| Titel: | Historische und kritische Betrachtungen über die neueren Veränderungen und den gegenwärtigen Zustand des europäischen Münzwesens; von Karl Karmarsch. | 
| Autor: | Prof. Karl Karmarsch [GND] | 
| Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 1 | 
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                        Historische und kritische Betrachtungen über die
                           neueren Veränderungen und den gegenwärtigen Zustand des europäischen Münzwesens; von
                           Karl Karmarsch.
                        Karmarsch, Betrachtungen über das europäische
                           Münzwesen.
                        
                     
                        
                           Wirft man einen Blick auf die Wandlungen, welche das Münzwesen der europäischen
                              Staaten seit Beginn des laufenden Jahrhunderts erfahren hat, so ist es unmöglich,
                              dem nach Vervollkommnung strebenden Charakter dieser Bewegung Anerkennung zu
                              versagen; zugleich aber kann der Beobachter sich nicht des Befremdens erwehren über
                              die weiten Umwege, welche man zum Ziele eingeschlagen hat, und über eine ziemliche
                              Anzahl wesentlicher Mängel, welche trotz aller Rührigkeit auf diesem Felde noch
                              bestehen geblieben, ja zum Theil erst neu geschaffen worden sind.
                           In den vorliegenden Blättern beabsichtige ich nicht, die politische und
                              staatswirthschaftliche Seite des Gegenstandes zu erörtern, sondern nur solche Punkte
                              in Betrachtung zu nehmen, welche die äußere Erscheinung der Münzen betreffen, also
                              mehr oder minder nahe dem technisch-wissenschaftlichen Gebiete
                              angehören.Insofern kann die gegenwärtige Abhandlung als eine Fortsetzung oder ein
                                    Anhang der Schrift betrachtet werden, welche ich unter dem Titel
                                    „Beitrag zur Technik des Münzwesens“ (Hannover,
                                    1856) herausgegeben habe; doch schadet dies ihrer Selbständigkeit nicht. Demnach ist die Aufmerksamkeit auf folgendes zu richten:
                           I. Die Währung.
                           II. Der Münzfuß.
                           III. Die Münzmetalle.
                           IV. Die Münzenformate, und zwar
                           A) an sich betrachtet;
                           B) im Vergleich mit einander als Glieder eines
                              Systems.
                           V. Das Gepräge der Münzen, und zwar
                           A) nach seinem Inhalte;
                           B) nach seiner künstlerischen und technischen
                              Ausführung.
                           Wenngleich hierbei die Staaten Europas zunächst ins Auge gefaßt werden, so soll doch die
                              Gelegenheit nicht unbenutzt bleiben, auch da und dort einen Blick auf
                              außereuropäische Länder zu werfen.
                           
                        
                           I. Die Währung.
                           In allen civilisirten Staaten ist unter normalen Verhältnissen von je her entweder
                              Silber oder Gold das dem Münzwesen zu Grunde gelegte Hauptzahlmittel gewesen, d.h.
                              es hat in ihnen entweder Silberwährung oder Goldwährung geherrscht. Bei reiner Silberwährung kann
                              mehr oder weniger gemünztes Gold zu Hilfe genommen werden; demselben wird aber in
                              diesem Falle kein feststehender Werth in Silbergeld beigelegt, sondern sein
                              Zahlwerth schwankt nach Maßgabe des veränderlichen Marktpreises, welchen das Gold
                              als Waare hat: die Goldmünze unterliegt einem wechselnden
                              „Curse“. Bei reiner Goldwährung dient das Silbergeld nur
                              zur Ausgleichung kleinerer Beträge, welche mit Goldstücken nicht dargestellt werden
                              können, spielt die Rolle einer vornehmern Art Scheidemünze, und darf nur in solcher
                              Menge vorhanden sein, wie diese seine Bestimmung erforderlich macht. Zwitterzustände
                              bilden die Doppelwährung und die gemischte Währung. Erstere besteht in dem gleichzeitigen Vorhandensein der
                              Gold- und der Silberwährung als getrennte und von einander unabhängige
                              Zahlmittel, zwischen welchen der Geschäftsverkehr nach Willkür oder Bedürfniß wählt.
                              Unter der gemischten Währung läuft Goldmünze zu einem festgestellten Zahlwerthe in
                              Silbermünze um, und beide Metalle sind bei allen Zahlungen gleichberechtigt. Die
                              Doppelwährung (welche z.B. im Nordwesten Deutschlands, zumal dem Lande Hannover bis
                              zur neuesten Zeit bestanden hat) setzt das Vorhandensein von solchen relativen
                              Mengen Goldmünzen und Silbermünzen voraus, daß jede dieser beiden ein eigenes
                              Verkehrsgebiet beherrschen kann, sie sich – um so zu sagen – die Wage
                              halten. Gemischte Währung ist nur dann und zwar nothdürftig aufrecht zu halten, wenn
                              die Menge der Goldmünzen gegenüber der Silbermünze einen geringen Betrag ausmacht
                              (wie z.B. in Preußen zur Zeit der Friedrichd'or), schlägt aber bei stark
                              anwachsender Goldmenge entweder in Silberwährung um, indem, der gesetzlichen
                              Werthung der Goldmünze zum Hohn, diese im Verkehr einen veränderlichen Preis in
                              Silbergeld erhält (wie in Frankreich längere Zeit hindurch), oder wird factisch zur
                              Goldwährung (wie ebenfalls Frankreich in den jüngsten Jahren bewiesen hat).
                              Geregelte Zustände in großen Staatsgebieten lassen nur entweder reine Silber-
                              oder reine Goldwährung zu, und für den internationalen Verkehr ist allgemeine
                              Uebereinstimmung in der Wahl zwischen beiden höchst wünschenswerth.
                           
                           Diesem Ziele hat sich die Welt in neuester Zeit außerordentlich genähert, und die
                              Entdeckung der californischen wie der australischen Goldquellen (1848,
                              beziehungsweise 1851) hat für die Goldwährung
                              entschieden.
                           Schätzungsweise wird angegeben, daß die Jahresproduction auf der ganzen Erde betragen
                              habe:
                           
                              
                                 im Jahr
                                 an Silber
                                 an Gold
                                 
                              
                                 
                                 
                                    k
                                    
                                 
                                    k
                                    
                                 
                              
                                 1600
                                   233850
                                   1870
                                 
                              
                                 1700
                                   397500
                                   7485
                                 
                              
                                 1800
                                   900000
                                  22400
                                 
                              
                                 1850
                                   978700
                                 103620
                                 
                              
                                 1874
                                 1112000
                                 298700.
                                 
                              
                           In 274 Jahren hat sich also die Silberproduction nur auf das 4
                              3/4fache, dagegen die Goldproduction auf das 160fache gesteigert.
                           Setzt man den Werth von 1k Gold gleich dem
                              von 15k,5 Silber, so findet sich, daß von
                              dem vereinigten Werthe beider Metalle das Gold ausgemacht hat:
                           
                              
                                 im
                                 Jahre
                                 1600
                                 11,0
                                 Proc.
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 1700
                                 22,6
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 1800
                                 27,8
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 1850
                                 62,1
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 1874
                                 80,6
                                 „
                                 
                              
                           womit der dem Golde neuerlich eingeräumte Vorzug in der
                              Ausmünzung schlagend als gerechtfertigt sich darstellt, ebenso wie danach
                              begreiflich ist, daß in früherer Zeit der Silberwährung die Herrschaft zukam. Ein
                              kleiner deutscher Staat, die Hansestadt Bremen, ging mit Annahme der Goldwährung
                              voran (1763) und blieb über ein halbes Jahrhundert lang das einzige Beispiel hierin.
                              Zunächst folgte Großbritannien (1816), dann nach größerer Pause Brasilien (1849),
                              die Nordamerikanischen Vereinstaaten (1853), Portugal (1854), die
                              Mittelamerikanischen Staaten Guatemala, San Salvador, Costa Rica (1870 bis 1871),
                              das Deutsche Reich (1872), Schweden, Norwegen und Dänemark (1873). In Frankreich ist
                              seit 1864 tatsächlich an Stelle der schon längst schwankend gewordenen Mischwährung
                              die Goldwährung eingeführt durch Gehaltsverminderung des Silbergeldes, welches damit
                              den Charakter der Scheidemünze angenommen hat; diesem Vorgange schloßen sich durch
                              Staatsverträge an: 1866 Italien, Belgien und die Schweiz, 1868 Griechenland; und
                              Spanien ist seit 1868 gleichfalls dazu übergegangen. Im Königreich der Niederlande
                              ist 1873 und 1876 die Goldwährung derartig zur Erwägung gekommen, daß deren Annahme
                              als bevorstehend angesehen
                              werden kann. Somit findet sich dieselbe bereits über ein Gebiet verbreitet, dessen
                              Bevölkerungszahl 232 1/2 Millionen beträgt, und von den europäischen Staaten hängen
                              nebst Niederland nur noch Oesterreich-UngarnHier scheinen dem Uebergange zur Goldwährung nur die derzeitigen
                                    Geldverhältnisse einstweilen noch im Wege zu stehen. und Rußland der Silberwährung an, während in der Türkei eine der Goldwährung
                              angenäherte gemischte Währung besteht.
                           
                        
                           II. Der Münzfuß.
                           Wenn nach der für alle Zweige des großen Verkehrs so wünschenswerthen allgemeinen
                              Uebereinstimmung der Münzverfassung gestrebt wird, so handelt es sich nebst einer
                              gemeinschaftlichen Währung zunächst um die Festsetzung einer gemeinschaftlichen Münzeinheit und um übereinstimmende Theilung derselben. Auch hierin hat unsere Zeit sehr große Fortschritte
                              aufzuweisen, wiewohl daneben einige Beispiele von recht beharrlicher
                              Widerspenstigkeit vorliegen, deren Motive nicht überall und durchaus stichhaltig
                              sind. Die unbegreifliche, ja fast unglaubliche Buntheit, welche hinsichtlich dieses
                              Gegenstandes bis in eine noch gar nicht entfernte Periode sich breit machte und heut
                              zu Tage nur erst einigermaßen gesäubert ist, kann als einer der Beweise dafür
                              gelten, wie sehr schwer nicht nur Völker, sondern sogar Bruchtheile eines und
                              desselben Volkes zur Einsicht, Verständigung und Regelung in Betreff höchst nahe
                              liegender wichtiger Dinge kommen. Es ist überflüssig, ein Bild davon zu entrollen;
                              die noch nicht entbehrlich gewordenen Bücher, welche neben Maß- und
                              Gewichts- auch das Münzwesen der verschiedenen Staaten behandeln, sind als
                              sprechende Documente in Jedermanns Händen. Aber die Gerechtigkeit verlangt, daß die
                              bessernden Schritte, welche stattgefunden haben, anerkennend hervorgehoben
                              werden.
                           In Deutschland sind die früheren verwirrten Münzzustände mit lobenswerther
                              Consequenz, aber in so behutsam langsamem Tempo der Einigung zugeführt worden, daß
                              man fast an den thierfreundlichen Mann erinnert wird, welcher seinem Hunde den
                              Schwanz stückweise nach und nach abhackte, um ihm weniger weh zu thun. Die
                              Münzconvention von 1837 zwischen den süddeutschen Regierungen; die Schaffung des
                              Doppelthalers als deutsche Vereinsmünze (1838) und des süddeutschen Doppelguldens
                              (1845); der Wiener Münzvertrag von 1857 mit seiner verunglückten Goldmünze (der
                              „Krone“); die demselben theils vorausgegangenen, theils
                              gefolgten langjährigen Discussionen und massenhaften Vorschläge über die
                              zweckmäßigste Wahl einer allgemeinen deutschen Münzeinheit; endlich 1871 bis 1873
                              die Festsetzung der „Mark“ als solche nebst zugehörigen
                              Bestimmungen – dies sind die Stadien, welche das Einigungswerk durchlaufen
                              mußte, um sein Ziel zu erreichen, und welche als nutzlos verlängerte Geburtswehen
                              den schließlichen Entbindungsschmerz nicht um ein Körnchen verringern konnten,
                              vielmehr nur während eines 34jährigen Zeitraums einen gänzlich verlorenen ungemeinen
                              Aufwand an Kosten und an Thätigkeit der Münzstätten zur Folge gehabt haben.
                           Als interessanter Gegensatz zu dem von Deutschland erzielten Aufgehen mehrerer
                              disharmonischer alter Münzsysteme in einem gemeinsamen gänzlich neuen Systeme stellt
                              sich die Erscheinung dar, daß ein schon länger bestehendes System, nämlich das
                              französische mit dem „Frank“ als Grundlage, neuerlich in einer
                              ansehnlichen Zahl von Staaten einfach adoptirt und an die Stelle eben so vieler
                              verschiedener Systeme gesetzt worden ist. Im J. 1795 begründet und seit 1803 zur
                              Vollendung gebracht, war dasselbe mit der französischen Herrschaft dem
                              Napoleonischen Königreiche Italien (1805 bis 1814) zu eigen geworden, nach dessen
                              Auflösung es im Königreich Sardinien fortbestand, hier im J. 1826 gesetzlich
                              bestätigt wurde und folgerecht auf das ganze jetzige Königreich Italien überging.
                              Nach der Abreißung Belgiens von Holland nahm ersteres im J. 1832 die französische
                              Münzverfassung an; ein gleiches that die Schweiz 1850 (der Kanton Genf mit einigen
                              Abweichungen in der Ausmünzung schon 1838). Eine Reihe anderer Länder folgte diesem
                              Beispiele durch Gesetz oder tatsächlich durch Prägung von Münzen nach dem
                              Frankenfuße, wobei es von wenig Bedeutung ist, daß – gleichwie in Italien der
                              Frank zur „Lira“ umgetauft war – je nach Landesbelieben
                              die Namen der Münzsorten andere wurden. Diese Neuerung erfolgte in Chile 1851,
                              Neugranada 1853, Peru 1863, Ecuador 1866, Rumänien 1867, Griechenland und Serbien
                              1868, Spanien 1869, Guatemala und San Salvador 1870, Bolivia und Costa Rica 1871,
                              Venezuela 1872. Es umfaßt hiernach das Frank-System schon jetzt ein Gebiet
                              mit etwa 109 Millionen Bewohnern.
                           Im J. 1855, bei Gelegenheit der Weltausstellung zu Paris, wurde der Versuch gemacht,
                              eine allgemeine Münz-Einigung anzubahnen, indem man auf Grundlage der
                              Goldwährung eine „Weltmünze“ zu schaffen vorschlug, wozu ein
                              25-Frank-Stück ausersehen sein sollte. Der Schritt blieb ohne Erfolg,
                              und doch stehen die schon damals existirenden Goldmünzen der Hauptländer an innerem
                              Werthe dem gedachten (zur Zeit nicht vorhandenen) Stücke so nahe, daß man die
                              vollkommene Gleichstellung für nicht zu schwierig halten möchte. In der That ist,
                              dem gesetzlichen Goldgehalte nach, der englische Sovereign = 25,22 Franken und das nordamerikanische
                              5-Dollar-Stück = 25,93 Franken; um nicht einer der drei Sorten zu nahe
                              zu kommen, hat man dem deutschen 20-Mark-Stücke den Werth von 24,69
                              Franken gegeben und so die Abneigung gegen eine etwa drohende Weltmünze documentirt.
                              Oesterreich-Ungarn dagegen schlägt seit 1871, offenbar von andern Ansichten
                              ausgehend, Goldstücke von dem Werthe der 20- und
                              10-Frank-Stücke, welche nebst der Bezeichnung 20 beziehentlich 10
                              Franken auch jene mit 8 beziehentlich 4 Gulden tragen, mithin den Uebergang zur
                              Goldwährung und eine Verschwisterung des Gulden- mit dem Frank-System
                              vorahnen lassen.
                           Das jüngste vollendete Beispiel einer Verschmelzung des Münzwesens mehrerer Staaten
                              zu einem neuen einheitlichen Ganzen liegt in der Skandinavischen Münzconvention vom
                              18. December 1872 zwischen Schweden und Dänemark vor, welcher Norwegen 1873 im
                              Wesentlichen, dann 1875 völlig beigetreten ist. Das hiernach zu prägende Goldstück
                              von 20 Kronen entspricht 27,77 Franken in Gold, geht also gleich der deutschen Münze
                              seine eigene Bahn, aber in entgegengesetzter Richtung und wenigstens mit größerer
                              Entschiedenheit.
                           Hinsichtlich der Theilung der Münzeinheit hat – wie
                              in den Münzeinheiten selbst – Deutschland lange Zeit hindurch den Vorrang
                              durch bunte Mannigfaltigkeit behauptet und dabei die naturgemäße Decimaltheilung
                              – auf welche wir durch unser Zahlensystem und sogar durch unsere zehn Finger
                              hingewiesen sind – beharrlich perhorrescirt, bis endlich mit der neuesten
                              Münzumwälzung auch hierin besserer Rath geschafft wurde. Wir theilten den Thaler in
                              24 × 12, 36 × 8, 30 × 12, 30 × 10; den Gulden in 60
                              × 4, 24 × 8; die Mark in 16 × 12; und alles das haben die
                              ältern unter den heute noch Lebenden mit angesehen. Wie naturgemäß die decimale
                              Theilung der Münze selbst uncultivirten Völkern erscheint, zeigt am besten das
                              Beispiel Rußlands, wo schon mit Beginn einer wirklichen Münzenprägung gegen Ende des
                              16. Jahrhunderts der Rubel 100 Kopeken galt, und dieser Zustand ununterbrochen
                              fortgedauert hat, während das übrige Europa erst viel später die decimale
                              Eintheilung anordnete, namentlich das Königreich der Niederlande 1816, Griechenland
                              1828, Portugal 1835, die Türkei 1844, Spanien 1848, Schweden 1855, Oesterreich 1857,
                              das Deutsche Reich 1872, Dänemark und Norwegen 1873 – eine Reihenfolge,
                              welche zu denken gibt. Frankreich erhielt das Decimalsystem im Münzwesen 1795 mit
                              Einführung des Frank, und die schon oben genannten Staaten, welche nachher die
                              französische Münzgrundlage annahmen, haben natürlich auch diese Theilung adoptirt.
                              In Großbritannien ist mit
                              Prägung der Doppelschillinge oder Florins = ein Zehntel Pfund (seit 1849) eine
                              schwache und bisher nicht weitergeführte Annäherung zum Decimalsystem versucht. In
                              den Nordamerikanischen Vereinstaaten besteht die decimale Münztheilung seit 1783, in
                              den Staaten der Argentinischen Conföderation seit 1857, in Bolivia seit 1863, in
                              Mexiko seit 1864, und selbst in Japan seit 1871 (unvollkommen schon von länger
                              her).
                           
                        
                           III. Die Münzmetalle.
                           
                              1. Gold und Silber. – Die Nothwendigkeit, diese
                                 zwei Metalle nicht im ungemischten (feinen) Zustande zu vermünzen, wird jetzt
                                 wohl von keinem Einsichtigen mehr bezweifelt, weil es ausgemacht ist, daß diese
                                 Metalle vermöge ihrer großen Weichheit zu sehr einer Gewichtverminderung durch
                                 Abreibung, wie auch der Verwischung des Gepräges durch Niederdrückung und
                                 VerschiebungMan erkennt den Anfang dieser Veränderung bei Münzen aus feinem Silber
                                       daran, daß die Buchstaben der Umschriften sich abgestumpft und sichtlich
                                       verbreitert haben. unterworfen sind. Wenn demungeachtet die Dukaten und ähnliche Münzen aus
                                 beinah feinem Golde sich bis auf den heutigen Tag in einigen Ländern erhalten
                                 haben, so sind dagegen Münzen aus feinem Silber gänzlich außer Gebrauch
                                 gekommen, nachdem im J. 1840 die letzten feinen Thaler in der Münze zu Klausthal
                                 am Harz und 1864 die letzten fast ganz feinen halben Thaler (36 Groten) der
                                 Hansestadt Bremen geschlagen wurden. Da man ferner beide edlen Metalle einzig
                                 mit Kupfer legirt, so bleibt nur die Frage zu erörtern, in welchem Maße dies
                                 geschehen solle, d.h. welches Mengenverhältniß des Kupferzusatzes das
                                 zweckmäßigste sei. Bekanntlich würde der Zusatz ein sehr beträchtlicher sein
                                 müssen, wenn man durch ihn die größte Härte, also die höchste Dauerhaftigkeit
                                 der Münze erreichen wollte; aber diese Rücksicht ist nicht die einzige
                                 maßgebende. Durch die zu starke Legirung verlieren Gold und Silber all ihr
                                 schönes Ansehen; die Münzen sind dann sehr der Oxydation und Schmutzbildung auf
                                 ihrer Oberfläche ausgesetzt, wobei neben dem Kupfer auch Theile des edlen
                                 Metalles in den Abgang hineingezogen werden; die große erforderliche Menge
                                 Kupfer verursacht unnöthige Kosten und vermehrt oftmals das Gewicht der Stücke
                                 in lästigem Grade; endlich ist die Falschmünzerei wesentlich erleichtert, wenn
                                 das Metall der Münzen zu stark legirt wird, weil die Abweichung der falschen
                                 Stücke in Farbe und Gewicht, welche in diesem Falle aus einer noch weitern
                                 Vermehrung des Kupfergehaltes hervorgeht, weniger auffällt.
                              
                              Es erscheint als unmöglich, a priori das beste
                                 Legirungsverhältniß festzusetzen; es kann auch nicht ohne weiteres behauptet
                                 werden, daß für Gold und für Silber ein gleich starker Zusatz das Angemessenste
                                 sei. Lange und gründliche Erfahrung allein vermag über diese Punkte zu
                                 entscheiden. In mehr oder weniger lange vergangenen Zeiten hat nicht selten
                                 Gewinnsucht der Gewalthaber zu unmäßiger Steigerung des Kupferzusatzes geführt
                                 und dann – eine officielle Münzfälschung – jedesmal größte
                                 Verwirrung in die Geldverhältnisse gebracht.Es ist nicht uninteressant ein Beispiel an der Münzverschlechterung zu
                                       beobachten, welche der Verfall des Römerreichs mit sich geführt hat.
                                       Folgendes gibt die Resultate chemischer Analysen von römischen
                                       Silbermünzen.Kaiser.Regierungszeit.Feingehalt der Münzen.Vespasian  69
                                             –   790,800Domitian  81
                                             –   960,861Trajan  98 – 117            0,877
                                             – 0,890Hadrian117 – 138            0,809
                                             – 0,882Antonius Pius138 – 161            0,703
                                             – 0,913Marc Aurel161 – 180            0,632
                                             – 0,796Commodus180 – 192            0,671
                                             – 0,797Septimius
                                                Severus193 – 2110,547Caracalla211 – 2170,512Heliogabal218 – 2220,506Gordian238 – 2440,282Philipp244 – 2490,434Decius249 – 2510,396.Unter Gallienus (259
                                       bis 268) wurde der Gehalt gar auf 0,200 verringert, worauf Claudius Gothicus (268 bis 270) an die Stelle
                                       der silbernen Münzen kupferne, nur dünn übersilberte setzte. Erst unter
                                       Diocletian (284 bis 305) gelangte das
                                       Münzwesen wieder in einen bessern Zustand.Gegen das Vorstehende halte man aus einer uns näher liegenden Zeit die
                                       während des siebenjährigen Krieges 1756 bis 1763 von Preußen auf eigenem
                                       und auf erbeutetem fremden Stempel geprägten Gold- und
                                       Silber-Sorten, z.B.auf preußischem StempelFeingehalt.Friedrichd'or0,640statt0,906Drittelthaler0,491„0,666Sechstelthaler0,364„0,520auf sächsischem
                                             StempelAugustd'orund0,6400,312„„0,895Drittelthaler0,358„0,833. Von ganz anderer Art ist die Verwendung stark legirten Silbers bei
                                 kleineren und ganz kleinen Geldstücken, welchen man dadurch ein größeres und
                                 daher bequemeres Format zu geben beabsichtigt, ohne das Gewicht des darin
                                 enthaltenen Silbers zu verringern. Dieses Verfahren ist bis zur neuesten Zeit in
                                 vielen Ländern, besonders auch in Deutschland, nöthig erachtet worden, wodurch
                                 dann oft in den Silbermünzen eines und desselben Staates eine wahre Musterkarte
                                 von Silberlegirungen in Münzengestalt umlief (in Preußen z.B. zwischen 1839 und
                                 1875: 0,900 – 0,750 – 0,666 – 0,520 – 0,375 –
                                 0,220, und ähnlich im übrigen Deutschland).
                              
                              Solch wunderlichem Zustande entgegen hat sich das Bestreben geltend gemacht,
                                 nicht blos sämmtliche Münzsorten eines Landes aus gleichstark und nur mäßig mit
                                 Kupfer versetztem Metall zu schlagen, sondern auch den Gebrauch der gewählten
                                 Legirung – sowohl des Silbers als des Goldes – nach und nach
                                 allgemein zu verbreiten. Zu diesem entschiedenen Fortschritte ist der Anstoß
                                 durch Frankreich gegeben worden, dessen im J. 1803 ergangenes Münzgesetz das zu
                                 0,900 fein legirte Gold und Silber einführte. Dort und damals war diese
                                 einfache, nebenher dem Decimalsystem so schön entsprechende Festsetzung völlig
                                 motivirt durch den Umstand, daß in den Goldmünzen der meisten Länder und in den
                                 zu jener Zeit vorhandenen französischen Silbermünzen das Legirungsverhältniß mit
                                 geringen Abweichungen um die Zahl 0,900 schwankte. Mit dem ganzen Münzsysteme
                                 Frankreichs wurde auch die neue Legirung in dem unter französischer Herrschaft
                                 gegründeten Königreiche Italien (seit 1808) angeordnet, blieb auch nach dem
                                 Zerfall jener politischen Schöpfung (1814) in deren Trümmern üblich und ist seit
                                 Entstehung des neuen italienischen Königreichs (1861) für die ganze Halbinsel in
                                 Geltung getreten. Weiterhin fand, was zunächst die Goldprägung betrifft, die
                                 Legirung zu 0,900 Aufnahme in den Niederlanden 1816, in der Schweiz 1818, in
                                 Griechenland 1829, Belgien 1832, Nordamerika 1837, Spanien 1848, Neugranada
                                 1849, Chile 1851, Deutschland und Peru 1857, Schweden, Norwegen und Dänemark
                                 1873. Für die Silberprägung kam diese Legirung verschiedentlich, theils
                                 zugleich, theils schon früher, theils später, theils auch gar nicht zur
                                 Anwendung, zudem hin und wieder mit Ausschluß der kleinsten Münzsorten; die
                                 Einführung fand statt 1829 in Griechenland, 1832 in Belgien, 1837 in
                                 Nordamerika, 1848 in Spanien, 1850 in der Schweiz, 1851 in Chile, 1852 in
                                 Oesterreich, 1853 in Neugranada, 1857 in Peru u.s.w. Deutschland eignete sich
                                 dieselbe 1837 für seine Guldenmünzen, 1838 für die Doppelthaler, 1857 für die
                                 Thaler, 1873 endlich für sein gesammtes Silbergeld an. In Europa enthalten sich
                                 gegenwärtig nur noch Großbritannien, Portugal, die Niederlande, Rußland,
                                 Skandinavien und die Türkei des 0,900 feinen Silbers; die zuerst genannten drei
                                 Staaten gehen höher hinauf, die übrigen bleiben darunter zurück.
                              Die große Verbreitung, welche solchergestalt die zu 0,900 Feingehalt legirten
                                 Münzmetalle bereits erlangt haben, könnte zu dem Glauben verführen, es sei die
                                 Frage über Zweckmäßigkeit dieses Mischungsverhältnisses entschieden und
                                 abgeschlossen. Dem ist aber keineswegs so. In Ansehung des Goldes mag
                                 zugestanden werden, daß mit gedachtem Verhältnisse des Kupferzusatzes das
                                 Richtige nahezu getroffen sei, so daß unangemessen sein würde, hierin eine Aenderung zu
                                 wünschen oder zu verlangen. Anders rücksichtlich des Silbers, für welches die
                                 Würdigung aller vorliegenden Erfahrungen eine etwas größere Beimischung von
                                 Kupfer zu fordern berechtigt. Eine unbefangene Betrachtung großer Mengen
                                 französischen Silbergeldes, wie man es im Umlauf findet, lehrt unzweideutig, daß
                                 das Gepräge desselben ungemein stark leidet – nicht nur durch Abreibung,
                                 sondern sehr bedeutend auch durch Verschiebung oder Verwischung, so daß nach 30
                                 bis 40 Jahren auf den Franken die Schrift fast ganz verschwunden ist, die
                                 kleineren Stücke aber häufig als glattgeschliffene Plättchen mit geringen Spuren
                                 von Gepräge erscheinen. Aus ganz entscheidenden Versuchen hat sich ergeben, daß
                                 Münzsilber von dem Feingehalte 0,312 (vielleicht etwas mehr oder weniger) das
                                 der geringsten Abnutzung unterliegende ist und namentlich das von 0,900 in
                                 dieser Beziehung sehr ansehnlich übertrifft. Man kann aber hiervon, des viel zu
                                 hohen Kupfergehaltes wegen, keinen Gebrauch machen und sollte sich – ohne
                                 der blosen Nachahmungslust zu großes Recht einzuräumen – nach einem
                                 Legirungsverhältnisse umsehen, bei welchem die erreichbar geringste
                                 Abnutzbarkeit vereinigt mit einer genügenden Schönheit der Farbe und
                                 thunlichster Kupferersparung auftritt. Das vormalige deutsche
                                 Thaler-Silber (0,750) entspricht dieser Forderung nicht, wohl aber thut
                                 dies das Silber der früheren Conventions-Speciesthaler und Gulden (0,833
                                 1/3), welchem das jetzige Münzsilber der Türkei (0,830) sehr nahe steht, und
                                 beinahe eben so gut jenes der Kronthaler und der russischen Münzen (0,868).
                                 Frankreich selbst hat kein Bedenken getragen, 1864 und beziehentlich 1866 den
                                 Gehalt seines Silbergeldes (mit Ausnahme der Fünffrankstücke) von 0,900 auf
                                 0,835 herabzusetzen, und die Skandinavischen Staaten prägen seit 1873 ihre
                                 größeren Silberstücke mit einem Feingehalte von nur 0,800.In dem ersten Entwurfe des deutschen Münzgesetzes war die Legirung 0,875
                                       für die Reichs-Silbermünzen vorgeschlagen. Die Unterschiede zwischen den eben genannten verschiedenen Legirungen
                                 treten am deutlichsten hervor, wenn die Menge Silbers ausgesprochen wird, welche
                                 darin auf 1 Theil Kupfer enthalten ist:
                              
                                 
                                    Feingehaltder Legierung.
                                    Silber auf1 Th. Kupfer.
                                    
                                 
                                    0,750
                                    3,00
                                    Th.
                                    
                                 
                                    0,800
                                    4,00
                                    „
                                    
                                 
                                          0,333 1/3
                                    5,00
                                    „
                                    
                                 
                                    0,835
                                    5,06
                                    „
                                    
                                 
                                    0,868
                                    6,57
                                    „
                                    
                                 
                                    0,900
                                    9,00
                                    „
                                    
                                 
                              
                              Am meisten dürfte sich die in der Mitte liegende Legirung 0,833 1/3, d.h. genau
                                 fünf Sechstel, empfehlenSie bildet in der That fast genau das Mittel zwischen 0,750 und 0,900
                                       denn die wirkliche Mittelzahl ist 0,825., und im besondern zu den jetzigen deutschen Silbermünzen würde diese
                                 schon darum vorzuziehen sein, weil mit ihr sehr einfache Zahlen für die Gewichte
                                 der einzelnen Münzstücke sich ergeben, wie ich später zeigen werde. Ihre
                                 Abnutzbarkeit darf auf Grundlage einschlagender Versuche um 3 bis 4 Proc.
                                 geringer als jene des 0,900 haltenden Silbers und um 4 bis 5 Proc. größer als
                                 die des 0,750 haltenden angenommen werden; die Verschiebbarkeit der Theilchen,
                                 durch welche das Gepräge ohne Abreibung verwischt wird, ist viel geringer als
                                 bei Silber von 0,900, ja vielleicht gar nicht vorhanden.
                              
                           
                              2. Platin. – Der Versuch, Platin zu vermünzen,
                                 ist von Rußland gemacht worden, hat aber nicht zu dauerndem Bestande des
                                 Platingeldes geführt. Es wurden seit 1828 Imperial-Dukaten zu 3 Rubel,
                                 dann seit 1829 dergleichen doppelte zu 6, und seit 1830 vierfache zu 12 Rubel
                                 aus Platin geschlagen. Darin war das Kilogramm Platin zu 96,59 Rubel ausgebracht
                                 oder zu sehr wenig über 34 3/4 Proc. vom Werthe eines gleichen Gewichtes feinen
                                 Goldes. Anfangs vielleicht mit Neugier aufgenommen, erfreuten sich diese Münzen
                                 bald keiner Beliebtheit mehr; die ausgegebenen flossen sehr schnell in die
                                 kaiserlichen Kassen zurück, weshalb man 1843 die weitere Prägung einstellte,
                                 dann 1845 die Einziehung bewerkstelligte und den gesetzlichen Umlauf aufhob.
                                 Dieses Schicksal ist wohl erklärlich: dem Platin mangelt die Schönheit des
                                 Ansehens und die allgemeine Verwendbarkeit als Material, da es nur zu wenig
                                 Gegenständen verarbeitet wird und die Vereinigung in größere Körpermassen nur
                                 durch weitläufige kostspielige Processe erreicht werden kann; als Concurrentin
                                 der Goldmünze hat die Platinmünze außerdem das beinahe dreimal so große Gewicht
                                 bei gleichem Werthe gegen sich; und endlich ist der Preis des Platins gegen Gold
                                 oder Silber ein eben so schwankender, wie jener des Goldes gegen Silber, so daß
                                 eine Feststellung seines Werthes in Münzgestalt schon aus diesem Grunde
                                 mißlingen mußte.
                              
                           
                              3. Nickel-Legirungen. – Die Thatsache,
                                 daß Scheidemünzen von geringen Werthbeträgen, wenn man sie aus Silber mit
                                 Kupferlegirung in zweckmäßiger Körpergröße darstellen will, durch den nothwendig
                                 sehr beträchtlichen Kupfergehalt äußerst häßlich roth werden, sobald die
                                 weißgesottene Oberfläche sich abgenutzt hat, ist Veranlassung geworden, für
                                 dergleichen Münzsorten sich nach andern Metallmischungen umzusehen.
                              
                              Man warf zunächst das Augenmerk auf die weißen Zusammensetzungen, welche das Nickel in Verbindung mit Kupfer und Zink liefert, und
                                 welche als Neusilber oder Argentan seit 1824 so bedeutende technische Anwendung
                                 gefunden haben. Bei der Reform des schweizerischen Münzwesens im J. 1850 fand
                                 die Benutzung einer derartigen Mischung als Zusatz zum Silber in den 20-,
                                 10- und 5-Rappen- (Centim-) Stücken statt. Es wurden
                                 folgende Mischungsverhältnisse gewählt:
                              
                                 
                                    
                                    20 Rappen.
                                    10 Rappen.
                                    5 Rappen.
                                    
                                 
                                    Silber
                                    150
                                    100
                                      50
                                    
                                 
                                    Kupfer
                                    500
                                    550
                                    600
                                    
                                 
                                    Zink
                                    250
                                    250
                                    250
                                    
                                 
                                    Nickel
                                    100
                                    100
                                    100.
                                    
                                 
                              Die hieraus geprägten Münzen werden freilich nicht durch die Abnutzung roth,
                                 verwandeln aber ihre anfängliche weiße Farbe durch längern Umlauf in eine
                                 unangenehme schwärzliche; daneben widerstehen sie keineswegs in hohem Grade der
                                 Abreibung, vielmehr sind nach 20 bis 25 Jahren häufig die groß aufgeprägten
                                 Werthzahlen bis zur Unsichtbarkeit verwischt. Sprechen schon diese Umstände
                                 wenig empfehlend, so wiegt noch schwerer der gerechte Tadel, daß hier das Silber
                                 geradezu vergeudet und in einer Masse von drei fremden Metallen ertränkt ist,
                                 aus welcher es nicht ohne die größten Weitläufigkeiten und Kosten je
                                 wiedergewonnen werden könnte. Zu einem Feingehalte von 0,050 bis 0,150 ist man
                                 nirgend sonst bei der Scheidemünzprägung herabgestiegen. Das Silber in diesen
                                 sonderbaren Münzen kann bei seiner geringen Menge nichts zur schönen Farbe,
                                 nichts zur Erhaltung der Schönheit beitragen. Man kann auch nicht sagen, daß es
                                 einigermaßen oder annähernd den Werth repräsentire, für welchen die Münze
                                 umläuft, wie es bei anderer Silberscheidemünze der Fall ist; aus folgender
                                 Zusammenstellung geht dies hervor:
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 223, S. 12
                                 Das Stück von; wiegt; enthält
                                    demnach Feinsilber; entspricht aber (nach dem Gehalte des Silberfranken vor
                                    1866) Feinsilber
                                 
                              
                              Da der neuere Frank selbst schon Scheidemünze ist, so muß zur Vergleichung der
                                 ältere gewählt werden; hiernach ist der Münzfuß der in Rede stehenden
                                 Scheidemünzen 1,8 bis 2,7 mal so hoch als der Courantfuß. Ein derartiger
                                 Scheidemünzfuß ist unerhört und stellt sich über jenen der so übel berufenen
                                 „Koburger Sechser“ etc. vergangener Zeit.In Sachsen-Koburg sind zur Zeit des 24-Gulden-Fußes
                                       die Sechser nach einem 28-, die Groschen nach einem 32-,
                                       die Kreuzer nach einem 39-Gulden-Fuße geprägt, d.h.
                                       beziehungsweise zum 1 1/6-, 1 1/3-, 1 5/8fachen des
                                       Courantfußes. – In Preußen war, zur Zeit des
                                       14-Thaler-Fußes, für die Scheidemünze der
                                       16-Thaler-Fuß giltig; die Wiener Münzconvention von 1857
                                       bestimmte, neben dem 30-Thaler-Fuße, für die Scheidemünze
                                       einen 34 1/2-Thaler-Fuß (im erstern Falle nahezu, im
                                       letztern genau das 1,15fache des Courantfußes). In jeder Beziehung also zeigt sich die Schöpfung der 1850 eingeführten
                                 und noch jetzt cursirenden Silberscheidemünze der Schweiz als ein verfehltes
                                 (deshalb verdientermaßen ohne Nachahmung gebliebenes) Experiment. Das bischen
                                 Silber, welches diese Münze enthält, ist überflüssig; Geldstücke von so kleinen
                                 Werthbeträgen brauchen kein Silber zu enthalten. Läßt man dieses weg, wird
                                 ferner berücksichtigt, daß das Zink in zu großer, das Nickel in zu kleiner Menge
                                 vorhanden ist, um eine gute weiße Farbe in Verbindung mit bedeutender Härte und
                                 Dauerhaftigkeit zu erzeugen, so gelangt man leicht zu dem Gedanken, auch das
                                 Zink fern zu halten; es bleibt dann nichts übrig als ein Gemisch von Kupfer mit Nickel (letzteres zu vergrößertem
                                 Antheile), wie es in den „Nickelmünzen“ der neuesten Zeit
                                 wirklich auftritt. Die Nordamerikanischen Vereinstaaten machten hiermit den
                                 Anfang, indem sie von 1857 bis 1863 Stücke zu 1 Cent mit 12 Proc. Nickelgehalt
                                 prägten. Mit Grund hat man diese Mischung (welche weder schön weiß, noch hart
                                 genug ist) unzulänglich gefunden und an deren Stelle eine Zusammensetzung mit 25
                                 Proc. Nickel (3 Kupfer, 1 Nickel) eingeführt, woraus seit 1865 Stücke zu 5 und
                                 zu 3 Cents geschlagen werden. Dieselbe Composition hatte Belgien 1861 zu
                                 vermünzen begonnen (20-, 10- und 5-Centim-Stücke),
                                 und sie ist nachher 1871 von Brasilien (200, 100 und 50 Reis), sowie 1873 vom
                                 Deutschen Reiche (10- und 5-Pfennig-Stücke), 1876 in
                                 Venezuela adoptirt worden. Das Mischungsverhältniß des Nickelkupfers, woraus die
                                 englische Regierung seit 1869 Penny- und Halfpenny-Stücke für
                                 Jamaika, sowie der Freistaat Honduras gleichfalls seit 1869 seine 1-,
                                 1/2-, 1/4- und 1/8-Real-Stücke prägt, habe ich nicht
                                 ermitteln können. Im Allgemeinen zeigen diese verschiedenen Nickelmünzen eine
                                 gute weiße, von der des Silbers etwas verschiedene Farbe; immerhin können sie
                                 neu leicht mit Silbermünzen gleicher oder nahezu
                                 gleicher Größe bei flüchtigem Ansehen, zumal unter schwacher Beleuchtung,
                                 verwechselt werdenGewiß haben Andere gleich mir schon viele Mißgriffe beobachtet, die durch
                                       Verwechselung von neuen Zehnpfennig-Stücken mit silbernen
                                       Fünfzigpfennig-Stücken entstanden., und dies ist ein Umstand, welcher gegen die Nickelmünzen, überhaupt
                                 gegen die Anwendung eines zweiten weißen Metalles neben dem Silber, zur
                                 Münzprägung spricht. Die Härte des Nickelkupfers in der jetzt üblichen
                                 Zusammensetzung verspricht große Dauerhaftigkeit des Gepräges, aber die Stücke
                                 nehmen bei längerem Umlauf eine unansehnliche schmutzige Farbe an. Dazu kommt
                                 der ziemlich hohe Preis des Materials. Die deutsche Münzprägung hat das Nickel
                                 durch die gesteigerte Nachfrage bedeutend vertheuert. Die bis zum 2. December
                                 1876 in den deutschen Münzstätten verfertigten 35160 344 M. Nickelmünzen haben
                                 – wenn man annimmt, daß beide Sorten in gleicher Werthsumme hergestellt
                                 seien – in knapp 4 Jahren 395554k Nickel erfordert, was im Verhältniß des natürlichen Vorkommens und
                                 der Fabrikation dieses Metalles schwer in die Wagschale fällt. Die
                                 Kostspieligkeit des Materials nöthigt zu solchen Formaten der Nickelmünzen,
                                 vermöge welcher sie sowohl den über ihnen stehenden kleinen Silberstücken als
                                 den ihnen untergeordneten Bronzemünzen zu nahe kommen, wie später an den
                                 deutschen Geprägen zu zeigen sein wird. Nach all diesem kann man bezweifeln, daß
                                 die Einführung der Nickelmünzen durch einen glücklichen Gedanken veranlaßt
                                 sei.Eine Vergleichung des Werthes, zu welchem das Nickelkupfer in
                                       verschiedenen Staaten bei der Vermünzung ausgebracht wird, gestattet
                                       folgende Zusammenstellung.Land.Münzsorte.Deren Nennwerthin
                                             deutschenPfennigen.Deren Gewichtin GrammHiernach erfolgenaus 1k
                                             NickelkupferDeutsche Mark.Belgien20 Centim167    22,86„10      „  8   4,5    17,78„  5      „  43    13,33Brasilien200 Reis4615    30,66„100    „231023Nordamerika5 Cent21  542„3    „  12,6        
                                             1,944    
                                             64,81Deutschland10 Pf.10  425„  5  „  52520
                                 
                              
                           
                              4. Bronze. – Zufolge der Weichheit des Kupfers
                                 sind die aus diesem Metalle geprägten Münzen um so mehr einer starken Abnutzung
                                 und davon herrührenden Beschädigung des Gepräges unterworfen, als grade das
                                 Kupfergeld in besonders hohem Maße den angreifenden Einwirkungen des
                                 Kleinverkehrs ausgesetzt ist. Man hat hierin Veranlassung gefunden, dem Kupfer
                                 kleine Mengen anderer Metalle zuzumischen, welche dessen Härte, also
                                 Dauerhaftigkeit, ansehnlich erhöhen. Namentlich sind Zinn und Zink hierzu
                                 gewählt, also an die Stelle der Kupfermünzen Bronzemünzen gesetzt worden. Dieser Schritt ist als eine wahre
                                 Verbesserung zu bezeichnen, wenngleich die in Rede stehenden Münzen ihre
                                 anfänglich schöne, zum Theil fast goldähnliche Farbe schnell verlieren und nach
                                 wenigen Jahren des Umlaufs fast schwarz werden.
                              Bekanntlich sind Bronzemünzen schon im Alterthume gebräuchlich gewesen, wo die
                                 Prägung des unvermischten Kupfers weniger stattfand; allein diese antiken Münzen
                                 waren im Allgemeinen durch einen weit größern Gehalt an Zinn und besonders an
                                 Zink von den heutigen wesentlich verschieden.Von 22 durch Samuel Parkes analysirten
                                       römischen Bronzemünzen aus den Jahren 26 bis 403 n. Chr. enthielt nur
                                       eine einzige (des Kaisers Constans I. 340)
                                       96,8 Proc. Kupfer nebst Zinn; in allen übrigen wechselte der
                                       Kupfergehalt von 63,6 bis 89 Proc., woneben in 19 Stücken 2,5 bis 22,7
                                       Proc. Zink, in 21 Stücken 1,9 bis 9,3 Proc. Zinn und in 9 Stücken 1,4
                                       bis 10,9 Proc. Blei gefunden wurde. Auch in neuer Zeit sind Bronzemünzen gelegentlich zum Vorschein
                                 gekommen: in Frankreich 1791 bis 1793 Stücke zu 2 Sous, 1 und 1/2 Sou aus dem
                                 Metall der Glocken von aufgehobenen Klöstern; 1793 Belagerungsmünzen der Festung
                                 Mainz zu 5 und 2 Sous ähnlichen Ursprunges; 1827 bis 1841 Stücke zu 10 und 5
                                 Centim für die Colonien; in Spanien 1825 bis 1833 Stücke zu 8 und 4 Maravedis;
                                 in Portugal 1819 bis 1832 solche zu 40, 20 und 10 Reis; in Neapel 1810 solche zu
                                 3 und 2 Grana. Aber alle diese Fälle sind vorübergehend und meist Nothbehelfe
                                 gewesen.
                              Die Schweiz ist es, welche mit Einleitung einer rationellen und consequenten
                                 Bronzemünzung im J. 1850 voranging; sie wählte dazu eine Zusammensetzung aus 95
                                 Th. Kupfer, 4 Th. Zinn, 1 Th. Zink. Ihr Beispiel fand rasch Nachfolge, und die
                                 eben genannte Metallmischung wurde 1852 von Frankreich, 1855 von Schweden, 1857
                                 von Venezuela, 1860 von Großbritannien, 1866 von Spanien und Aegypten, 1867 von
                                 Rußland, Norwegen und Rumänien, 1869 von Griechenland, Serbien und Brasilien,
                                 1873 von Dänemark und dem Deutschen Reiche zur Anwendung gebracht. Sogar für
                                 Siam sind Bronzemünzen 1874 in England geprägt. Dänemark hatte vorher (seit
                                 1856) Münzen aus einer besonders schön gelben Legirung von 90 Kupfer mit 5 Zinn
                                 und 5 Zink geschlagen. In den Nordamerikanischen Vereinstaaten ist 1864 ein
                                 Gemisch von 95 Kupfer mit 5 Zinn und Zink in Gebrauch gekommen, dabei aber das
                                 Verhältniß zwischen den beiden letztern Bestandtheilen nicht gesetzlich
                                 vorgeschrieben. In Italien bediente man sich seit 1864 einer Zusammensetzung aus
                                 96 Kupfer und 4 Zinn ohne Zink; da jedoch ein bedeutender Theil feiner
                                 Bronzemünzen zu Paris geprägt sein soll, so wäre zu vermuthen, daß wenigstens dieser
                                 mit der in Frankreich üblichen zinkhaltigen Bronze angefertigt sei. Die
                                 Regierung der Türkei hat im J. 1865 für 20 Millionen türkischer Piaster
                                 Nennwerth (etwas über 3 2/3 Millionen deutsche Mark) Bronzemünzen in England
                                 prägen lassen und lieferte als Material dazu alte Geschützrohre, wonach
                                 anzunehmen ist, daß diese Münzen kein Zink und mehr Zinn als die vorerwähnten
                                 enthalten.
                              
                           
                              5. Aluminium. – Ich gedenke dieses
                                 interessanten Metalles an gegenwärtiger Stelle nur deshalb, weil es (offenbar
                                 von einem Nichttechniker) allen Ernstes zum Prägen von Scheidemünzen –
                                 wahrscheinlich anstatt der Nickelmünzen – empfohlen worden ist.Deutsche Industriezeitung, 1873 S. 143. Freilich würde das Aluminium den Vortheil haben, bei geringem Gewichte
                                 verhältnißmäßig große Münzstücke zu geben; aber es scheint vergessen zu sein,
                                 daß das Metall von verdünnten Säuren und von alkalischer Lauge aufgelöst, durch
                                 den Händeschweiß stark angegriffen wird, sehr weich ist und etwa den halben
                                 Preis des feinen Silbers hat.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)