| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, Nr. , S. 498 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Die Gefahren der Industrie.
                           Mit der kolossalen Entwicklung der Industrie, welche im Laufe dieses Jahrhunderts
                              durch die immer allgemeinere Anwendung der Dampfkraft hervorgerufen wurde, ist eine
                              beispiellose Erhöhung der Hilfsmittel und Annehmlichkeiten des menschlichen Lebens,
                              eine Erhöhung der gesammten Lebensthätigkeit unsers Geschlechtes Hand in Hand
                              gegangen. Gleichzeitig damit, und gewissermaßen als Reversseite in dem Bilde der
                              Segnungen der Industrie, haben sich die Gefahren für das Leben und die Gesundheit
                              nicht unbedeutend gemehrt, sind uns Feinde entstanden, von deren Existenz unsere in
                              in dieser Beziehung glücklichern Vorfahren keine Ahnung, oder wenigstens nur einen
                              sehr vagen Begriff hatten.
                           Eine große Zahl der lebenszerstörenden oder schädigenden Einflüsse der Industrie in
                              ihrer heutigen Entwicklung entziehen sich dabei jeder statistischen Aufstellung. Wem
                              ist es nicht bekannt, wie bei vielen Industriezweigen – speciell auch bei der
                              Eisengewinnung und
                              Verarbeitung – das Durchschnittsalter der dabei Beschäftigten selten die
                              Fünfzig erreicht oder übersteigt, und wer nur einmal die Zerstörung gesehen, welche
                              chemische Fabriken, Kupfer- und Zinkwerke in weitem Umkreise an der gesammten
                              Vegetation anrichten, wer die hagern, blutlosen Gesichter der in diesen
                              Etablissements beschäftigten Arbeiter beobachtet, muß zugeben, daß der Fortschritt
                              nicht auch ohne bittere Gegenwirkungen geblieben ist. Kein Zweifel, daß diese
                              schädigenden Ursachen auch schon in frühern Jahrhunderten bestanden haben, ebenso
                              wie auch schon in ältern Zeiten das Befahren des Meeres und das Durchforschen der
                              Erdrinde seine Opfer gefordert hatte; aber erst unserm Jahrhundert war es
                              vorbehalten, alles dieses in großartigem Maßstabe zur Erscheinung zu bringen. Und
                              endlich die zahlreichen Opfer, welche der Eisenbahnverkehr, sowie der Betrieb der
                              Dampfkessel jährlich, fordert, sind als eigenste Consequenz unserer jetzigen
                              Entwicklungsstufe zu bezeichnen.
                           Letztere vier Gebiete, Eisenbahn und Schifffahrt, Bergbau und Dampfkesselbetrieb sind
                              zugleich die einzigen, über welche genaue statistische Daten gesammelt werden
                              konnten, und von denen wir jetzt kurz einige der markantesten hervorheben
                              wollen.
                           In England gingen im J. 1874 407 Schiffe total verloren mit einem Tonnengehalt von
                              120000t; außerdem scheiterten und
                              wurden mehr oder weniger zerstört 391 Schiffe von 95000t, – im ganzen somit 798 Schiffe,
                              darunter ein Auswandererdampfer, auf dem mehr als 400 Personen auf einmal zu Grunde
                              gingen.
                           Die Zahl der dabei verunglückten Personen ist nicht angegeben; ebensowenig haben wir
                              Kenntniß über die Menschenverluste zur See bei andern seefahrenden Nationen; gewiß
                              aber ist der jährliche Verlust mit vielen Tausenden zu berechnen.
                           Die durch den Landtransport und den Bergbau entstehenden Verluste kommen den oben
                              angeführten an Größe zunächst. So sind von 1872 bis 1875 auf den englischen
                              Eisenbahnen durchschnittlich 1200 Personen jährlich getödtet, 4000 verwundet worden.
                              Auf den Bahnen des deutschen Eisenbahnvereins (mit einem Personenverkehr von
                              beiläufig der Hälfte des englischen) verunglückten in der Periode vom J. 1869 bis
                              1873 durchschnittlich 1070 Personen, von denen 600 getödtet, 470 verwundet wurden.
                              Die geringe Zahl der Verwundungen gegenüber tödtlichen Verletzungen ist im
                              Vergleiche mit den englischen Ziffern ausfallend und gibt zur Vermuthung
                              Veranlassung, daß bei letztern auch ganz geringfügige Verletzungen einbegriffen
                              sind.
                           Die Menschenverluste beim Bergbaubetrieb betrugen im J. 1874 in England 1159
                              Personen, im J. 1875 1363 Personen. In Preußen verloren in denselben Jahren 572,
                              bez. 573 Personen ihr Leben.
                           Dampfkesselexplosionen endlich erforderten den geringsten Tribut an Menschenleben. In
                              England kamen in den J. 1871 bis 1874 durchschnittlich 62 Personen durch
                              Kesselexplosionen ums Leben (ohne Inbegriff der Marinekessel); in Preußen in der
                              Zeit von 1869 bis 1872 durchschnittlich 24 Personen.
                           Es starben somit durch die drei letztgenannten Ursachen in den letzten Jahren
                              jährlich etwa 2500 Personen allein in England, 1200 Personen in Preußen. Bedenken
                              wir, daß in andern Ländern trotz geringern Verkehres sich gleichfalls beträchtliche
                              Ziffern ergeben (so in Rußland von 1871 bis 1873 durchschnittlich 230 Tödtungen im
                              Eisenbahnverkehr), und rechnen wir die muthmaßliche Ziffer der jährlich auf der See
                              Verunglückenden mit 10000 hinzu, so erscheint die Zahl der Menschenleben, welche von
                              den civilisirten Nationen jährlich ihrer fortgeschrittenen Cultur zum Opfer gebracht
                              werden, mit 20000 eher zu niedrig als zu hoch gegriffen.
                           
                              Fr.
                              
                           
                        
                           Englische Locomotiven.
                           Ende 1875 waren auf den englischen Eisenbahnen etwa 10000 Locomotiven im Betriebe.
                              Davon besaßen
                           
                              
                                 
                                 J. 1875
                                 J. 1870
                                 
                              
                                 London and North-Western
                                    Railway      
                                 1019
                                    1591
                                 
                              
                                 North-Eastern Railway
                                 1331
                                      935
                                 
                              
                                 Great-Western    
                                    „
                                 1200
                                      930
                                 
                              
                                 Midland              „
                                 1196
                                      850.
                                 
                              
                           Die durchschnittliche Zunahme pro Jahr beträgt demnach bei diesen Gesellschaften etwa
                              5 Proc. des Bestandes, ohne Einbeziehung des Bedarfes neu bestehender Bahnen und des
                              erforderlichen Ersatzes.
                           
                              Fr.
                              
                           
                        
                           
                           Preisausschreibung auf Sicherheitsmittel in Gewerbe und
                              Industrie.
                           Benjamin Shaw hat eine alle 5 Jahre zu vertheilende
                              Medaille im Werthe von 100 Dollars gestiftet für eine neue Erfindung, mit welcher
                              die Gefahr einer Beschädigung bei irgend welcher gewerblichen oder industriellen
                              Beschäftigung behoben oder doch wesentlich vermindert wird. Die Society of Arts in London hat das Verleihungsrecht, und
                              wird die erste Verleihung im Mai 1877 stattfinden.
                           
                        
                           Krystallinischwerden von Eisen bei
                              Schachtförderungsketten.
                           Die bekannte Erscheinung, daß Eisen bei längerm Gebrauche unter stoßweisen
                              Anstrengungen eine grobkörnige Structur annimmt, hat sich (nach der Zeitschrift für
                              Bergwesen etc., 1876 S. 164) auch bei einem auf der Steinkohlengrube
                              „Friedenshoffnung“ bei Waldenburg angestellten Versuche an
                              der zwei Jahre hindurch im Gebrauche gewesenen Hängekette des Förderkorbes
                              herausgestellt. Ein Glied dieser Kette sprang bei dem ersten Schlage eines etwa 5k schweren Schmiedehammers in 4 Stücke,
                              deren Bruchflächen ein krystallinisches Gefüge zeigten, wogegen ein anderes, vorher
                              rothwarm ausgeglühtes Glied derselben Kette erst nach 23 Schlägen mit demselben
                              Hammer derart brach, daß der Bruch auf der einen Seite des Ringes ganz, auf der
                              andern nur halb durchging und eine sehnige Structur zeigte. Es weist dies für alle
                              Schachtförderungen, welche zur Seilfahrung der Mannschaft dienen, auf die
                              Nothwendigkeit der sorgfältigsten Beachtung dieser Structurveränderungen hin und
                              läßt neben der Anbringung von Federbüchsen (vgl. * 1875 216 303) zwischen Seil und Förderkorb behufs Milderung der Stöße beim
                              Anheben die Sicherheitsmaßregel, die Verbindungstheile zwischen Seil und Förderkorb
                              von Zeit zu Zeit auszuglühen, als zweckmäßig erscheinen.
                           
                        
                           Dauer eines Schlages.
                           Interessante Versuche über die Dauer der Berührung zweier auf einander stoßenden
                              Massen werden im Engineering (September 1876 S. 311)
                              mitgetheilt. Dieselben wurden von dem Chef-Ingenieur der „British
                                 Telegraph Manufactory“ in London, R. Sabine, unter Benützung eines von ihm erfundenen elektrischen Apparates
                              zur Messung kleiner Zeitelemente, angestellt.
                           Eine Eisenkugel von 110g Gewicht wurde
                              mittels eines Eisendrahtes isolirt an der Decke des Versuchszimmers aufgehängt
                              – derart, daß die Kugel, wenn vertical herabhängend, grade die Oberfläche
                              eines umgelegten Ambosses berührte, gegen die sie dann unter verschiedenen
                              Ausschlagwinkeln fallen gelassen wurde. Nach dem Steigungswinkel des Aufhängedrahtes
                              wurde die verticale Fallhöhe, mittels des oben erwähnten Apparates die Contactdauer
                              bestimmt, und es ergaben sich folgende durch mehrfache Wiederholungen bestätigte
                              Mittelwerthe:
                           
                              
                                 Fallhöhe.
                                 Contactdauer.
                                 Fallhöhe.
                                 Contactdauer.
                                 
                              
                                         1220mm   
                                             0,00008
                                    Sec.     
                                       25mm      
                                         0,00013
                                    Sec.
                                 
                              
                                 915
                                 0,00008
                                 6,3
                                 0,00016
                                 
                              
                                 710
                                 0,00008
                                 1,6
                                 0,00018
                                 
                              
                                 432
                                 0,00009
                                 0,8
                                 0,00021
                                 
                              
                                 235
                                 0,00010
                                 0,3
                                 0,00030
                                 
                              
                                 102
                                   0,00011.
                                 
                                 
                                 
                              
                           Hieraus muß gefolgert werden, daß die Dauer der Berührung mit wachsender Fallhöhe
                              abnimmt, ohne daß es jedoch schon möglich wäre, irgend eine Relation
                              aufzustellen.
                           Aus analogen Versuchen folgt ferner, daß die Dauer der Berührung mit wachsendem
                              Gewichte der ausfallenden Kugel zunimmt, während bei Anwendung von Bronze für Kugel
                              und Ambos bei gleichen Gewichten und Fallhöhen die Berührung eine dreimal längere
                              Dauer hat.
                           Zur Bestimmung einer Beziehung zwischen der Contactdauer und der Größe des Rückpralles der
                              auffallenden Kugel wurden weitere Versuche gemacht, deren eine Serie hier angefügt
                              ist. Es ergab sich:
                           
                              
                                 Fallhöhe.
                                 Distanz desRückpralles.
                                 Zeitdauer derBerührung.
                                 
                              
                                      150mm
                                         51mm
                                        0,000120 Sec.
                                 
                              
                                 150
                                 65
                                 0,000111
                                 
                              
                                 150
                                 85
                                 0,000101
                                 
                              
                                 150
                                 91
                                 0,000091
                                 
                              
                                 635
                                 200
                                 0,000096
                                 
                              
                                 635
                                 210
                                 0,000091
                                 
                              
                                 635
                                 240
                                 0,000086
                                 
                              
                                 635
                                 305
                                  0,000078.
                                 
                              
                           Das Fallgewicht bestand aus derselben Eisenkugel von 110g Gewicht; die Versuche deuten an, daß die
                              Größe des Rückpralles mit abnehmender Contactdauer zunimmt, was sich leicht dadurch
                              erklärt, daß eben in diesem Fall mehr Kraft disponibel bleibt.
                           Endlich wurde auch die Zeitdauer ermittelt, durch welche hindurch ein Handhammer, den
                              man frei zurückprallen läßt, in Berührung mit dem Ambos bleibt. Bei mäßigem Schlage beträgt dieselbe 0,00027, bei starkem Schlage 0,00019 Secunden.
                           Es ist wohl das erste Mal, daß diese unglaublich geringen Zeitmomente durch einen
                              verläßlichen Versuch festgestellt wurden.
                           
                              R.
                              
                           
                        
                           Leitungswiderstand des Erdbodens.
                           Aus einer Reihe von Versuchen, welche Du Moncel über
                              diesen Gegenstand angestellt hat, schließt der Experimentator, daß der Widerstand
                              des Erdbodens unter den günstigsten Verhältnissen zwischen 4 und 5km Telegraphendraht liegt, also weit
                              entfernt davon ist, gleich Null zu sein, wie gewöhnlich angegeben wird. Wenn
                              Wasserbehälter, z.B. Brunnen, nicht in der Verbindungslinie der Erdplatten liegen,
                              so kann der Widerstand der Erde leicht ungeheuer groß sein – wenigstens, wenn
                              die Elektroden nicht sehr groß sind, wie bei der Benützung von Wasser- und
                              Gasröhren. (Nach den Comptes rendus, 1876 t. 83 p. 501.)
                           
                              E–e.
                              
                           
                        
                           Elektrisches Photometer mittels Selen.
                           Ueber die Abhängigkeit der elektrischen Leitungsfähigkeit des Selens von Wärme und
                              Licht macht Dr. W. Siemens
                              (Poggendorff's Annalen der Physik, 1876 Bd. 159 S. 117) weitere Mittheilungen (vgl.
                              1875 217 61). Durch zahlreiche Versuche ist zunächst der
                              Leitungswiderstand des Selens bei verschiedenen Temperaturen festgestellt, während
                              die Zunahme der Leitungsfähigkeit durch Beleuchtung in einer folgenden Arbeit
                              speciell untersucht werden soll.
                           
                        
                           Ueber die photographische Brauchbarkeit des
                              Agar-Agar.
                           Ein indischer Photograph hatte vorgeschlagen, Agar-Agar als Ersatzmittel der
                              Gelatine im Lichtdruck zu verwenden. Schnauß
                              (Photographisches Archiv, 1876 S. 169) zeigt, daß wegen der großen Schwerlöslichkeit
                              dieses Stoffes im Wasser, der Schwierigkeit, selbst erwärmte Glasplatten gleichmäßig
                              damit zu überziehen, und der kräftig reducirenden Wirkung auf Silbersalze die
                              Verwendung desselben im Lichtdruck sehr unwahrscheinlich ist. (Vgl. 1876 220 287.)
                           
                        
                           Schädlichkeit mancher Gummigegenstände.
                           Es ist schon mehrfach auf die Schädlichkeit Zinkoxyd haltiger Gummihütchen für
                              Milchsaugflaschen u. dgl. hingewiesen. Tollens (Berichte
                              der deutschen chemischen Gesellschaft, 1876 S. 1542) berichtet jetzt über einen Fall, in welchem
                              ein Kind, das mit einer Gummipuppe gespielt, krank wurde. Bei der Untersuchung ergab
                              sich, daß die Figur 60,58 Proc. Zinkoxyd enthielt, dazu etwas Kalk, Eisenoxyd und
                              Phosphorsäure, zusammen 62,64 Proc. Asche. Eine andere, aus Braunschweig bezogene,
                              als unschädlich bezeichnete Figur enthielt trotzdem 57,68 Proc. Zinkoxyd, mit Spuren
                              von Blei, Eisen und Kalk.
                           
                        
                           Zur Verfälschung der Seife.
                           Zur Herstellung der Silberseife, Scheelseife, auch glatten Elaïnseife
                              genannten weißen Schmierseife werden folgende Ansätze empfohlen. Für weiße Seife:
                              600k Baumwollenöl, 200k Knochenfett, 200k Talg oder 600k Baumwollenöl, 300k Palmkernöl; für gelbe Seife: 700k Leinöl, 100k Palmöl, 200k Talg oder 600k Leinöl, 50k Palmöl und 150k Palmkernöl, je nach der Jahreszeit.
                           Die Fette werden bei langsamem Feuer mit 18° Kalilauge verseift und dann mit
                              20 bis 25° Lauge abgerichtet und wie gewöhnliche Schmierseife in klarem Leim
                              gesotten.
                           
                              „Soll die Seife auf 500k Ausbeute
                                 gefüllt werden, so bringt man auf 1000k
                                 Ansatz:
                              
                           
                              320k kohlensaure
                                 5°-Pottaschenlauge in ein Faß, löst darin
                              
                           
                              300k Kartoffelmehl auf, gibt alsdann
                              
                           
                              320k Natronwasserglas von 38 bis
                                 40°, wie es im Handel vorkommt, hinzu und rührt Alles gut auf.
                              
                           
                              In ein anderes, nicht zu hohes Faß schlägt man nun von der heißen Seife 2/3 voll
                                 aus und gibt langsam bei tüchtigem Rühren oder Durchkrücken von der Füllung
                                 hinein, gibt diese Mischung wieder in den Kessel und arbeitet ununterbrochen
                                 durch. Auf diese Weise fährt man fort, bis die ganze Füllung untergebracht ist.
                                 Die Seife wird hierauf zähe werden und muß nochmals abgerichtet werden. Dies
                                 geschieht wie bei der Naturkornseife und grünen Schmierseife mit starken Laugen
                                 von 25 bis 26° B.
                              
                           
                              Gewöhnlich gebraucht man zu 1000k
                                 Ansatz:
                              
                           
                              400k 25°-Pottaschenlauge
                                 und
                              
                           
                              200k 25°-Sodalauge.
                              
                           Diese Laugen werden der Seife unter tüchtigem Krücken zugegeben, wonach sie
                                 wieder kurz und fest wird.“ (Neue Seifensiederzeitung, 1876 S.
                              168.)
                           Wenn so selbst Fachzeitschriften die Verfälschung der
                              Seife mit Wasserglas und Kartoffelmehl empfehlen, ist Vorsicht beim Einkauf dringend
                              geboten.
                           
                        
                           Handcentrifuge zum Ausschleudern des Honigs.
                           In diesem Journal (1868 187 437) machte bereits Gößler auf die Vortheile der Centrifuge zum Auslassen des
                              Honigs aufmerksam. – Der rationelle Bienenzüchter erhält auf diese Weise
                              nicht allein einen völlig klaren Honig von vorzüglichstem Geschmack, sondern er kann
                              auch die entleerten Rähmchen wieder in die Stocke einhängen, da der Zellenbau durch
                              die Operation des Ausschleuderns wenig oder gar nicht leidet. Die Bienen bessern die
                              schadhaft gewordenen Stellen schnell aus und schränken alsdann die Wachsproduction
                              zu Gunsten einer bedeutend vergrößerten Honigausbeute ein, was nach allen
                              Erfahrungen für den Bienenzüchter weit lucrativer ist als eine gleichförmige
                              Gewinnung von Wachs und Honig. Die angewendeten Apparate sind aus Zinkblech oder
                              Holz dargestellt; der Centrifugeneinsatz ist zur Aufnahme von 3 oder besser 4
                              Rähmchen bestimmt.
                           In der wegen ihres vorzüglichen Honigs berühmten Eifel sind, wie M. Adlung in der Deutschen Industriezeitung, 1876 S. 352
                              berichtet, Centrifugen von nachstehender Construction vielfach im Gebrauch. Die
                              verticale Drehachse steht in einer aus Eichenholz dargestellten Bütte von 57cm Durchmesser; oben ist sie durch einen
                              Bügel gestützt, welcher von zwei mit der Bütte verbundenen Standern getragen wird;
                              unten ist für ihren Zapfen in der Mitte des Büttenbodens eine Spurlatte angebracht.
                              Am Umfange des Büttenbodens befindet sich eine verschließbare Ausflußöffnung. Der
                              Centrifugeneinsatz besteht aus einem vierseitigen Rahmen, der auf einer Holzscheibe
                              von 45cm Durchmesser steht. Die Ecken des
                              vierseitigen Rahmens werden durch starke dreikantige Leisten von 22cm Höhe gebildet, die um 25cm von einander abstehen und von oben und
                              unten durch horizontale schmale Leisten mit einander verbunden sind; jede Seite des
                              Rahmens ist in der Mitte noch durch eine verticale Leiste versteift und immer mit
                              parallel laufenden Hanfschnüren oder Drähten überzogen.
                           Ehe man die Wabenrähmchen in den Apparat stellt, öffnet man mittels eines. scharfen
                              Messers oder einer Rolle, die mit dicht neben einander stehenden Stiften besetzt
                              ist, die zum größten Theil zugedeckelten Honigzellen, hängt nun die Zapfen des
                              Rähmchens in einen flachen Ausschnitt der dreikantigen Leisten des
                              Centrifugeneinsatzes und beginnt, sobald vier Rähmchen eingebracht sind, mit dem
                              Schleudern, indem man die Welle unterhalb ihrer obern Unterstützung mit einer 2m langen Schnur umwickelt und letztere
                              wiederholt vorsichtig, doch kräftig abzieht. Der in der Centrifuge zusammenlaufende
                              Honig wird durch ein Gazesieb in Steintöpfe abgefüllt. Selbstverständlich müssen die
                              Waben nach Entleerung der einen Seite herum gedreht werden.
                           Die Reinigung der Centrifuge nach dem Gebrauche läßt man am vortheilhaftesten durch
                              die Bienen selbst vornehmen, indem man den Apparat, während die Sonne scheint, in
                              die Nähe des Bienenstandes stellt. Der geschleuderte Honig wird um 50 Pf. pro
                              Kilogramm höher bezahlt als der durch Auspressen erhaltene.
                           
                        
                           Zur Nachweisung von Traubenzucker.
                           Als ein sehr haltbares, auch bei längerm Kochen sich nicht veränderndes Reagens zur
                              Nachweisung von Traubenzucker empfiehlt A. Soldaini
                              (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1876 S. 1126) eine alkalische
                              Kaliumkupfercarbonatlösung. Zur Herstellung derselben werden 15g gefälltes kohlensaures Kupfer allmälig in
                              eine Lösung von 416g Kaliumbicarbonat in
                              1400cc Wasser eingetragen. Die so
                              erhaltene Lösung wird durch Fruchtzucker und Milchzucker, nicht aber durch
                              Rohrzucker, Dextrin oder Stärkekleister reducirt, sofern diese letztern Substanzen
                              keine Glycose enthalten. Auch Weinsäure, Harnsäure und normaler Urin sind ohne
                              Wirkung; aber Gerbsäure und Ameisensäure bewirken in der Wärme eine Abscheidung von
                              Kupferoxydul.
                           
                        
                           Vergiftungen durch verschimmeltes Brod.
                           Nach längerm Genuß von unter Zusatz von Maismehl gebackenem Brod, wie es von einem
                              Theil der Landbevölkerung der lombardischen Ebene verbraucht wird, treten öfters
                              sporadisch Krankheiten auf, welche sehr häufig einen tödtlichen Ausgang nehmen. Man
                              hat die Ursache darin gesucht, daß das erwähnte Mehl und das daraus gebackene Brod
                              sehr leicht verschimmelt. Schon 1871 hat Gombroso in
                              Pavia dargethan, daß der Extract des verschimmelten Maismehles auf Menschen und
                              Thiere giftig wirkt, und in letzter Zeit haben Brugnateli
                              und Zenoni daraus mittels des Stas-Otto'schen
                              Verfahrens eine alkaloidartige Substanz abgeschieden. Das Alkaloid ist eine weiße,
                              leicht veränderliche, nicht krystallinische Substanz, unlöslich in Wasser, leicht
                              und mit alkalischer Reaction löslich in Alkohol und Aether. Besonders bemerkenswerth
                              ist, daß die schwefelsaure Lösung auf Zusatz von oxydirenden Agentien eine
                              blauviolette Färbung entstehen läßt, welche der entsprechenden Reaction des
                              Strychnins täuschend ähnlich ist. Die Reaction gelingt auch mit Schwefelsäure,
                              welche Spuren von Oxyden des Stickstoffes enthält. (Berichte der deutschen
                              chemischen Gesellschaft, 1876 S. 1437.)
                           
                        
                           Salz- und Bromfabrikation im Ohio-Thale.
                           Die Soolen werden aus 240 bis 300m tiefen
                              Brunnen, welche durch verschiedene feste Gesteine, gewöhnlich auch durch zwei
                              Kohlenlager niedergebracht sind, gewonnen und zur Klärung in hölzerne Behälter
                              gepumpt. Nach dem Abdampfen in eisernen Pfannen wird die Soole in hölzerne
                              Krystallisirbehälter abgelassen. Um hier das Aneinanderhaften der Salzkrystalle zu verhüten, wird etwas
                              Butter oder Talg zugesetzt.
                           Das so gewonnene Salz besteht aus 97,5 Proc. Chlornatrium, 0,5 Proc. fremder Stoffe
                              und 2 Proc. Wasser.
                           In der Nähe findet sich Kohle, am Kanawhoflusse auch natürliches Gas, zum Eindampfen
                              der Soolen.
                           Aus den Mutterlaugen werden in 6 Fabriken bedeutende Mengen Brom gewonnen (vgl. 1875
                              218 462); früher wurde hier (nach dem Manufacturer and Builder) 1 Pfund (454g) Brom für 9 Dollars, jetzt für 34 Cents
                              verkauft.
                           
                        
                           Ueber das sogen. plastische Dinaskrystall.
                           Von diesem bereits (1876 221 345) besprochenen Materiale
                              hat auch H. Seger (Töpfer- und Zieglerzeitung,
                              1876 S. 273) eine Analyse ausgeführt. Derselbe fand:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 87,89
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   7,17
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                   0,82
                                 
                              
                                 Kalk
                                   0,95
                                 
                              
                                 Kohlensäure, gebundenes Wasser
                                   3,04
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 99,87.
                                 
                              
                           Seger bedauert noch, daß C. Bischof eine „Analyse“ von Th. Werner mit seinen eigenen Analysen überhaupt in Parallele stellen mag
                              (1876 221 346), da Werner doch
                              augenscheinlich nur die Reagentien: Tinte, Feder und
                              Papier zu seinen angeblichen Analysen benütze. (Vgl. auch 1876 220 180.)
                           
                        
                           Das Baumwollbleichen in der Industrieschule zu Flers; von V.
                              Tantin.
                           Für eine Partie von 100k Baumwollgarn wird
                              1k Kalk abgelöscht und in 400l Wasser mit 1k 72grädigem Sodasalz eingetragen. Man läßt
                              dann mindestens 12 Stunden absitzen, gießt die klare Flüssigkeit über die Baumwolle
                              im Bauchkessel, welcher 12 bis 14 Stunden im Kochen erhalten wird, wässert im Kessel
                              ab, bis durch den Hahn am Boden desselben ganz ungefärbtes Wasser abfließt, wäscht
                              sorgfältig und windet von Hand oder mit der Maschine aus, um das Chloren
                              vorzunehmen.
                           Die Chlorflüssigkeit wird in einem Behälter aus Stein oder Cement angesetzt, in
                              welchem 1k englische Schwefelsäure und
                              200l Wasser sich befinden. In diese
                              Flüssigkeit wird langsam und in kleinen Portionen die klare Lösung von 5k 150grädigem Chlorkalk in 150l Wasser eingetragen. Nach 3 Stunden hat
                              sich der schwefelsaure Kalk vollkommen abgesetzt; ein wenig über dem Niederschlag
                              befindet sich der Hahn, aus welchem man die klare Bleichflüssigkeit in ein kleineres
                              Bassin und von hier ab in die eigentliche Chlorstande mit dem Baumwollgarn
                              ausströmen läßt, bis alle 350l in dieselbe
                              übergegangen sind. Dann öffnet man einen Hahn am Boden der Chlorstande, um die
                              angesäuerte Chlorkalklösung in das Bassin zurück und von da wieder in die
                              Chlorstande über die Baumwolle ausfließen zu lassen. Indem man diese Circulation 2
                              Stunden andauern läßt, werden die Garne mit dem Bleichwasser getränkt, und
                              gleichzeitig ist der Kohlensäure der Luft Gelegenheit gegeben, einen Theil der
                              unterchlorigen Säure des Chlorkalkes frei zu machen. Dann wird der Hahn geschlossen
                              und die Baumwolle 15 Stunden lang in dem Chlorbad liegen gelassen.
                           Für das darauffolgende Säurebad wird nicht Schwefelsäure, sondern Salzsäure
                              verwendet, nach dem Verfasser hauptsächlich aus dem Grunde, um die Bildung von
                              schwerlöslichem schwefelsaurem Kalk auf der Baumwolle zu vermeiden, welcher später
                              dem Garn ein rauhes Anfühlen ertheilen und wohl auch in Folge von anhaftender freier
                              Säure das Ultramarin der Schlichte zerstören könnte. Durch energisches Waschen ließe
                              sich zwar diesem Uebelstande abhelfen, aber es scheint eben in Flers nicht genügend
                              fließendes Wasser disponibel zu sein. Im Ganzen werden auf 100k Garn 2l Salzsäure verwendet, welche in vier gleiche Portionen vertheilt werden.
                              Die erste wird in 100l des gebrauchten
                              Chlorbades in das kleine Bassin gegeben und diese Mischung auf die Baumwolle in der
                              eigentlichen Säurestande gegossen; ebenso wird der Reihe nach mit den drei andern
                              Theilen der Salzsäure verfahren. Ist auf diese Weise das ganze Quantum der letztern
                              in die Säurekufe gebracht, so läßt man das Gemenge von Säure und Chlorflüssigkeit
                              wieder 2 Stunden circuliren, wie oben die Chlorflüssigkeit, indem man das
                              fortwährend sich füllende Bassin mittels einer Pumpe in die Säurekufe entleert.
                              Begreiflicher Weise muß bei dieser Art zu bleichen eine äußerst penetrante
                              Chloratmosphäre das ganze Local erfüllen, weshalb Tantin
                              empfiehlt, die Pumpe so einzurichten, daß sie von einem über der Bleiche
                              befindlichen Local aus gehandhabt werden kann. Es wäre hier sicher die Anwendung der
                              so bequemen Rotationspumpe mehr anzurathen und gleichzeitig die Frage aufzuwerfen,
                              ob der ganze Proceß für die Garnbleiche nicht auch in der Weise sich abändern ließe,
                              daß man mit einem verhältnißmäßig geringen Mehraufwand von Chlorkalk das Garn
                              zwischen Chlorbad und Säurebad leicht waschen würde, wie es in den Bleichereien der
                              Baumwollgewebe aus Rücksicht für die Gesundheit der Arbeiter längst eingeführt
                              ist.
                           Nach 24stündigem Liegen in der Säure wird die Baumwolle heraus genommen und mit
                              größter Sorgfalt gewaschen, von Hand oder mit der Waschmaschine. Immerhin kann der
                              Baumwollfaden noch eine Spur Säure und Chlor zurückhalten, welche mit Antichlor
                              entfernt werden müssen. Nachdem hierfür das unterschwefligsaure Natron vorgeschlagen
                              worden, hat sich gezeigt, daß dasselbe zwar jede Spur von Chlor wegnimmt, daß es
                              aber leicht zur Bildung von Säuren Veranlassung gibt, welche der Cellulose
                              gefährlich sind. Kolb hat deshalb als Antichlor das
                              Ammoniak vorgeschlagen, welches Säure und Chlor zugleich unschädlich macht. Das Garn
                              wird zu Büscheln zusammengefaßt und in ganz schwaches Ammoniakwasser (auf 1000 Th.
                              Wasser 1 Th. flüssiges Ammoniak vom spec. Gew. 0,923 oder ungefähr 500g desselben auf 100k Baumwolle) eingetaucht, wiederholt
                              gewaschen und für die weitere Bearbeitung sorgfältig ausgewunden. (Nach dem Moniteur industriel belge, 1876 S. 378.)
                           
                              Kl.
                              
                           
                        
                           Bestimmung der Ameisensäure.
                           Zur volumetrischen Bestimmung der Ameisensäure schlagen Portes und Ruyssen (Comptes rendus, 1876 t. 82 p. 1504) folgendes Verfahren vor. 5g essigsaures Natrium werden mit 2g,5 des zu untersuchenden Gemisches, 9g Quecksilberchlorid und 220cc Wasser im Wasserbade erhitzt. Nach etwa
                              1 1/2 Stunden ist die Ameisensäure oxydirt und eine entsprechende Menge
                              Quecksilberchlorid in Chlorür übergeführt. Die Flüssigkeit wird nun auf 500cc verdünnt, filtrirt und das noch
                              vorhandene Quecksilberchlorid mit Jodkaliumlösung bestimmt. Das so erhaltene
                              Resultat fällt um 1/4 zu gering aus.
                           
                        
                           Kunze's
                              Pappentrockenmaschine.
                           Die in diesem Bande S. 224 beschriebene Pappentrockenmaschine ist von Wilhelm Kunze, Maschinenfabrikant in Berthelsdorf bei
                                 Freiberg in Sachsen patentirt worden; u.a. ist eine dieser Maschinen in
                              Berthelsdorf, eine andere bei Düsseldorf zum Trocknen von Holzpappe im Gange.
                              – Ueber den Erfindungsanspruch des Fabrikanten L. L'Huillier-Jouffray in Vienne (Isère) liegt eine weitere
                              Mittheilung noch nicht vor.
                           
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                           Berichtigung. In der Miscelle (Die
                                 organischen Keime in der Atmosphäre) Bd. 221 S. 285 Z. 10 v. o. ist zu
                              lesen „Leeuwenhoek“ statt
                              „Leuwenhök“.