| Titel: | Ueber Concentration von Schwefelsäure aus 60° B. und über Denitrirung der nitrosen Schwefelsäure des Gay-Lussac'schen Apparates; von Friedr. Bode, Civilingenieur in Hannover. | 
| Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 393 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Ueber Concentration von Schwefelsäure aus
                           60° B. und über Denitrirung der nitrosen Schwefelsäure des
                           Gay-Lussac'schen Apparates; von Friedr. Bode, Civilingenieur in Hannover.
                        Mit Abbildungen.
                        (Fortsetzung von S. 300 dieses
                           Bandes.)
                        Bode, über Concentration von Schwefelsäure.
                        
                     
                        
                           B) Beschreibung und kritische
                              Vergleichung der Methoden zum Denitriren der nitrosen (Thurm-)
                              Schwefelsäure.
                           In dem Plane sind nur zwei verschiedene Apparate zur Zersetzung der nitrosen
                              Schwefelsäure angegeben, die hier eingehender zu vergleichen sind, nämlich
                              Kochtrommeln und Cascaden. Hierbei ist abgesehen erstens von dem Gloverthurme, von
                              welchem später besonders zu reden ist; sodann zweitens von einer Vorrichtung ältern
                              Datums, welche, in gewissem beschränkten Sinne ein Vorläufer des Gloverthurmes,
                              gegenwärtig wohl kaum noch irgendwo in Anwendung sein dürfte, aber in manchen neuern
                              und neuesten Werken, welche Abbildungen zur Schwefelsäurefabrikation geben, noch
                              immer dargestellt ist. Bevor ich auf die Kochtrommeln und Cascaden näher eingehe,
                              dürfte es sich verlohnen, zu untersuchen, weshalb diese Apparate (der in Wagner's chemische Technologie, 7. Aufl. S. 211
                              beschriebene – ich will ihn Thurmapparat nennen – und der in Knapp's Lehrbuch der chemischen Technologie, 3. Aufl. 1.
                              Band 2. Abth. S. 326 und 392 zu findende – ich will ihn Etagenapparat nennen)
                              sich nicht bewährt haben und nicht bewähren konnten, und ferner darzulegen,
                              inwiefern man sie Vorläufer des Gloverthurmes nennen kann.
                           Der Etagenapparat bildet eine kleine Bleikammer von nur wenigen Cubikmetern Inhalt,
                              in welche der Höhe nach über einander fünf verschiedene Bleiböden eingelöthet sind.
                              Dieselben lassen abwechselnd an entgegengesetzten Seiten der Kammer den Durchgang
                              für die unter dem untersten Boden eintretenden schwefligsauren Gase frei, welche den
                              Apparat somit im Zickzack durchstreichen und oberhalb des obersten Bodens durch ein
                              Rohr nach der ersten eigentlichen Schwefelsäurekammer abgeführt werden. Die nitrose
                              Schwefelsäure gelangt durch die Decke des Apparates mittels eines Hahnes, regulirt
                              durch einen Welter'schen Trichter, auf den obersten und nach und nach auf den
                              zweiten, dritten . . . Boden, nimmt hier große Oberflächen und langsam abwärts
                              gehende Bewegung an, kommt dabei reichlich mit den schwefligsauren Gasen in
                              Berührung und ist am Fuße des Apparates denitrirt, so daß sie entweder direct
                              abgezogen oder in die erste Säurekammer übergeführt werden kann. Der Thurmapparat
                              bildet einen im
                              Grundriß quadratischen oder kreisförmigen, aus Bleiblech hergestellten Thurm, in
                              welchen unten die Röstgase eintreten und sich unter einem Roste ausbreiten, auf
                              welchem eine Kokesfüllung ruht. Die nitrose Schwefelsäure wird mittels einer Brause
                              über die Kokes ausgespritzt, rieselt abwärts dem aufsteigenden Gasstrome entgegen
                              und geht denitrirt am Boden des Thurmes ab.
                           Bis hierhin würde man in beiden Fällen durchaus blos Abänderungen des Glover'schen
                              Apparates vor sich haben, da zur Zersetzung der nitrosen Schwefelsäure nur die
                              Wirkung der schwefligen Säure in Anspruch genommen wäre. Aber diese Meinung muß doch
                              sofort aufgegeben werden, sobald man sieht, daß man beiden Apparaten Wasserdampf
                              zuführte. In dem Etagenapparat tritt unten ein besonderer Wasserdampfstrahl ein, und
                              wenn auch die Abbildung des Thurmapparates bei R. Wagner
                              keine besondere Dampfzuströmung hat, so ist in der Beschreibung doch gesagt, daß die
                              schwefligsauren Gase, bevor sie in den Thurm gelangen, zuvor durch mit Wasser
                              gefüllte Tröge streichen. Die Gase werden sich darin, ihrer Temperatur gemäß, mit
                              Wasserdampf sättigen und also immerhin auch sehr feucht in den Denitrificator
                              treten. Man wird kaum fehlgehen, wenn man behauptet, daß diese Combination und
                              Häufung der Mittel zur Zersetzung der nitrosen Schwefelsäure, nämlich der Anwendung
                              von schwefliger Säure und gleichzeitig von Wasser oder von Wasserdampf, diese
                              älteren Denitrificatoren zu wenig dauerhaften und darum wohl völlig verdrängten
                              Apparaten gemacht hat. So wie erfahrungsmäßig bei kleinen Bleikammern und Tambouren,
                              wie sie früher gewissermaßen als Vorapparate für Bleikammersysteme sehr beliebt
                              waren, der Verschleiß am Blei größer ist als bei geräumigen Bleikammern, so hat
                              jedenfalls auch bei diesen Denitrificatoren eine starke Abnutzung stattgefunden.
                              Diese schnellere Zerstörung des Bleies aber dürfte aus folgender Betrachtung
                              erhellen, welche ebenso für diese Denitrificatoren, wie für kleine Kammern und
                              Tamboure am Anfange von Kammersystemen anwendbar ist.
                           Von dem Wasserdampf, welchen man in die Bleikammern einströmen läßt, sättigen sich zu
                              einem Theile die Gase entsprechend ihrer Temperatur, während der andere Theil in
                              Form von kleinen Bläschen als Nebel sich vertheilt. Die entsprechendste Vertheilung
                              des Wasserdampfes in einer Bleikammer findet offenbar dann statt, wenn diese
                              Nebelbildung den ganzen Raum gleichmäßig ausfüllt. Es wird dann die gebildete
                              Schwefelsäure am vollständigsten von den Nebelbläschen aufgenommen, die sich langsam
                              niedersenken und in der Bodensäure der Kammer aufgehen. Trifft nun der ausströmende
                              Dampf auf eine feste Wand, so findet an derselben eine reichliche Condensation statt. In einer
                              Bleikammer würde so an den Wänden herabrinnendes Wasser oder (herabrinnende schwache
                              Säure), ganz abgesehen von der Wirkung auf das Blei, die Bodensäure verdünnen,
                              folglich zu einer Verminderung des in Bläschenform vorhandenen Wassers nöthigen,
                              folglich, da das letztere die mechanische Condensation
                              der Schwefelsäure befördert, die Niederschlagung der Schwefelsäure erschweren.
                              Offenbar läßt sich nun in kleinen Kammern und Tambouren (was ja die älteren DenitrificatorenDenitrifactoren sind) nur schwierig verhindern, daß, auch bei nur einer Dampfeinströmung und bei geringer Dampfspannung, nicht eine ziemlich
                              starke Portion von Wasserdampf an den Wänden sich condensirt und als schwache Säure
                              herabrinnt. Da diese schwache Säure, oder vielmehr das Wasser derselben,
                              Salpetergase als Salpetersäure aufnimmt, welche in verdünntem Zustande noch viel
                              schneller das Blei auflöst als in verstärktem, so resultirt schon hieraus eine
                              rasche Abnutzung der Wandungen.
                           Gewöhnlich tritt aber ein anderer Umstand hinzu, welcher das Uebel noch
                              verschlimmert. Die geringe Zuführung an Wasserdampf nämlich, sowie auch der Umstand,
                              daß von diesem Wasserdampf ein relativ großer Antheil sich an den reichlich
                              vorhandenen Oberflächen als flüssiges Wasser niederschlägt, sind Ursache, daß sich
                              die gar nicht völlig zu vermeidenden Wechsel im Kammergange in ungewöhnlich hohem
                              Grade bei so kleinen Räumen bemerklich machen in der Stärke der gebildeten
                              Schwefelsäure, über welche die bekannten Tropfapparate dem Beobachter Auskunft
                              geben. Fällt durch derlei Wechsel im Kammergange die gebildete Säure stärker als
                              normal, d.h. als etwa 50° B. oder 1,5 spec. Gew., so findet schon bei etwas
                              höherer Concentration der Säure Aufnahme von salpetriger Säure seitens der erzeugten
                              Schwefelsäure stattMan kann Kammersäure von 53° B. haben, welche noch nach schwefliger
                                    Säure riecht, also jedenfalls – wenn überhaupt – nur wenig
                                    Salpetergase enthalten kann. F. B. 1876., und der Proceß, welcher sonst erst im Gay-Lussac-Thurme vor
                              sich gehen sollte, geht theilweise bereits in der Kammer, sehr am unrechten Orte,
                              vor sich. Ich möchte nun nicht sagen, daß die in dieser Weise in der Bleikammer
                              erzeugte Nitrose Schwefelsäure schon an sich den Bleiwandungen wesentlichen Schaden
                              zufügt. Kenne ich doch Gay-Lussac-Thürme, welche seit 1866 mit
                              nitroser Schwefelsäure von 60° B. arbeiten, ohne daß das Blei wesentlich
                              angegriffen wäre. Wohl aber findet eine energische Beschädigung statt, wenn nach
                              natürlicher oder künstlicher Beseitigung der Umstände, welche die Bildung der zu
                              starken, nitros gewordenen Schwefelsäure veranlaßt hatten, die Säure wieder
                              schwächer fällt und hierdurch die den Bleiwandungen immer noch adhärirende nitrose
                              Schwefelsäure verdünnt, mithin zersetzt und ihrer salpetrigen Säure gänzlich oder
                              zum Theil beraubt wird.
                           Betrachtet man das Innere einer im Gange gewesenen Bleikammer, so bemerkt man an den
                              Wänden gleichmäßig einen dünnen, weißen und schmierigen Ueberzug von Bleisulfat.
                              Derselbe ist nicht etwa eine Folge von fehlerhaftem Kammerbetriebe, sondern auch bei
                              den bestbetriebenen Kammern vorhanden. Wie ein Niederschlag völlig durchtränkt ist
                              mit der Flüssigkeit, in welcher er dargestellt wurde, so ist dieser Ueberzug
                              imprägnirt mit der an den Wänden herabgegangenen Schwefelsäure. Wenn die letztere
                              nun von mehr als normaler Stärke, somit nitros war, so kann man diese Durchtränkung
                              besonders auffällig daran wahrnehmen, daß eine Portion von solchem Bleisulfat,
                              obgleich scheinbar mit wenig Gehalt an Flüssigkeit, auf Zusatz von Wasser doch rothe
                              Dämpfe ausgibt. Ja, wenn die Stärke der Säure und ihr Gehalt an salpetriger Säure
                              hoch war, so lassen sich an solchem schwefelsauren Bleioxyd bei vorsichtigem Zusatz
                              von Wasser sogar die prachtvollen grünen und blauen Färbungen wahrnehmen, welche R.
                              Weber zuerst beschrieben und als in Wasser aufgelöste
                              freie salpetrige Säure erkannt hat.
                           Es möchte wohl nur wenige Schwefelsäurefabrikanten geben, welche noch nicht die
                              Beobachtung gemacht haben, daß der in Rede stehende weiße Ueberzug der innern
                              Kammerwände zuweilen an den Tropfapparaten, welche die Stärke der erzeugten
                              Schwefelsäure angeben, in großen Mengen zum Vorschein kommt. Wenn nun aber der
                              Ueberzug immer vorhanden ist, so entsteht die Frage:
                              weshalb werden Theile davon nicht constant von der austropfenden Säure weggeschwemmt
                              und am Tropfloch zum Vorschein gebracht, und warum erscheint die austropfende Säure
                              nicht constant mindestens milchig? Hierauf wird meistens mit dem Hinweise auf die zu
                              starke Säure geantwortet, welche diese unangenehme Erscheinung verursachen soll.
                              Dieser Hinweis ist aber zu unbestimmt und er läßt die sehr nahe liegende Frage
                              offen, warum man aus dem Gay-Lussac-Apparat, in welchem constant und
                              absichtlich starke Säure nitros herab gelassen wird, nicht ebenso constant milchig
                              und trübe abfließende Säure erhält. Nicht die starke Säure an sich kann also Ursache
                              sein, daß der Ueberzug von Bleisulfat losgelöst und von den Kammerwänden
                              herabgeschwemmt wird, sondern es ist vielmehr erst die Verdünnung der zu stark und
                              nitros gewordenen Schwefelsäure. Durch diese Verdünnung wird in dem weißen Ueberzuge
                              durch und durch eine Gasentwicklung hervorgerufen,
                              die gebundene salpetrige Säure entweicht, und wenn sie auch nicht – was dahin
                              gestellt sein mag – im Momente des Freiwerdens das Blei angreift und zur
                              sofortigen Neubildung von Bleisulfat mitwirkt, so lockert sie doch, in vielen
                              kleinen Bläschen entweichend, den Zusammenhang des Ueberzuges und befähigt ihn
                              nunmehr, reichlich von der niederrinnenden Säure abgeschwemmt zu werden.
                           Diese Erklärung ist auch mit der Thatsache in Uebereinstimmung, daß das Erscheinen
                              von milchiger Säure sich erst bemerklich macht, wenn die Tropfsäure in der
                              Concentration wieder rückwärts geht. Also nicht sowohl die Erzeugung von zu starker
                              Säure ist nachtheilig für das Blei, als vielmehr der
                                 Wechsel in der Erzeugung von zu starker und normaler und noch mehr von zu
                              starker und zu schwacher Säure. Je öfter man durch solche Wechsel die Kammerwände
                              abspült, desto öfter bildet sich der erwähnte Ueberzug wieder neu, desto schneller
                              ist das Kammerblei löcherig. Da nun aber derlei Wechsel sich bei kleinen Räumen
                              besonders leicht einstellen, so muß man auch eine schnellere Zerstörung des zu
                              denselben verwendeten Bleies erwarten, und dies ist durch die Erfahrung im
                              Allgemeinen bestätigt.
                           Aus der vorangehenden Darstellung dürfte erhellen, daß, wie gesagt, ein Zuviel in den
                              Mitteln zur Zersetzung der nitrosen Schwefelsäure die angeführten ältern
                              Denitrificatoren zu Falle gebracht hat. Zur Vermeidung der ihnen anhaftenden
                              Mißstände schlug man in der Folge den einfachern Weg ein, indem man zunächst von der
                              Mitwirkung der schwefligen Säure zur Zersetzung Abstand nahm (dies war ein
                              Rückschritt) und nur mehr Wasser oder Wasserdampf anwendete. Um nicht neuerdings dem
                              Verderben schnell ausgesetzte Apparate zu haben, mußte das Blei alsdann möglichst
                              ausgeschlossen bleiben, wie es bei den Kochtrommeln der Fall ist. Oder man nahm
                              schon vorher gebrauchte Apparate, Cascaden aus Steinzeug, die bereits zur Zersetzung
                              der Salpetersäure bekannt waren. Auf dem andern Wege, von der alleinigen Anwendung
                              der schwefligen Säure zum Zersetzen der nitrosen Schwefelsäure ist John Glover zur Construction des nach ihm benannten Thurmes
                              gelangt, mit welchem ein wesentlicher Fortschritt in der Schwefelsäurefabrikation zu
                              verzeichnen ist.
                           Ich gehe nunmehr zur Beschreibung und Betrachtung der Kochtrommeln und Cascaden
                              über.
                           
                              1) Kochtrommeln.
                              Die üblichste Form einer Kochtrommel findet man abgebildet in Bolley's Handbuch der chemischen Technologie
                                 (Abschnitt Schwefelsäure). Das daselbst mitgetheilte Bild stellt eine Trommel
                                 dar, wie sie an den Bleikammersystemen der k. sächsischen Hütten bei Freiberg
                                 ausgeführt sind.
                              
                              Dieselbe genügt einem System, welches bis zu 125 Ctr. Schwefelsäure von
                                 66° B. in 24 Stunden erzeugt. Es ist versucht worden, Kochtrommeln in der
                                 Weise, wie die genannte, aber mit Weglassung des Bleimantels zu bauen. Von
                                 einigen derartigen Versuchen kann ich berichten, daß sie mißglückt sind –
                                 nicht in erster Linie, weil sich das Mauerwerk nicht dicht herstellen ließe, als
                                 vielmehr, weil der verwendete Mörtel (sei es Theermörtel oder Asphalt) in der
                                 Wärme nachgiebig wird und sodann das Mauerwerk, der äußern Umhüllung ermangelnd,
                                 ins Wanken kommt und undicht wird.
                              In Figur
                                    34 Tafel IX [d/1] ist noch eine
                                 Kochtrommel skizzirt, welche in der Wahl der dazu benutzten Materalien völlig
                                 von den sonst gebräuchlichen abweicht. Sie ist ausgeführt von Dr. C. Gilbert auf den
                                 Werken der Firma E. Güssefeld in Hamburg. Der lichte
                                 Durchmesser ist etwa 40cm, die Höhe
                                 etwa 4m. a,
                                    a sind zwei Gasretorten, welche an der Stoßfuge mit Asphalt gedichtet
                                 sind. Es werden zu diesem Zweck die Enden der Retorten, welche an einander
                                 gestoßen werden sollen, erwärmt, dann die untere Retorte am obern Rande mit
                                 Asphalt begossen und die obere Retorte darauf gesetzt. Den Boden b und den Deckel c
                                 bilden runde Chamotteplatten; der Deckel ist mit einer Oeffnung versehen, in die
                                 das Thonrohr d paßt, welches die entbundenen
                                 Salpetergase und den überschüssigen Wasserdampf nach der Bleikammer abführt. Die
                                 Stücke a, a sind schon vor ihrer Aufstellung mit
                                 Oeffnungen versehen für den Eintritt der nitrosen Schwefelsäure bei e, des Wasserdampfes bei f und für den Abfluß der denitrirten Schwefelsäure bei g. Man bringt um die Retorten die gußeisernen, etwa
                                 13mm starken Cylinder h, h, die ebenfalls mit Bohrungen für e, f und g versehen
                                 sind, welche mit denen in den Wandungen der Retorten correspondiren. Der untere
                                 Cylinder h ist mit der kreisförmigen gußeisernen
                                 Bodenplatte verschraubt, ebenso beide Cylinder unter sich. Man führt nunmehr die
                                 Rohre in die Kochtrommel ein, für e ein weites
                                 Glasrohr, in welches das schwächere Trichterrohr später eingeschoben und
                                 verkittet wird, das Dampfrohr und das Ablaufrohr von Blei. Man erwärmt nunmehr
                                 die Trommel gelinde von innen und vergießt sodann den ganzen Zwischenraum
                                 zwischen a und h, der
                                 etwa 4cm stark ist, mit bereit
                                 gehaltenem geschmolzenem Asphalt. Die Trommel ist mit Quarzbrocken ausgefüllt
                                 und die Mündung des Dampfrohres am Boden durch überdeckte Steine geschützt,
                                 welche Spalten zwischen sich lassen. Der Asphalt, welcher verwendet wurde, war
                                 schwer schmelzbar und von hohem Siedepunkte. Von Auswechslungen des Thonrohres
                                 d abgesehen, die bei andern Kochtrommeln
                                 ebenfalls vorkommen, ist dieser Apparat 5 Jahre lang ohne Anstände in Thätigkeit gewesen
                                 – ein Lob, welches man sonst nicht vielen Kochtrommeln ertheilen kann. Er
                                 gehört zu einem Bleikammersystem, das in 24 Stunden 120 Ctr.
                                 66°-Schwefelsäure erzeugt.
                              Eine bestimmte Regel zur Bestimmung der Größenverhältnisse von Kochtrommeln ist
                                 mir nicht bekannt und wüßte ich auch nicht recht abzuleiten. Man wählt allgemein
                                 die Dimensionen ziemlich willkürlich und zwar, wie mir gelegentlich klar wurde,
                                 zu groß. Ich fand nämlich an einem Bleikammersysteme von etwa 80 Ctr. Leistung
                                 an 66°-Säure an Stelle der Kochtrommel einfach einen mit
                                 Quarzbrocken gefüllten Thontopf von der Art, wie man sie als Vorlagen bei der
                                 Condensation von Salpetersäure und Salzsäure anzuwenden pflegt. Die Denitrirung
                                 war eine vollkommene.
                              In Fig. 35
                                 bis 37
                                 Tafel V [b/3] ist ein Denitrificator dieser Art zur
                                 Anschauung gebracht. Man läßt die Töpfe (von etwa 250l Inhalt) am besten mit zwei Stutzen
                                 a und b am Boden
                                 versehen; einen für den Ablauf der verdünnten Säure, den andern für das
                                 Dampfrohr. Die freigemachten Salpetergase entweichen durch die beiden
                                 Entbindungsrohre c nach der Bleikammer und sind
                                 dieselben im Tubulus des Topfes entweder mit Kitt gedichtet, wie c₁, oder mit hydraulischem Verschluß versehen
                                 wie c₂. Durch Anordnung zweier Rohre hat man
                                 den Vortheil, daß dieselben sich weniger stark erwärmen als ein einziges und
                                 somit dauerhafter sind. An der Kammerwand sind zur Aufnahme der Rohre
                                 Bleistutzen angelöthet, über welche das Rohr selbst mehrere Centimeter
                                 hinausragen muß. Mündet das Rohrende bereits im Stutzen selbst aus, so wird
                                 derselbe sehr bald zerstört, weil sich aus den Salpetergasen bei Gegenwart von
                                 Wasser, das sich an den kälteren Theilen der Rohre niederschlägt, Salpetersäure
                                 bildet, welche das Blei energisch angreift. Aus demselben Grunde ist es
                                 überhaupt zweckmäßig, dem Rohre Fall nach der Kammer zu geben und entweder den
                                 untern Theil desselben mit einer Schneppe zum Abtropfen zu versehen, so daß die
                                 abtropfende Flüssigkeit nicht mehr am Rohre selbst zurücklaufen und die
                                 Kammerwand erreichen kann, oder an der Abtropfstelle, wie dies in der Zeichnung
                                 bei d angedeutet ist, einige gebogene Glasröhren in
                                 das Rohr zu legen, an denen die Tropfen abfallen. Der Topf steht in einer
                                 Thonschale e auf einem Sockel von gut gebrannten
                                 Thonsteinen. Die nitrose Schwefelsäure tritt durch den Trichter f in den Topf, und derselbe Tubulus, welcher diesen
                                 Trichter aufnimmt, kann nöthigenfalls noch einen zweiten (g) fassen, durch welchen man Wasser zutreten läßt. Auf den Boden des
                                 Gefäßes muß man einige größere Quarzstücke oder Thonsteine derart legen, daß die
                                 Bleirohre geschützt sind.
                              
                              Kochtöpfe dieser Art sind wesentlich billiger als Kochtrommeln; es läßt sich
                                 daher auch leicht ein Reserveapparat halten oder ein neuer anfügen, wenn man
                                 erkennt, daß die gewünschte Leistung für einen Topf zu groß ist. Daß in diesem
                                 Falle die entbundenen Gase nicht durch eine, sondern durch eine Anzahl von
                                 Oeffnungen in die Kammer eintreten, dürfte eher als ein Vortheil, denn als
                                 Nachtheil zu betrachten sein, weil dabei eine gleichmäßigere Vertheilung dieser
                                 Salpetergase im Kammerquerschnitt stattfindet (dieselben auf der kurzen, nicht
                                 auf der langen Kammerseite einströmend gedacht), welche Vertheilung alsdann
                                 nicht mehr allein der Wirkung der Diffusion überlassen ist.
                              
                           
                              2) Cascaden.
                              Stohmann und Engler
                                 (Handbuch der technischen Chemie, 1872 1. Band S. 249) bilden für die Zersetzung
                                 von Salpetersäure eine Cascade ab, welche ich weder für diesen Zweck, noch für
                                 die Zersetzung von nitroser Schwefelsäure zur Nachahmung empfehle. Sie besteht
                                 aus einer Reihe von Thonröhren, die unten geschlossen
                                 sind und oben sich schalenartig erweitern. Sie leidet an dem Fehler, daß die
                                 Theile wenig stabil sind – um so weniger, je höher sie werden, und daß,
                                 wenn man die Rohre ziemlich weit nehmen wollte, um die Stabilität zu vermehren,
                                 ein kleines Kapital von Salpetersäure hineingesteckt werden müßte, welches nur
                                 langsam, vielleicht gar nicht mehr zur Wirkung kommt, weil am Boden der Rohre
                                 sich voraussichtlich schwere Schwefelsäure ansammeln wird, die einen Theil der
                                 Stickstoffverbindungen als salpetrige Säure bindet.
                              Als Unterlagen für die Schalen wende ich nur noch Thoncylinder mit solider Basis
                                 an, die sich gut bewährt haben. In Fig. 38 und 39 Tafel
                                 IX [a/4] ist eine Cascade abgebildet, wie ich sie
                                 zuletzt ausgeführt habe. Die Schalen haben 68 bis 70cm obern Durchmesser und 8cm Höhe. Der Abflußschnabel ist so tief
                                 eingeschnitten, daß der Säurestand kaum 4cm hoch ist. Als Untersätze für die Schale dienen Thoncylinder von
                                 drei verschiedenen Durchmessern, und ihre Höhen sind stets so gewählt, daß man
                                 für die einzelnen Schalen den erforderlichen Niveauunterschied erhält. Die erste
                                 Sorte der Cylinder hat 30cm
                                 Durchmesser, und die einzelnen Stücke haben Höhen von bez. 36, 44, 48 und 56cm. Diese Cylinder sind beiderseits
                                 ohne Boden. Die zweite Sorte hat 40cm
                                 Durchmesser, und die Höhen sind: 28, 32, 40, 44, 48, 52, 56, 60 und 64cm. Bei der dritten Sorte von 50cm Durchmesser sind die Höhen: 28, 36,
                                 44 und 52cm; sie ist, wie auch Sorte 2,
                                 einseitig mit einem
                                 Boden versehen, in welchem einige kleine Löcher angebracht sind, damit die
                                 eingeschlossenen Gase circuliren können.
                              Die Gefäße für Wasser und für nitrose Schwefelsäure stehen auf einem Podium,
                                 welches womöglich etwas höher als die oberste Schale der Cascade hergestellt
                                 sein muß. Das Gefäß für nitrose Schwefelsäure ist hier als eine Schluckflasche
                                 von Blei (Mariotte'sche Flasche) gedacht, welche den Ausfluß der Säure in
                                 constanter Menge gibt. Die Schluckflasche wird aus einem darüber stehenden
                                 Gefäße wieder gefüllt, sobald sie sich nahezu entleert hat. Der Wasserkasten a ist von dünnem Eisenblech und mit Auslaufhahn
                                 versehen; er wird ebenfalls aus einem höher stehenden Gefäße gespeist, und zwar
                                 unter Benutzung eines durch eine hohle Schwimmerkugel von Messing regulirten
                                 Hahnes. In den Kasten a taucht ein von der
                                 Hauptleitung für die Bleikammern abgezweigtes schwaches Dampfrohr, in welches
                                 oberhalb des Kastens ein Hahn eingeschaltet ist. Man kann so das Wasser beliebig
                                 erwärmen.
                              Bei Bleikammern, welche ohne Bedachung im Freien stehen, erhält man, auch wenn
                                 die Dampfrohre eingehüllt sind, selbst im Sommer, mehr Condensationswasser aus
                                 der Dampfleitung, als man zur Zersetzung der nitrosen Schwefelsäure bedarf.
                                 Führt man dieses Wasser in den Wasserkasten zurück und versieht denselben mit
                                 einem Ueberlauf, so kann man die Regulirung durch Schwimmer entbehren, da der
                                 Ausfluß dann ohnehin bei constanter Druckhöhe erfolgt. Auch bei in Gebäuden
                                 stehenden Bleikammern gibt die Dampfleitung, wenn sie nicht sehr sorgsam umhüllt
                                 ist, meistentheils genug Wasser zur Zersetzung der nitrosen Schwefelsäure, und
                                 man kann dann, wofern man die Condensationswässer zu dem Kasten zurückführt,
                                 sowohl das separate Pumpen von Wasser, als auch das Wasserreservoir sparen,
                                 welches sonst oberhalb des Wasserkastens a vorhanden
                                 sein muß.
                              Wasser und nitrose Schwefelsäure gehen durch Glasrohre, welche hydraulische
                                 Verschlüsse bilden, in die Bleikammer (die Stutzen in der Kammerwand sind etwas
                                 nach innen geneigt und werden nach Einsetzung des Glasrohres mit Theerkitt
                                 ausgefüllt), wo sie sich in eine größere Porzellanschale c ergießen und mengen. Dieselbe steht, von einigen Steinbrocken
                                 umgeben, in der obersten Cascadenschale und ist ihre Anwendung der Vorsicht
                                 wegen zu empfehlen, damit durch die Hitze, welche bei der Mengung von Wasser und
                                 starker Säure entsteht, das Material der Steinzeugschale nicht leidet. Aus der
                                 tiefsten Schale tritt die verdünnte Säure in einen Topf d aus dickem Blei, der durch ein Rohr mit einem zweiten Topfe e, welcher außerhalb der Kammer steht, verbunden
                                 ist. Man kann somit Proben anstellen und sich von dem Grade der Verdünnung und
                                 Zersetzung überzeugen. Auch bei sehr langen Cascaden mit zahlreichen Schüsseln
                                 enthält nun aber die verdünnte Säure noch Luftbläschen, welche den Uebergang der
                                 Säure aus d nach e
                                 verlangsamen oder ganz unterbrechen könnten, wenn sie in dem Verbindungsrohre
                                 Gelegenheit finden, sich in größern Blasen anzusammeln. Man versieht dasselbe
                                 daher absichtlich mit einer Biegung nach oben, setzt auf dieselbe ein Luftrohr
                                 f, durch welches die Gasblasen entweichen
                                 können. Aus e geht die Säure in die Kammer zurück;
                                 das Rücklaufrohr ist zu einem Wasserverschluß gebogen und trägt ebenfalls ein
                                 Luftrohr g. Die schwefligsauren Gase treten durch
                                 das Rohr h in die Kammer, und ist die Cascade so
                                 gestellt, daß die Gase die ganze Länge derselben möglichst bestreichen und zwar
                                 die letzten Schalen zuerst. Wenn in dieser Beziehung die allgemeine Disposition
                                 eine solche Einrichtung nicht gestattet, so kann man sich durch Anbringung eines
                                 Vorhanges a (Fig. 40 Tafel III
                                 [d/3]) helfen, der ein oberhalb des
                                 Eingangsrohres b angebrachtes Dach hat, so daß eine
                                 Art Schilderhaus entsteht. Die besprochene Cascade würde für eine Bleikammer von
                                 100 bis 150 Ctr. Leistung an 66°-Schwefelsäure in 24 Stunden
                                 genügen.
                              Die Thonwaarenfabrik von Chr. Fikentscher in Zwickau
                                 liefert Cascaden für Salpetersäure in der Manier der Figur 41 Tafel III
                                 [d/4], die auch für nitrose Schwefelsäure
                                 angewendet werden können und wegen der großen Oberflächen, welche die Säure
                                 einnimmt, sowie auch wegen der häufigen Bewegung, welcher sie unterworfen ist,
                                 jedenfalls von einer recht guten Wirkung sind.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)