| Titel: | Die Kosten der Betriebskräfte für das Kleingewerbe; von Prof. Grove in Hannover. | 
| Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 183 | 
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                        Die Kosten der Betriebskräfte für das
                           Kleingewerbe; von Prof. Grove in Hannover.Nach einem in der Generalversammlung des Gewerbevereins für Hannover gehaltenen
                                 Vortrage, aus dem Hannoverschen Wochenblatt, 1876 S. 270.
                           
                        Grove, über die Kosten der Betriebskräfte für das
                           Kleingewerbe.
                        
                     
                        
                           Bei der Anschaffung einer Betriebsmaschine für das Kleingewerbe spielt
                              selbstverständlich die Frage nach dem Preise der Arbeit, welche die Maschine leisten
                              soll, eine wichtige
                              Rolle, und dürfte daher eine vergleichende Uebersicht der Kosten, welche eine
                              Pferdekraft in jeder Stunde bei den bewährten Motoren des Kleingewerbes verursacht,
                              verbunden mit einer kurzen Aufzählung der sonstigen Eigenschaften dieser Maschinen
                              nicht ohne Nutzen sein. Wird der Betrachtung eine Betriebskraft von etwa 2e zu Grunde gelegt, so kommen hier in Frage
                              die kleine Dampfmaschine, die calorische Maschine, die Gaskraftmaschine resp.
                              Petroleummaschine, die Wasserdruckmaschine und die Betriebskräfte der
                                 Pferde und der Arbeiter.
                           
                        
                           Die kleine Dampfmaschine.
                           
                              
                                 Die Anschaffungskosten, d. i. Preis der Maschine mit geringer
                                    Expansion    und ohne Condensation und des
                                    Kessels incl. Fundament,
                                    Aufstellung,    Kesseleinmauerung und
                                    massivem Schornstein, werden etwa 1400 M.
                                    pro    Pferdekraft betragen. Für Verzinsung
                                    und Amortisation dieser Summe,    sowie für
                                    Reparaturen müssen etwa 12 Proc. jährlich gerechnet
                                    werden,    also pro Stunde eines
                                    10stündigen Arbeitstages, deren 300 im Jahre sind
                                   5,6 Pf.
                                 
                              
                                 Die Maschine verbrennt pro Stunde und Pferdekraft 4k,5 guter
                                    Kohlen,    welche bei einem Preise von 2
                                    Pf. für 1k kosten
                                   9,0  „
                                 
                              
                                 Wartung der Maschine und Heizung des Kessels 3 M. täglich für
                                    2e,
                                    also    pro Stunde und 1e
                                 15,0  „
                                 
                              
                                 Für Schmiermaterial, Kitt, Hanf etc.
                                   2,0  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 Mithin kommt 1e stündlich
                                 31,6 Pf.
                                 
                              
                           Bei einer locomobilen oder halblocomobilen Maschine (stehender oder liegender Kessel,
                              ohne Einmauerung und mit Blechschornstein) kommt die erste Anlage etwas billiger,
                              indessen fallen die Amortisations- und Reparaturkosten wieder so viel höher
                              aus, daß der Preis von 1e etwa denselben
                              Werth erreicht.
                           Die Dampfmaschinen dürfen wegen der Explosionsgefahr ihrer Kessel und des Rauches
                              ihrer Schornsteine bei Kohlenfeuerung nicht ohne Genehmigung der Behörden angelegt
                              werden. Sie eignen sich wegen der Kesselheizung, welche fast eine Stunde vor
                              Inbetriebsetzung der Maschine beginnen muß und bei jedem Stillstande der Maschine
                              der Abkühlung nutzlos ausgesetzt ist, nur für einen während des Tages
                              ununterbrochenen Betrieb. Auch ist das große Raumbedürfniß ihrer Anlage oft
                              hinderlich.
                           
                        
                           Die calorische Maschine.
                           Die calorische Maschine von Ericsson (vgl. 1876 219 196) 552) ist wegen ihrer geringen Dauer in Folge der
                              Einflüsse der hohen Lufttemperatur auf die arbeitenden, also sich abnützenden Theile
                              und wegen ihres geräuschvollen Ganges aufgegeben; dagegen hat die Lehmann'sche Maschine (vgl. 1876 219 196), welche von der Berlin-Anhaltischen Maschinenfabrik in
                              Berlin und Dessau (vgl. 1876 219 371) bis 3e gebaut wird, das Feld behauptet. Sie ist
                              eine sogen geschlossene calorische Maschine, d.h. ein und dasselbe arbeitende
                              Luftquantum wird in derselben abwechselnd erwärmt und dann wieder abgekühlt. Da die
                              Luft mit den beweglichen Theilen nur im abgekühlten Zustande in Berührung tritt, so
                              erklärt sich die größere Haltbarkeit jener Theile, der Ericsson'schen Maschine
                              gegenüber. Der Gang der Maschine ist vollkommen geräuschlos. Die Aufmauerung des
                              Ofens der Maschine erfordert nicht unbeträchtlichen Raum und erschwert die
                              Ausstellung der Maschine in höheren Geschossen. Der Uebelstand des Anheizens und der
                              fortgesetzten Wartung ist auch hier vorhanden, wenn auch in geringerm Maße als bei der
                              Dampfmaschine. Der Betrieb der Maschine erfordert das Vorhandensein einer nicht
                              unbedeutenden Menge Kühlwassers.
                           
                              
                                 Für Amortisation, Verzinsung und Reparaturen muß ein
                                    höherer Satz    als bei Dampfmaschinen
                                    eingeführt werden; rechnen wir 15 Proc.
                                    jährlich,    so macht dies bei dem
                                    Anschaffungspreise von 2000 M. pro 1e stündlich
                                 10,0 Pf.
                                 
                              
                                 Täglicher Kokeverbrauch 2 Scheffel zu 50 Pf.
                                    oderTäglicher Kohlenverbrauch 1 Scheffel zu 80 Pf.
                                 
                                    
                                    
                                 Im Mittelstündlich
                                 
                                    
                                    
                                   9,0  „
                                 
                              
                                 Die Wartung nimmt wegen des in Pausen ausführbaren
                                    Heizens nur    etwa einen halben Tag in
                                    Anspruch, kommt also täglich auf 1,5
                                    M.    für 2e und stündlich pro 1e
                                   7,5  „
                                 
                              
                                 Für Schmiermaterial, Hanf etc.
                                   2,0  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 Kosten von 1e stündlich
                                 28,5 Pf.
                                 
                              
                           
                        
                           Die Gaskraft- und
                                 Petroleummaschine.
                           Von den Gaskraftmaschinen (vgl. 1876 219 196) 522) hat
                              sich die ebenfalls bis zu 3e ausgeführte
                              Construction der Gasmotorenfabrik, vormals Langen und Otto in Deutz, wegen ihres guten Effectes eingebürgert,
                              während die Maschinen von Lenoir und von Hugon als unökonomisch verlassen sind. Die Langen'sche
                              Maschine hat dies dem Princip der freien Kolbenbewegung während der Explosion des
                              Gas- und Luftgemenges, welches durch eine kleine Gasflamme sicher angezündet
                              wird, zu danken. Allerdings ist mit dem Emporschießen des Kolbens ein starker
                              Rückstoß auf den Cylinderboden verknüpft, dessen Aufnahme ein gehöriges Fundament
                              verlangt und eine Aufstellung der Maschine in den obern Geschossen erschwert. Die
                              Maschine gewährt die große Annehmlichkeit einer jederzeit möglichen In- und
                              Außerbetriebsetzung, einer sehr geringen Wartung und eines der Leistung
                              proportionalen Gasverbrauches; aber sie verursacht heftiges Geräusch beim Gange, und
                              die entweichenden verbrannten Gase sind dem Athmen der Arbeiter nicht zuträglich,
                              weshalb sich ihre Aufstellung in den Arbeitsräumen selbst nicht empfiehlt. Die
                              Kosten stellen sich folgendermaßen:
                           
                              
                                 Für Amortisation, Verzinsung, Reparatur, 15 Proc. des
                                    Anschaffungspreises    von 1500 M. pro 1e, d. i. stündlich
                                   7,5 Pf.
                                 
                              
                                 Gasverbrauch 0cbm,8
                                    pro Stunde und 1e zu 17,5
                                    Pf.
                                 14,0  „
                                 
                              
                                 Wartung
                                   2,0  „
                                 
                              
                                 Oel etc.
                                   2,0  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 Kosten von 1e stündlich
                                 25,5 Pf.
                                 
                              
                           Die Langen'sche Maschine wird auch für Petroleum eingerichtet, wodurch sie nicht mehr
                              von einer am Orte bestehenden Gasanstalt abhängt, und stellen sich alsdann die
                              Kosten noch etwa 2 Pf. geringer.Vgl. Teichmann * 1876 220 116. Brayton's Petroleummotor *
                                    1876 221 195.
                              
                           
                        
                           Die Wasserdruckmaschine.
                           Wasserdruckmaschinen werden gebaut in guter Construction von Schmid in Zürich, Wyß und Studer daselbst, Haag in AugsburgVgl. Schmid 1872 203 *
                                    81. 332. 1874 211 * 329. 212 * 5. 1875 215 *15. – Wyß und Studer 1874
                                    212 * 278. 1875 218 * 281. – Haag 1875 215 * 194., Kieffer und Engelmann
                              in Ehrenfels-Cöln
                              u.a. Die Einrichtung dieser Maschinen ist wenig von einander abweichend und stützt
                              sich auf die Anwendung eines oscillirenden Cylinders, dessen Bewegung die Steuerung
                              des Wassers selbst besorgt. Ihre Annehmlichkeit besteht in der Möglichkeit der
                              Aufstellung in jedem bewohnten Raume wegen ihres geringen Raumbedürfnisses, ihrer
                              Sauberkeit und des völlig geräuschlosen Ganges. Sie verlangen keine besondere
                              Wartung und sind jederzeit durch Oeffnung oder Schluß des Wasserhahnes in oder außer
                              Betrieb zu setzen, sobald das Betriebswasser in entsprechender Menge von gehörigem
                              Drucke vorhanden ist. Ein großer Nachtheil ist der für kleine und große Lasten bei
                              derselben Maschine gleichbleibende Wasserverbrauch. Die Betriebskosten stellen sich
                              sehr hoch, wie die folgende Berechnung zeigt:
                           
                              
                                 10 Proc. des Anschaffungspreises 750 M. pro 1e für Amortisation,
                                    Verzinsung    und Reparaturen, also
                                    stündlich pro 1e
                                   2,5 Pf.
                                 
                              
                                 9cbm Betriebswasser
                                    von 40m Druckhöhe pro 1e, 1cbm zu 10 Pf.
                                 90,0  „
                                 
                              
                                 Wartung und Oel
                                   3,0  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 Kosten von 1e stündlich
                                 95,5 Pf.
                                 
                              
                           Wir haben es hier also in der That mit einer sehr theuern Betriebskraft zu thun,
                              während die Lehmann'sche Maschine und die Gaskraftmaschine der kleinen Dampfmaschine
                              sogar etwas überlegen sind. Einer Concession zu ihrer Anlage bedürfen die mit der
                              Dampfmaschine verglichenen Maschinen nicht.
                           Wollte man Pferde zum Betriebe verwenden, so würden die
                              Kosten eines derselben incl. des Göpels 4,5 M. täglich betragen, also in einer
                              Stunde 45 Pf. Am theuersten wird die Betriebskraft durch Benützung von Arbeitern, deren etwa 8 zur Erzielung von 1e erforderlich sind, und welche bei einem
                              Tagelohn von 2,5 M. stündlich (8 × 2,5) : 10 = 2 M. kosten, also doppelt so
                              viel wie die Wasserdruckmaschine.
                           Wesentlich billiger als die genannten Betriebskräfte stellt sich die Kraft einer
                              starken Dampfmaschine. Nehmen wir zur Vergleichung eine etwa 100e Maschine mit starker Expansion und mit
                              Condensation, so haben wir die Rechnung folgendermaßen:
                           
                              
                                 11 Proc. des Anschaffungspreises von etwa 900 M. pro 1e für
                                    Amortisation,    Verzinsung und Reparatur,
                                    d. i. stündlich
                                 3,3 Pf.
                                 
                              
                                 1k,5 Kohlen pro 1e und Stunde zu 2 Pf.
                                 3,0  „
                                 
                              
                                 Wartung der Maschine und Heizung der Kessel, 12 M. täglich
                                    auf 100e,    also auf 1e und 1 Stunde
                                 1,2  „
                                 
                              
                                 Schmiermaterial, Kitt etc.
                                 1,0  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 Kosten von 1e stündlich
                                 8,5 Pf.
                                 
                              
                           d. i. nur etwa der vierte Theil der Kosten, welche eine kleine
                              Dampfmaschine verursacht. Es erscheint daher das mitunter eingeschlagene Verfahren,
                              große Betriebsmaschinen zu bauen in Verbindung mit Werkstätten, welche nebst der
                              entsprechenden Betriebskraft leihweise an Gewerbtreibende abgegeben werden, vom
                              Standpunkte der Beschaffung billiger Betriebskraft als ganz rationell.