| Titel: | Der Ammoniak-Soda-Process in seiner Anwendung bei der Verarbeitung von Gaswasser; von Dr. G. Ch. Gerlach in Kalk bei Deutz. | 
| Autor: | G. Ch. Gerlach | 
| Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 82 | 
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                        Der Ammoniak-Soda-Process in seiner
                           Anwendung bei der Verarbeitung von GaswasserDieses neue Verfahren ist dem Verfasser in Preußen, Oesterreich-Ungarn,
                                 England, Frankreich und Belgien patentirt.Die Red.; von Dr. G. Ch.
                              Gerlach in Kalk bei Deutz.
                        Mit Abbildungen.
                        Gerlach, über Anwendung des Ammoniaksoda-Processes bei der
                           Verarbeitung von Gaswasser.
                        
                     
                        
                           Die Herstellung von Soda mittels Ammoniak beruht bekanntlich darauf, daß beim
                              Einleiten von Kohlensäure in eine concentrirte Lösung von Kochsalz, welche mit
                              Aetzammoniak bis zu einem gewissen Grade gesättigt ist, doppeltkohlensaures Natron
                              wegen seiner geringern Löslichkeit sich ausscheidet, während Salmiak in Lösung
                              bleibt. Das doppeltkohlensaure Natron wird nach dem Abcentrifugiren und Nachwaschen
                              durch Calciniren in einfachkohlensaures Natron übergeführt; aus der abcentrifugirten
                              Lösung aber, welche, neben unzersetztem kohlensaurem Ammoniak und Kochsalz, Salmiak
                              enthält, wird durch Destillation mit Kalk das Aetzammoniak wiedergewonnen und kehrt
                              in den Kreislauf der Operation zurück.
                           Durch Versuche habe ich festgestellt, daß die Umsetzung in doppeltkohlensaures Natron
                              mit derselben Leichtigkeit vor sich geht, wenn man statt Kochsalz andere Natronsalze
                              anwendet; es ist dies ja auch ganz erklärlich durch die Löslichkeitsverhältnisse des
                              doppeltkohlensauren Natrons. In der That werden concentrirte Glaubersalzlösungen und
                              ebenso concentrirte Chilisalpeterlösungen, welche mit Aetzammoniak bis zu einem
                              gewissen Grade gesättigt sind, durch Einleiten von Kohlensäure in der Weise
                              zersetzt, daß sich doppeltkohlensaures Natron ausscheidet, während in der Lösung neben unzersetztem kohlensaurem Ammoniak und unzersetztem
                              Glaubersalz oder Chilisalpeter schwefelsaures Ammoniak
                              oder salpetersaures Ammoniak vorhanden sind.
                           
                           Die Umsetzung geht in allen diesen Fällen nur bis zur Hälfte vor sich; nur etwa die
                              Hälfte der angewendeten Natronsalze wird selbst aus ganz concentrirten Lösungen in
                              Form von doppeltkohlensaurem Natron anfänglich ausgeschieden. Es ist jedoch zu
                              bemerken, daß durch die Ausscheidung von doppeltkohlensaurem Natron sich das
                              specifische Gewicht der Laugen sehr vermindert, und ebenso wie bei Anwendung von
                              Kochsalz die zurückbleibende, Salmiak haltende Lösung noch ziemliche Mengen Kochsalz
                              aufs Neue zu lösen vermag, ebenso vermögen die hier erhaltenen Lösungen noch
                              Glaubersalz oder Chilisalpeter aufzunehmen; fügt man daher von diesen Salzen einen
                              Ueberschuß hinzu, so ist bei fortgesetztem Einleiten von Kohlensäure die Umsetzung
                              von Kochsalz, Glaubersalz oder Chilisalpeter in Salmiak, schwefelsaures Ammoniak
                              oder salpetersaures Ammoniak noch viel vollständiger zu erreichen. Beim
                              Ammoniak-Soda-Proceß wird dieses Kochsalz deshalb als sogen.
                              „Correctionssalz“ der Lauge zugefügt, und es dient dazu,
                              die Lösung in stets gesättigtem Zustande zu erhalten. Auf diese Weise ist man dahin
                              gelangt, wohl 3/4 des angewendeten Kochsalzes in Soda überzuführen.
                           Namentlich das Verhalten des schwefelsauren Natrons ist es, welches ich benutzt habe,
                              aus den ammoniakalischen Destillationsproducten des Gaswassers schwefelsaures
                              Ammoniak herzustellen unter gleichzeitiger Gewinnung von Soda, während die
                              ammoniakalischen Destillationsproducte, welche bei der Destillation von Gaswässern,
                              oder in Knochenbrennereien, oder bei Kokesbrennereien abfallen, bis jetzt in
                              folgender Weise verarbeitet werden:
                           Um Salmiakgeist oder Aetzammoniak herzustellen, wird das
                              Gaswasser mit Aetzkalk destillirt; um kohlensaures
                                 Ammoniak zu erhalten, werden die trocknen Ammoniakgase mit Kohlensäure
                              zusammengebracht.
                           Zur Herstellung von schwefelsaurem Ammoniak werden die
                              ammoniakalischen Destillationsproducte in Schwefelsäure geleitet, oder sie werden
                              durch Gyps zersetzt, um schwefelsaures Ammoniak zu bilden.
                           Die Bereitung von Salmiak geschieht durch Einleiten der
                              abgekühlten ammoniakalischen Destillationsproducte in Salzsäure oder durch
                              Zersetzung derselben mittels Laugen, welche Erdchloride oder Metallchloride
                              enthalten (z.B. Chlorcalciumlauge oder Chlormanganlauge).
                           
                        
                           Ueber die Umsetzung der ammoniakalischen
                                 Destillationsproducte mittels Steinsalz, Meersalz oder Salzsoolen.
                           Ich stelle eine concentrirte Lösung von kohlensaurem Ammoniak durch Destillation von
                              Gaswasser her und löse darin Salz oder Chlornatrium und zwar in dem Verhältniß, daß
                              wenigstens 1 Aeq. Chlornatrium auf 1 Aeq. kohlensaures Ammoniak in der ganz
                              concentrirten Lösung enthalten ist. Eine solche Lösung hat 1,22 spec. Gew. In diese
                              Lösung wird so lange Kohlensäure eingeleitet, als noch doppeltkohlensaures Natron
                              herausfällt. Hierbei entweicht Schwefelwasserstoff, welcher allezeit als
                              Schwefelammonium im Destillat des Gaswassers enthalten ist. Bei der Destillation des
                              Gaswassers mit Kalk erhält man zwar ein schwefelfreies Destillationsproduct, aber
                              bei Anwendung dieses kaustischen Ammoniaks sind später 2 Aeq. Kohlensäure
                              erforderlich zur Fällung des doppeltkohlensauren Natrons.
                           Das erhaltene doppeltkohlensaure Natron wird von der Flüssigkeit getrennt, entweder
                              durch Centrifugen oder Verdrängungsapparate.
                           Das ausgewaschene doppeltkohlensaure Natron wird erhitzt, um das zweite Aequivalent
                              Kohlensäure auszutreiben, oder es wird zu demselben Zwecke mit so viel Wasser
                              gekocht, daß eine concentrirte Sodalösung resultirt, welche zur Krystallisation
                              gebracht wird. Die entweichende Kohlensäure kann man zur Zersetzung neuer Mengen
                              Laugen benutzen.
                           Die Flüssigkeit, welche beim Centrifugiren gewonnen wurde, enthält Salmiak,
                              unzersetztes Chlornatrium und kohlensaures Ammoniak nebst geringen Mengen gelöstes
                              doppeltkohlensaures Natron. Um das kohlensaure Ammoniak wieder zu gewinnen, wird
                              dasselbe abdestillirt, und aus der Flüssigkeit, welche jetzt nur noch Salmiak und
                              Chlornatrium enthält, wird Salmiak durch Krystallisation gewonnen, nachdem der
                              größte Theil Chlornatrium durch Concentration aus der heißen Lauge sich
                              ausgeschieden hat; oder man benutzt die Flüssigkeit zur Destillation mit Kalk zur
                              Herstellung von Salmiakgeist.
                           Alles unzersetzte Chlornatrium kehrt in den Kreislauf der Operationen zurück.
                           
                        
                           Unterschiede zwischen meinem Verfahren
                                 und dem Ammoniak-Soda-Proceß.
                           Mein Verfahren unterscheidet sich von dem Ammoniak-Soda-Proceß in
                              folgenden Punkten:
                           
                              1) Ich bezwecke die bestmögliche Verwerthung des Gaswassers und
                                 bringe immer neue Quantitäten Gaswasser zur Verwendung. Der
                                 Ammoniak-Soda-Proceß hingegen bezweckt nur die Herstellung von Soda und führt den angewendeten Salmiak stets wieder
                                 als Aetzammoniak in den Kreislauf der Operationen ein.
                              2) Der Salmiak, welcher durch Zersetzung mit Kochsalz aus dem
                                 Gaswasser erhalten wird, wird nach meinem Verfahren durch Krystallisation gewonnen, er
                                 wird nicht durch Kalk zersetzt und wird nicht als Aetzammoniak in den Kreislauf
                                 der Operationen wieder eingeführt. Deshalb tritt auch kein Verlust an Ammoniak
                                 durch Verflüchtigung ein.
                              3) Ich brauche also keinen Kalk anzuwenden, mit Ausnahme der
                                 geringen Mengen, welche bei der Destillation des Gaswassers nöthig sind zur
                                 Zersetzung der nicht flüchtigen Ammoniakverbindungen im Gaswasser.
                              4) Es geht kein Kochsalz verloren, sondern es kehrt in den
                                 Kreislauf der Operationen zurück. Deshalb erhalte ich auch für jedes Aequivalent
                                 angewendetes Chlornatrium ein volles Aequivalent Soda als Nebenproduct, während
                                 beim Ammoniak-Soda-Proceß dies bis jetzt nicht erreicht werden
                                 konnte.
                              5) Die Kohlensäure, welche im Gaswasser enthalten ist, kommt als
                                 kohlensaures Ammoniak zur Verwendung, während beim
                                 Ammoniak-Soda-Proceß Aetzammoniak – oder Salmiak, zersetzt
                                 durch Kalk – zur Anwendung kommt.
                              6) Außer dem abdestillirten Gaswasser wird kein Nebenproduct
                                 erhalten, welches als unbrauchbar entfernt werden müßte.
                              7) Die Kosten für die Wiedergewinnung des Ammoniaks sind gespart,
                                 da die salmiakhaltige Lauge nur wenig abgedampft zu werden braucht, um Salmiak
                                 durch Krystallisation zu gewinnen.
                              8) Indem ich immer neue Quantitäten Gaswasser zur Verarbeitung
                                 bringe, geht die Salmiakproduction stetig voran, ebenso wie die Gewinnung der
                                 Soda als Nebenproduct.
                              
                           Es kann keinem Zweifel mehr unterworfen sein, daß der
                              Ammoniak-Soda-Proceß eine vermehrte Verbreitung und immer größere
                              Bedeutung in der Soda-Industrie gewinnen wird; dessenungeachtet bleibt es
                              wahr, daß seine Durchführung mit gewissen Schwierigkeiten verbunden ist.
                           Die Uebelstände, welche die Praktiker an dem Ammoniak-Soda-Proceß
                              rügen, sind folgende:
                           
                              1) Die großen Mengen Laugen, welche man zu bewältigen hat.
                              2) Der große Kohlenverbrauch, welcher bei der steten
                                 Wiedergewinnung des Ammoniaks erforderlich ist.
                              3) Der ganz unvermeidliche Verlust an Ammoniak, der hauptsächlich
                                 durch die Flüchtigkeit des Aetzammoniaks bedingt ist.
                              
                           Alle diese Uebelstände sind bei meinem Verfahren beseitigt:
                           
                              1) Die Laugen werden zur Gewinnung des Salmiaks abgedampft und
                                 dieses Salz krystallisirt schon bei geringer Concentration.
                              2) Die Wiedergewinnung des Aetzammoniaks mit Kalk fällt weg, und
                                 deshalb findet auch der erwähnte große Kohlenverbrauch nicht statt.
                              3) Der Verlust an Aetzammoniak kommt gar nicht in Betracht, da
                                 kein kaustisches Ammoniak bei diesem Verfahren auftritt, sondern nur
                                 Salmiak.
                              
                           
                        
                           Ueber die Umsetzung der ammoniakalischen
                                 Destillationsproducte mittels Glaubersalz oder Natronsulfat.
                           Ich stelle eine concentrirte Lösung von kohlensaurem Ammoniak dar, wie solche auf
                              bekannte Weise durch Destillation von Gaswasser erhalten wird. Hierin löse ich
                              krystallisirtes Glaubersalz ohne jeden. weiteren Zusatz von Wasser; oder ich löse
                              das wasserfreie Sulfat, wie man solches bei der Salzsäure- oder
                              Salpetersäurefabrikation erhält, in einer minder concentrirten Lösung von
                              kohlensaurem Ammoniak. Auch diese gesättigte Lösung soll auf 1 Aeq. kohlensaures
                              Ammoniak 1 Aeq. schwefelsaures Natron enthalten; sie hat das spec. Gew. 1,30. In
                              diese concentrirte Lösung wird Kohlensäure geleitet, so lange noch
                              doppeltkohlensaures Natron ausfällt; hierauf wird das Bicarbonat von der Lauge
                              getrennt und in Soda übergeführt.
                           Die Lauge, welche vom Bicarbonat getrennt wurde, enthält schwefelsaures Ammoniak,
                              unzersetztes Natriumsulfat und kohlensaures Ammoniak nebst geringen Mengen gelöstes
                              doppeltkohlensaures Natron. Das kohlensaure Ammoniak wird durch Destillation
                              wiedergewonnen und kehrt in den Kreislauf der Operationen zurück.
                           Aus der Lauge, welche jetzt nur schwefelsaures Ammoniak und schwefelsaures Natron
                              enthält, wird das schwefelsaure Ammoniak vom schwefelsauren Natron getrennt; das
                              schwefelsaure Natron kehrt in den Kreislauf der Operationen zurück.
                           
                        
                           Ueber die Umsetzung der ammoniakalischen
                                 Destillationsproducte mittels Chilisalpeter.
                           Ich stelle eine concentrirte Lösung her, welche gleiche Aequivalente kohlensaures
                              Ammoniak und salpetersaures Natron enthält. Eine solche Lösung hat 1,37 spec. Gew.
                              In diese Lösung wird Kohlensäure geleitet, so lange doppeltkohlensaures Natron
                              herausfällt.
                           Der Vorgang ist genau derselbe wie beim Chlornatrium und beim schwefelsauren Natron.
                              Die Endproducte sind salpetersaures Ammoniak und Soda.
                           Als Kohlensäure können in allen diesen Fällen die abgekühlten Gase von einem
                              Kokesfeuer oder von einem Kalkofen in Anwendung kommen; oder die Kohlensäure kann
                              man sich auch in einem reineren Zustande herstellen, wenn man die abgekühlten Kamingase
                              oder die Gase von einem Kokesofen oder auch von einem Kalkofen in eine gesättigte
                              Lösung von Soda pumpt. Hierbei wird die Kohlensäure absorbirt, doppeltkohlensaures
                              Natron fällt heraus, während die atmosphärische Luft und der Stickstoff entweichen.
                              Erhitzt man alsdann die Lauge sammt dem ausgefallenen doppeltkohlensauren Natron, so
                              gibt das letztere Salz das zweite Aequivalent Kohlensäure ab. Man arbeitet auf diese
                              Weise mit weniger Lauge als beim bekannten Oxouf'schen
                              Verfahren.
                           Zur Zersetzung der ammoniakalischen Destillationsproducte durch die genannten
                              Alkalisalze kommen dieselben Apparate in Anwendung, wie sie sich beim
                              Ammoniak-Soda-Proceß seither als die zweckmäßigsten herausgestellt
                              haben.
                           Bis jetzt wurde in der Industrie ausschließlich Kochsalz in dieser Weise angewendet,
                              aber einzig und allein um Soda herzustellen; daß dieses
                              Verfahren sich auch äußerst vortheilhaft auf die Verarbeitung der Gaswässer zur
                              Gewinnung von Salmiak ausdehnen lasse, hatte man bis jetzt nicht erkannt. Es ist bis
                              jetzt noch niemals Gaswasser in der Art verarbeitet worden, daß man gleichzeitig
                              Salmiak und Soda erhielt, und ebenso wenig ist jemals irgend ein praktischer
                              Vorschlag gemacht worden, um schwefelsaures Ammoniak oder salpetersaures Ammoniak
                              gleichzeitig mit Soda aus dem Gaswasser zu gewinnen, wie dies nach meinem Verfahren
                              geschieht. Wie man auf den ersten Blick erkennen wird, bietet diese Methode
                              außerordentliche Vortheile gegen die gewöhnliche Art der Verarbeitung mit
                              Säuren.
                           Gegen eine verhältnißmäßig geringe Auslage für Arbeitslohn und Apparate, sind die
                              Kosten der Säuren ganz wesentlich vermindert durch die viel billigern Alkalisalze,
                              wobei das Natron für die Soda geradezu gratis zur
                              Verarbeitung gelangt. Ein nicht zu unterschätzender Vortheil ist es auch, daß die so
                              erhaltenen Ammoniaksalze schön weiß sind, da sie durch Krystallisation erhalten
                              werden.
                           Zum Vergleich stelle ich eine Calculation über die Herstellung von schwefelsaurem
                              Ammoniak nach dem alten und neuen Verfahren hier neben einander.
                           Herstellungskosten von 1000 Ctr. schwefelsaurem Ammoniak.
                           
                              
                                 Nach dem alten
                                       Verfahren.
                                 
                              
                                 1000 Ctr.
                                 Schwefelsäure von 60° B. zu 4 M.
                                 4000
                                 M.
                                 
                              
                                 
                                 Hierzu alle übrigen Geschäftsunkosten.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Erlös:
                                 
                              
                                 1000 Ctr.
                                 schwefelsaures Ammoniak zu 19 M.
                                 19000
                                 M.
                                 
                              
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 Nach dem neuen
                                       Verfahren.
                                 
                              
                                 1076 Ctr.
                                 Natriumsulfat wasserfrei zu 2 M.
                                 2152
                                 M.
                                 
                              
                                 
                                 Hierzu alle übrigen Geschäftsunkosten wie oben;ferner Verzinsung und
                                    Abschreibung der neuen Anlagen, erhöhterArbeitslohn, Herstellung von
                                    Kohlensäure und andere Mehrausgaben
                                 6000
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Summe
                                 8152
                                 M.
                                 
                              
                                 Erlös:
                                 
                              
                                 1000 Ctr.
                                 schwefelsaures Ammoniak zu 19 M.
                                 19 000
                                 M.
                                 
                              
                                   803   „
                                 calcinirte Soda oder
                                 
                                 
                                 
                              
                                 2165   „
                                 krystallisirte Soda
                                 10 000
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Summe
                                 29 000
                                 M.
                                 
                              
                           Wenn das angewendete Natronsulfat 10 Proc. freie Säure enthielt:
                           
                              
                                 1000
                                 Ctr.
                                 schwefelsaures Ammoniak und nur
                                 
                              
                                 723
                                 „
                                 calcinirte Soda oder
                                 
                              
                                 1949
                                 „
                                 krystallisirte Soda.
                                 
                              
                           Ich habe noch zu erwähnen, wie man die abcentrifugirte Lauge weiter behandelt. Zuerst
                              wird also das unzersetzte kohlensaure Ammoniak durch Destillation wieder gewonnen;
                              hierbei setzt sich auch die geringe Menge gelöstes doppeltkohlensaures Natron mit
                              dem vorhandenen Salmiak oder schwefelsaurem Ammoniak um, indem kohlensaures Ammoniak
                              entweicht und Kochsalz oder Glaubersalz erhalten wird.
                           
                        
                           Ueber die Trennung von Salmiak und
                                 Kochsalz.
                           Dampft man eine solche Lösung, welche etwa gleiche Mengen Salmiak und Kochsalz
                              enthält, bis zur Salzhaut ein und läßt man krystallisiren, so schießt Salmiak an,
                              aber er schließt natürlich um so mehr Kochsalz ein, je reichlicher die Mutterlauge
                              davon enthält. Dampft man hingegen die Lösung weiter ein, selbst nachdem sich in der
                              Hitze eine Salzhaut bildet, so fällt aus der kochenden Lösung Kochsalz heraus und
                              die Lösung reichert sich mit Salmiak an.
                           Das ausgeschiedene Kochsalz ist von anhängender Mutterlauge immer salmiakhaltig und
                              wird in diesem Zustande wieder mit neuen Quantitäten des ammoniakalischen
                              Destillationsproductes zusammengebracht, um durch Kohlensäure zersetzt zu
                              werden.
                           Um diese Anreicherung der Lauge an Salmiak möglichst vollständig zu erzielen, und um
                              das Kochsalz möglichst zu entfernen, habe ich eine systematische Abdampfung in der
                              Weise ausgeführt, daß ich vier Kessel I bis IV neben einander aufstellte, aber nur
                              einen Kessel, beispielsweise den am äußersten linken Ende aufgestellten (IV), mit
                              der abzudampfenden Lauge nachfüllte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 223, S. 88
                              
                           
                           Nur aus diesem Kessel wurde auch das ausgeschiedene Kochsalz ausgeschöpft, während
                              dasjenige Kochsalz, welches sich in Kessel III ausschied, nach IV gebracht wurde,
                              das von II nach III, das von I nach II.
                           Anderseits wurde nur allein aus Kessel I Lauge ausgeschöpft, während die Lauge aus
                              Kessel II nach Kessel I gebracht wurde, von III nach II und von IV nach III.
                           Während also das ausgeschiedene Kochsalz den Weg von rechts nach links zurücklegte,
                              gelangte die Lauge, welche sich an Salmiak anreicherte, von links nach rechts.
                           Sämmtliche Kessel wurden beim Abdampfproceß immer gleich voll gehalten, was sich beim
                              Fabrikbetrieb am besten durch communicirende Röhren erreichen läßt.
                           Die Siedepunkte der Lauge des Kessels I und II waren 116°, des Kessels III
                              112° und des Kessels IV 108°.
                           Zur möglichsten Entfernung von allem Kochsalz war die Salmiaklösung in Kessel I so
                              concentrirt, daß sie beim Erkalten zu einem Krystallbrei erstarrte; deshalb wurde so
                              viel Wasser wieder zugegeben, daß sich in der Wärme eine Salzhaut nur zu bilden
                              anfing. Der so durch Krystallisation gewonnene Salmiak gab beim Glühen nur einen
                              Rückstand von 1,75 Proc. Kochsalz.
                           
                        
                           Ueber die Trennung von schwefelsaurem
                                 Ammoniak und schwefelsaurem Natron.
                           Aus einer Lösung, die etwa gleiche Aequivalente schwefelsaures Ammoniak und
                              schwefelsaures Natron enthält, krystallisirt beim Erkalten ein Doppelsalz nach der
                              Formel:
                           NH₄O,
                                 SO₃ + NaO, SO₃ + 2 HO oder
                              (NH₄NaSO₄ . H₂O).
                           Dieses Salz enthält:
                           
                              
                                 
                                 
                                 krystallisirt
                                 wasserfrei
                                 
                              
                                 NaO, SO₃
                                   71
                                   45,81
                                   51,82
                                 
                              
                                 NH₄O, SO₃
                                   66
                                   42,58
                                   48,18
                                 
                              
                                 2HO
                                   18
                                   11,61
                                 
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 155
                                 100,00
                                 100,00.
                                 
                              
                           Wenn jedoch eine solche Lösung während des Siedens immer weiter eingedampft wird, so
                              scheidet sich wasserfreies Glaubersalz aus und schwefelsaures Ammoniak bleibt in
                              Lösung.
                           Es ist eine bekannte Thatsache, daß Doppelsalze nur in krystallisirtem Zustande
                              existiren. Beim Eindampfen der Lösungen zersetzen sich alle Doppelsalze in der
                              Weise, daß das schwer lösliche Salz sich ausscheidet und das leichter lösliche in
                              Lösung geht. Ueber die Art der Trennung beider erwähnten Salze habe ich nichts weiter
                              anzuführen, als daß die Trennung genau so vorgenommen wurde, wie es beim Salmiak und
                              Kochsalz geschah.
                           Die Siedepunkte der Lösung des Kessels I und II waren 111°, des Kessels III
                              110° und des Kessels IV 106°.
                           Das ausgeschiedene wasserfreie Glaubersalz enthielt etwa 20 Proc. schwefelsaures
                              Ammoniak und gelangte gemeinsam mit neuen Portionen Glaubersalz zur ferneren
                              Zersetzung der ammoniakalischen Destillationsproducte.
                           Aus der Lauge des Kessels I krystallisirte beim Erkalten noch etwas Doppelsalz aus,
                              die kalte Mutterlauge aber lieferte beim weitern Eindampfen ein schönes, weißes,
                              krystallisirtes schwefelsaures Ammoniak, welches nur 1,8 Proc. Glaubersalz
                              enthielt.
                           Dieses sehr zufriedenstellende Resultat beweist, daß der eingeschlagene Weg zur
                              Trennung der Salze ganz der richtige ist.
                           Schließlich will ich noch bemerken, daß beim Ausscheiden von Kochsalz oder
                              wasserfreiem Glaubersalz in der Siedehitze diese Salze leicht anbrennen; beim
                              Fabrikbetrieb wird man also mit gespanntem Dampf in Kesseln mit Doppelwandung
                              abdampfen und außerdem zur Beschleunigung Dampfschlangen einlegen, am besten von
                              Gußeisen, da die Schlangen von Blei wenigstens bei der Salmiakfabrikation sehr
                              angegriffen werden.