| Titel: | Patent-Petroleumlampe von Schuster und Baer in Berlin. | 
| Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 490 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Patent-Petroleumlampe von Schuster und Baer in
                           Berlin.
                        Mit Abbildungen.
                        Schuster und Baer's Patent-Petroleumlampe.
                        
                     
                        
                           Der Grundbedingung einer vollständigen Verbrennung, Zuführung einer entsprechend
                              großen Luftmenge, war bei der bisher üblichen Construction von Rundbrennern für
                              Petroleumlampen nicht in genügender Weise Rechnung getragen. Brenner mit
                              unzureichender Luftzuführung leiden aber an mehrfachen Uebelständen; die Leuchtkraft
                              der Flamme steht weder zur Brennergröße, noch zum Verbrauch an Petroleum im
                              richtigen Verhältniß, und der Luftstrom, welcher dem Brandrohre zugeführt wird,
                              genügt nicht, ein Heißwerden der Metalltheile bis zum Vasenring herab zu verhindern.
                              Dadurch ist aber Veranlassung zur Bildung von Petroleumdämpfen in der Vase gegeben,
                              welche vermöge ihrer Spannkraft letztere entweder sprengen, oder – falls sie
                              durch den Vasenring gegen den Brenner zu entweichen können – die Flamme in
                              die Vase leiten und eine Explosion veranlassen. Alle diese Uebelstände sind durch
                              die Brennerconstruction von Schuster und Baer (Lampen- und Bronzewaaren-Fabrik in
                              Berlin, S. Prinzessinnenstraße 18) beseitigt, wovon sich
                              Referent an einer im hiesigen technischen Verein ausgestellten Lampe dieser Firma zu
                              überzeugen in der Lage war.
                           Die im Princip schon dagewesene Verbesserung liegt in der Einrichtung der Brandrohre;
                              dieselben wurden bisher mit einem dreieckigen Ausschnitt
                              a
                              Figur I versehen, welcher der Luft den Zutritt zur
                              Flamme gestattet. Bei den patentirten „Brillantbrennern“ hat
                              das Brandrohr zwei derartige gegenüber liegende
                              Ausschnitte d
                              Figur II; die zutretende Luftmenge ist somit mindestens doppelt so
                              groß als früher und in Folge dessen selbst bei den größten Brennerdimensionen für
                              die vollständige Verbrennung des vom Docht angesaugten Petroleums und zur genügenden
                              Abkühlung der Metalltheile hinreichend.Einen Petroleum-Rundbrenner mit doppelter Luftzuführung hat C. A. Kleemann in Erfurt bereits im J. 1868 in Sachsen
                                    patentirt, indeß mit seiner Construction wenig
                                    Anklang gefunden. In Preußen wurde dieser Brenner s. Z. als patentunfähig
                                    zurückgewiesen – wohl deshalb, weil die Grundidee als solche bei
                                    amerikanischen und französischen Brennern damals schon zu finden war.Die bekannte Fachautorität Ferd. Brünner in Wien
                                    sagt deshalb (im Metallarbeiter, Februar 1877 S. 47) bei Beurtheilung der
                                    beiden Brenner von Kleemann (1868) und von Schuster und Baer
                                    (1876): „Stellt man die beiden Brenner vergleichend gegenüber, so
                                       haben sie blos das Princip der Verwendung zweier Flachdochte, welche zu
                                       einem Runddochte vereinigt werden, und der zweiseitigen Luftzuführung
                                       gemein, aber auch nur das Princip; beides ist nicht mehr neu. Die
                                       Ausführung des Principes aber ist eine grundverschiedene und bei den Schuster und Baer'schen Brennern eine weit vollkommenere, und zwar mit Bezug
                                       auf die Anbringung des Triebwerkes, dessen System von den bisher
                                       üblichen und insbesondere von dem Kleemann'schen ganz und gar verschieden ist.“
                                    F. Brünner glaubt, daß die außerordentlich solide
                                    Construction und die praktischen Verbesserungen an einzelnen Theilen des
                                    Brenners von Schuster und Baer demselben eine große Leistungsfähigkeit sichern müssen.Die Füllöffnung am Vasenring wird durchwegs günstig beurtheilt und diese
                                    Einrichtung bei allen Rundbrennern um so mehr empfohlen (Deutsche
                                    Industriezeitung, 1877 S. 78), da hierdurch das Verschlagen des Dochtes beim
                                    Füllen des Petroleumbehälters vermieden wird. Daß bei dieser Einrichtung der Docht aus zwei Hälften bestehen muß, welche
                              sich erst über den Ausschnitten zu einem Ring schließen, ist selbstverständlich.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 223, S. 491
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 223, S. 491
                              
                           Eine weitere, nicht minder bemerkenswerthe, neue Verbesserung gestattet das Füllen
                              der Lampe, ohne daß es nöthig wäre, Schirm und Cylinder abzunehmen und den Brenner
                              abzuschrauben. Zu diesem Zwecke ist der Vasenring Figur
                                 III so erweitert, daß er unterhalb des äußern gelochten Brennerringes
                              (Siebringes) eine breite ringförmige Fläche bildet; diese ist mit einem ovalen
                              Ausschnitt e versehen, der jedoch durch einen besondern, mit dem
                              Vasenring verschiebbar verbundenen Ring gedeckt ist, welcher ebenfalls einen
                              gleichgroßen Ausschnitt besitzt; bei Verdrehung des obern Ringes können also die
                              beiden Oeffnungen zusammenfallen, worauf die Füllung der Lampe mit Hilfe eines
                              beigegebenen kleinen Trichters (auch während des Brennens) vorgenommen werden kann.
                              Diese Einrichtung bietet übrigens eine weitere Gewähr gegen Explosionsgefahr, da
                              etwa sich bildende Dämpfe durch den Spielraum zwischen beiden Ringen jederzeit
                              austreten können, ohne mit dem Brenner in Berührung zu kommen.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 223, S. 492
                              
                           Endlich ist bei den vorliegenden Lampen noch Vorkehrung getroffen, daß das über die
                              Brandröhre laufende Petroleum wieder in die Vase gelangen muß, so daß diese niemals
                              überschwemmt und verunreinigt werden kann.
                           Die angeführten Verbesserungen, welche sich beim Gebrauch durch große Lichtintensität
                              bei geruchloser, ökonomischen Verbrennung, Reinlichkeit und möglichster Sicherheit
                              gegen Explosion auszeichnen, sind also tatsächlich als ein wesentlicher Fortschritt
                              in unserem Beleuchtungswesen zu betrachten, und wir nehmen deshalb keinen Anstand,
                              diese Lampen hier empfehlend zu erwähnen.
                           Augsburg, Februar 1877.
                           
                              Z.