| Titel: | Das Grünfärben der Schafwolle und Tuche mittels Pikrinsäure; von Joseph Hausner in Wien. | 
| Autor: | Josef Hausner | 
| Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 108 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Das Grünfärben der Schafwolle und Tuche mittels
                           Pikrinsäure; von Joseph Hausner
                           in Wien.
                        Hausner, über Grünfärben der Schafwolle und Tuche mittels
                           Pikrinsäure.
                        
                     
                        
                           Um die grasgrünen Militärtuche auf ihre Echtheit zu prüfen, werden Abschnitte
                              derselben bei ihrer Uebernahme vom k. k. österreichischen Militärärar mit ganz
                              verdünntem Weingeist vom spec. Gew. 0,9714 und ebenso mit ganz verdünnter Salzsäure
                              vom spec. Gew. 1,0007 bei 75° behandelt. Statt mit den beiden Reagentien
                              getrennt zu operiren, wird wohl auch eine Mischung derselben zu gleichen Theilen,
                              sogen, salzsaurer Alkohol, verwendet und zwar ebenfalls unter Erwärmen auf 750. Die
                              Weingeistprobe halten die meisten der gelieferten Tuche aus, nicht aber die
                              Salzsäureprobe, bei welcher Flüssigkeit und Stoff sich blau färben, und es geht
                              grade aus letzterm Verhalten deutlich hervor, daß die Prüfung hauptsächlich dem Blau
                              gilt, das im Grün enthalten ist. Man will sich versichern, daß das Blau nicht etwa
                              mit schwefelsaurem Indigo, Indigocarmin oder Anilinblau gegeben, sondern in der Küpe
                              echt gefärbt ist. Küpenblau gibt an verdünnte Salzsäure nichts ab, schwefelsaurer
                              Indigo und Anilinblau färben dieselbe blau. Es ist auch die Annahme sehr
                              naheliegend, daß die Färber für solche helle Nüancen die Küpe gerne umgehen, weil
                              sie das Hellblau auf dem andern Weg weit einfacher und sicherer herstellen können.
                              Ebenso ist anzunehmen, daß aus denselben Gründen mit der modernen Blaufärberei meist
                              auch das Grünfärben mittels Pikrinsäure verbunden worden ist, und so läßt es sich
                              erklären, daß das k. k. Militärärar die Unechtheit der gelieferten Tuche
                              vorzugsweise der Anwendung der Pikrinsäure zugeschrieben, während dieselbe
                              eigentlich nur als eine Consequenz der Anwendung eines unechten blauen Pigmentes
                              anzusehen ist.
                           Daß die Echtheit eines solchen Hellgrüns hauptsächlich auf der Anwendung der Blauküpe
                              beruht und weniger von der Wahl des gelben Pigmentes abhängig ist, daß insbesondere
                              die Pikrinsäure den schlechten Ruf nicht verdient, in welchen sie ihr
                              Zusammentreffen mit unechtem Blau gebracht hat, beweisen eine Reihe von Versuchen,
                              bei welchen küpenblaue Schafwolle und Tuche mit schwach weingeistiger
                              Pikrinsäurelösung in der Siedhitze grün gefärbt wurden mit dem Resultat, daß solcher
                              Art behandelte Stoffe den Anforderungen des Militärärars vollkommen entsprachen,
                              indem sie sowohl dem Weingeist, als der verdünnten Salzsäure widerstehen, d.h. in
                              beiden Flüssigkeiten grün bleiben. Bei Behandlung mit verdünnter Salzsäure färbt
                              sich die Flüssigkeit grünlichgelb, aber der Stoff bleibt grün; bei Behandlung mit
                              verdünntem Weingeist
                              bleibt die Flüssigkeit fast ganz farblos, während wieder das Wolltuch gar keine
                              Veränderung erleidet. Ebenso günstig ist die Echtheitsprobe solcher in der Küpe
                              gebläuter und in Pikrinsäure grüngefärbter Wolle oder Tuche gegenüber den
                              Einwirkungen des Lichtes ausgefallen, indem sie, 14 Tage lang der Luft exponirt,
                              dabei abwechslungsweise vom Regen durchnäßt und an der Sonne wieder abgetrocknet,
                              keine wesentliche Veränderung der Nüance bemerken ließen.
                           
                              Kl.