| Titel: | Historische und kritische Betrachtungen über die neueren Veränderungen und den gegenwärtigen Zustand des europäischen Münzwesens; von Karl Karmarsch. | 
| Autor: | Prof. Karl Karmarsch [GND] | 
| Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 229 | 
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                        Historische und kritische Betrachtungen über die
                           neueren Veränderungen und den gegenwärtigen Zustand des europäischen Münzwesens; von
                           Karl
                              Karmarsch.
                        (Schluß von S. 129 dieses Bandes.)
                        Karmarsch, Betrachtungen über das europäische
                           Münzwesen.
                        
                     
                        
                           V. Das Gepräge der Münzen.
                           
                              A. Das Gepräge nach seinem
                                 Inhalte.
                              1) Wenn man von dem Grundbegriff der Münze ausgeht, wonach dieselbe ein Stück (im
                                 besondern edlen) Metalles ist, dessen Werth von dem Staate durch den Stempel
                                 garantirt wird, so sollte füglich verlangt werden dürfen, daß das Gepräge
                                 ersichtlich mache: wer da garantirt und was garantirt wird (also Gewicht und Feingehalt); bei
                                 geringwerthiger Scheidemünze wenigstens: welchem
                                    Staate die Münze angehört. Gegen die erstere dieser Forderungen wird
                                 jetzt nur selten verstoßen, nachdem die ehemals und noch vor den Augen der
                                 gegenwärtigen Generation ausgegebenen Scheidemünzen mit irgend einer Wappenfigur
                                 oder einem blosen Namenszuge ohne Erläuterung (wie z.B. die braunschweigischen
                                 Pfennige und Doppelpfennige bis 1856, die hannoverschen bis 1866, ja selbst die
                                 preußischen Kupfermünzen bis zuletzt, gewesen) abgekommen sind. Doch ist
                                 bemerkenswerth, daß auf den russischen Gold- und Silbermünzen weder Bild
                                 noch Name des Kaisers, ja nicht einmal der Name Rußland sich befindet; die
                                 Bronzemünzen sind wenigstens durch Aufschrift als russische bezeichnet, mit
                                 Ausnahme der halben und Viertel-Kopeken, welche nur die Namenschiffer
                                 tragen. Angaben über Gehalt oder Gewicht oder beides zusammen enthalten die
                                 Münzen der Gegenwart weniger, als solche noch der letzten Vergangenheit. Früher
                                 war auf deutschen (nicht österreichischen) Silber-Courantmünzen des
                                 Conventions- wie des preußischen Fußes, nicht minder auf den Goldkronen
                                 seit 1857 die Anzahl der Stücke aus 1 Mark oder 1 Pfund fein ausgedrückt; ein
                                 gleiches fand man auf den dänischen Speciesthalern, den norwegischen ganzen und
                                 halben Speciesthalern; die schwedischen Stücke zu 4, 2 und 1 Reichsthaler
                                 enthielten in der Randschrift die Angabe des Feingehaltes (75/100 Delar fin Silfver); alles derartige war schon bei
                                 den süddeutschen Guldenmünzen seit 1837 unterlassen und ist mit Einführung der
                                 Goldwährung für ganz Deutschland und Skandinavien überall verschwunden. Man kann
                                 dies nicht etwa durch Berufung darauf rechtfertigen, daß jetzt das Silbergeld
                                 nur „Scheidemünze“ sei; denn selbst als solche ist es noch
                                 werthvoll genug. Auch gab die Hansestadt Bremen auf ihren seit 1840 geprägten
                                 Silberstücken von 36, 12 und 6 Groten – obschon dieselben nur
                                 Scheidemünze der Goldwährung waren – den Feingehalt an (beziehungsweise
                                 15 Loth 14 Grän und 11 Loth 15 Grän). Daß die in Rede stehenden Daten auf den
                                 Münzen fehlen, ist nunmehr die Regel, aber gewiß nicht zu rühmen. Einige
                                 Ausnahmen (nebst den eben angeführten Beispielen) werden zeigen, daß im
                                 Allgemeinen der Platz dafür schon gefunden werden kann, wenn man es darauf
                                 anlegen und andere weniger wichtige oder unnöthige Dinge, wie umfangreiche
                                 Herrscher-Titel nebst dem beliebten „Dei
                                       gratia.“ (österreichische, theilweise englische, frühere
                                 sardinische Münzen etc.), fortlassen will. Am vollständigsten entsprechen
                                 Rußland und Spanien (dieses seit 1870) der Forderung: Auf den russischen
                                 goldenen 5-Rubel-Stücken enthält der Revers die Angabe des in dem
                                 Stücke vorhandenen Gewichtes feinen Goldes (1 Solotnik 35 Doli); der Silberrubel
                                 trägt sogar drei hierher gehörige Bestimmungen, nämlich auf dem Averse das
                                 Feingewicht (4 Sol. 21 D.), in der Randschrift das Bruttogewicht (4 Sol. 82
                                 14/25 D.) und den Feingehalt (83 1/3 Sol.); der halbe Rubel ist mit den gleichen
                                 Angaben in den ihm entsprechenden Zahlen versehen; auf dem Viertelrubel, dessen
                                 Randfläche zu schmal ist, steht nur das Feingewicht (1 Sol. 5 1/4 D.). Spanien
                                 prägt auf alle seine Silber- und Kupfermünzen die Stückzahl, welche auf
                                 1k geht, auf das größte Silberstück
                                 (5 Pesetas) überdies den Feingehalt 900 Millesimas.
                                 Die niederländischen doppelten, einfachen und halben Wilhelmd'or (seit 1848)
                                 enthalten die Bezeichnung des Bruttogewichtes in Gramm (beziehentlich 13,458
                                 – 6,729 – 3,3645) nebst dem Feingehalt (0,900). Mit dem
                                 nordamerikanischen silbernen Handels-Dollar (seit 1873) ist ein gleiches
                                 der Fall, er trägt die Aufschrift 420 Grains 900 fine. Aehnlich ist der Peso (Boliviano) der Republik Bolivia mit 25 Gms. 9 Ds. fino bezeichnet. Der Feingehalt
                                 allein findet sich auf den Münzen (selbst den kleinen Silberstücken) von Mexiko,
                                 Peru, Guatemala etc. Hieraus kann man entnehmen, daß in einigen europäischen
                                 Staaten ein Rückschritt stattgefunden hat und daß Europa theilweise von
                                 amerikanischen Ländern überflügelt wird.
                              
                              2) Zur Vollständigkeit des Gepräges gehört die Bezeichnung des Nennwerthes, unter
                                 welchem das Münzstück umzulaufen bestimmt ist, sei es durch den Namen, oder
                                 durch Angabe des Werthverhältnisses in Beziehung zur Münzeinheit, oder in
                                 geeigneten Fällen des einen und des andern zugleich. Wie natürlich und
                                 selbstverständlich diese Forderung auch erachtet werden mag, so ist sie doch
                                 früher und bis zur gegenwärtigen Zeit öfters unerfüllt gelassen worden. Z.B.
                                 enthielten die deutschen Conventions-Gulden und Doppelgulden nichts der
                                 Art; ebenso fehlt auf den österreichischen Dukaten bis heute der Name, welchen
                                 sie doch immer und überall führen (er stand dagegen auf einigen früheren
                                 preußischen, bayerischen, badischen, württembergischen und Frankfurter Dukaten).
                                 England prägt fortwährend seine ganzen und halben Sovereigns, 5- und 2
                                 1/2 Schilling-Stücke ohne solche Angabe, während dieselbe auf den ganzen
                                 und halben Schillingen erst unter Wilhelm IV. (1830
                                 bis 1837), auf dem (bronzenen) Penny, Halfpenny und Farthing erst 1860
                                 erschien.
                              3) Das Gepräge soll deutlich sein, und ich fasse hier
                                 unter dem Begriff „Deutlichkeit“ zwei verschiedene Dinge
                                 zusammen, nämlich die physische Deutlichkeit und die Verständlichkeit des
                                 Inhaltes. Die erstere erfordert genügend große Buchstaben und Ziffern zu den
                                 Um- und Inschriften, sowie eine Anordnung dieser beiden, vermöge welcher
                                 das wichtigste am meisten hervortritt und nicht zwischen minder wichtigem sich
                                 verbirgt oder an eine Stelle gesetzt ist, wo ihm gleichsam aus Gnade ein
                                 nothdürftiges, zufällig leerstehendes Plätzchen angewiesen zu sein scheint. Ganz
                                 vorzüglich die Werthbezeichnung wird von dieser Bemerkung getroffen. Es muß z.B.
                                 als nicht sehr zweckmäßig erachtet werden, wenn auf den österreichischen Gulden
                                 und Doppelgulden das 1 FL. und 2 FL. unter dem Schwanze des Adlers so steht, daß es
                                 aus der Umschrift kaum herausgefunden werden kannMit den Viertelgulden war es anfangs ebenso, ja wegen der Kleinheit der
                                       Zeichen noch schlimmer; nachdem dieser Uebelstand an zwei Jahrgängen
                                       existirt hatte, begann man 1859 das 1/4 FL.
                                       recht groß und deutlich zu gestalten.; und wenn auf den ersten Jahrgängen der deutschen
                                 Reichs-Goldmünzen die an sich fast unverständliche Hieroglyphe 10
                                 – M und 20 – M in zwei Theile zerrissen eingeflickt war, während ein lächerliches
                                 Eichenblatt als Lückenbüßer in der Umschrift figurirte. Die jetzigen Goldstücke
                                 sowie alle übrigen Münzen des Deutschen Reiches sind in dieser Beziehung
                                 untadelhaft. Den unterscheidenden Namen der Münze in die Randschrift zu
                                 versetzen (wie z.B. auf den bayerischen Kronthalern geschehen ist) hat man sich
                                 nur selten einfallen lassen; gesucht wird er dort sicherlich nicht.
                              
                              Verständlich muß das Gepräge für die Kinder
                                 desjenigen Landes sein, zu dessen Gebrauch die Münze gemacht wird, sofern
                                 dieselben nur überhaupt des Lesens kundig sind. Also sollen Um- und
                                 Inschriften in der Landessprache abgefaßt werden und ohne gezwungene
                                 Abkürzungen. Rußland und die Türkei haben (in Europa und in der Neuzeit) die
                                 ersten Beispiele dieses natürlichen Verfahrens gegeben; die übrigens früher
                                 allgemeine Anwendung der lateinischen Sprache ist 1786 in Preußen, 1792 in
                                 Frankreich, 1793 in Schweden, 1803 in Bayern, 1806 in den Niederlanden (unter
                                 Ludwig Napoleon) und in Baden, 1811 in
                                 Württemberg, 1816 in Sachsen, 1821 in Spanien, 1824 in Braunschweig, 1830 in
                                 Hannover, 1861 in Sardinien (bei Gründung des Königreiches Italien), 1874 in
                                 Dänemark gegen die Landessprache aufgegeben worden. Neapel behielt das Latein
                                 bis zur Einverleibung in Italien; England, Portugal und Oesterreich bedienen
                                 sich desselben bis zur Stunde, wofür nur letzteres einen Grund in der
                                 Vielsprachigkeit seiner Bevölkerung anführen kann, zwischen welche das todte
                                 Idiom auch jetzt noch gleichsam als neutral hineintritt, nachdem seit 1868 die
                                 ungarischen Münzen (wie vorübergehend schon 1848 und 1849) magyarische
                                 Aufschrift haben. Der Gebrauch der Landessprache vermag allein, eine
                                 widerwärtige Sprachmengerei zu vermeiden. Es ist doch in der That zu sonderbar
                                 und geschmacklos, auf der einen Seite einer Münze zu lesen: Fridericus Borussorum Rex, und auf der andern: 6 einen Reichsthaler; oder: Frid. August. D. G. Rex Saxoniae und Der Segen
                                    des Bergbaues. Zehn eine feine Mark; oder Victoria Dei Gratia Britanniarum Reg. F. D. und Six Pence; oder: Christianus VIII. D. G. Daniae V. G. Rex und 1 Rigsbankdaler 30 Schill. Courant.
                                 Nebeneinanderstellung zweier Sprachen ist gerechtfertigt in jenen selteneren
                                 Fällen, wo die Münze zweien völlig heterogenen, im Verkehr sich innig
                                 berührenden Nationalitäten gemeinschaftlich dienen soll; also auf den britischen
                                 und niederländischen Münzen für Ostindien, auf den von England 1863 bis 1867 für
                                 Hongkong geprägten.
                              4) Der Zweck des Gepräges würde theoretisch erreicht sein, wenn es den bisher
                                 behandelten Erfordernissen ein Genüge leistete; aber die Ansprüche der Praxis
                                 gehen weiter. a) Münze aus werthvollen Metallen
                                 unterliegt der Gefahr einer bezüglichen Werthverminderung durch wenig
                                 bemerkbares Abnehmen von Theilen, zumal am Umkreise (auf der Randfläche): das
                                 Gepräge soll hiergegen schützen. Der Schönheitssinn und die Gefahr der
                                 Nachbildung durch Falschmünzer verlangen, b) daß das
                                 Gepräge nicht zu einfach sei, nicht einzig aus Schrift bestehe, sondern gut
                                 gewählte Bilder enthalte. Dazu muß c) eine gewisse
                                 Stetigkeit im Gepräge kommen, d.h. es darf der Inhalt oder die Form desselben nur selten und
                                 nicht anders als im Falle der Nothwendigkeit verändert werden, weil nur dann
                                 allen, die mit dem Gelde zu thun haben, dessen Aussehen so geläufig wird, daß
                                 falsche Münze durch die an ihr vorhandenen Abweichungen leicht zu erkennen ist.
                                 Endlich kann d) die Forderung nicht erlassen werden,
                                 daß die ein System bildenden Münzen zwar durch den Charakter ihres Gepräges die
                                 Zusammengehörigkeit zu erkennen geben, aber dennoch im Einzelnen genugsam
                                 ungleich seien, um den Stücken aus verschiedenen Metallen etwas Eigenthümliches,
                                 leicht Unterscheidbares zu verleihen; nur unter dieser Voraussetzung ist so viel
                                 möglich zu erreichen, daß nicht zufolge Irrthums oder Betrugs geringwerthige
                                 Stücke mit werthhaftern von ganz oder fast gleicher Größe verwechselt
                                 werden.
                              a) Wenn die Münzen vor gewinnsüchtigem Abnehmen von
                                 Metalltheilen geschützt sein sollen, so darf einerseits auf den Flächen zunächst
                                 dem Rande nur ein äußerst schmales glattes Reifchen (das wegen seines
                                 Höhenvorsprunges so genannte „Stäbchen“) sich vorfinden,
                                 und anderseits der Rand selbst nicht glatt bleiben. Bei ganz kleinen Münzen aus
                                 geringhaltigem Silber, so wie bei allen aus Nickelkupfer, Kupfer und Bronze ist
                                 dies von keiner Bedeutung, und daher ist es gerechtfertigt, wenn diese in
                                 jetziger Zeit kaum mehr anders als mit glattem Rande hergestellt werden. Der
                                 Forderung, daß das Gepräge bis ganz nahe zur Randkante hinaus die Flächen decke,
                                 ist seit Einführung des Prägens im Ringe (welches zugleich auch dem glatten
                                 Rande Regelmäßigkeit und Sauberkeit verleiht) nur selten entgegen gehandelt
                                 worden; Beispiele geben Goldstücke und einige große Silbermünzen von Hannover
                                 zwischen 1822 und 1830. Dagegen ist fast allen neuesten Münzprägungen
                                 vorzuwerfen, daß sie es gleichsam um die Wette mit dem Schutze des Randes sehr
                                 leicht genommen haben, um die Herstellung der Münzen zu vereinfachen. Das beste
                                 Mittel zu wirksamem Schutze besteht in den hohen (Relief-) Randschriften
                                 (oder Randverzierungen, sofern für Schrift die Randfläche zu schmal ist), welche
                                 vor dem Aufkommen der Ringprägung sehr gewöhnlich waren, aber in jetziger Zeit
                                 nur noch von Frankreich, Belgien und Spanien bei den Sorten, die durch Art und
                                 Größe dazu geeignet sind, in Anwendung stehen. Von den letzten Jahren des 18.
                                 Jahrhunderts an (zuerst in Nordamerika) ging man zu den bei Ringprägung leichter
                                 ausführbaren vertieften Randschriften und Randverzierungen über. Gegen diese
                                 würde wenig einzuwenden sein, wenn sie stets ohne überflüssige Tiefe kräftig
                                 genug wären, um Deutlichkeit mit Dauerhaftigkeit zu verbinden. Da bietet sich jedoch die
                                 Schwierigkeit, daß eine stark vertiefte Rändelung nicht genugsam schützt (weil
                                 sie ein Abschaben der Randfläche gestattet, ohne zu verschwinden), eine seichte
                                 aber der natürlichen Abnutzung zu wenig widersteht und nur zu oft schon am ganz
                                 neuen Münzstücke fast unsichtbar ist. Späterhin fand man, daß sogar die
                                 vertiefte Rändelung noch zu viel Arbeit machte, und that deshalb den
                                 verhängnißvollen Schritt zum Kerbrande, welcher ein unschönes, fast roh zu
                                 nennendes Aussehen hat, überhaupt unzweckmäßig erscheint, da er die Abnutzung
                                 der (rundum gleichsam feilen- oder sägenartig gezähnelten) Münzen
                                 befördert; bei Gold und größeren Silberstücken aber schon darum verwerflich ist,
                                 weil er nach etwaiger gewinnsüchtiger Zerstörung ohne sonderliche Schwierigkeit
                                 von einem nicht ganz ungeschickten Fälscher wiederhergestellt wird.
                                 Dessenungeachtet hat diese schlechte Art der Rändelung die Herrschaft erlangt;
                                 man findet sie an allen oder einigen Goldmünzen von England, Nordamerika,
                                 Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden, Dänemark,
                                 Oesterreich-Ungarn, Griechenland, der Türkei. Der Gebrauch des Kerbrandes
                                 an Silbermünzen in größerer oder geringerer Ausdehnung begann 1800 oder kurz
                                 vorher in den Nordamerikanischen Vereinstaaten, 1816 in England, 1821 in
                                 Hannover, 1824 in Württemberg, 1825 in Bayern, 1826 (spätestens) in Dänemark,
                                 1828 in Griechenland, 1830 in Frankreich, Baden, dem Kirchenstaate, 1831 in
                                 Oesterreich, 1832 in Belgien, 1833 in Spanien, 1834 in Brasilien, 1835 in
                                 Portugal und Chile, 1844 in Norwegen, 1845 in der Türkei, um 1846 in Costa Rica,
                                 Neugranada, 1848 in den Niederlanden, 1850 in der Schweiz, 1855 in Schweden
                                 (theilweise schon 1830) und Peru, 1859 in Guatemala, 1864 in Mexiko, 1867 in
                                 Rußland, 1871 in Japan und Bolivia, 1873 in dem Deutschen Gesammtreiche (für die
                                 Silbermünzen mit Ausnahme des Fünfmark-Stückes). Der Rückschritt, welchen
                                 Deutschland im besondern hiermit gemacht hat, und sein dadurch eingetretenes
                                 Zurückstehen gegen manche andere Länder ist – wie allemal die Nachahmung
                                 eines schlechten Beispieles – nicht erfreulich. Während die norddeutschen
                                 Sechstelthaler mit Randschrift versehen waren, ist nicht nur die neue Mark von
                                 nahezu doppeltem Werthe, sondern sogar das Zweimark-Stück ohne solche.
                                 Die höheren Kosten, welche durch das Rändeln entstanden sein würden, durften
                                 nicht von der Beibehaltung des bessern Verfahrens abschrecken, denn sie wären
                                 durch die angenommene Verminderung des Silbergehaltes überreichlich gedeckt
                                 worden.Die neuen Silbermünzen sind zu 0,9 desjenigen Silbergehaltes ausgebracht,
                                       welcher dem zu Grunde gelegten Werthverhältnisse zwischen Gold und
                                       Silber (15,5 : 1) entspricht. Die Silberscheidemünze nach der Convention
                                       von 1857 war etwas vortheilhafter, nämlich im 34 1/2
                                       Thaler-Fuße geprägt, also mit 0,87 des dem Courant- (30
                                       Thaler-) Fuße entsprechenden Gehaltes. Dabei ist jedoch zu
                                       bemerken, daß die 10- und 5-Groschen-Stücke (beide
                                       mit Randschrift versehen) nicht zur Scheidemünze gehörten, und daß die
                                       Groschen und Halbgroschen jetzt aus Nickelkupfer gemacht werden, mithin
                                       gar kein Silber erfordern. Nähere Einsicht mag folgendes gewähren:Nach dem Durchschnitte aus vier Betriebsjahren der Münze zu Dresden
                                       betrugen dort die sämmtlichen Fabrikations- und Verwaltungskosten
                                       einschließlich LegirkupferfürDrittelthaler2,0761Proc.„Sechstelthaler2,9672„„Doppelgroschen4,4288„während an den erstern beiden Sorten nichts, an
                                       der letztern Sorte 13 Proc. durch Silberersparung gewonnen wurde. Nimmt
                                       man die Herstellungskosten der jetzigen – obigen Stücken
                                       entsprechenden – Mark-, 50 Pfennig- und 20
                                       Pfennig-Stücke ebenso hoch an (ungeachtet diese kleiner sind und
                                       weniger Kupfer enthalten), so tritt schon der Vortheil bei durchgehends 10 Proc. Silberersparung vor
                                       Augen. Bekanntlich vergütet aber die Reichsregierung an Prägungskosten
                                       nur 1,75 Proc. für die Mark-, 2,5 Proc. für die 50
                                       Pfennig- und 4 Proc. für die 20 Pfennig-Stücke. An den
                                       2- und (silbernen) 5-Mark-Stücken ist der Gewinn
                                       noch etwas erheblicher, da für erstere 1,5 und für letztere 0,75 Proc.
                                       erstattet werden. Welchen Einfluß der gesunkene Silberpreis nachhaltig
                                       äußert, kann erst die Folgezeit lehren. Oesterreich versieht seine Gulden und Viertelgulden (welche an Größe unserer
                                 Doppelmark und Mark so nahe stehen) mit Randschrift, Rußland die halben Rubel
                                 mit Schrift, die Viertelrubel wenigstens mit vertiefter Verzierung auf dem Rande
                                 (diese Sorten kommen in Größe vollkommen mit den eben genannten deutschen
                                 überein); der niederländische Gulden (gleich groß mit unserer Doppelmark) hat
                                 Randschrift; dasselbe ist der Fall mit der Lira und Doppellira Italiens –
                                 wie wenigstens an Exemplaren aus 1867, also nach der Convention mit Frankreich,
                                 zu ersehen – nachdem man sich hier 1859 und 1860 sogar bei den
                                 Fünflire-Stücken vorübergehend zum Kerbrande verirrt hatte.
                              b) Brustbilder der Regenten, Wappen oder deren
                                 Theile, symbolische oder allegorische Figuren, Kränze, Blatt- und
                                 Blumenzweige nebst einer Menge willkürlicher Ornamente bieten einen großen
                                 Vorrath von Gegenständen, durch welche das Gepräge der Münzen so ausgestattet
                                 werden kann, daß es sowohl dem Auge gefällt, als auch die täuschende Nachahmung
                                 unter den Händen des Falschmünzers erschwert. Je werthvoller das Münzstück ist,
                                 desto reicher und künstlicher kann und soll das Gepräge, aber selbst bei den
                                 geringsten Sorten darf es nicht ärmlich oder gedankenlos sein. In dieser
                                 Beziehung ist gegen manche Münzen der Gegenwart Wesentliches einzuwenden. Die
                                 englischen Sovereigns mit dem Ritter Sct. Georg und
                                 die Krone (5 Schilling) mit dem gleichen Bilde unter Georg III. und IV., so wie jene mit dem gekrönten Brustbilde und
                                 gothischer Schrift der Königin Victoria (welcher
                                 letztern sich die Florins seit 1849 an die Seite stellen) sind hervorragende
                                 Muster- und Meisterstücke. Die 100-, 50-, 20- und
                                 silbernen 5-, 2-, 1 Frank-Stücke von Napoleon III. mit dem reich decorirten Wappen verdienen unbedingt mehr
                                 Beifall, als die vorher wie nachher ausgegebenen, welche an Stelle des Wappens
                                 die Werthangabe von einem Kranze umschlossen enthalten. Daß England, welches
                                 Schillinge und Halbschillinge unter Georg III. und
                                 IV. mit dem Wappen, dann seit 1825 mit dem auf der Krone stehenden Löwen nebst
                                 Rose, Distel und Kleeblatt ausstattete, dieselben Sorten unter Victoria nur mit Schrift in einem Kranze versieht,
                                 ist ein entschiedener Rückschritt. Dagegen bieten die kleinen Silbermünzen der
                                 Niederlande (25, 10, 5 Cent) Gelegenheit, eine Verbesserung zu rühmen, indem auf
                                 denselben seit 1848 an Stelle des sehr einfachen Wappens das Brustbild, und an
                                 Stelle des geschmacklosen gekrönten W ein Kranz mit
                                 der Werthangabe getreten ist. Daß die Schweiz sich auf dem Reverse sogar ihrer
                                 größten Silbermünze (5 Frank) mit einem Kranze begnügt, in welchem nichts weiter
                                 steht als 5 Fr. und die Jahrzahl, kann zwar nicht
                                 gelobt werden; aber zu Brustbild nebst kunstreichem gemeinsamen Wappen fehlt ihr
                                 der Stoff, eine Helvetia mit dem Wappenschilde sitzt oder steht schon auf dem
                                 Averse, und der Kranz ist eben so reich wie kräftig gearbeitet; auch hat die
                                 Werthbezeichnung abgekürzt werden müssen, um keiner der drei verbündeten
                                 Nationalitäten einen Vorzug zu geben, doch aber allen verständlich zu sein. Ein
                                 solcher Zusammenfluß von Umständen entwaffnet die Kritik. Rußland vermeidet
                                 grundsätzlich das Kaiserbild, hat daher auf dem Reverse aller seiner Münzen nur
                                 Schrift, auf den silbernen von einem recht mageren Kranze eingeschlossen. Die
                                 Münze des Deutschen Reiches zeigt auf allen Silberstücken, 5 und 2 Mark
                                 ausgenommen, dann auf den Nickel- und Bronzemünzen, also in Summe auf 7
                                 Sorten aus 3 verschiedenen Metallen, den Adler in allen erdenklichen
                                 Größenabstufungen, aber überall ohne Umschrift oder sonstige Beigabe in völliger
                                 Nacktheit. Dazu tragen die Stücke von 50, 20, 10, 5, 2, 1 Pfennig auf der andern
                                 Seite nichts als einen Kreis von Schrift mit der – derb genug
                                 ausgedrückten – Werthzahl in der Mitte. Eintönigeres und Prosaischeres
                                 wäre wohl kaum zu ersinnen gewesen; die Gesammtheit dieser 6 Stücke sieht aus
                                 wie ein beredtes Zeugniß von Erfindungsarmuth, wie kein anderes Land etwas
                                 gleiches darbietet.Die österreichischen Münzen haben auch alle den Adler, aber derselbe
                                       füllt nebst seiner Umschrift die Fläche angenehm aus, und die andere
                                       Seite enthält auf den Silberstücken das Brustbild, auf den Kupferstücken
                                       die Werthangabe in einem hübschen Kranze. Man hat sich auf diesen sechs Reversen nicht zu dem kleinsten Ornament
                                 aus dem Thier- oder PflanzenreicheDie neuesten dänischen Silber- und Bronzemünzen enthalten beides:
                                       Delphin und Kornähre. erhoben; daher der nicht respectvolle aber treffende Vergleich der Vorderseite mit
                                 einem Uniformknopfe, der Rückseite mit einem Scherenschleifer-Zeichen
                                 oder einer Biermarke.
                              c) Die Stetigkeit des Gepräges besteht darin, daß
                                 nicht ohne genügenden Grund die Theile desselben (Brustbild, Wappen, Schriftform
                                 etc.) und deren Anordnung einer Veränderung unterzogen werden. Daß mit einem
                                 Regentenwechsel ein anderes Brustbild eintritt, ist natürlich; daß bei
                                 Aenderungen im innern Werthe der Stücke die neuen Münzen ein modificirtes
                                 Gepräge bekommen, um leicht von den abgesetzten unterschieden zu werden, ist
                                 nothwendig. So geschah dies in Frankreich mit den Silberstücken zu 2, 1 Frank,
                                 50, 20 Centim, als (1864 und 1866) der Feingehalt bei unverändertem Gewichte
                                 vermindert wurde. In der neueren Zeit ist es durch mechanische Verkleinerung der
                                 Urreliefs und Einführung des Senkens der Stempel mit Zugrundelegung einer
                                 einzigen Originalgravirung möglich geworden, streng übereinstimmende
                                 Darstellungen auf Münzen verschiedenster Größe zu verschiedenen Zeiten und an
                                 verschiedenen Orten zu erhalten. Aber dennoch fehlt es nicht an Beispielen von
                                 schwankender Bildung sehr wesentlicher Theile. Die Münzen haben nicht die
                                 Bestimmung, gleich einer historischen Bildergalerie die allmäligen Veränderungen
                                 in Gesicht, Haar oder Bart etc. des Landesherrn zu verewigen; hierin ist oftmals
                                 zu weit gegangen, worüber einige Beispiele genügen mögen. Georg III. von England erscheint auf seinen Münzen während des kurzen
                                 Zeitraumes 1816 bis 1820 in zwei ganz verschiedenen Typen; ebenso Georg IV. zwischen 1820 und 1830, wobei noch einige
                                 kleinere Abweichungen nebenher laufen. Napoleon I.
                                 hat als Kaiser (1804 bis 1815) vier verschiedene Köpfe; Ernst August von Hannover in 12 Jahren (1837 bis 1848) ebenso viel. In
                                 Sachsen zeigte König Friedrich August I. (1806 bis
                                 1827) vier verschiedene Brustbilder, darunter 1 mit blosem Halse, die übrigen
                                 (von 1816 an) in Uniform; König Anton in 10 Jahren
                                 (1827 bis 1836) zwei. Auf den Thalern Herzogs Ernst
                                 von Sachsen-Koburg kann man von 1846 bis 1862 in vier Stadien die
                                 Wandlungen der Haar- und Barttracht verfolgen. Isabella II. von Spanien stellt sich binnen 20 Jahren (1836 bis 1856)
                                 in fünf mehr oder weniger verschiedenen Auffassungen dar u.s.w. Im Gegensatz
                                 hierzu sei erwähnt, daß auf den österreichischen Zwanzigern, Gulden und
                                 Speciesthalern das Bild des Kaisers Franz 31 Jahre
                                 lang (1792 bis 1823) unverändert blieb, obschon der Monarch inzwischen vom 24.
                                 zum 55. Lebensjahre fortschritt; freilich kamen dann in ferneren 12 Jahren drei
                                 sehr veränderte Typen zum Vorschein. Der Kopf der Königin Victoria auf den englischen Silbermünzen ist seit 1837 bis jetzt genau derselbe,
                                 unerachtet des Altersunterschiedes von 18 und 58 Jahren.
                              d) Schon oben ist gezeigt worden, wie unsere
                                 deutschen Reichsmünzen im Uebermaß die Zusammengehörigkeit durch einen viel zu
                                 einförmigen Typus documentiren. Auf eine charakteristische Verschiedenheit der
                                 Stücke aus verschiedenen Metallen ist dabei nicht Bedacht genommen, und doch ist
                                 dieser Umstand wegen möglicher Verwechslung wichtig. Im besondern sollen
                                 wenigstens Stücke von ganz oder nahezu gleichem Durchmesser sich deutlich im
                                 Gepräge unterscheiden. Man hatte ja das letzte preußische Münzsortiment vor
                                 Augen, in welchem einsichtsvoll und glücklich das Richtige getroffen war. Hier
                                 enthielten die Goldmünzen (Friedrichd'or) den sitzenden naturalistischen Adler;
                                 die Doppelthaler und Thaler früher das große Wappen, dann den heraldischen
                                 Adler; die Sechstelthaler eben diesen Adler anfangs im Schilde mit herumgelegter
                                 Ordenskette, später frei; die Silberscheidemünzen (2 1/2, 1, 1/2 Silbergroschen)
                                 im Reverse nur Schrift; die Kupfermünzen im Averse kein Brustbild, sondern den
                                 Adler im Schilde ohne Ordenskette, im Reverse Schrift.
                              Unter den jetzigen Reichsmünzen stehen sich rücksichtlich des Durchmessers in
                                 allenfalls gefährlicher Weise nahe:
                              
                                 
                                    20
                                    Mark Gold und 1 Mark Silber,
                                    
                                 
                                    20
                                    Mark Gold und 10 Pfennig Nickel,
                                    
                                 
                                    50
                                    Pfennig Silber und 10 Pfennig Nickel,
                                    
                                 
                                    50
                                    Pfennig Silber und 2 Pfennig Bronze,
                                    
                                 
                                    10
                                    Mark Gold und 2 Pfennig Bronze,
                                    
                                 
                                    5
                                    Pfennig Nickel und 1 Pfennig Bronze,
                                    
                                 
                                    5
                                    Mark Gold und 1 Pfennig Bronze,
                                    
                                 
                                    5
                                    Mark Gold und 20 Pfennig Silber.
                                    
                                 
                              Dies zeigt zur Genüge, daß es nöthig war, jedem der vier
                                 Metalle eine charakteristische Eigenthümlichkeit im Gepräge zuzuweisen, was
                                 schon als Ausdruck der Rangabstufung vom ästhetischen Gesichtspunkte aus
                                 zweckmäßig erscheinen muß. Das ist nicht geschehen und die Sachlage könnte nicht
                                 mehr geändert werden, selbst wenn man zur Einsicht käme; gleichwohl mag es als
                                 blose Phantasie erlaubt sein, anzudeuten, wie etwa der Zweck zu erreichen
                                 gewesen wäre:
                              Die Goldmünzen, die silbernen 5- und 2-Mark-Stücke würden
                                 ihr eingeführtes Gepräge behalten, nur daß die letztgenannten als Randschrift
                                 denselben Wahlspruch erhielten, welcher auf dem Rande der Fünfmark-Stücke
                                 steht.
                              Die kleinern Silbermünzen hätten im Averse den etwas verkleinerten Adler mit
                                 einer deutlichen Einfassung umgeben (sei diese ein
                                 Schild, oder auch
                                 nur ein Perlenring oder eine einfache Kreislinie) und die Umschrift:
                                 „Deutsches Reich“; im
                                 Reverse die Werthangabe und Jahrzahl in einem Kranze, als Umschrift den
                                 Wahlspruch.Dem „Gott mit uns“ ist
                                       analog das „In God we
                                             trust“ der amerikanischen Münzen seit dem
                                       Secessionskriege. Recht passend wäre auch gewesen: „Stark in Eintracht“ wie das
                                       belgische: „L'union fait la
                                             force“ und das peruanische: „Firme y feliz por la
                                             Union“.
                                 
                              Die Nickelmünzen im Averse die Reichskrone
                                 Vorbilder hierzu, d.h. Münzen mit der isolirten Krone, sind die jetzigen
                                       50 und 20 Centim Frankreichs, die Kupfermünzen des einstigen
                                       Napoleonischen Königreiches Italien, die österreichischen Kupfermünzen
                                       für Lombardie-Venedig von 1822 an.
                                 mit Bändern in einem einfachen Reife, Umschrift:
                                 „Deutsche Reich“; im
                                 Reverse die Werthangabe und Jahrzahl von einem Perlenringe umschlossen,
                                 Umschrift der Wahlspruch.
                              Die Bronzemünzen im Averse die Reichskrone ohne Bänder
                                 innerhalb einer schlichten Kreislinie, Umschrift: „Deutsches Reich“; im Reverse die
                                 Werthangabe nebst Jahrzahl ohne Einfassung, darunter zwei gekreuzte Oel-
                                 oder Palmzweige.
                              
                           
                              B. Das Gepräge nach seiner
                                 künstlerischen und technischen Ausführung.
                              Geschmackvolle und künstlerisch untadelhafte Herstellung des Gepräges, wovon
                                 erstere den Entwurf, letztere die Arbeit des Stempelschneiders betrifft,
                                 gereichen nicht nur der Schönheit zum Vortheil, sondern sind auch ein Mittel zur
                                 Erschwerung des Falschmünzens, da ein schlechtes Product leichter auch von
                                 Pfuschern nachgeahmt wird. In diesen Beziehungen hat die Neuzeit Fortschritte
                                 gemacht, welche der Anerkennung würdig sind. Um das volle Gewicht hierin
                                 eingetretener Verbesserungen zu empfinden, vergleiche man nur z.B. – ohne
                                 noch weiter zurückzugehen – einen preußischen Thaler, einen
                                 Sechstelthaler etc. von 1764 bis 1786, ja sogar noch von 1812 oder 1814, mit
                                 ebensolchen Stücken von 1857 oder später; hannoversche Thaler aus 1837 bis 1846
                                 mit solchen aus 1857 bis 1866; den königlich sächsischen Speciesthaler von 1806
                                 mit dem Doppelthaler von 1861; einen bayerischen Speciesthaler von 1803 oder
                                 1805 mit einem 3 1/2-Gulden-Stücke unter Maximilian II. oder Ludwig II.; die Rubel
                                 Paul I. von 1798 bis 1801 mit jenen der neuesten
                                 Zeit; den dänischen Speciesthaler von 1799 mit dem von 1848 oder 1868;
                                 norwegische Species von 1826 und 1865; schwedische von 1821 und 1861 bis 1868;
                                 die portugiesischen großen Silbermünzen vor und nach 1835; alle Münzen
                                 Brasiliens vor 1822 und jetzt; den spanischen Piaster vor 1821 und das heutige
                                 Stück von 5 Pesetas; die türkische Ausmünzung vor und seit 1845; die japanische
                                 vor und seit 1871. – Auf den österreichischen Silbermünzen hat seit 1872
                                 die Modellirung des
                                 Brustbildes ungemein gewonnen und der Doppeladler schon seit 1857 einen mehr
                                 malerischen Charakter angenommen. Die Bildnisse deutscher Fürsten auf den
                                 silbernen Fünfmark-Stücken sind größtentheils als sehr gelungen
                                 hervorzuheben, und der Reichsadler in seinem phantastisch-heraldischen
                                 Stile ist hier – wo wegen der Größe des Maßstabs die Brustschilder sich
                                 Geltung verschaffen können – eine angenehme Erscheinung, welche gegenüber
                                 dem hypernaturalistischen stutzschwänzigen russischen Doppeladler auf den Rubeln
                                 etc. und dem etwas dünnleibigen Adler auf den letzten preußischen Doppelthalern
                                 imponirt, trotzdem daß diese beiden mit Zepter und Reichsapfel bewehrt
                                 sind.Unschön ist an mehreren unserer Reichs-Goldmünzen und silbernen
                                       Fünfmark-Stücken, daß zu den Umschriften der beiden Seiten
                                       Buchstaben von nicht gleicher Größe gebraucht sind; störend ferner auf
                                       den letztern die Schreibung WUERTTEMBERG
                                       gegenüber dem Worte FÜNF, und die
                                       dreifache Schreibung des Wortes „König“ mit zwei
                                       Punkten über dem O, mit neben einander
                                       gesetztem und dann wieder mit gekuppeltem OE. Die weibliche Figur auf dem neuen nordamerikanischen (silbernen)
                                 Handels-Dollar, mit dem Oelzweig in der Rechten, ist menschlich und
                                 künstlerisch schöner gedacht, als die übermäßig von Gewand umflossene der andern
                                 dortigen Münzen, welche auf einem Stocke die Freiheitsmütze trägt. Ein besserer
                                 Geschmack hat in der Herkules-Gruppe auf den Fünffrank-Stücken der
                                 französischen Republick die in den Jahren 1795 bis 1804 ebenfalls zur Schau
                                 getragene Kappe schon 1848 und wieder 1871 durch die Hand der Gerechtigkeit
                                 ersetzt.
                              Aber auch einzelne Rückschritte sinden sich zu verzeichnen. Auf den in England
                                 1860 eingeführten Bronzemünzen steht das Brustbild, trotz gesticktem Kleid und
                                 Lorbeerkranz, dem der vorausgegangenen Kupfermünzen nicht gleich; schon die
                                 geringe Dicke und die Härte des Metalles hat zu einem weit minder ansprechenden
                                 flachen Relief veranlaßt, aber auch der sonstige Eindruck des Bildes ist nicht
                                 vortheilhaft.Gelegentlich die Bemerkung, daß auf diesen Bronzemünzen, sowie auf den
                                       Florins nach 1865 der Landesname mit „Britt.“ abgekürzt ist, während man übrigens
                                       durchaus und bis zur Gegenwart die hergebrachte Schreibung
                                       „Britann.“ (mit
                                       einem
                                       t beibehalten findet. Auf den Gold- und großen Silberstücken des Deutschen Reiches, und
                                 ebenso auf den letzten preußischen Münzen, erreicht das Bild des Kaisers Wilhelm in der Behandlung nicht jenes von Friedrich Wilhelm IV. in und nach 1853, besonders
                                 scheint Wurf und Ausführung des Kopfhaares verfehlt. Die Reichsmünzen von 1 Mark
                                 und weiter herab geben zu Kunstentwicklung von Seite des Stempelschneiders
                                 überhaupt keine Gelegenheit und treten z.B. gegen die preußischen Sechstelthaler
                                 u.s.w. nach 1857 gewaltig in den Schatten.
                              Das Technische der Münzfabrikation hat so außerordentliche, ja bewundernswürdige
                                 Fortschritte gemacht, daß die Folgen hiervon im Gepräge sich an den betreffenden
                                 Erzeugnissen aller Länder glänzend offenbaren. Verbesserte Justireinrichtungen
                                 lassen die ehemals so oft bemerkten Spuren der Feilstriche niemals mehr zum
                                 Vorschein kommen; kräftigere Prägmaschinen gestatten ein höheres Relief, welches
                                 zur Schönheit und Dauerhaftigkeit der Münzen wesentlich beiträgt; vor allem aber
                                 ist es die Ringprägung, welche den Geldstücken überhaupt eine streng kreisrunde
                                 Gestalt, denen von gleicher Sorte genau übereinstimmende Größe, dem Rande eine
                                 regelmäßige Beschaffenheit gibt, und durch das ringsum aufgeworfene Stäbchen das
                                 Gepräge beider Seiten vor Abnutzung schützt, wenn die Münzen auf einer Fläche
                                 hingeschoben werden. In ziemlich vielen Staaten ist mit der Ringprägung zugleich
                                 der Kerbland gebräuchlich geworden (über den ich oben gesprochen habe); einige
                                 wenige haben schon früher den in gleicher Weise gekerbten Rand angewendet, ohne
                                 im Ringe zu prägen; in andern ist der Kerbring dem glatten oder dem für
                                 Reliefschrift bestimmten Ringe gefolgt. Italien steht als lobenswerthe Ausnahme
                                 da, indem es nur mit glattem Ringe prägt. Die chronologische Reihe der
                                 Einführung des Prägringes überhaupt verschafft einen Begriff von der schnellen
                                 und allgemeinen Verbreitung desselben:
                              
                                 
                                    1797 England.
                                    1828 Griechenland.
                                    
                                 
                                    Um 1800 (?) Nordamerika.
                                    1830 Schweden.
                                    
                                 
                                    1807 Frankreich, Rußland.
                                    1831 Oesterreich (für Lombardie-Venedig
                                    
                                 
                                    1808 Königreich Italien.
                                        bereits 1822).
                                    
                                 
                                    1809 Holland, Dänemark.
                                    1832 Belgien.
                                    
                                 
                                    1813 Kurhessen, Neapel.
                                    1833 Spanien.
                                    
                                 
                                    1816 Preußen, Sachsen.
                                    1834 Brasilien.
                                    
                                 
                                    Gegen 1819 Hessen-Darmstadt.
                                    1835 Portugal, Chile.
                                    
                                 
                                    Gegen 1820 Sardinien (beibehalten
                                       im      
                                    1845 Türkei.
                                    
                                 
                                        neuen Königreich Italien).
                                    1850 Schweiz (Genf schon 1838).
                                    
                                 
                                    1821 Baden, Braunschweig, Hannover.
                                    1864 Peru, Mexiko.
                                    
                                 
                                    1824 Württemberg.
                                    1871 Bolivia, Japan.
                                    
                                 
                                    1825 Bayern, Norwegen.
                                    
                                    
                                 
                              
                                 Nachtrag zu S. 14 dieser
                                       Abhandlung. Zufolge näherer Nachweisung ersehe ich, daß die
                                    35160344 M. deutscher Nickelmünzen (die sich bis zum 6. Januar 1877 nicht
                                    vermehrt haben) aus 23502631 M. Zehnpfennig-Stücken und 11657813 M.
                                    Fünfpfennig-Stücken bestehen; demnach beträgt der Gehalt an Nickel im
                                    Ganzen nur 380748k, wodurch aber
                                    die Betrachtung im Wesentlichen nicht geändert wird.