| Titel: | Ueber einen einfachen Ventilationsapparat; von Prof. Dr. V. Wartha in Budapest. | 
| Autor: | V. Wartha | 
| Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 458 | 
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                        Ueber einen einfachen Ventilationsapparat; von
                           Prof. Dr. V. Wartha in
                           Budapest.
                        Mit Abbildungen.
                        Wartha, über einen einfachen Ventilationsapparat
                        
                     
                        
                           Das Princip, nach welchem ich meinen Ventilationsapparat construirt habe, ist bereits
                              von R. Brown (* 1863 170 269)
                              angewendet worden; jedoch glaube ich, daß alle diese Apparate entweder zu
                              complicirt, oder zu kostspielig sind, um sich allgemeiner Benutzung zu erfreuen.
                           
                           Ich trachtete nun, einen Ventilationsapparat zu entwerfen, der zunächst in
                              veränderlicher Form einfach oder verziert, im Laboratorium sowohl, als in der
                              Privatwohnung ohne viel Kosten eingerichtet, von einem gewöhnlichen Schlosser
                              hergestellt werden kann, und welcher zu jeder Zeit functionirt. Die Absicht, mit dem
                              Apparate zu gleicher Zeit zu heizen, habe ich aufgegeben und mich nur darauf
                              beschränkt, die nöthige frische Luft mit Zimmertemperatur einströmen zu lassen.
                           Es ist bekannt, daß in einem geheizten Zimmer der Luftdruck bedeutend – in
                              manchen Fällen einige Zehntel Millimeter – geringer ist als der der äußern
                              Luft und in Folge dessen die Luft bestrebt ist, durch alle Ritzen und Spalten
                              einzudringen, wodurch bei Fenstern und Thüren der so schädliche und mit Recht
                              gefürchtete Luftzug entsteht. Oeffnet man eine Thüre oder ein Fenster, so daß die
                              äußere Luft leicht einströmen kann, so hört natürlich die erwähnte Erscheinung
                              sogleich auf. Ich benutze nun meinen Ventilationsapparat zu diesem Zwecke, indem ich
                              durch denselben so lange und so viel zimmerwarme Luft einströmen lasse, bis der
                              äußere Druck mit dem im Zimmer herrschenden Druck vollständig ausgeglichen ist. Der
                              störende Einfluß des Ueberdruckes verschwindet momentan. Man kann nun bei klaffenden
                              Fensterläden ruhig verweilen, ohne üble Folgen zu verspüren.
                           Zunächst sei der Apparat in jener Form besprochen, wie derselbe in meinem
                              Laboratorium, mit Gasheizung versehen, in Thätigkeit und in Figur I skizzirt ist. Der aus Eisenblech verfertigte 1 bis 2m,5 hohe, 170 bis 260mm im Durchmesser haltende Cylinder A ist in der Wand eingesetzt oder bei ältern Gebäuden
                              nur an dieselbe befestigt und correspondirt mit der äußern Luft, deren Zuströmung
                              durch die Klappe b regulirt wird. Im Innern des
                              Cylinders steigt ein 40 bis 50mm weites
                              Blechrohr c empor, welches entweder direct ins Freie
                              oder in einen Kamin führt und die Bestimmung hat, die verdorbene Zimmerluft zu
                              entführen. In Privatwohnungen, wo man keine mit Zügen versehenen Kapellen hat, würde
                              das dünne Blechrohr zur Luftabführung nicht genügen, und es wäre dann rathsam, im
                              Kamine selbst eine Oeffnung, mit Klappthüre versehen, herstellen zu lassen, durch
                              welche die verdorbene Zimmerluft abgesaugt und durch erwärmte Luft durch den
                              Ventilator ersetzt wird.
                           Im verflossenen Winter gelang es mir mit einem einzigen Bunsen-Brenner, bei
                              – 14° äußerer Lufttemperatur + 16° warme Luft einströmen zu
                              lassen. Die Einströmung geschieht durch etwa 7mm weite siebartige Oeffnungen im obern Theil des Blechcylinders A, wodurch die Luft sehr gleichmäßig vertheilt wird.
                           
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 223, S. 460
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 223, S. 460
                              
                           Am häufigsten sündigt man in chemischen Laboratorien durch Anbringung einer Unzahl
                              von mit Gasflammen erwärmten Luftzügen, ohne, wenn auch
                              nur in primitivster Weise, für den Ersatz der abgesaugten Luft zu sorgen; freilich
                              kommt es dann häufig vor, daß die eine Hälfte der Züge, in umgekehrter Richtung
                              wirkend, der andern Hälfte der Kapellen das nöthige Luftquantum liefert.
                           Durch einen sehr einfachen Apparat kann man sich genau, ohne viel Rechnen und
                              Experimente, überzeugen, ob Ueberdruck vorhanden ist, und wann derselbe grade
                              aufgehoben ist. Figur II zeigt einen gewöhnlichen
                              Kolben, der mit einem zweifach durchbohrten Stopfen versehen ist; durch die eine
                              Bohrung geht ein dünnes Glasrohr, das mittels eines Kautschuk- und Glasrohres
                              (oder eines alten Löthrohres) mit der äußern Luft correspondirt; am einfachsten
                              bohrt man eine Fensterrahme an und zieht das Rohr durch. Der Kolben wird mit
                              gefärbtem Alkohol gefüllt, welcher im Rohre einen bestimmten, an einer
                              eingeschobenen Papierscale abzulesenden Stand einnimmt. Oeffnet man nun Fenster oder
                              Thüre, so darf, falls kein Ueberdruck vorhanden, im Stand der im Rohr befindlichen
                              Flüssigkeit kein Unterschied stattfinden. Der Ventilator
                              wird also an der Regulirklappe so gestellt, daß die Unbeweglichkeit des
                              Alkoholspiegels im Rohre hergestellt ist; es wird also in diesem Falle so viel Luft
                              einströmen, als durch Ofen, Ventilationsrohr etc. abgeführt wird.
                           Der ganze Ventilationsapparat ist einfach aus Eisenblech verfertigt. In nicht mit
                              Gasleitung versehenen Privatwohnungen kann man die Gasflamme durch eine
                              Petroleumlampe, als Nachtlampe benutzbar, oder durch einen Blechkasten ersetzen, der
                              mit präparirter Holzkohle gefüllt ist, wie dieselbe gegenwärtig zum Heizen von
                              Eisenbahnwagen, Fußwärmern etc. benutzt wird.