| Titel: | Boussingault's Verfahren zur quantitativen Bestimmung des Schwefels in Roheisen, Stahl und Stabeisen. | 
| Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 447 | 
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                        Boussingault's
                           Verfahren zur quantitativen Bestimmung des Schwefels in Roheisen, Stahl und
                           Stabeisen.
                        Mit einer Abbildung.
                        Boussingault's Bestimmung des Schwefels in Eisen etc.
                        
                     
                        
                           Die gewöhnliche Methode zur Bestimmung des Schwefels in Roheisen, ganz besonders aber
                              in Stabeisen und Stahl, welche oft nur Spuren von Schwefel enthalten, durch
                              Oxydation desselben zu Schwefelsäure und nachheriges Fällen der letztern mittels
                              eines BariumsalzesBehandelt man Eisen in einem Glaskolben oder sonstigen Glasgefäße anhaltend
                                    mit Säure, so läuft man Gefahr, daß ein bei fast allen Glassorten
                                    vorkommendes Alkalisulfat in die Lösung des Metalles gelangt. Bei Analysen
                                    von Roheisen, sowie von metallurgischen Rohstoffen und Producten überhaupt,
                                    muß man aus diesem Grunde, wenn immer möglich, Platingefäße anwenden. Bei den Zusammenstellungen der Ergebnisse
                                    zahlreicher Roheisenanalysen findet man unter den
                                    „Bestandtheilen“ häufig auch Aluminium und Calcium
                                    angegeben – Körper, welche aller Wahrscheinlichkeit nach von einem,
                                    durch die zur Lösung des Metalles angewendete Säure zersetzten Antheile des
                                    im Glase enthaltenen Thonerde- und Kalksilicates herrühren. hält Boussingault (Annales
                                 de Chimie et de Physique, 1875 Serie 5 Bd. 5 S. 174) nicht für
                              empfehlenswerth, sondern zieht vor, den Schwefel mittels einer Säure an Wasserstoff
                              zu binden und durch Einleiten des entwickelten Schwefelwasserstoffgases in eine
                              Silbernitratlösung (an Stelle der anderweitig in Vorschlag gebrachten Lösungen von
                              Ammoniumkupferchlorid oder Bleisubacetat) zu Schwefelsilber umzuwandeln.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 222, S. 447
                              Zu diesem Behufe bringt man das zu untersuchende Metall in Form von Feil-
                                 oder Bohrspänen in ein langhalsiges, mit einem durchbohrten, ein rechtwinklig
                                 gekrümmtes Glasrohr b tragenden Kork versehenes
                                 Probirkölbchen A an. An dieses Glasrohr schließt
                                 sich ein Rohr von nicht vulcanisirtem Kautschuk an, in dessen unteres Ende ein
                                 zweites, zu einer dünnen Spitze ausgezogenes Glasrohr c eingeschoben ist.
                              
                           Dieses letztere geht bis zum Boden des mit zweifach
                              durchbohrtem Korke verschlossenen Probircylinders d
                              hinab, welcher die Silberlösung enthält; in der andern Durchbohrung des Korkes sitzt ein
                              wenige Millimeter unter den letztern hinabreichendes, rechtwinklig gebogenes
                              Röhrchen e. Je 100g der Lösung enthalten 4g
                              Silbernitrat, mit Salpetersäure bis zur deutlich sauren Reaction versetzt.
                           Auf je 1g des in den Kolben gebrachten
                              Roheisens etc. wendet man 25cc eines
                              Gemisches aus 1 Vol. Schwefelsäure und 5 Vol. Wasser an. Unmittelbar nach dem
                              Eingießen der Säure in den Kolben verbindet man den letztern mittels des
                              Kautschukrohres mit dem Cylinder d. Zunächst läßt man
                              die Säure ohne Erwärmung wirken; nachdem die im Apparate befindliche Luft
                              ausgetrieben ist, nimmt die Silberlösung eine bräunliche Färbung an, wenn
                              Schwefelwasserstoff in dem entwickelten Gase zugegen ist; bald scheidet sich
                              flockiges Schwefelsilber aus, und man erwärmt nun gelinde, sobald die Gasentwicklung
                              nachläßt, wobei man die Wärmequelle in der Weise regulirt, daß das Gas die
                              Metalllösung nicht zu rasch durchströmt. Hört die Gasentwicklung ganz auf, so
                              erhitzt man einige Augenblicke zum Sieden, damit aller Schwefelwasserstoff durch den
                              Wasserdampf nach d übergeführt wird; dann zieht man noch
                              während des Kochens das Kautschukrohr von c ab, damit
                              beim Erkalten die Flüssigkeit nicht aus d nach A zurücktreten kann. Sämmtlicher bei der Auflösung des
                              Metalles als Wasserstoffverbindung frei gewordener Schwefel wird in d in Form von Schwefelsilber zurückgehalten. Bei
                              mehreren Versuchen wurde das Gefäß d mittels des
                              Gasableitungsrohres e mit einem zweiten, gleichfalls
                              Silbernitratlösung enthaltenden Gefäße verbunden; gewöhnlich bräunte sich diese
                              letztere schwach; allein von den untersuchten Stabeisen-, Stahl- und
                              Roheisensorten wurde im zweiten Glase niemals eine zu einer Wägung hinreichende
                              Schwefelsilbermenge erhalten.
                           Das in d ausgeschiedene Schwefelsilber wird auf einem aus
                              schwedischem Papier geschnittenen, doppelten Filter gesammelt; seine Gewichtsmenge
                              ist so gering, daß die Zusammensetzung der Silberlösung, in welcher es sich
                              gebildet, nicht merklich verändert erscheint, so daß sie zu weitern Operationen
                              benützt werden kann, zu welchem Zwecke die zuerst abgelaufenen Flüssigkeitsantheile
                              für sich aufgefangen werden. Hierauf schreitet man zum Auswaschen, nachdem man das
                              zur Spitze ausgezogene Rohr c ausgespült und das
                              anhängende Schwefelsilber mittels eines Federbartes und der Spritzflasche auf das
                              Filter gebracht hat; man nimmt dazu heißes Wasser und fährt damit so lange fort, bis
                              das Waschwasser auf Zusatz von Chlorwasserstoffsäure nicht mehr getrübt wird; dann
                              trocknet man das Doppelfilter. Hierauf trennt man die beiden Filter von einander,
                              verbrennt jedes derselben in einem kleinen Platingefäße für sich und wägt das vom innern
                              Filter zurückgelassene metallische Silber auf einer noch 0mg,1 deutlich angebenden Wage. Von der
                              gefundenen Gewichtsmenge Silber zieht man das Gewicht der Asche des äußern Filters
                              ab; man darf aber nicht, wie dies bei Mineralanalysen gewöhnlich geschieht, für das
                              Gewicht der Asche des Filters das der von einem das gleiche Gewicht zeigenden Stücke
                              desselben Filtrirpapieres zurückgelassenen Asche rechnen; denn das äußere Filter
                              gibt, Boussingault's Beobachtung zufolge, stets etwas
                              mehr Asche, indem das von der Silberlösung durchtränkte Papier ungeachtet des
                              sorgfältigsten Auswaschens stets Silbersalz zurückhält, seine Asche somit
                              metallisches Silber einschließt. Dieses Anhaften von Silbernitrat an der Cellulose
                              rührt wahrscheinlich von einem der beim Färben von Geweben stattfindenden Wirkung
                              ähnlichen Vorgange her.
                           108g metallisches Silber entsprechen 16g Schwefel. Die bedeutende Differenz in den
                              Aequivalentgewichten beider Körper ist hier insofern von Vortheil, als ein bei der
                              Gewichtsbestimmung des Metalles begangener Fehler von 1,0 nur einen Fehler von 0,15
                              in der Gewichtsmenge des Schwefels verursachen würde.
                           Nimmt man zur Schwefelprobe 2g von dem
                              Probirgute, so erhält man eine zur genauen Bestimmung des Schwefelgehaltes
                              hinreichende Silbermenge. Von 2g
                              schwedischem Stabeisen wurde eine Schwefelsilbermenge erthalten, welche 7mg,4 metallisches Silber und 1mg,1 Schwefel, sonach auf 1g Eisen 0mg,55 Schwefel gab. Von 2g eines weißen Roheisens von Ria (Dep.
                              Ostpyrenäen) erhielt Boussingault nach dem Glühen des
                              Sulfurets 13mg,5 metallisches Silber und
                              2mg Schwefel, also auf 1g Substanz 1mg Schwefel.
                           
                              H. H.