| Titel: | Gasfeuerung für Dampfkessel; von Ferd. Steinmann, Civilingenieur in Dresden. | 
| Autor: | Ferdinand Steinmann | 
| Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 40 | 
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                        Gasfeuerung für Dampfkessel; von Ferd. Steinmann, Civilingenieur in
                           Dresden.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              II [a/4].
                        Steinmann's Gasfeuerung für Dampfkessel. 
                        
                     
                        
                           Es gibt kaum eine Heizungsanlage in der Industrie, welche so außerordentliche
                              Wandlungen zu erfahren hat, als die Dampfkesselheizung, und bei der man sich fast
                              täglich noch mit mehr oder weniger Glück versucht, die geringwerthigsten Brennstoffe
                              auszunutzen. Es ist nicht zu verkennen, daß auch in dieser Specialität viel Treffliches
                              geleistet worden ist; jeder Eingeweihte weiß aber zugleich, daß grade mit dem Impuls
                              zu Verbesserungen sich hier Complicationen aufgethürmt haben, welche den
                              beabsichtigten Nutzen durch die Schwierigkeit der Ueberwachung und Handhabung, sowie
                              durch die Unkosten der Anschaffung vielfach illusorisch machten. Ich erinnere nur an
                              die beweglichen Roste.
                           Den HH. Müller und Fichet zu
                              Ivry bei Paris gebührt das Verdienst, die Ersten gewesen zu sein, welche (im Jahre
                              1873) nach vielfachen Versuchen eine brauchbare Construction der Gasfeuerung für
                              Dampfkessel zu Stande gebracht haben.In einer längern Abhandlung in Armengaud's Publication
                                       industriel, 1873 constatiren Müller und
                                    Fichet eine Kohlenersparniß von 32 Proc.
                                    gegenüber gut construirten directen Feuerungen, die dauernde Reinheit der
                                    Züge und Kesselbleche, und leiten hieraus zugleich mit Recht eine bessere
                                    Conservirung der letztern ab.
                              
                           Müller und Fichet bedienten
                              sich bisher nur backender Steinkohle für ihre Gasanlagen, woher es nothwendig kommt,
                              daß sie, um den Gasstrom in Permanenz zu erhalten, allstündlich aufschütten und dem
                              Schürer in der gleichen Zeit die außerordentlich harte Arbeit des Aufbrechens des im
                              Generator entstandenen Kokesklumpen zumuthen müssen; auch ist hiermit die unmittelbare Lage des Generators vor dem Kessel bedingt,
                              wenn nicht regelmäßig bedenkliche Unterbrechungen im Flammenzuge entstehen sollen.
                              Es sind dies jedoch für das System selbst und seine Anwendung auf alle andern
                              Brennstoffe Momente von untergeordneter Bedeutung. Anders verhält es sich mit der
                              von Müller und Fichet
                              beobachteten Vorheizung der Verbrennungsluft, sowie mit den Constructionstheilen zur
                              Flammenbildung resp. den Ausströmungen nach den Kesselzügen. Dieselben lassen
                              nämlich zunächst die Verbrennungsluft durch den Schornsteincanal und hierauf durch
                              die eigentlichen Heizkammern der Feuerung zur Vorwärmung gelangen, also einen Theil
                              der geringen Sollwärme der abziehenden Gase und einen Antheil des erst geschaffenen
                              Wärmeeffectes dabei aufsaugen; die kalte Luft allein würde zur Erzielung einer
                              lebhaften Verbrennung erfahrungsgemäß nicht genügen, und durch die Kammervorwärmung
                              entsteht eben ein permanenter Effectverlust. Um ferner eine möglichst innige
                              Mischung von Luft und Gas zu erzielen, müssen beide einen höchst filigranartigen Bau
                              von Düsen und Rippenwerk passiren, welcher nicht blos der Zerstörung leicht
                              unterliegt, sondern auch in seiner Anschaffung umständlich und kostspielig ist.
                           Ein dahin zielender Auftrag der Firma E. F. Könitzer in
                              Zittau veranlaßte mich, diesen Mängeln näher zu treten, insbesondere aber auch die Möglichkeit der
                              Verwendung trockener (nicht backender) Steinkohle und Braunkohle zu constatiren.
                              Genannte Firma überwies mir hierzu einen Belleville'schen Kessel, welcher (Anfang
                              1876 aufgestellt) die Bestimmung hatte, eine 60e-Dampfmaschine bei 7at
                              Spannung zu betreiben, diese Aufgabe jedoch unter 12stündiger Consumtion von etwa
                              1500k bester oberschlesischer Kohle
                              knapp zu bewältigen vermochte.
                           Die Figuren 8
                              und 9 stellen
                              nun im Längenschnitt und Querschnitt die von mir angelegte Gasfeuerung für diesen
                              Kessel dar, worin a den Generator, welcher das Gas durch
                              den Canal b nach den Mischkammern c entsendet, und d, d die Zuführungsrohre der
                              Verbrennungsluft bezeichnen. Diese Rohre sind nur durch eine 75mm starke Verblendung von dem
                              Generatorschachte getrennt, und wird dadurch die aufströmende Luft sowohl durch die
                              Generatorglühschicht, als auch durch die strahlende Wärme des Planrostes auf eine
                              sehr hohe Temperatur gebracht. Diese so erhitzte Luft tritt bei e aus, passirt die Schlitze f und vereinigt sich in cc stürmisch mit
                              dem Gas zur Flamme, welche durch die Düsen g bereits
                              stark entwickelt zur Wirkung gelangt und beiläufig eine Länge von 2m erreicht.
                           Diese Gasfeuerung ist seit September 1876 im Betrieb und wird je nach Bedürfniß
                              entweder mit magerer oberschlesischer Steinkohle, oder mit böhmischer Braunkohle
                              (Mittelkohle), oder mit beiden gemischt, betrieben. Nach den täglichen
                              Aufzeichnungen des dortigen Maschinenmeisters Oberreit
                              wurden durchschnittlich verbraucht: 1k
                              Steinkohle auf 8k Wasserverdampfung oder
                              1k Braunkohle auf 4k Wasserverdampfung.
                           Die Beschüttung des Generators erfolgt alle 3, seine Beschürung je nach Erforderniß
                              alle 3 bis 4 Stunden, und ist der Kessel früh vor Beginn der Arbeit in 1/2 Stunde
                              ohne Vorfeuerung völlig betriebsfähig, bei dazwischen liegendem Sonntage in 1
                              Stunde.
                           Eine solche Anlage ist, wie leicht ersichtlich, durch jeden Maurer ohne jene so
                              schwer erhältlichen Façon-Chamottesteine einzurichten. Neben den
                              Ersparnissen an Brennstoff und der gleichzeitig damit erzielten Rauchverzehrung ist
                              noch des Umstandes zu gedenken, daß man durch einen einzigen Handgriff sofort das
                              Feuer unter dem Kessel abstellen kann, endlich, daß man in den meisten Fällen in der
                              Lage sein wird, den Generator außerhalb des Kesselhauses anzulegen und damit alle
                              Asche etc. aus dem letztern für immer zu verbannen. Selbstverständlich ist der
                              Gasbetrieb bei continuirlichen Kesseln am vortheilhaftesten (speciell bei der
                              Zuckerfabrikation), da hier das Quantum der über Nacht abgeschwelten Kohle gänzlich
                              in Wegfall kommt, ein Quantum, welches sich leicht auf 1/4 des ganzen
                              Tagesverbrauchs steigert.
                           
                           Die Anwendung der Gasfeuerung für Schiffskessel ist nur eine Frage der Zeit, und die
                              überaus wichtigen Vortheile besonders für weite Seereisen liegen hier so klar zu
                              Tage, daß es weiterer Worte hierfür nicht bedarf.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
