| Titel: | Mittheilungen über neue Handfeuerwaffen; von F. Hentsch, Hauptmann a. D. in Berlin. | 
| Autor: | F. Hentsch | 
| Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 315 | 
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                        Mittheilungen über neue Handfeuerwaffen; von F.
                              Hentsch, Hauptmann a. D. in Berlin.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              VIII [d/1].
                        (Fortsetzung von S. 236 dieses
                           Bandes.)
                        Hentsch, über neue Handfeuerwaffen.
                        
                     
                        
                           Gewehrsystem
                                 Braun-Kost.
                           Das Braun-Kost'sche Hinterladegewehr, worauf die
                              Fabrik von Pistor und Kost in
                              Schmalkalden ein Patent erhalten hat, ist eine Modification des
                              Peabody-Gewehres und in Figur 30 im
                              Verticallängenschnitt bei geschlossenem und abgeschossenem Gewehr dargestellt.
                              Ebenso wie bei dem Peabody-Gewehre ist auch hier auf das hintere Ende des aus
                              Gußstahl gefertigten, äußerlich achteckigen, 10mm Kaliber, 8 Züge mit einem sehr scharfen Dralle (nämlich 1 Umgang auf
                              470mm,8) besitzenden Laufes eine
                              viereckige, kastenartige, oben und unten offene Hülse A
                              geschraubt, welche zur Aufnahme des Verschlußblockes B
                              dient. Dieselbe reicht indessen nicht so weit nach unten wie bei dem
                              Peabody-Gewehre, entspricht vielmehr derjenigen des Gewehres von Keßler (* 1876 221 510), so
                              daß die Schloßtheile nicht allein zwischen den Seitenwänden der Hülse, sondern auch
                              den die FortsetzungForsetzung bildenden Wänden der Schaftauslassung sich bewegen. Hierdurch ist es wie
                              bei dem Keßler'schen Gewehre ermöglicht, den Schaft aus einem Stücke
                              herzustellen.
                           Der Verschluß- und Schloßmechanismus besteht aus: der Hülse A, dem Verschlußblocke B mit
                              Pivotbolzen J, dem Schlagbolzen C, dem Bügel D mit Pivotschraube K, der Bügelsicherung E mit
                              der Feder L, dem Schlagstücke F mit Pivotschraube M, der Schlagfeder G, der Sicherungsfeder H,
                              dem Sicherungshebel N, dem Ejector P und dem Abzuge R.
                           Die Hülse A setzt sich nach hinten in dem Schweiftheile
                              fort, in ihren Seitenwänden befinden sich die horizontalen, correspondirenden
                              Bohrungen für die Pivotschraube J des Verschlußstückes
                              B. An der untern Seite des Schweiftheiles ist ein
                              Schraubengewinde zur Aufnahme der Halteschraube der Sicherungsfeder H und in ihm eine senkrechte, ganz hindurch gehende
                              Auslassung angebracht, in welcher durch eine horizontale Schraube der
                              Sicherungshebel N so befestigt ist, daß er sich in
                              verticaler Richtung drehen kann. Der Verschlußblock B
                              hat im Allgemeinen dieselbe Einrichtung wie derjenige des Peabody-Gewehres,
                              desgleichen denselben
                              Zweck, dient somit zum Festhalten der Metallpatrone im Laufe und zum Verschließen
                              des letztern. Sein rückwärtiges Ende zeigt insofern eine Abweichung, als die hintere
                              Fläche nicht die Gestalt eines Kreisabschnittes besitzt, sondern eine gerade Fläche
                              bildet. Der Schnitt ist hier so geführt worden, daß er den hintern Theil der
                              cylindrischen, zur Aufnahme der Pivotschraube J
                              bestimmten Bohrung des Verschlußblockes trifft, diese somit nach rückwärts geöffnet
                              ist. Mit dem über dieser Bohrung liegenden Theile a der
                              hintern Fläche legt sich der Verschlußblock bei geschlossenem Gewehre gegen die
                              vordere Fläche des Hülsenschweiftheiles, mit dem untern Theile b bei geöffnetem Gewehre gegen letztere. Ebenso wie bei
                              dem Peabody-Gewehre besitzt der Verschlußblock der Länge nach eine centrale
                              Bohrung für den Schlagbolzen C, deren vordere Oeffnung
                              bei geschlossenem Gewehre in der Richtung der Seelenachse, deren hinterer Theil
                              unter dem Privotbolzen liegt. Dieselbe ist den größten Theil ihrer Länge nach
                              conisch geformt, erweitert sich absatzartig nach hinten behufs Aufnahme des
                              Schlagbolzenkopfes d, und ist in der untern Wand dieses
                              Theiles der Bohrung eine nach unten ganz hindurch gehende, senkrechte Auslassung
                              angebracht, welche zur Aufnahme des Schlagstückes F
                              dient und diesem den erforderlichen Raum zur Bewegung verleiht. Endlich ist an der
                              untern Seite des Verschlußblockes B ebenso wie bei dem
                              Peabody-Gewehre ein Haken f angebracht, in
                              welchen ebenso wie bei letzterer Waffe der zum Bewegen des Verschlußstückes B bestimmte Hebel D
                              eingreift, gegen dessen untere Fläche außerdem aber bei geschlossenem Gewehre ein
                              Ansatz des letztern Hebels tritt, wodurch der Verschlußblock in seiner Lage erhalten
                              wird.
                           Der Schlagbolzen C besitzt in seiner größern Länge
                              conische, nach vorn sich verjüngende Gestalt und an seinem hintern Ende einen
                              stärkern Kopf d, welcher nach vorn absatzartig in den
                              conischen Theil übergeht, wodurch sein Vorschnellen begrenzt wird. Dieser Kopf ist
                              mit einer senkrechten Auslassung versehen, in welche ein Ansatz g des Schlagstückes F tritt.
                              Durch diese Einrichtung wird die Bewegung von F auf den
                              Schlagbolzen C übertragen und muß letzterer somit die
                              Vor- und Rückwärtsbewegung des erstern mitmachen.
                           Der Ejector P entspricht demjenigen des
                              Peabody-Gewehres und hat dieselbe Function. Er besteht aus zwei unter spitzem
                              Winkel zusammenstoßenden Armen, von denen der nach oben gerichtete in entsprechende
                              Auslassungen der hintern Lauffläche tritt, am äußersten Ende sich gabelförmig
                              spaltet und die Patronenhülse zu beiden Seiten in Höhe der Seelenachse vor ihrem
                              Bodenwulste erfaßt. Der nach hinten gerichtete, annähernd horizontale Lage bei
                              geschlossenem Gewehre annehmende Arm ist am hintern Ende nach oben geschweift, und trifft
                              ihn bei dem Oeffnen des Gewehres das Verschlußstück, drückt ihn nieder und zwingt
                              den Ejector P zu einer Drehung um seine Pivotschraube.
                              Der Ejector ist mittels letzterer Schraube zwischen zwei senkrechten, nach oben
                              gerichteten Backen des Abzugsbleches befestigt. Desgleichen finden noch der Bügel
                              D, die Bügelsicherung E
                              mit Feder L, das Schlagstück F mit Feder G und der Abzug R an dem an der untern Schaftseite befindlichen
                              Abzugsbleche ihre Befestigung.
                           Der als Abzugsbügel und als Hebel zum Bewegen des Verschlußstückes und zum Festhalten
                              desselben in gehobener Lage bei dem Schusse dienende Bügel ist mittels einer starken
                              Schraube K in einer Auslassung des Abzugsbleches so
                              befestigt, daß er sich in verticaler Richtung drehen kann. An seinem hintern Ende
                              befindet sich eine nach hinten vorspringende Nase h, die
                              in eine entsprechende Auslassung ihrer Sicherung E
                              einspringt und den Bügel in der Stellung, welche er bei geschlossenem Gewehre
                              einnimmt, festhält. An dem vordern Ende besitzt der Bügel einen nach oben
                              gerichteten, über der Pivotschraube liegenden und in den Schloßkasten hinein
                              reichenden Ansatz. Dieser ist auf seiner obern Fläche wiederum mit zwei nach oben
                              gerichteten, nasenförmigen Ansätzen versehen, von denen der vordere i die Function des Bügelarmes bei dem
                              Peabody-Gewehre versieht, in den untern Haken f
                              des Verschlußstückes B eintritt und zum Bewegen des
                              letztern dient. Der hintere Ansatz k legt sich bei
                              geschlossenem Gewehre unter die untere Fläche des Verschlußstückhakens f und hält den Verschlußblock B in seiner Lage bei geschlossenem Gewehre fest.
                           Das Schlagstück F ist ebenfalls mittels einer
                              horizontalen Schraube in dem Abzugsbleche so befestigt, daß es sich in verticaler
                              Richtung drehen kann. Dasselbe besteht aus einer Platte mit ebenen, senkrechten
                              Seitenflächen. Die nach vorn gerichtete Fläche ist ausgeschweift, und drückt gegen
                              sie bei dem Oeffnen des Gewehres die hintere Fläche des untern Verschlußstückhakens
                              f, wodurch das Schlagstück F zu einer Drehung nach rückwärts gezwungen und dadurch gespannt wird. Auf
                              seiner obern Fläche befindet sich ein Ansatz g, welcher
                              in die oben angegebene Auslassung des Schlagbolzenkopfes d tritt und letztern zu einer Vor- und Rückwärtsbewegung veranlaßt.
                              Hinter ihm befindet sich eine Rast l, in welche der nach
                              unten gerichtete Haken der Sicherungsfeder G eintritt.
                              An der hintern Fläche ist eine Auslassung m angebracht,
                              in die sich der nach vorn gerichtete, obere Arm der Schlagfeder G legt, welcher nach oben federt und das Schlagstück
                              nach vorn zu schleudern strebt. An der untern Seite befindet sich endlich ein nach
                              hinten gerichteter Absatz n, gegen welchen die nach vorn gerichtete Nase
                              des Abzuges R sich legt, wodurch das Schlagstück F in gespanntem Zustande erhalten wird.
                           Die Sicherung E des Bügels D
                              ist in dem Abzugsbleche mittels einer quer hindurch gehenden, horizontalen Schraube
                              befestigt, steht nach unten hervor, und dient dieser Theil als Griff zur Handhabung.
                              In der vordern Fläche des letztern befindet sich eine Auslassung, in welche der
                              hintere nasenförmige Ansatz h des Bügels D tritt, sobald das Gewehr geschlossen ist. In dieser
                              Stellung wird die Sicherung E durch die Sicherungsfeder
                              L erhalten, welche von oben auf ihr hinter der
                              Pivotschraube befindliches Ende und damit den Griff stets nach vorn drückt.
                           Die Sicherungsfeder L wird durch eine, ihr nach vorn
                              gerichtetes Ende durchdringende, in dem Abzugsbleche ihr Muttergewinde habende
                              Schraube auf letzterm so befestigt, daß ihr nach hinten weisendes Ende nach unten
                              federn kann.
                           Die Schlagfeder G ist eine zweiarmige, mittels eines
                              Hakens p des Abzugsbleches auf letzterm befestigte
                              Feder. Ihr oberer Arm federt nach oben und dient speciell als Schlagfeder; der
                              untere Arm federt nach unten und legt sich auf die obere Fläche des Abzuges hinter
                              dessen Pivotschraube, drückt somit dessen vordern Theil hoch, hält ihn in der Rast
                              n des Schlagstückes F
                              fest und dient also als Abzugsfeder.
                           Die zur Herstellung der Ruhstellung des Gewehres dienende Sicherung besteht aus einem
                              federnden, wie oben angegeben, an der untern Seite des Hülsenschweiftheiles
                              angebrachten Stahlstäbchen H, welches an seinem vordern
                              Ende einen nach unten gerichteten, vorn abgerundeten Haken besitzt. Dieser tritt in
                              die Rast l des Schlagstückes E, wodurch letzteres in seiner Spannstellung fixirt wird.
                           Der Sicherungshebel N ist, wie oben erwähnt, mittels
                              einer Schraube in der verticalen Auslassung des Hülsenschweiftheiles so befestigt,
                              daß er sich in verticaler Richtung drehen kann. Mit seinem untern Ende legt er sich
                              auf die obere Fläche der Sicherungsfeder H, mit seinem
                              Griffe steht er nach oben aus dem Schweiftheile hervor, so daß der Schütze aus ihn
                              einzuwirken vermag. Wird der Griff nach vorn bewegt, so drückt der untere Theil des
                              Hebels die Sicherungsfeder nieder und fixirt ihren Haken in der Rast l des Schlagstückes.
                           Was nun das Zusammenwirken der Schloß- und Verschlußtheile betrifft, so nehmen
                              dieselben bei geschlossenem und abgeschossenem Gewehre folgende Stellung zu einander
                              ein:
                           Der Verschlußblock B verschließt mit seiner vordern
                              Fläche die hintere Lauföffnung und hält die Patrone im Laufe fest. Er selbst wird
                              durch den hintern Ansatz k des vordern
                              Abzugsbügelansatzes, der Abzugsbügel durch den Hebel D in dieser
                              Stellung erhalten. Der Schlagbolzen C steht etwas über
                              die vordere Fläche des Verschlußstückes hervor, das Schlagstück F liegt mit seiner vordern Fläche an der hintern Seite
                              des Verschlußstückhakens f, die Schlagfeder G ist abgespannt, der Abzug R aus der Rast des Schlagstückes getreten und der Sicherungshebel N nach hinten niedergelegt.
                           Soll das Gewehr geladen werden, so wird der Griff der Bügelsicherung E gegen den Schaft gedrückt, wodurch der Ansatz h des Bügels D frei wird.
                              Letzterer kann nun niedergelegt werden. Hierbei dreht er sich um seine Pivotschraube
                              K, sein über dieser liegender Theil wird zu einer
                              Bewegung nach rückwärts veranlaßt, sein hinterer Ansatz k verläßt die untere Fläche des Verschlußstückhakens f, der vordere Ansatz i legt
                              sich in letztern und zwingt dadurch das Verschlußstück B
                              zu einer Drehung um seine Pivotschraube J und zum
                              Niedergehen. Hierbei trifft sein vorderes Ende den horizontalen Arm des Ejectors P, dreht letztern um seine Pivotschraube, und wirft der
                              nach oben gerichtete Arm die Patronenhülse aus dem Laufe heraus, sobald die hintere
                              Oeffnung freigelegt ist. Bei dem Niedergehen des Verschlußstückes B bewegt sich der Haken f
                              nach rückwärts, seine hintere Fläche drückt gegen das Schlagstück E, veranlaßt dieses zu einer Drehung nach hinten und
                              zwar so weit, daß die Abzugsnase in ihre Rast n
                              einspringt, wobei die Schlagfeder G gespannt wird.
                              Zugleich hat aber auch der obere Ansatz g des
                              Schlagstückes F den Schlagbolzen C zurückgezogen, und ist dessen Spitze hinter die vordere Fläche des
                              Verschlußstückes zurückgetreten.
                           Nachdem nunmehr die Patrone eingebracht ist, wird der Abzugsbügel D so weit gehoben, daß sein hinterer Ansatz h in die Auslassung des Hebels E einspringt und er dadurch in seiner Lage fixirt ist. Der Ansatz k seines vordern Theiles tritt alsdann unter die untere
                              Fläche des Verschlußstückhakens f und hebt das
                              Verschlußstück B so weit, daß die hintere Lauföffnung
                              geschlossen wird. Hierbei entfernt sich die hintere Fläche des Hakens f von der vordern des Schlagstückes F; dieses verharrt mit dem Schlagbolzen, durch den Abzug
                              hierzu veranlaßt, in seiner Lage. Wird nunmehr durch einen Druck gegen den Abzug R dieser aus der Rast n des
                              Schlagstückes gehoben, so schleudert die Schlagfeder G
                              letzteres mit dem Schlagbolzen vor und erfolgt die Entzündung der Patrone.
                           Soll das Gewehr in Ruhe gesetzt werden, so drückt man bei gespanntem Gewehre den
                              Sicherungshebel N mittels seines Griffes vor, wodurch
                              sein unteres Ende zurücktritt, sich gegen die obere Fläche der Sicherungsfeder H legt, diese nieder und ihren Haken in die Rast l des Schlagstückes F drückt. Diese
                              Sicherung ist indessen sehr mangelhaft, da der geringste Stoß den Sicherungshebel zu
                              einer Drehung nach hinten und dadurch die Feder H zum
                              Verlassen der Rast l veranlassen, die Ruhestellung somit
                              aufheben kann.
                           Das Laden des Gewehres erfordert somit nur zwei Griffe, nämlich 1) Niederlegen des
                              Bügels, 2) Heben des Bügels. Ersterer Griff ist indessen nicht ganz leicht
                              auszuführen, da dabei zugleich der Bügelsicherungsgriff E gegen den Schaft gedrückt werden muß, um den Bügel D frei zu machen.
                           Außer der mangelhaften Ruhestellung ist als Uebelstand der Waffe zu betrachten, daß
                              das Auseinandernehmen und Zusammensetzen des Verschluß- und Schloßmechanismus
                              das Lösen einer großen Anzahl von Schrauben, also die Anwendung eines besondern
                              Instrumentes erforderlich macht. Dagegen besteht ein besonderer Vorzug der Waffe
                              darin, daß der Schaft aus einem Stücke gefertigt ist und die einzelnen Schloßtheile
                              massiv, einfach und widerstandsfähig sind.
                           In allerneuester Zeit sind von demselben Constructeur zwei noch nicht veröffentlichte
                              Constructionen aufgestellt, welche sich durch sehr große Einfachheit und Solidität
                              auszeichnen sollen.
                           
                              (Fortsetzung folgt.). 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
