| Titel: | Zur Ammoniak-Soda-Frage; von Rudolf v. Wagner. | 
| Autor: | Rudolph Wagner | 
| Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 371 | 
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                        Zur Ammoniak-Soda-Frage; von Rudolf
                              v. Wagner.
                        v. Wagner, zur Ammoniaksoda-Frage.
                        
                     
                        
                           Auf meine Mittheilung hin „Ueber die Ammoniak-Soda auf der
                                 Centennial-Weltausstellung in Philadelphia“ (1876 222 77) sind einige Reclamationen eingelaufen, über die
                              ich mich im Interesse der Gerechtigkeit zu äußern habe.
                           1. In meinen Notizen über den Stand der Ammoniak-Soda-Frage in
                              Deutschland kommt u.a. der Passus (S. 81) vor: „Von einer andern deutschen
                                 Fabrik, die noch jetzt arbeitet, behauptet man, daß sie belgische Soda aus
                                 Couillet beziehe und als ihr Product verkaufe.“ Ich hatte die
                              Actien-Gesellschaft für chemische Industrie in Schalke (Westphalen) im Sinne
                              und derjenige, welcher obige Behauptung aussprach, war Hr. E. Solvay in Brüssel, der sich in einem bei meinen Ausstellungsacten aus
                              Philadelphia befindlichen Briefe an das von Belgien abgeordnete Mitglied der
                              internationalen Jury über die deutschen Sodafabriken positiv dahin äußerte, daß die
                              in Rede stehende Fabrik indirect große Mengen von belgischer Soda von Couillet
                              bezogen habe. Ich habe mich indessen in meinem Berichte wohl gehütet, die Fabrik zu
                              bezeichnen oder gar die Behauptung Solvay's als von mir
                              ausgehend hinzustellen.
                           In einem ausführlichen Schreiben vom 25. October 1876 liefert mir nun die Schalker
                              Fabrik den Beweis, daß sie Ammoniak-Soda in großen Quantitäten fabrikmäßig
                              darstellt und zwar nach einem Verfahren, welches mit dem von Solvay oder
                              von M. Honigmann nichts gemein habe. Das mir übersandte
                              Muster von Schalker Soda ergab bei der Analyse einen Gehalt von 98,92 Proc.
                              Natriumcarbonat bei einem Wassergehalte von 0,73 Proc. Es gehört somit die in
                              Schalke dar gestellte Ammoniak-Soda zu den reinsten Sorten Soda, die in
                              Deutschland je dargestellt wurden.
                           Im Interesse der deutschen chemischen Industrie und der Entwicklung der
                              zukunftsvollen Ammoniak-Sodafabrikation kann ich mich darüber nur freuen, daß
                              die Behauptung Solvay's nicht begründet werden kann.
                           2. Ueber das Hrn. de Grousilliers in Berlin im J. 1873
                              erfundene Alkoholverfahren äußerte ich mich (S. 82)
                              dahin, „daß das genannte Verfahren nicht in die Praxis übergegangen sei
                                 und gegenüber dem vervollkommneten Solvayprocesse vor der Hand nicht die
                                 geringste Aussicht habe, von der genau calculirenden chemischen Großindustrie
                                 adoptirt zu werden.“ Das war eben meine subjective Ansicht und die
                              mehrerer meiner Fachgenossen.
                           Hierauf schreibt mir nun Hr. de Grousilliers (Berlin, 2.
                              November 1876), daß er meiner ungünstigen Meinung über sein Verfahren entgegentreten
                              müsse. Die Verluste bei der Regeneration des Ammoniaks betrügen zur Zeit nur 1/100
                              Proc. und die des Spiritus 1/8 Proc. Die größte Schwierigkeit der Methode, die
                              Reinigung des Niederschlages, der eine thonerdeähnliche Beschaffenheit habe und die
                              salmiakhaltige Lauge hartnäckig zurückhalte, sei gegenwärtig überwunden. Es werde
                              jetzt eine größere Modellfabrik in Berlin errichtet und auch die des Hrn. Dr. Kunheim fertig gestellt.
                              Auf der Pariser Ausstellung im J. 1878 werde die Alkohol-Soda nicht fehlen!
                           Angesichts dieser Mittheilungen muß zugegeben werden, daß zunächst die Ergebnisse der
                              Einführung des neuen Verfahrens abgewartet werden müssen, ehe man über dasselbe
                              endgiltig sich äußert.
                           3. Ich zählte in meiner Abhandlung eine Anzahl (6) deutscher chemischer Fabriken auf,
                              in denen das Ammoniakverfahren bald zur Ausführung kommen werde. Von zweien dieser
                              Fabriken wurde mir mitgetheilt, daß man vorläufig den Plan der Einführung des neuen
                              Verfahrens aufgegeben habe. Meine Mittheilung stammte indessen aus bester Quelle,
                              nämlich von Hrn. M. Gerstenhöfer in Freiberg selbst.
                           Universität Würzburg, 4. November 1876.