| Titel: | Zur chemischen Untersuchung der Industriegase; von Cl. Winkler. | 
| Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 278 | 
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                        Zur chemischen Untersuchung der Industriegase;
                           von Cl. Winkler.
                        Winkler, zur chemischen Untersuchung der Industriegase.
                        
                     
                        
                           Wie wichtig eine regelmäßige Untersuchung der durch die Industrie erzeugten
                              gasförmigen Producte sein würde, bedarf keines Beweises. Das vorliegende WerkProf. Dr. Clemens Winkler: Anleitung zur chemischen Untersuchung der Industriegase.
                                    1. Abtheilung: Qualitative Analyse. 166 S. 31 Holzschnitte und 1 Tafel.
                                    (Freiberg 1876. Engelhardt'sche
                                    Buchhandlung.) von Prof. Dr. Cl. Winkler, welches zum erstenmal eine umfassende Anleitung zur
                              systematischen Untersuchung der Industriegase gibt, verdient daher die allgemeinste
                              Beachtung.
                           Der Verfasser bespricht zunächst die Entnahme der Gasproben, dann die Reagentien und
                              das Verhalten der Gase gegen dieselben. Der Inhalt des vierten Abschnittes: 
                              Systematischer Gang der qualitativen Gasanalyse, möge mit
                              gütiger Erlaubniß des Verfassers durch folgenden kurzen Ueberblick angedeutet
                              werden.
                           
                        
                           I. Vorprüfung.
                           A. Zunächst wird das Gas auf Farbe und Geruch
                              geprüft.
                           a. Das Gas ist farblos und geruchlos: Kohlensäure
                              (CO₂), Antimonwasserstoff (SbH₃), Sauerstoff (O), Kohlenoxyd (CO),
                              Wasserstoff (H), Grubengas (CH₄), Stickstoff (N), Stickoxydul
                              (N₂O).
                           b. Das Gas ist farblos, aber es besitzt Geruch: Ammoniak
                              (NH₃), Chlorwasserstoff (HCl), Cyan (CN), Cyanwasserstoff (HCN),
                              Schwefelwasserstoff (H₂S), Fluorsilicium (SiF₄), Schweflige Säure
                              (SO₂), Phosphorwasserstoff (PH₃), Arsenwasserstoff (AsH₃),
                              Stickoxyd (NO), an der Luft, Aethylen (C₂H₄), Acetylen
                              (C₂H₂), Kohlenoxysulfid (COS).
                           c. Das Gas besitzt Farbe und Geruch: Salpetrige Säure
                              (N₂O₃), Untersalpetersäure (NO₂), Chlor (Cl).
                           B. Reaction auf Pflanzenfarben. Es reagiren alkalisch:
                              NH₃, saurer N₂O₃, NO₂, HCl, H₂S, SiF₄,
                              SO₂, CO₂, NO, COS. Lackmuspapier wird gebleicht: Chlor.
                           C. Verhalten gegen Jodkaliumstärkepapier. Es wird
                              gebläut: N₂O₃, NO₂, Cl, NO.
                           D. Verhalten gegen Silberlösung. In einem mit
                              ammoniakalischer Silberlösung ausgeschwenkten Cylinder entsteht ein braunschwarzer
                              Beschlag: SH₂, PH₃, AsH₃, SbH₃, COS.
                           E. In Baritwasser entsteht weiße Fällung: SiF₄,
                              SO₂, CO₂, COS.
                           F. Mit Chlorwasserstoff entstehen Nebel: NH₃.
                           G. Mit Ammoniak bilden weiße Nebel: N₂O₃,
                              NO₂, Cl, HCl, SiF₄, SO₂, NO.
                           H. Prüfung des Gases auf seine Brennbarkeit und sein
                              Vermögen, die Verbrennung zu unterhalten.
                           a. Bei der Verbrennung geben Wasser: NH₃,
                              PH₃, AsH₃, SbH₃, H, CH₄, C₂H₄,
                              C₂H₂; keine Wassertröpfchen geben CO, COS.
                           b. Baritwasser wird getrübt von den
                              Verbrennungsproducten des CO, CH₄, C₂H₄, C₂H₂,
                              COS.
                           c. Mit Ammoniak bilden weiße Nebel die
                              Verbrennungsproducte des COS.
                           
                        
                           II. Eigentliche
                                 Untersuchung.
                           1. Durch Schwefelsäure absorbirbare Gase: NH₃, N₂O₃,
                              NO₂.
                           2. Durch Kalilauge absorbirbare Gase: Cl, HCl, CN, HCN, H₂S, SiF₄,
                              SO₂, CO₂.
                           3. Durch salpetersaures Silber absorbirbare Gase: PH₃, AsH₃,
                              SbH₃.
                           4. Durch Pyrogallussäure in alkalischer Lösung wird absorbirt: Sauerstoff.
                           5. Durch Kupferchlorür in saurer Lösung: CO.
                           6. Durch Eisenoxydullösungen: NO.
                           7. Nicht (oder wenig) werden absorbirt: N, H, CH₄, C₂H₄,
                              C₂H₂, COS, N.
                           Der Gang der Untersuchung besteht nun darin, daß man eine Gruppe nach der andern zur
                              Absorption bringt, wobei die Gegenwart der einzelnen Gase entweder sofort oder
                              nachher in der Absorptionsflüssigkeit erkannt werden kann. Die nicht absorbirbaren
                              Gase werden durch Verbrennung in absorbirbare und erkennbare Verbindungen
                              umgewandelt.
                           
                           Von den einzelnen Reactionen mögen nur folgende erwähnt werden:
                           N₂O₃ und NO₂, in Schwefelsäure von 1,7 spec. Gew. absorbirt,
                              werden dadurch neben einander erkannt, daß die Untersalpetersäure beim gelinden
                              Erwärmen entweicht und Jodkaliumstärkepapier bläut, salpetrige Säure aber von der
                              Schwefelsäure zurückgehalten wird.
                           Sauerstoff wird durch einen Streifen Papier erkannt, der erst in eine Lösung von
                              Manganchlorür, dann in Kalilauge getaucht wurde; bei Gegenwart der geringsten Spuren
                              Sauerstoff wird das Papier gebräunt.
                           Kohlenoxyd in Kupferlösung gibt mit Natrium-Palladiumchlorür einen schwarzen
                              Niederschlag von feinzertheiltem Palladium.
                           Stickoxydul wird über feinvertheilte glühende Kohle geleitet, die gebildete
                              Kohlensäure durch Baritwasser nachgewiesen.
                           
                              F.