in Anbetracht des seltenen Vorkommens und der hohen Preise reiner
                              Eisenerze. Nicht allein wird eine Preisverminderung der fertigen Eisenbahnschienen
                              und eine größere
                              Productionsfähigkeit der einzelnen Werke, sondern auch eine praktische Verwerthung
                              der abgenützten Materialien in großem Maßstabe ermöglicht. In letzterer Hinsicht
                              dürfte der Siemens-Martinproceß gegenüber dem Bessemerproceß in Bezug auf die
                              Herstellungskosten leicht die Oberhand behalten.
                           3) Fabrikation von Manganstahl. In den letzten Jahren ist
                              vielfach versucht worden, gewisse Legirungen als Stahl zu betrachten, in welchen der
                              Kohlenstoff durch einfache Körper, als Wolfram, Chrom, Silicium, Bor, Mangan u.s.w.
                              ersetzt ist, welche Auffassung durch die Erfahrung jedoch nicht als richtig befunden
                              wurde. Betrachtet man jedoch die Schmelzbarkeit, Dehnbarkeit und die Fähigkeit der
                              Härtung als die wesentlichsten Eigenschaften des Stahls, so ist der Ausdruck
                              Manganstahl ein vollkommen berechtigter. Die Analyse eines solchen Stahls ergab:
                           
                              
                                 Kohlenstoff        
                                     0,38
                                 
                              
                                 Mangan
                                     1,38
                                 
                              
                                 Eisen
                                   98,24
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00.
                                 
                              
                           Dieser Stahl zeigt einen feinkörnigen, hellgrauen, glänzenden
                              Bruch. In kaltem Zustande ausgehämmert läßt er sich ausziehen, zeigt jedoch Risse an
                              den Kanten, während er bei Weißglut sich leicht schmieden und schweißen läßt. Beim
                              Härten desselben in Wasser bei einer starken Rothglut bildet sich Eisensinter auf
                              der Oberfläche. Der gehärtete Stahl ist so hart wie Quarz und spröde, während der
                              Bruch desselben ein glänzendes, nahezu weißes Aussehen erhält, ohne Spuren eines
                              blauen Schimmers – alles Eigenschaften eines richtigen Stahls. Wäre kein
                              Mangan in dem Stahl enthalten, so würde er wegen seines geringen Gehaltes an
                              Kohlenstoff unter die weichsten Sorten zählen, welche durch einen Zusatz von
                              Spiegeleisen nicht erhalten werden können, und dürfte also dieser neue Körper in der
                              Zukunft eine gewisse Rolle in der Metallurgie spielen.
                           Es läßt sich dieser Stahl leicht durch Bessemern oder im
                              Siemens-Martin-Proceß darstellen. Bei einem Zusatz von 1,5 Proc.
                              Mangan in Form von Ferromangan zu 60 bis 75 Proc. hält das Metall nicht Weniger als
                              1 Proc. Mangan und nicht mehr als 0,2 Proc. Kohlenstoff zurück, da erfahrungsmäßig
                              zur Reduction des etwa gebildeten Eisenoxydoxyduls 0,5 Proc. Mangan ausreichen.
                              Nachfolgend die Resultate einiger Festigkeitsproben, wie sie mit diesem Metall,
                              dessen Mangangehalt 1 Proc. betrug, aus vier verschiedenen Schmelzungen erhalten
                              wurden:
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                    A.
                                    
                                 
                                    B.
                                    
                                 
                                    C.
                                    
                                    D.
                                 
                              
                                 Elasticitätsgrenze
                                 29,1
                                 28,6
                                 29,7
                                 34k,1 pro 1qm
                                 
                              
                                 Bruchbelastung
                                 55,2
                                 54,4
                                 53,5
                                 58k,4    „  
                                    „
                                 
                              
                                 Verlängerung über 200mm
                                 20,0
                                 21,0
                                 20,0
                                 21,77 Proc.
                                 
                              
                                         
                                    „            „    100mm
                                 25,25
                                 25,3
                                 25,0
                                 28,80   „
                                 
                              
                           Das nämliche Metall, bei Kirschrothglut in Wasser getaucht, hat einen
                              Festigkeitscoefficienten von 75,7 bis 78k,7
                              pro 1qmm bei einer Verlängerung von 4
                              Proc., letztere über eine Länge von 200mm
                              gemessen. Es ist hauptsächlich charakterisirt durch seine Widerstandsfähigkeit gegen
                              Stöße. Es müssen z.B. 100mm starke Achsen
                              bis zu 125mm ohne dauernde Deformation sich
                              einbiegen lassen können, und Achsen aus Manganstahl, wie der vorhin beschriebene,
                              vertragen diese strenge Probe zu wiederholten Malen. Obgleich die Eigenschaften
                              obiger Stahlsorte noch nicht vollständig bekannt sind, so ist es doch hinreichend
                              festgestellt, daß die Qualität derselben eine vorzügliche ist.
                           Die Zukunft wird entscheiden, in wiefern eine verständige Behandlung und richtige
                              Verbindung der einzelnen Elemente auf die Qualität des Productes einwirken wird;
                              augenblicklich steht diese Frage noch offen. Ohne Zweifel spielt unter diesen
                              Elementen das Mangan eine Hauptrolle. In den besten Stahlsorten wird heute Mangan
                              gefunden, und für die Districte, wo Manganerze vollständig fehlen, wird die
                              Anwendung von Ferromangan von wesentlichen Vortheilen begleitet sein.
                           
                              P. M.