| Titel: | Einiges über Cellulosefabrikation; von Th. Knösel. | 
| Autor: | Th. Knösel | 
| Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 258 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Einiges über Cellulosefabrikation; von Th. Knösel.
                        Mit Abbildungen.
                        Knösel, über Cellulosefabrikation.
                        
                     
                        
                           In der neuesten Zeit hat sich die Literatur über Cellulose ganz erheblich vermehrt
                              – und sicher nicht zu ihrem Schaden, wenngleich nicht alles Gesagte richtig
                              ist.
                           Augenblicklich bin ich nunmehr schon in der dritten derartigen Fabrik und hatte ich
                              so Gelegenheit, reiche Erfahrungen sammeln zu können, die mitunter ziemlich
                              wichtiger Natur sind und in mancher Beziehung mit dem bis jetzt Veröffentlichten im
                              Widerspruch stehen, weshalb dieselben hier näher entwickelt werden sollen, damit sie,
                              wenn auch wenig, so doch immer etwas zur Klärung des Ganzen mit beitragen.
                           Die Geschichte der Entwicklung dieses Industriezweiges ist von Mehreren so
                              erschöpfend behandelt worden, daß ich sie füglich übergehen kann; dafür sollen die
                              Einrichtungen und die Fabrikation selbst eine etwas nähere Beleuchtung erfahren;
                              denn beide sind noch recht unvollkommen und haben die Erwartungen, die man von ihnen
                              hegte, durchaus nicht erfüllt; woran liegt dies?
                           Die Hauptschuld hieran muß unbedingt denjenigen zur Last gelegt werden, welche diese
                              Industrie in weitestem Maße in Deutschland einführten, und das sind die Engländer,
                              welche an mehreren Orten fast gleichzeitig dieselbe für theures Geld und recht
                              mangelhaft einrichteten, bevor die Sache ordentlich durchgearbeitet war; es waren
                              lauter Versuchsstationen im großen Maßstabe, in denen dann die Deutschen sehen
                              konnten, wie sie fertig wurden; litt doch Alles damals an der englischen Krankheit;
                              Alles, was von England zu uns kam, mußte unbedingt ausgezeichnet sein! Wie bitter
                              ist man hierin enttäuscht worden, sowohl in der ganzen Anlage selbst, als auch in
                              den betreffenden Leitern, die meistens aus England nach hier versetzt wurden, und
                              von denen sich die meisten alsbald als „recht ungenügend“
                              erwiesen, da sie fast Alle wohl nur den Empyrikern angehörten, als Monteure und
                              Schlosser beim Bau und Inbetriebsetzen derartiger Fabriken thätig gewesen waren und
                              sich nur aufs Probiren im Großen einließen. Meist ohne jede höhere technische
                              Bildung hatten sie es wohl verstanden, durch hohe Forderungen zu imponiren und sich
                              durch Contracte eine angenehme und sehr lohnende Stellung zu sichern; inzwischen
                              dürfte man wohl fast überall mit ihnen aufgeräumt haben. In Deutschland gab es noch
                              keine Techniker dieses Zweiges und mußten sich dieselben erst ausbilden; auch heute
                              gibt es deren noch nicht viele, und die wenigen haben merkwürdigerweise beinahe
                              ebensoviele, von einander ganz abweichende Ansichten; gleichwohl haben sie doch
                              schon erhebliche Fortschritte gemacht, einer nach dieser, der andere nach jener
                              Seite, sowohl in constructiver Hinsicht, als auch in dem zur Fabrikation selbst
                              gehörenden Theile.
                           Ein anderer großer Schaden, gleichsam ein Hemmschuh für die Entwicklung, war und ist
                              es wohl hie und da noch, daß das alte Sprichwort „viel Köpfe, viel
                                 Sinn“ zu oft zur Geltung kam und Mancher mit in die Fabrikation
                              hineinredete, der Nichts davon verstand; ich könnte hier aus eigenen Erfahrungen
                              eine Menge derartiger Fälle aufführen. Es wurden Ansichten ausgesprochen, die zum
                              Theile blos solche blieben, die jedoch auch trotz aller Gegenreden ausgeführt werden
                              mußten, um nach kostspieligen Versuchen ihre Nichtigkeit gründlich
                              darzuthun. In wirklich glänzenden Ideen ergingen und ergehen sich wohl auch noch
                              Kaufleute, welche auf die eine oder andere Weise mit einer derartigen Anlage in
                              Verbindung standen, längere Zeit damit zu thun oder ehemals in
                              „andern“ Industriezweigen sich technische Kenntnisse
                              gesammelt zu haben glaubten. Daß derartige Verhältnisse gerade nicht sehr fördernd
                              für einen neuen Industriezweig sein können, zumal derselbe mindestens als eine
                              Frühgeburt bezeichnet werden muß, wird Jedem einleuchten; trotz der großen
                              Versprechungen wurde derselbe sehr primitiv und mangelhaft eingeführt und es dann
                              uns Deutschen selbst überlassen, damit fertig zu werden.
                           Was hätte James Lee von Anfang an leisten können, wenn er
                              sich mit einem Fachmann aus der chemischen Großindustrie, die ja in England in sehr
                              hoher Blüthe steht, verbunden hätte; ein sehr wunder Punkt, die Sodawiedergewinnung,
                              wäre von Haus aus in das richtige Stadium getreten. Doch wie primitiv wurde dieselbe
                              eingerichtet und gehandhabt; die ganze sogen. schwarze Lauge, welche dem gekochten
                              Stoff anhing, ging verloren und verunreinigte die Abflußwässer der Fabriken so, daß
                              Beschwerden über Beschwerden erhoben wurden. Auch die eigentliche Fabrikation selbst
                              wäre mit Hilfe von Chemikern viel eher in die richtigen Bahnen gelenkt und so das
                              Prädicat „theuer und schlecht“ derselben weit eher in ein
                              besseres verwandelt worden.
                           Jeder Sodachemiker hätte sofort zur bessern Wiedergewinnung der Soda die in der
                              Praxis so bewährten Shank'schen Auslaugekästen empfohlen;
                              denn was liegt auch näher, als dieses. Gegeben ist ein lockerer, schwammiger Körper,
                              aus welchem die schon vorhandene Lauge blos verdrängt zu werden braucht, was bei den
                              richtigen Verhältnissen sehr leicht und vollkommen vor sich geht; denn es ist hier
                              nicht erst nöthig, daß ein fester Stoff gelöst wird, sondern die Lauge ist schon fix
                              und fertig vorhanden. Die betreffenden Auslaugekästen belegt man nun nicht mit
                              durchlöcherten hölzernen Bohlen und Säcken, sondern am vortheilhaftesten mit
                              gelochten Blechen, deren Löcher nach oben zu sich verengern, da sie so, ohne sich zu
                              verstopfen, die Lauge am schnellsten und vollkommensten ablaufen lassen. (Derartige
                              Böden werden u.a. sehr gut und preiswerth von der Firma J. Mayer und Comp. in Kalk bei Deutz geliefert.)
                              Wenn diese Auslaugapparate von vorn herein gleich mitgeliefert worden wären, so
                              hätte Lespermont seinen theuren und complicirten
                              Waschapparat wohl niemals construirt.
                           Der ehemalige Ofen zur Eindampfung der Lauge war ebenfalls höchst primitiv und befaß
                              eine nach der Feuerbrücke zu fallende Sohle (Fig. I),
                              auf der eingedampft und fertig calcinirt wurde, ein Verfahren, bei welchem natürlich die Heizgase
                              an und für sich sehr unvollkommen ausgenützt werden, zumal wenn die Lauge schon
                              etwas verdickt ist und nicht mehr den ganzen Herd bedeckt; ebenso gehen die später
                              beim Brennen der dicken Masse sich entwickelnden Gase fast ganz unbenützt in den
                              Schornstein; denn in den letzten manneshohen Zügen unter dem Laugenreservoir kommen
                              die heißen Gase sehr wenig zur Wirkung.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 222, S. 260
                              
                           Eine einfache, wenngleich noch unvollkommene Hilfe erhält man,
                              wenn man die ganze Sohle durch Feuerbrücken in zwei oder drei Abtheilungen theilt
                              (Fig. II), von denen immer die letzte mit
                              frischer Lauge gefüllt wird und die etwas eingedickte über die Feuerbrücken weg aus
                              einer Abtheilung in die andere fließt; in der ersten allein wird die Lauge ganz
                              eingedickt, ausgebrannt und calcinirt.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 222, S. 260
                              
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 222, S. 260
                              
                           Diese Form nähert sich bedeutend schon unserm in Deutschland vielfach angewendeten
                              Schlempekohlenofen, der noch vollkommener ist und jedenfalls als einzig richtige
                              Form für das Verarbeiten der schwarzen Lauge angenommen werden muß; denn die
                              Verhältnisse bei Schlempe und schwarzer Lauge sind sich sehr ähnlich, nur daß
                              letztere später bedeutend zäher wird und ihr Lauf daher etwas mehr unterstützt
                              werden muß. Vor stehende Skizze (Fig. III) zeigt
                              einen solchen Ofen in seinen ungefähren Verhältnissen; die Vorwärmpfanne a wird direct aus dem Reservoir gefüllt und gibt durch
                              ein seitlich angebrachtes Rohr mit Hahn die Lauge auf den Herd b, von wo
                              sie auf den Calcinirherd c theils überfließt, theils
                              übergeschöpft wird, je nach ihrer Consistenz; hier wird sie nun fertig eingedickt,
                              ausgebrannt und calcinirt, so daß, wenn stets gehörig gerührt wird, ein lockeres,
                              ziemlich feines Product resultirt, welches durchaus nicht erst für die weitere
                              Auflösung zerkleinert zu werden braucht. So werden die Heizgase, als auch die sich
                              aus dem Product selbst entwickelnden brennbaren Gase möglichst ausgenützt, indem sie
                              ihre Wärme bei a und b
                              möglichst vollständig abgeben, bevor sie in den Schornstein treten. In a, b und c muß fleißig
                              gerührt werden, damit etwa sich bildende Schaumdecken und Krusten zerstört und die
                              Verdampfung so eine möglichst vollständige werde; mechanische Rührer unten kommen
                              leicht zum Feststehen, wenn die Masse dick wird, und verursachen anderseits ein
                              mechanisches Mitfortreißen von Flüssigkeitstheilchen nach dem Schornstein, wenn
                              gleich nicht geläugnet werden kann, daß auch die Verdampfung wesentlich mit
                              befördert wird. (Vgl. auch H. Fischer's Ofen * 1875 218 488.)
                           Ein Ofen, bei welchem die dicke zähe Masse aus der vordersten Abtheilung
                              herausgezogen werden muß, um in einem besondern Raume verbrannt zu werden, ist
                              sicher weit unvollkommener, sowohl in der Ausnützung der Wärme, als auch durch die
                              beschwerliche und lästige Art des Ziehens, wobei ein sehr unangenehmer Rauch in den
                              Arbeitsraum entweicht.
                           Sehr oft schiebt man die geringe Sodawiedergewinnung auf die Lee'schen Kessel und den betreffenden Sodaofen; doch thut man dies mit
                              Unrecht, da auch bei diesem System sich durch entsprechende Vorrichtungen der
                              Verbrauch an Soda sehr vermindern läßt. In der Fabrik, in welcher ich jetzt bin,
                              haben wir denselben schon auf 15 bis 16 Th. auf 100 Th. fertigen, luftrocknen Stoff
                              herabgedrückt, eine Zahl, welche voraussichtlich noch geringer werden dürfte, sobald
                              einige kleine Veränderungen im Betriebe u.s.w. eingetreten sein werden. Möglichst
                              vollständige rationelle Auslaugung des gekochten Stoffes, des Kalkschlammes vom
                              Aetzendmachen der Lauge, richtige Anwendung der nöthigen Menge Soda und Kalk, von
                              denen später noch gesprochen werden soll, und ein guter Abdampfofen sind die
                              Hauptfactoren zur Erreichung guter Resultate. Unwiderbringliche Verluste sind außer
                              solchen durch Undichtheiten in der Leitung, in den Kesseln und Oefen, die
                              Verflüchtigung von Natron beim Calciniren (mechanisch mit fortgerissene Theile
                              werden meist zurückgehalten, wenn die Flamme noch über eine große Fläche frischer
                              Lauge streichen muß) und ferner Bindung von Natron durch Kalk beim Aetzendmachen,
                              ein Verlust, der durch die richtige Menge von Kalk aber erheblich vermindert werden kann; auch die
                              chemische Zusammensetzung des Kalksteins an und für sich ist von wesentlichem
                              Einfluß auf diese Verlustquelle. Sollte es noch möglich werden, den Kalkschlamm
                              wieder in den Kreislauf hinein zu bekommen, eine Aufgabe, deren Lösung noch der
                              Zukunft vorbehalten bleibt, so würde auch dieser Verlust wohl ganz und gar aufhören
                              können. Bis jetzt sind alle Versuche, den Kalk wieder zu brennen, nicht günstig
                              ausgefallen, da für ihn in den gewöhnlichen Oefen die Hitze zu groß ist und er wegen
                              seiner feinen Form, den feinen Kohlentheilchen (von der wiedergewonnenen Soda
                              herrührend) und den Natronverbindungen sehr zum Zusammensintern neigt und leicht
                              todtgebrannt wird, wodurch er sich alsdann nur langsam und schwierig ablöscht. Wir
                              haben so völlig zusammengebackene, klingende Steine erhalten.
                           Auch beim Aetzendmachen der Laugen fanden die deutschen Techniker Vieles zu
                              verbessern; denn auch dieser Theil war von den Engländern sehr mangelhaft behandelt
                              worden, wie es ihnen überhaupt auf Ersparung von Soda sehr wenig angekommen ist. Die
                              günstigsten Resultate für die Nutzbarmachung des gebrannten Kalkes würde man
                              jedenfalls erzielen, wenn man die Soda besonders auflösen, den Kalk besonders
                              löschen wollte und in dem Mischer die Sodalauge mit der Kalkmilch zusammen bringen
                              würde. Doch genügt es meistens, wenn man die lockere, gut durchgebrannte, schwarze
                              und die frische Soda, die ja immer gemahlen ist, tüchtig im Mischer kocht und dann
                              den Kalk allmälig und in kleinen Stücken, wenn möglich in einem Siebe oder
                              durchlöcherten Kasten, einträgt. Das Auswaschen des hierbei gebildeten Kalkschlammes
                              ist mit eine Hauptsache, welche neben der günstigen Auslaugung des gekochten Stoffes
                              den Verbrauch an Soda auf ein ganz geringes Maß reduciren kann. Am besten hat man
                              für das letzte Auswaschen besonders gemauerte oder eiserne Bassins, damit man in der
                              Bereitung neuer Lauge nicht verhindert ist. Für diesen Zweck hat beinahe jede Fabrik
                              andere Einrichtungen nach und nach gemacht, und sind die Resultate wesentlich
                              günstiger als früher geworden. Anfangs gaben sich die Engländer wenig Mühe mit dem
                              Auswaschen des Kalkschlammes, indem sie ihn alsbald weglaufen ließen; erst die
                              Deutschen selbst richteten ihr Augenmerk mehr und mehr auch auf diesen Punkt. Nach
                              und nach werden sie es noch dahin bringen, daß in der Calculation die Soda eine sehr
                              untergeordnete Rolle spielen wird.
                           Beim Ansetzen neuer Lauge dünne Waschwässer von schwarzer Lauge mit zu verwenden, ist
                              deswegen ganz falsch und gefährlich, weil sich durch den Kalk ganz feiner harzsaurer
                              Kalk bildet, der zum größten Theil in der Lauge suspendirt bleibt und sich trotz
                              langen Stehens kaum oder gar nicht absetzt und so mit in das frische Holz gelangt und dieses, resp. den
                              Stoff daraus, verdirbt; denn selbst in guter Aetzlauge wird dieser feine
                              Niederschlag nicht umgesetzt, und bleibt dessen Entfernung nur dem Bleichen
                              überlassen, da beim Auswaschen wenig oder nichts weggeht, weil er zu fest an der
                              Faser haftet. Aus demselben Grunde ist es auch schädlich, Lauge zum Kochen in den
                              Kessel zu pumpen, in der sich der Kalk noch nicht ganz abgesetzt hat; denn selbst
                              nach dem Filtriren zeigt sich noch mitunter Kalk in der Lauge und wirkt dann
                              mindestens ebenso nachtheilig, als feine Kohlentheilchen, welche von der schwarzen
                              Soda herrühren.
                           Es finden sich im fertigen Stoff öfters Verunreinigungen, die dieser Kohle zur Last
                              gelegt werden und zwar unschuldiger Weise; denn sie werden unter der Loupe alsdann
                              öfters als Sand, Schlacke und andere Unreinigkeiten erkannt, die von Außen her
                              unabsichtlich in das geschnittene Holz und den gekochten Stoff gelangen; in manchen
                              Fabriken wird diesem Punkte mitunter noch wenig Rechnung getragen. Zudem entbehren
                              die meisten Waschholländer der Sandfänge, von denen sowohl diese Dinge, als die
                              kleinen, aus dem Kochkessel und Holländer stammenden Stückchen Kesselstein
                              zurückgehalten werden.
                           Wenn man den gekochten Stoff gut auslaugt, hat man ihn später wenig oder gar nicht
                              mehr im Holländer auszuwaschen, sondern ihn blos noch zu zerschlagen – etwas,
                              was manche Vortheile bietet.
                           Gehen wir nun zum Kochen selbst über, so sind mir in meiner Praxis nur die
                              horizontalen Kocher von Lee vorgekommen, die wohl so
                              manche Unannehmlichkeit haben, einstweilen wohl aber am verbreitetsten sein dürften.
                              Von den stehenden Kesseln nach Sinclair scheint man mehr
                              und mehr zurückzukommen. Die sphärischen Kessel nach Hahn
                              sind wohl blos einmal bis jetzt in Anwendung gekommen, wenngleich sie manche
                              Vortheile bieten mögen, ein Gleiches ist mit der Anordnung und Einrichtung nach Ungerer der Fall; doch sind über beide noch keine
                              genaueren Erfahrungen in die Oeffentlichkeit gedrungen, so daß ich mich lediglich
                              auf die Lee'schen Kessel hier beschränken muß.
                           Es ist nicht zu läugnen, daß diese Kessel sehr zu leiden haben; hohe Spannung,
                              Belastung und Temperatur wechseln fortwährend, und dazu kommt noch, daß sich manche
                              der so berühmten englischen Kessel durch herzlich schlechtes Material und schlechte
                              Arbeit auszeichnen; die Feuerplatten sind zum Theile aus stark verbranntem Eisen
                              gefertigt, so daß sie sehr brüchig werden und die Nietlöcher leicht einreißen;
                              ferner sind bei den Kesseln, wenngleich mit doppelten Nähten, die einzelnen Platten
                              nicht völlig an einander angepaßt und es stoßen die Schüsse, namentlich nur stumpf über einander; die
                              Zwischenräume sind mit Eisenkeilen verschlossen, die natürlich nie lange dicht
                              halten können. Dazu kommt noch, daß die Kessel anfangs oft unvernünftig angestrengt
                              worden sind, so daß sie arg gelitten haben. Für manche ist ferner die Unterstützung
                              eine ungenügende; mir ist ein Fall vorgekommen, daß sich ein solcher durch die
                              Belastung mit Holz und Lauge in der Mitte um 14mm durchbog, was den untersten Blechen natürlich nicht vortheilhaft sein
                              kann. In jeder Beziehung bewährt sich dagegen z.B. der zu Anfang dieses Jahres bei
                              uns aufgestellte dritte Reservekessel, welchen die „Stettiner
                                 Maschinenbaugesellschaft Vulcan“ geliefert
                              hat.
                           Daß die Feuerplatten dem Durchbrennen und Ausbeulen vielfach ausgesetzt sind, dürfte
                              in Folgendem wohl mit begründet sein, worauf ich von unserm jetzigen Meister zuerst
                              aufmerksam gemacht worden bin, und dessen Ansicht hierüber ich völlig theile.
                           Der Raum zwischen der innern Kesselwand und dem mit Holz gefüllten Siebe ist ein sehr
                              schmaler, die Hitze gerade über der Feuerung am stärksten, mithin dort auch die
                              Dampfentwicklung am lebhaftesten. Wäre es nun nicht möglich, daß die Dampfblasen
                              dort zeitweilig die ganze Lauge zwischen Kessel und Siebwandung momentan
                              wegdrängten? Da nun von oben durch das Holz, welches doch sehr dicht liegt, die
                              Lauge nicht so rasch wieder nachdrängen kann, wird die Kesselplatte am Boden
                              überhitzt werden und bei hohem Dampfdruck sich ausbeulen; und wirklich sind
                              derartige Beulen unten am Boden durchaus nichts Seltenes. Sowie aber nur im
                              Geringsten die cylindrische Form gestört ist, helfen alle Mittel, die Platte noch
                              ferner zu halten, nicht mehr; sie muß ausgewechselt werden – immerhin ein
                              umständliches und kostspieliges Manöver.
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 222, S. 264
                              
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 222, S. 264
                              
                           Um dies zu verhüten, habe ich unter den Kessel gerade über der Feuerung einen
                              schmalen Stichbogen unterschlagen lassen, wie er in Fig.
                                 IV und V skizzirt ist; derselbe hat sich
                              bis jetzt ganz gut bewährt und muß allerdings von Zeit zu Zeit erneuert werden, da
                              seine untere Seite vom Feuer gerade so viel leidet, als wie der ganze übrige, den
                              Rost umgebende Feuerungsraum. Auf diese Weise schützt man den Boden des Kessels
                              gleichzeitig vor allzu großer Hitze und vor einer etwaigen Ausbeulung. Für Kessel,
                              die sich wegen schlechten Bleches leichter biegen, wäre es vielleicht ganz gut,
                              dieselben auf ihrer ganzen Länge durch solch eine schmale Zunge, bestehend aus Bogen
                              mit Pfeilern, zu stützen (Fig. VI).
                           
                              
                              Fig. 6., Bd. 222, S. 265
                              
                           Ebenso wie der technische Chemiker eine Menge der ersten Anlagen der Engländer
                              ungünstig beurtheilen muß, ebenso ergeht es dem Maschineningenieur. Trotzdem mir nun
                              seinerzeit von einem Maschinentechniker gesagt wurde, daß in einer Cellulosefabrik
                              ein Chemiker höchst überflüssig sei, gestatte ich mir, vor wie nach über diesen
                              Punkt anderer Meinung zu sein, und komme ich nunmehr auf einen höchst wichtigen
                              Theil, der noch nicht endgiltig gelöst worden ist, und welchen zu lösen wohl ganz
                              speciell gerade dem Chemiker obliegt.
                           
                              (Schluß folgt.).