| Titel: | Die Jute und ihre Verarbeitung; von Ingenieur E. Pfuhl, Lehrer am Polytechnicum in Langensalza. | 
| Autor: | E. Pfuhl | 
| Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 573 | 
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                        Die Jute und ihre Verarbeitung; von Ingenieur E. Pfuhl, Lehrer am Polytechnicum in
                           Langensalza.
                        Mit Abbildungen.
                        
                           (Nachdruck vorbehalten.)
                           
                        (Fortsetzung von S. 437 dieses Bandes.)Wir unterbrechen durch Einschaltung des Abschnittes
                                 „Abfälle“ den regelmäßigen Gang dieser Abhandlung, um
                                 den auf Tafel V bereits erschienenen Zeichnungen
                                 der Abfallverarbeitungsmaschinen den betreffenden Text noch im gleichen Bande
                                 beizugeben.D. Red.
                           
                        Pfuhl, über die Jute und ihre Verarbeitung.
                        
                     
                        
                           d) Abfälle, deren Verwendung und
                                 Verarbeitung. Bei der Verarbeitung der Jute bilden sich eine Reihe von
                              Abfällen, deren möglichst vortheilhafteste Verwendung nicht unwesentlich auf die
                              Einnahmen eines Etablissements von Einfluß ist. Es handelt sich entweder darum, die
                              Abfälle passend wieder in den Spinnproceß einzufügen, oder sie einer besondern
                              Zubereitung zu unterwerfen, wodurch sie für verschiedene andere Industriezweige
                              verwendbar, also verkäuflich werden. Die Verwendung der Abfälle hängt einerseits von
                              ihrer Natur, anderseits aber von dem Preise derselben und davon ab, in welcher Form
                              sie beim Verkaufe von dem Käufer gewünscht werden. Sinkt z.B. zeitweise der Preis
                              für Abfälle, so daß deren Herstellung resp. Zubereitung nicht mehr lohnt, so muß das
                              Bestreben des Fabrikanten darauf gerichtet sein, möglichst wenig Abfall überhaupt zu
                              erzeugen und ihn durch veränderte Zubereitung in eine Form überzuführen, in welcher
                              er sich entweder dem Spinnprocesse wieder einfügen, oder sich einer gangbaren,
                              leicht verkäuflichen Abfallsorte zusetzen läßt. Anderseits kann es bei hohen Preisen
                              für Abfälle unter Umständen sogar rentabel sein, möglichst viel Abfall sich bilden
                              zu lassen, denselben also geradezu zu produciren. Es geht hieraus wohl schon hervor,
                              daß die Verwerthung der Abfälle mehr oder weniger rein localer Natur ist, und daß
                              ein und derselbe Abfall unter Umständen sehr verschiedenen Bearbeitungen unterworfen
                              werden muß, damit er für verschiedene Zwecke brauchbar wird. Es ist deshalb nicht
                              möglich, allgemein giltige Vorschriften oder Berichte über die Verwendung und
                              Verarbeitung der Abfälle zu geben; auch wird die Anführung statistischer Zahlen nur
                              geringen Werth haben, da ja die Bildung der Abfälle zu verschiedenen Zeiten sehr
                              verschieden sein kann, sowie auch jeweilig geänderte Umstände – wie das durch
                              den Thran vermehrte Gewicht der Garne und Abfälle, die Sorte des verarbeiteten
                              Materials, die Witterung u.s.w. – mitsprechen, die sich in Zahlenwerthen nur
                              schwer – oder gar nicht – berücksichtigen lassen.
                           
                           Um aber wenigstens eine allgemeine Uebersicht über die Behandlung der Abfälle zu
                              gewinnen, wollen wir uns mit ihrer Natur vertraut machen und sie zunächst in der
                              Form kennen lernen, in welcher sie sich bei dem Spinnprocesse bilden; alsdann wollen
                              wir der Verarbeitung derselben zu Verkaufszwecken (der Abfallfabrikation) nur
                              nebenher gedenken, uns hingegen besonders mit der Art und Weise bekannt machen, wie
                              sie – soweit dies überhaupt möglich ist – wieder in den Spinnproceß
                              eingefügt werden können. Herrscht doch gegenwärtig in der Praxis das Bestreben,
                              möglichst wenig Abfall zu Verkaufszwecken entstehen zu lassen.
                           Man kann deutlich folgende Gruppen von Abfällen unterscheiden:
                           
                              I)Abfälle – welche vor dem Spinnprocesse
                                 entstehen und als Emballage der ersten rohen Jute gedient haben. Hierzu gehören: a) die Jutestricke, welche die
                                       Ballen umschnüren und sie zusammen halten; b) die Markenlappen.
                                 
                              II)Abfälle – welche gebildet werden, um eine
                                 Jutesorte in ihrer Qualität zu verbessern, oder durch Unachtsamkeit der
                                 Arbeiter, durch augenblicklichen schlechten Zustand der Maschinen, oder durch
                                 andere Zufälligkeiten in sehr wechselnder Menge entstehen, und die ohne
                                 besondere Behandlung direct wieder in den Spinnproceß eingefügt werden können.
                                 – Es sind dies folgende Abfälle: a) abgehauene oder geschnittene,
                                       oder abgeschnippte Wurzelenden (Schnippheede); b) abgerissene Bänder von den Karden, den Streckmaschinen und
                                       der Spindelbank.
                                 
                              III)Abfälle – welche von der Art der Maschine und
                                 der Einwirkung derselben auf das Rohmaterial abhängen. Sie bilden die Abfälle im engern Sinne,
                                 die eigentlichen Fabrikationsabfälle, welche eine
                                 Verminderung des Garnquantums bewirken. Diese Abfälle wollen wir mit willkürlich
                                 gewählten Namen bezeichnen und können alsdann unterscheiden: 1)Kardenabfall – wie er sich bei dem
                                       Krempelproceß bildet und unter den Karden ansammelt. Derselbe besteht
                                       aus abgeschiedenen kürzern Fasern, aus starken Wurzelenden, aus
                                       Stengeltheilchen, aus Schmutz und Sand etc., und aus zufällig mit
                                       herabgefallenen längern Fasern. Es ist dieser Abfall – wie
                                       erklärlich – verschieden, je nachdem er sich bildet a) bei der Vorkarde oder b) bei der Feinkarde.2)Spinnabfall – bestehend aus ganz
                                       kurzen flaumenhaarähnlichen, feinen Fäserchen. Es bildet sich derselbe
                                       durch die Einwirkung der Streckwerke auf das Material und durch den
                                       Vor- und Feinspinnproceß als feiner Flugabfall. Derselbe findet
                                       sich im
                                       erstem Falle unter den Streckwerken der Streckmaschinen und der
                                       Spindelbänke, im zweiten zwischen den Maschinengestellen der
                                       Spindelbänke und der Feinspinnmaschinen. Er bildet sich aber auch in der
                                       Weberei, z.B. bei den Webstühlen durch das Reiben der Riete an den
                                       Kettenfäden, sodann aber auch bei fast sämmtlichen
                                       Vorbereitungsmaschinen zur Weberei und besonders bei den
                                       Schermaschinen.3)Rove-Abfall – d. s.
                                       abgerissene, fehlerhafte Vorgarnfäden. Derselbe entsteht bei den
                                       Spindelbänken und bei den Feinspinnmaschinen.4)Guter Kehrabfall der Feinspinnerei –
                                       enthält abgerissene fertige Garnfäden und abgerissene und zufällig
                                       herabgefallene Vorgarnfäden, nebst etwas Spinnabfall, Schmutz und
                                       Staub.5)Reiner Fadenabfall – besteht nur aus
                                       fertigen, aber wirr durch einander liegenden, längern und kürzern
                                       Garnfäden und bildet sich hauptsächlich bei dem Zwirnen, dem Weisen, dem
                                       Copen und bei verschiedenen andern Arbeiten der Weberei.6)Ordinärer Kehrichtabfall – stammt der
                                       Hauptsache nach aus den Vorspinnräumen und besteht aus kurzen, mehr oder
                                       weniger schmutzigen Fasern, wie sie bei der Reinigung der Streckwerke
                                       und der Maschinen überhaupt zu Boden fallen, sodann aber aus Lappen und
                                       aus Fadenabfällen, die zum Abwischen der öligen Maschinentheile bei dem
                                       Putzen derselben gedient haben.
                                 
                              
                           Zur Verarbeitung der Abfälle verwendet man den Reißwolf (Teazer), die
                              Abfallreinigungsmaschinen (Schüttelmaschinen) und die Abfall- oder
                              Teazer-Karde, deren Beschreibung nach Besprechung der Behandlung der Abfälle
                              erfolgen soll, soweit dies nicht bereits geschehen.
                           Verwendung der unter I angeführten Abfälle. Schon bei
                              Besprechung des Einlegeprocesses wurde (S. 140) erwähnt, daß die Jutestricke und
                              Markenlappen gesammelt werden und als erster Abfall zurück in das Magazin wandern.
                              Während nun die Lappen eine weitere Behandlung nicht erfahren, sondern als
                              ordinärstes Verpackungsmaterial u.s.w. zur Verwendung kommen, müssen die Stricke
                              zunächst durch Handarbeit zur weitern Verarbeitung auf den Maschinen tauglich
                              gemacht werden. Die Stricke, bestehend aus langen Jutefasern von ordinärer Qualität,
                              sind aus 4 bis 6 einzelnen – zusammengedrehten und alsdann
                              zusammengeflochtenen – oder wiederum durch Drehung vereinigten, etwa
                              fingerdicken Litzen hergestellt und gewöhnlich vielfach verknotet. Es werden
                              dieselben zunächst durch Handarbeit außerhalb der Fabrik aufgeknotet, sodann
                              – um die einzelnen Litzen frei zu machen – aus einander geflochten oder
                              aufgedrehtErnst Reuß und Comp. in
                                    Manchester liefern besondere Maschinen zum Oeffnen dieser Stricke, durch
                                    welche die Handarbeit überflüssig wird. Da dieselben aber nur für die
                                    Etablissements von besondern Werth sind, die sich vorzüglich mit der
                                    Verarbeitung von Stricken befassen, so ist deren Beschreibung hier nicht
                                    gegeben., und hierauf in Längen von etwa 2 1/2 Fuß (765mm) zerschnitten, parallel neben einander
                              gelegt, zu etwa 20k schweren Bündelchen
                              vereinigt und zusammengebunden. Hat sich in dieser Weise eine genügende Anzahl
                              angesammelt, so gehen sie zurück in das Vorbereitungshaus, werden dort in
                              Einlegefächern ausgebreitet, mit Wasser und Thran besprengt und in derselben Weise
                              wie lange Jute aufgeschichtet liegen gelassen und sodann dem Quetsch- oder
                              Softeningprocesse unterworfen. Nunmehr können die Stricke direct auf dem
                              Auflegetuche der gröbsten Vorkarde ausgebreitet, auf derselben bearbeitet und zu
                              groben Nummern 1/4 bis 2 versponnen werden.
                           Um aber einerseits den Beschlag der Vorkarde möglichst zu schonen und anderseits aus
                              den bei Besprechung des Krempelprocesses erwähnten Rücksichten – wenn es sich
                              nämlich um Zufügung eines kürzern Fasermaterials handelt – ist es besser, die
                              Stricke vorher über den schon beschriebenen Reißwolf (Teazer) gehen zu lassen,
                              dieselben also zu Heede zu zerreißen und sie erst in diesem Zustande der Vorkarde zu
                              übergeben. Man verarbeitet die Stricke entweder allein, oder mit anderer langer,
                              ordinärer und bastiger Jute gemischt, – oder mit kurzem Abfall, der aber am
                              besten erst auf der Feinkarde zugesetzt wird. Sind die Preise für Jutestricke
                              niedrig, so lohnt auch deren Ankauf von den Baumwollspinnereien, wo sie ebenfalls
                              als Umschnürungen der Ballen abfallen; hingegen kann auch bei hohem Preise der
                              Stricke es sogar lohnender sein, sie zu verkaufen; doch überschreiten wohl weitere
                              derartige Auseinandersetzungen den Rahmen dieser Arbeit.
                           Verwendung der unter II angeführten
                                 Abfälle. Die abgehauenen Wurzelenden als solche, oder die Schnippheede,
                              werden wie die Stricke zu den niedersten Garnnummern verarbeitet und auf den
                              Zuführungstisch der betreffenden Vorkarde ausgebreitet. Stammen die abgeschnippten
                              Wurzelenden von den besten Jutesorten, so ist auch deren Verarbeitung zu einer
                              höhern Nummer oder bessern Qualität zulässig.
                           Die andern, sich zufällig bildenden Abfälle – wie abgerissene Bänder der
                              Karden u.s.w. – werden stets der Feinkarde, welche die betreffende Sorte
                              verarbeitet, wieder zugeführt. Um hierbei nicht merklich ungleiche Bänder durch
                              verstärkte Auflage zu bekommen, müssen bei Wickelzuführung diese Abfallbänder
                              möglichst dünn und während einer längern Zeitdauer eingeführt werden, und eignet sich der
                              Moment der Aufarbeitung der Wickel am besten zur Anfügung der fehlerhaften
                              Bänder.
                           Verwendung und Verarbeitung der unter III angeführten eigentlichen Fabrikationsabfälle: 1) Kardenabfall und zwar a) Vorkardenabfall. Aus diesem zusammengefegten Abfall
                              werden zunächst mit der Hand die wenigen längern, herabgefallenen Faserstreifen
                              aussortirt und aufs Neue der Karde zur Verarbeitung übergeben. Hierauf wird derselbe
                              einem Klopf- oder Schüttelprocesse unterworfen, um eine Trennung der
                              brauchbaren längern Fasern von den Bast- und Holztheilchen, dem Schmutze,
                              Sande und den ganz kurzen Fäserchen zu erreichen. Es wird also dieser Abfall in eine
                              bessere und in eine schlechtere Sorte vertheilt. Die letztere wird besonders
                              gesammelt und an passenden Lagerorten im Freien, am besten aber unter Dach und Fach,
                              aufgesammelt und als Düngungsmaterial fuderweise abgegeben. Die erstere, bessere,
                              eine brauchbare, reine Faser enthaltende Sorte könnte zwar, mit längerm Material
                              gemischt, zu den stärksten Nummern verarbeitet werden; doch wird der Spinnproceß
                              durch die immerhin sehr kurze Faser derselben meist so beeinträchtigt und die
                              Qualität des Garnes so verschlechtert, daß man am besten hiervon absieht und diesen
                              Abfall in Kastenpressen, zu Ballen von etwa 100 bis 200k Gewicht vereinigt, verschnürt und an
                              Papier- oder Pappefabriken verkauft, für welche Industriezweige er ein
                              gesuchtes Material ist.
                           b) Der Abfall der Feinkarden
                              enthält weniger Verunreinigungen und längere, besser spinnbare Fasern; auch genügt
                              zu seiner Reinigung meist ein Abschütteln des Staubes mit der Hand; besser ist es
                              jedoch, stets auch diesen Abfall einem Schüttelproceß auf Maschinen zu unterwerfen.
                              Der ausgeschüttelte Staub und die sonstigen Verunreinigungen werden mit dem
                              ausgeschüttelten ordinären Abfall der Vorkarden vereinigt und entfernt, während die
                              gereinigten Fasern mit Schnippheede, Stricken oder mit ordinärer Jute zusammen zu
                              groben Nummern versponnen werden. Die Zufügung des Abfalles erfolgt am besten, wie
                              schon erwähnt und begründet wurde, auf der Feinkarde. Manchmal ist es aber –
                              je nach dem Preise – vortheilhafter, auch diesen Abfall nicht zu verspinnen,
                              sondern ihn mit dem gereinigten Abfalle der Vorkarden zu vereinigen und mit diesem
                              zusammen oder für sich allein zu verpacken und alsdann als eine bessere Sorte zu
                              verkaufen.
                           Die Abfälle von denjenigen Feinkarden, welche die geringste Sorte Material
                              verarbeiten, werden wie die Vorkardenabfälle der andern Sorten behandelt.
                           2) Der Spinnabfall unterliegt einer besondern Bearbeitung
                              nicht, sondern wird
                              entweder für sich allein, oder mit dem gereinigten Vorkardenabfalle in der
                              Schüttelmaschine gemengt, in Ballen gepreßt, verpackt und an Papierfabriken
                              verkauft.
                           3) Der Rove-Abfall läßt sich in den Spinnproceß
                              – allerdings nur zu geringen Garnsorten – leicht wieder einfügen. Man
                              legt denselben entweder auf das Tuch der Vorkarde neben langer Jute auf, oder man
                              läßt ihn, was empfehlenswerther ist, einmal über den Wolf (Teazer) gehen und
                              übergibt die gebildete Heede der Feinkarde zur weitern Verarbeitung, wobei aber
                              nothwendiger Weise dieselbe mit Tischzuführung versehen sein muß; die Fasern bleiben
                              alsdann länger. Der Rove-Abfall, auch von den besten Jutesorten, darf nie den
                              mittlern oder bessern zur Wiederverarbeitung zugesetzt werden, weil seine durch den
                              Spinnproceß bereits verkürzten Fasern eine noch weiter gehende Verkürzung erleiden
                              und sich mit den längern Fasern, die den Spinnproceß zum ersten Male durchmachen,
                              mischen, wodurch man, wie schon aus einander gesetzt, nur ein verhältnißmäßig
                              unegales und weniger gutes Feingarn erhält.
                           4) Guter Kehrabfall der Feinspinnerei. Aus diesem Abfalle
                              werden zunächst durch die mit der Reinigung der Säle betrauten Personen an Ort und
                              Stelle bei dem Zusammenfegen oberflächlich die herabgefallenen Vorgarnfäden –
                              die in demselben eigentlich nicht enthalten sein sollten – aussortirt, mit
                              dem Rove-Abfall vereinigt und demnächst gemeinsam versponnen. Eine zweite
                              Sortirung des Abfalles findet dann im Vorbereitungshause statt, und hierauf läßt man
                              denselben einmal über den Reißwolf und dann noch über die Abfallkarde gehen, wodurch
                              man ein lockeres und sehr weiches Putzmaterial erhält, das in Säcke verpackt, oder
                              besser in Ballen gepreßt, und an Eisenbahnwerkstätten u.s.w. verkauft wird.
                           Ein Verspinnen dieses Abfalles ist durchaus nicht zulässig, da die fest gedrehten
                              Feingarnfäden dem Spinnprocesse durchaus hinderlich sind, und selbst der
                              energischste Auflockerungsproceß diese Drehung nicht aufheben kann, ohne den
                              Zusammenhang der Fasern so zu lockern und sie so zu verkürzen, daß dies ein erneutes
                              Hinderniß für ihre Wiederverarbeitung ist.
                           5) Reiner Fadenabfall wird, um das Zusammenhängen der
                              Fäden möglichst aufzuheben, ein bis zwei Mal durch den Reißwolf bearbeitet und gibt
                              ebenfalls ein sehr schönes, reines Putzmaterial, welches allerdings etwas weniger
                              weich als das vorige ist. Es wird dieser so bearbeitete Abfall auch manchmal als
                              Polstermaterial zu gewöhnlichen Matratzen, Sophas etc. an Stelle der Flachsheede
                              verwendet, welcher gegenüber er den großen Vorzug der Sauberkeit und Reinlichkeit – allerdings
                              aber auch den Thrangeruch – hat.
                           6) Ordinärer Kehrichtabfall. Nach dem Zusammenfegen
                              desselben werden aus ihm die etwaigen guten Abfälle, wie Bänderstücke,
                              Rove-Abfall u.s.w. aussortirt; dann folgt das Aussuchen der öligen
                              Putzabfälle, welche, da ihr großer Oelgehalt für feuergefährlich angesehen wird, ins
                              Kesselhaus zum Feueranzünden wandern, und sich auch kaum eine bessere Verwendung für
                              dieselben finden dürfte. Der Rest wird entweder direct mit dem ausgeschüttelten
                              ordinären Abfall der Karden zusammengeschüttet, oder vorher der Schüttelmaschine zum
                              Ausschütteln übergeben, und die etwa in der Maschine bleibenden bessern Fasern
                              werden mit dem gereinigten Vorkardenabfall vereinigt.
                           Die vorgeführte Behandlung der Abfälle erleidet vielfach Aenderungen, wenn z.B. die
                              Möglichkeit eines guten Absatzes vorhanden ist. So kann es dann vortheilhaft sein,
                              den guten Kehrabfall der Feinspinnerei nicht zu sortiren, sondern ihm noch
                              Rove-Abfall der ordinären Sorten beizufügen, alsdann beide zusammen auf dem
                              Teazer zu zerreißen und, vielleicht noch auf der Abfallkarde mit gereinigtem
                              Kardenabfall gemengt, bearbeiten zu lassen. Man erhält hierdurch ein ausgezeichnetes
                              Putzmaterial, welches aber nur für einen entsprechend höhern Preis abgegeben werden
                              kann. Manchmal ist auch Nachfrage nach geeignetem Materiale zur
                              Bindfadenfabrikation, das man z.B. in folgender Weise herstellen kann: Die
                              Jutestricke werden, ohne eingeweicht worden zu sein, mit den Bändern und dem
                              Rove-Abfall der Vorspinnerei auf dem Teazer gemeinsam zerrissen und dann
                              nochmals auf der Abfallkarde verarbeitet; außerdem sind noch mannigfache
                              Verarbeitungen, Mischungen und Verwerthungen der Abfälle möglich und zeitweise
                              vortheilhaft.
                           Bei den folgenden Zahlenangaben sind nur die in der Spinnerei erzeugten Abfälle,
                              sowie die wirklichen Gewichtsverluste und nicht zugleich die Entwerthungsverluste
                              der bessern Sorten berücksichtigt, welche dadurch hervorgerufen werden, daß die
                              Abfälle der bessern Sorten den geringern Jutesorten beigefügt werden. Sodann geben dieselben jährliche
                              Mittelwerthe, und werden diese also in Bezug auf die Abfälle aus obigem Grunde für
                              die bessern Sorten zu gering und für die ordinären zu groß sein; auch ist möglichst
                              vollständige Wiederverspinnung der Abfälle angenommen worden. Der zum Einweichen
                              verwendete Thran wurde dem Rohmateriale zugezählt, da der im Feingarn und den
                              Abfällen enthaltene Antheil ja mitgewogen wird, während das zugefügte Wasser bis zum
                              gewöhnlichen Wassergehalt verdunstet. Es ergeben etwa 100k Rohmaterial plus 2k,5 Thran, also in Summe 102k,5 Spinnmaterial:
                           97k Garn, 1k,75 Stricke und Lappen,
                             2k nicht
                              verspinnbaren Abfall und
                             1k,75
                              ausgeschüttelten Staub, Basttheilchen u.s.w.
                           Von den zur Verarbeitung und Zubereitung des Abfalles dienenden erwähnten Maschinen
                              ist der Reißwolf (Teazer) bereits früher (S. 433) beschrieben worden und erübrigt
                              jetzt noch eine Besprechung der Abfallreinigungsmaschinen und der Abfallkarde.
                           Die Abfallreinigungsmaschinen kann man je nach der Beschaffenheit des Schlagapparates
                              unterscheiden in a) einfache Schlag- oder
                              Schüttelmaschinen, b) conische Schüttelmaschinen
                              (conischer Schlagwolf) und c) doppelte
                              Schüttelmaschinen.
                           
                        
                           a) Einfache Schlag- oder
                                 Schüttelmaschine. Eine Maschine dieser Art mit Holzgestell ist auf Tafel V
                              [c/2] in Figur 28 im Längenschnitt
                              und in Figur
                                 29 im Querschnitt in 1/24 natürlicher Größe dargestellt. In einem
                              cylindrischen Gehäuse, das in der oberen Hälfte aus einem dichten Mantel d und einer ausbalancirten Thüre d₁ zum Eingeben und Herausnehmen des Materials, in der untern
                              Hälfte aus einem Lattenroste SS besteht, bewegt
                              sich die horizontal gelagerte, mit der losen und festen Betriebsriemenscheibe R, R₁ versehene Welle A, in welcher sechs Reihen eiserner runder Schlagstäbe befestigt sind. Bei
                              der Drehung der Welle schlagen diese Stäbe durch die Zwischenräume zweier andern
                              Reihen Stäbe a₁ und a₂, welche im Gestell befestigt sind. Die Seitenwände der Maschine sind
                              gut verschalt, so daß sich unterhalb des Lattenrostes die Staubkammer K bildet. Ist durch die erwähnte Thür das zu reinigende
                              Abfallquantum (Kardenabfall) eingeschüttet und möglichst in der Maschine vertheilt
                              worden, so wird dieselbe geschlossen, und läßt man jetzt die Drehung der Welle
                              beginnen und die Schlagwirkung 5 bis 10 Minuten andauern. Alsdann wird die
                              Schlagwelle ausgerückt und die Maschine durch die Thür von dem gereinigten Abfalle
                              entleert. Der ausgeklopfte Staub, Sand, die Basttheilchen u.s.w. sind durch den Rost
                              in die Staubkammer gefallen und werden am leichtesten und bequemsten aus dem
                              Bereiche der Arbeitsräume gebracht, wenn man die Maschine über einer gemauerten
                              Grube aufstellt, welche durch einen Canal mit einem besondern Staubschuppen im
                              Freien in Verbindung steht. Erlauben es die Grundwasserverhältnisse nicht, eine
                              derartige Grube und Verbindung mit einem Schuppen anzulegen, so muß man die
                              Schüttelmaschine erhöht aufstellen und einen größern, auf Rädern ruhenden Kasten
                              unter die Staubkammer schieben, in welchem sich der ordinäre ausgeschüttelte Abfall ansammeln
                              kann. Die Verbindung der Staubkammer mit einem Ventilator, welcher den feinern
                              (verhältnißmäßig unbedeutenden) Staub fortführt und an geeigneten Orten ablagert,
                              macht ein besonderes Auffangen der schwerern Theilchen immer noch erforderlich. Man
                              pflegt der Schlägerwelle 260 bis 280 Umdrehungen zu geben. Die Maschine erfüllt ihre
                              Bestimmung recht gut und hat nur den Nachtheil, daß ihre Bedienung durch das
                              Eingeben und Herausnehmen des Abfalles viel Zeit erfordert, und daß die
                              Schlagwirkung für ein bestimmtes Abfallquantum verhältnißmäßig lange Zeit (5 bis 10
                              Minuten) währen muß.
                           
                        
                           b) Conische Schüttelmaschine.
                                 Conischer Schlagwolf (waste-willow) von Lawson and Sons in Leeds. Eine derartige
                              Abfallreinigungsmaschine ist auf Tafel V [d/4] in Figur 30 in
                              der Längenansicht, in Figur 31 in der
                              Seitenansicht in 1/32 natürlicher Größe dargestellt. Figur 32 zeigt die
                              Schlagtrommel im Längendurchschnitt besonders und Figur 33 dieselbe in der
                              Hinteransicht in 1/16 wahrer Größe. Das Gehäuse bei dieser Maschine, in welchem sich
                              die Schlagtrommel bewegt, bildet einen abgestumpften Kegel. Die obere Hälfte
                              desselben ist durch Blechplatten g dicht abgeschlossen,
                              während die untere Hälfte aus einem durch dünne Bandeisenstreifen gebildeten Roste
                              S besteht, welcher von der durch Blechplatten
                              abgeschlossenen Staubkammer K umgeben ist. Die untere
                              Hälfte des Gehäuses ist an den Endflächen offen und an der kleinern mit dem
                              Einschütttrichter B, an der größern mit dem Speiblech
                              B₁ versehen. Das ganze Gehäuse ist um die
                              Mitte um zwei Zapfen z drehbar und kann durch zwei am
                              breitern Ende angebrachte, mit Gewinde versehene Zapfen, die sich in festen
                              Coulissen c₁, c₂ bewegen, durch Muttern in mehr oder weniger geneigter Lage
                              festgestellt werden. Die sich in diesem Gehäuse bewegende sechsseitige Schlagtrommel
                              T ist mit sechs Reihen kurzer Schlagstifte i versehen, welche durch die Zwischenräume der im
                              höchsten Punkte des Gehäuses festgeschraubten Stiftreihe i₁ schlagen. Die sechs Flächen der Trommel sind durch Blechplatten
                              gebildet, so daß das Innere derselben nicht mit dem Gehäuse communicirt.
                           Die Lager der Schlagtrommelwelle A sind an den Endflächen
                              des Gehäuses verstellbar befestigt, um bei veränderter Stellung des Gehäuses
                              dieselbe wieder möglichst horizontal einstellen zu können. Der Abfall wird durch den
                              Trichter B an der kleinern Endfläche in das Gehäuse
                              eingeschüttet, von den Schlagstiften der Trommel erfaßt und an den Wänden des
                              Gehäuses, bei den festen Stiften desselben vorbei, herumgeführt und gelangt durch
                              die mitgetheilte Centrifugalkraft an der breitern Endfläche über das Speiblech B₁ wieder aus demselben heraus. Staub, Schmutz und sonstige
                              Verunreinigungen sollen hierbei durch den Rost nach unten in die Staubkammer K fallen. Um dies sicherer zu erreichen, steht dieselbe
                              durch die an den Gestellen angebrachten Kästen k₁, k₂ und die Röhren r₁, r₂, v₁ und v₂ mit
                              einem oberhalb der Maschine angeordneten Ventilator V,
                              welcher mittels der Riemenscheibe s oder s₁ bewegt wird, in Verbindung. Es vermag dieser
                              Ventilator aber doch nur die wenigen leichten Staubtheilchen emporzuheben und
                              fortzuführen, während der erzeugte kräftige Luftzug die schweren Theile höchstens
                              schneller durch den Rost auf den Boden der Staubkammer K
                              reißen kann. Die Staubkammer kann durch eine seitlich angebrachte Thür, sobald
                              nöthig, entleert werden. Die Trommelwelle A soll 200 bis
                              220, die Ventilatorwelle 800 bis 900 Umdrehungen in der Minute machen.
                           Will man die Wirkung der Maschine erhöhen, das Material also nöthigen, möglichst
                              lange in dem Gehäuse zu bleiben, so muß dasselbe so gestellt werden, daß die untere
                              Begrenzungslinie nahezu horizontal liegt. Doch selbst bei dieser Stellung weilt das
                              Material zu kurze Zeit in der Maschine, um genügend gereinigt zu werden, weshalb es
                              gewöhnlich nöthig ist, ein und denselben Abfall zweimal die Maschine passiren zu
                              lassen. Hierdurch wird aber ein erhöhter Arbeitsaufwand nöthig, und es erfordert ein
                              bestimmtes Abfallquantum zu seiner Reinigung, weil doppelte Aufschüttung nöthig ist,
                              mindestens ebenso viel Zeit, wie bei der vorigen Maschine, weshalb die letztere
                              – gegen die einfache und billig herzustellende erstere – nicht den
                              mindesten Vortheil bietet.
                           
                        
                           Um die beregten Uebelstände der erwähnten Maschinen zu beseitigen und in möglichst
                              kurzer Zeit unter geringstem Arbeitsaufwands ein größeres Abfallquantum durch eine
                              recht intensive Schlagwirkung gründlich zu reinigen, empfehlen sich die auch in
                              andern Industriezweigen, z.B. der Baumwollspinnerei, benützten doppelten Schlagmaschinen.
                           Eine Maschine dieser Art würde für Kardenabfall ungefähr die Anordnung haben können,
                              wie sie in Figur
                                 34 Tafel V [d/3] im Längenschnitt in 1/24
                              natürlicher Größe angegeben ist. Es sind zwei horizontal gelagerte, mit sechs Reihen
                              eiserner Schlagstäbe i und i₁ versehene Schlagwellen A und B derart in cylindrischen Gehäusen angeordnet, daß die
                              Stäbe der einen durch die Zwischenräume der andern schlagen. Die Gehäuse bestehen
                              auch hier oberhalb aus dicht schließenden Deckeln d und
                              unterhalb aus einem Lattenroste S. Die Schlagstäbe i der Welle A schlagen noch
                              durch die Zwischenräume von vier Reihen am Gehäuse befestigter Stabreihen i₂, die Stäbe i₁ der Welle b noch durch die der Stabreihe
                              i₃ hindurch. Die Ausspeiöffnung ist durch die
                              abbalancirte Thür d₁ während der Arbeit
                              geschlossen. Die Staubkammer communicirt entweder mit einer Grube, wie in der Skizze angedeutet,
                              oder mit einem geschlossenen Kasten, und kann man alsdann auch einen Ventilator
                              anwenden. Die Einführung ist im obern Theile des ersten Gehäuses angeordnet und
                              besteht aus einem endlosen Tuche t, einer kleinen lose
                              aufliegenden Walze c und einer sich mit größerer
                              Geschwindigkeit bewegenden Nadelwalze w, beide in einem
                              möglichst dicht anschließenden Gehäuse sich bewegend. Die Nadelwalze hat den Zweck,
                              das Material in bereits möglichst aufgelockertem und zertheiltem Zustande in das
                              Schlaggehäuse zu bringen. Man führt eine bestimmte Quantität Abfall bei
                              geschlossenem Speiloch in die Maschine, hört dann mit der Auflage auf, oder stellt
                              besser die Speisung ein; hierauf öffnet man nach einigen Minuten die Thür, so daß
                              das fertig gereinigte Material nach außen geworfen und in einem vorgesetzten Kasten
                              aufgefangen werden kann. Man schließt alsdann wiederum die Thür, speist aufs Neue,
                              und kann dieses sich wiederholende Spiel leicht durch einen geeigneten Mechanismus
                              automatisch bewirken lassen.
                           
                        
                           Es erübrigt jetzt noch die Besprechung der Abfallkarde
                              oder Teazer-Karde, welche in Figur 27 Tafel V [c.d/2] in 1/32 natürlicher Größe skizzirt ist. Die
                              rotirende Trommel T, welcher durch das Speisetuch t und die geriffelten Einführwalzen e, e₁ das Material zugeführt wird, ist auf der
                              obern Hälfte von drei Paar zusammen arbeitenden Wende- und Arbeitswalzen W und A umgeben, die auf
                              schon bekannte Weise das Material bearbeiten, das dann schließlich an die
                              Abnehmewalze D übergeht, von welcher es als ein
                              zusammenhängendes Vließ durch die glatten Abzugswalzen a,
                                 a₁ abgezogen und auf das Abführtuch t₁ übergeleitet wird. Es ist diese Maschine also eine halbcirculare
                              Karde mit oberer arbeitender Hälfte. Um das Stäuben zu verhüten, sind die Walzen
                              sämmtlich mit einem Blechmantel bedeckt. Der Durchmesser der Trommel beträgt
                              gewöhnlich 3 bis 4 Fuß (0,914 bis 1m,219)
                              bei etwa ebenso viel Breite, und ist ihre Umlaufzahl in der Minute 100 bis 120. Die
                              Geschwindigkeiten der Walzen wechseln sehr und müssen dem jeweiligen Bedürfniß
                              angepaßt werden. Das Verhältniß der Einführ- zur Abzugsgeschwindigkeit darf
                              hier höchstens 1 : 15 sein.
                           
                              (Fortsetzung folgt.). 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
