| Titel: | Darstellung von kohlensaurem Lithium aus Lepidolith; von Dr. F. Filsinger. | 
| Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 385 | 
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                        Darstellung von kohlensaurem Lithium aus
                           Lepidolith; von Dr. F. Filsinger.
                        (Schluß von S. 274 dieses Bandes.)
                        Filsinger, über Darstellung von kohlensaurem Lithium aus
                           Lepidolith.
                        
                     
                        
                           Kritik der beschriebenen Darstellungsmethoden. Die
                              Erfordernisse, welchen jede für die Technik bestimmte Darstellungsweise entsprechen
                              muß, sind folgende:
                           a) Die Ausnützung der Materialien muß eine möglichst
                              vollständige und der Preis derselben ein möglichst billiger sein.
                           b) Die Operationen sind derart einzurichten, daß sie
                              sich in den der Industrie zu entsprechenden Preisen zu Gebote stehenden Gefäßen,
                              Apparaten etc. bewirken lassen, ohne dieselben allzu schnell zu zerstören.
                           c) Ist die Bildung schwerlöslicher oder unlöslicher
                              Niederschläge nicht zu umgehen, so müssen dieselben eine Form haben, welche
                              leichtes, mit geringem Wasseraufwand verbundenes Auswaschen der in denselben
                              enthaltenen werthvollen Salze ermöglicht.
                           d) Auf Wiedergewinnung der benützten Agentien in
                              möglichst werthvoller Form ist die nöthige Rücksicht zu nehmen.
                           1) Die später zu beschreibende, als vortheilhafteste erkannte Methode befolgt genau
                              die älteste Art der Aufschließung nach Jaß. Die
                              Zersetzung des Lepidoliths mit Schwefelsäure ist eine einfache und leichte
                              Operation, Schwefelsäure ist billig, das Aufschließen geschieht vollständig und kann
                              in einem den Sulfatöfen ähnlichen Flammofen ohne Schwierigkeit bewirkt werden. In
                              der rückständigen Kieselsäure fand Verfasser, entgegen vielfacher Behauptungen, daß
                              die Aufschließung keine vollständige sei, nie mehr als 2 bis 3 Proc. unzersetztes
                              Material, ein Procentsatz, der noch durch besseres Schlämmen des Lepidoliths, das
                              jedoch bei der eigenthümlichen Structur desselben schwer und theuer ist, hätte
                              verringert werden können. Für die weitere Verarbeitung des Glührückstandes besitzt
                              man jetzt bessere und schärfere Methoden als Jaß.
                           2) Die Müller'sche Methode verlangt, abgesehen von dem
                              Schmelzen des Lepidoliths, welches nicht immer leicht von Statten geht, eine doppelte Glühung resp.
                              Schmelzung und läßt eine große Quantität Thonerdehydrat auswaschen, denn die
                              Zersetzung des Thonerdesulfats ist nach Erfahrungen des Verfassers und denen von Varrentrapp (1862 166 443)
                              selbst nach längerm Glühen durchaus nicht vollständig. Hinsichtlich der Abscheidung
                              des kohlensauren Lithions mit Soda würde immer einer Fällung von Chlorlithium mit
                              kohlensaurem Ammon der Vorzug zu geben sein. Der Werth der ausgelaugten Rückstände
                              als Farbe ist wohl kaum bedeutend.
                           3) Das Aufschließen des Lepidoliths mit Gyps erfordert sehr fein gepulverte,
                              sorgsamst gemischte Materialien und häufiges Durcharbeiten der Masse während des
                              lang ausdauernden Glühens, so daß diese Methode schon deshalb für die Technik nicht
                              brauchbar ist. Der Thonerdehydrat-Niederschlag ist hier, weil durch Ammon
                              bewirkt, noch voluminöser als bei der Müller'schen Methode.
                           4) Als 100 Th. Lepidolith, 50 Th. Schwerspath und 50 Th. Witherit heller Rothglut
                              ausgesetzt wurden, schmolz zwar diese Mischung, sonderte sich aber beim Erkalten
                              nicht in die zwei erwähnten, so scharf charakterisirten Schichten, sondern lieferte
                              eine graue Schlacke, welche schwierig zu pulvern und schlecht mit Wasser zu
                              erschöpfen war. Es ist zu bedauern, daß Troost keine
                              Angaben über das Verhältniß der Baritsalze zum Lepidolith macht, da das Mißlingen
                              eines Versuches des Verfassers vielleicht hierin seinen Grund hat.
                           5) Mallet's Methode bietet für den technischen Chemiker
                              deshalb wenig, weil der Zweck derselben, die Herstellung chemisch reinen
                              Chlorlithiums zur Atomgewichtsbestimmung war. Beim Glühen von 1 Th. Lepidolith mit 3
                              bis 4 Th. Aetzkalk und 3/4 Th. Chlorammonium resultirt allerdings auf leichte und
                              einfache, aber auch leider theure Weise ein Glühproduct, das insofern günstig
                              beschaffen ist, als ihm Wasser fast nur die ChloralkalienChkoralkalien entzieht. Warum Mallet die in dem Rückstand
                              befindlichen unlöslichen Basen durch Behandeln mit Schwefelsäure wieder in Lösung
                              bringt, ist unerklärlich.
                           6) Allen's Methode soll bei Erwähnung des Smith'schen Verfahrens besprochen werden.
                           7) Die Aufschließung mit 1/5 Th. Kalkhydrat kann nie vollständig sein, da dies ein
                              viel zu geringes Quantum ist; auch die dann folgende Behandlung mit Schwefelsäure in
                              der Kälte vermag trotz der lang andauernden Einwirkung das Mineral nicht vollständig
                              aufzuschließen, da hierzu unbedingt hohe Temperatur erforderlich ist. Nach Lunglmayr's Methode ist zwar nur ein Niederschlag
                              auszuwaschen, doch dürfte derselbe ein in der Praxis kaum zu bewältigendes Volum
                              besitzen.
                           
                           8) Das Aufschließen nach Reichhart oder eigentlich nach
                              Prof. Lehmann geht leicht und vollständig von Statten.
                              Die vollständige Reduction der schwefelsauren Salze zu Sulfiden durch Glühen mit
                              Kohle dürfte nach Verfassers Erfahrungen in der Technik schwer, wenn nicht unmöglich
                              sein; trotzdem wäre es unstatthaft, das Salzgemenge unvollständig zu reduciren, da
                              erhebliche Verluste von Lithion die nothwendige Folge wären.
                           9) Die neueste Auflage von Graham-Otto's Lehrbuch sagt mit Rücksicht auf das
                              Schrötter'sche Verfahren: „es dürften jetzt
                                 überhaupt alle Methoden durch Schrötter's Methode verdrängt sein.“
                              Bezieht sich diese Ansicht auf Bereitung der Lithionsalze im Laboratorium, bei
                              Anwendung von Pfunden Material, so mag sie gelten; sollte damit aber auch die
                              fabrikmäßige Darstellung des kohlensauren Lithions, bei welcher man doch mindestens
                              Quantitäten von 2 bis 3 Ctr. in Arbeit nehmen muß, gemeint sein, so muß Verfasser
                              diesen Ausspruch bestreiten. 150k
                              Lepidolith mit 300k Salzsäure, also 450k einer Masse, welche 2/3 Säure ist, vermag
                              kein Fabrikant zu kochen, denn er besitzt keine Gefäße dazu. Das Auswaschen eines
                              enormen Niederschlages von Thonerdehydrat und das damit verbundene Eindampfen großer
                              Waschwassermengen bildet ebenfalls eine schwache Stelle des Schrötter'schen
                              Verfahrens.
                           10) Bis auf die Abscheidung der Thonerde bildet der Mierzinski'sche Vorschlag eine Methode, nach welcher auch im Großen recht
                              gut gearbeitet werden kann.
                           11) Die von L. Smith vorgeschlagene und von Kraut auf Lithionglimmer angewendete Methode erreicht den
                              beabsichtigten Zweck vollständig und gibt einen Glührückstand, welchem heißes Wasser
                              nur die Chloralkalien entzieht, während die gesammte Thonerde als Kalkaluminat
                              ungelöst bleibt. Es ist wahrscheinlich, daß man das theure Chlorammonium durch das
                              sehr billige Chlorcalcium wird ersetzen können, da bei der hohen Temperatur, welcher
                              die Masse ausgesetzt wird, eine Mitwirkung des Ammons bei der Aufschließung kaum
                              anzunehmen ist. Hierauf bezügliche Versuche hat Allen
                              bereits gemacht. Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß Allen das Mineral unvollständig aufgeschlossen haben könnte, doch ist die
                              Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß durch den erforderlichen Kalkzusatz das
                              Gewicht der zu glühenden Masse zu bedeutend vermehrt wird.
                           12) Fuchs wendet jedenfalls zu wenig Kalkhydrat an.
                           13) Stolba's Vorschlag ist wohl noch nirgends praktisch
                              ausgeführt worden.
                           
                           14) bis 17) Quesneville's, Arfvedson's, Settersberg's und
                              Fuchs' zweite Methode sind theils in der Ausführung
                              zu umständlich, theils zu theuer. Da nun alle angeführten Methoden aus einem oder
                              die meisten aber aus einem und dem andern Grunde für die Ausführung im Großen nicht
                              geeignet erschienen, so war es nöthig, ein anderes Verfahren ausfindig zu
                              machen.
                           
                        
                           Filsinger'sche resp. Schering'sche
                                 Methode.
                           Der auf dem Kollergang gemahlene und fein gesiebte Lepidolith wurde in einem Bassin
                              von Mauerwerk, welches an einer warmen Stelle oben auf dem Flammofen angebracht war,
                              mit concentrirter Schwefelsäure, welche schon anderweitig benützt war und daher
                              geringe Mengen Salpetersäure enthielt, zum dünnen Brei angerührt und unter
                              gelegentlichem Durcharbeiten mit starken Thonstäben so lange digerirt, bis in Folge
                              der eintretenden Reaction die Masse in Klumpen verwandelt war und in diesem Zustande
                              leicht in den Flammofen gebracht werden konnte. Bei gelindem Feuer wurden diese
                              Stücke bis zur Verjagung der Fluorwasserstoffsäure und des unbedeutenden
                              Schwefelsäureüberschusses calcinirt, darauf allmälig stärker erhitzt und,
                              meistentheils noch warm, in einem System mit Blei ausgefütterter Gefäße durch Wasser
                              völlig erschöpft. Der Auslaugerückstand erwies sich als ziemlich reine Kieselsäure,
                              welche für andere Zwecke gut zu verwenden war und nur höchstens 3 Proc. unzersetzten
                              Lepidolith enthielt. Da früher angestellte Versuche ergeben hatten, daß das
                              schwefelsaure Lithion nicht im Stande ist, im Alaun die Stelle des schwefelsauren
                              Kalis zu vertreten, wie schon Rammelsberg
                              Pharmaceutisches Centralblatt, 1849 S. 106. erwähnt, so fügte man nach Ausführung einer Kali- und
                              Thonerdebestimmung der Lauge so viel schwefelsaures Kali zu, daß es mit dem schon
                              darin enthaltenen und der Al₂O₃, 3 SO₃
                              Alaun bilden mußte, dampfte in großen kupfernen Kesseln, deren Boden, um das
                              Alaunmehl nicht festbrennen zu lassen, durch ein kleines Gewölbe geschützt war, bei
                              scharfem Sieden ein und soggte das Alaunmehl in dem Maße, als es niederfiel, aus.
                              Dasselbe wurde, völlig erkaltet, in einer Schleudermaschine mit kupferner Trommel
                              möglichst scharf centrifugirt, mit kaltem Wasser in der Maschine gedeckt und gab
                              durch einfaches Umkrystallisiren einen völlig chemisch reinen, sehr gut
                              abzusetzenden Kalialaun, dessen Mutterlauge nennenswerthe Lithionmengen nicht mehr
                              enthielt. Unter lebhaftem Kochen schlug man nun aus der lithionhaltigen Flüssigkeit
                              mittels einer reinen, homogenen Kalkmilch die noch in Auflösung befindliche, auf das Gewicht der
                              Gesammtlauge bezogen, nur 1,5 Proc. betragende Thonerde nieder in Form eines
                              dichten, durch Decantation leicht auszuwaschenden Breies, vereinigte darauf alle
                              Laugen, fällte mit einer Chlorbariumlösung möglichst genau aus und verwandelte so
                              die schwefelsauren Salze in Chlorverbindungen. Auch der gewaschene, schneeweiße und
                              gut deckende schwefelsaure Barit ließ sich passend verwerthen. Die zur Trockne
                              eingedampfte, aus Chlorlithium, Chlorkalium, Chlornatrium, Chlorcalcium und
                              (zuweilen auch) aus Chlorbarium bestehende Salzmasse zog man in einer thönernen, im
                              Glycerinbade stehenden und mit Kühler versehenen Blase durch absoluten Alkohol aus,
                              brachte Chlorlithium und Chlorcalcium in Lösung, gewann aus einer daneben stehenden
                              ähnlichen Blase fast sämmtlichen Alkohol wieder und befreite den aufgelösten
                              Rückstand durch oxalsaures Ammon vom Kalk und durch wenig Schwefelammonium von einem
                              etwaigen Metallgehalt. Das nun völlig reine Chlorlithium wurde schließlich im großen
                              silbernen Kessel concentrirt und gab häufig aus der syrupdicken, weit über 50k betragenden Lösung prachtvolle,
                              farnkrautartige Krystallblätter. Durch Fällung mit Ammon und kohlensaurem Ammon
                              erhielt man einen schneeweißen, sehr lockern Niederschlag, der sich durch 60proc.
                              Weingeist leicht völlig chlorfrei machen ließ. Das auf großen Auswaschkästen
                              gesammelte Salz wurde auf Hürden getrocknet, gesiebt und verpackt. (Vgl. 1876 219 183).
                           Die Vorzüge dieses Verfahrens liegen auf der Hand und außerdem hat eine vieljährige
                              Praxis sie zur Geltung gebracht. Völlige Ausnützung des Rohmaterials, billige
                              Materialien, leichte Wahl der Apparate und Gefäße, bequem auszuwaschende
                              Niederschläge und eine sehr ökonomische Nutzbarmachung aller Bestandtheile des
                              Lepidoliths sind Hauptvorzüge. Kieselsäure, Thonerde, Kali und Lithion, also alle
                              wesentlichen Bestandtheile des Glimmers, werden zu Gute gemacht und in einer
                              handelsüblichen, leicht verkäuflichen Form erhalten. Deshalb war es auch möglich,
                              mittels dieser Methode vortheilhaft zu arbeiten, und es that dies sehr Noth, denn in
                              kurzer Zeit bemächtigte sich die Concurrenz der Lithionfabrikation und der Preis des
                              kohlensauren Salzes fiel sehr schnell von 150 M. auf 45 bis 30 M.; heute kann man
                              ein völlig reines Präparat für 21 bis 24 M. kaufen. Trotz dieses enormen
                              Preisrückganges haben sich die an denselben geknüpften Erwartungen nur zum Theil
                              erfüllt, da nur die Photographie größere Mengen von Lithion als Jodlithium
                              consumirt.